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Kulturmanagement und Europäische Kulturarbeit Tendenzen – Förderungen – Innovationen. Leitfaden für ein neues Praxisfeld
Kulturmanagement und Europäische Kulturarbeit
Tendenzen – Förderungen – Innovationen. Leitfaden für ein neues Praxisfeld




Gernot Wolfram (Hrsg.)

Transcript
EAN: 9783837617818 (ISBN: 3-8376-1781-5)
248 Seiten, paperback, 15 x 23cm, 2012

EUR 29,80
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Internationalität und Vernetzung sind aktuelle Stichworte im Kulturmanagement. Projektförderungen durch die Europäische Union, durch Stiftungen sowie durch Unternehmen betonen zunehmend Begriffe wie »Mobilität«, »Flexibilität« und »Transkulturalität«.

Doch was bedeuten diese Anforderungen für die Theorie und Praxis des Kulturmanagements? Welche Kompetenzen müssen Kulturmanager/-innen mitbringen, um auf dem internationalen und europäischen Markt erfolgreich zu sein? Welche Spielräume eröffnen sich für Kulturunternehmen?

Dieses Buch, das Beiträge aus Theorie und Praxis vereint, versteht sich als Orientierungshilfe und Handlungsleitfaden für die entstehende Praxis einer europäischen Kulturarbeit.

Mit Beiträgen u.a. von Patrick Föhl, Armin Klein, Birgit Mandel, Oliver Scheytt, Michael Schindhelm und Artemis Vakianis.
Rezension
"Europäische Kulturarbeit"? (Untertitel) Was ist darunter zu verstehen? Im Zusammenhang mit dem Haupttitel "Kulturmanagement" wird das deutlicher: In den nationalen Haushalten stagnieren die Ausgaben für Kultur oder werden gar gekürzt, um so bedeutsamer ist es, Kulturmanagement an Mittel der EU oder internationale Stiftungen zu koppeln. Vertreter aus Theorie und Praxis des Kulturmanagements diskutieren in diesem Band die Frage: Wie lässt sich innerhalb der Globalisierung Kultur so gestalten, dass sie nicht zu einer reinen Spielwiese ökonomischer Kosten-Nutzen-Rechnungen wird? Das Buch zeigt vielfältig und praxisorienteirt Möglichkeiten für Kulturinstitutionen auf, sich mit internationalen Netzwerken zu verknüpfen.

Oliver Neumann, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Editorial zur Reihe:
Seit den 1990er Jahren unterliegt die Kulturlandschaft im deutschsprachigen Raum einem tiefgreifenden Wandel. Die nachhaltige Kürzung oder Stagnation öffentlicher Mittel ist für die betroffenen Institutionen Bedrohung und Herausforderung zugleich. Um weiterhin erfolgreich arbeiten zu können, müssen neue Positionsbestimmungen vorgenommen und die internen Strukturen der einzelnen Einrichtung den veränderten Gegebenheiten angepasst werden. Die Reihe Schriften zum Kultur- und Museumsmanagement bereichert die Praxis mit zeitgemäßen Konzepten.

Gernot Wolfram (Dr. phil.) ist Professor für Medien- und Kulturmanagement an der MHMK Hochschule für Medien und Kommunikation Berlin sowie externer Professor für Kulturwissenschaften an der Fachhochschule Kufstein/Tirol. Er ist Fachexperte für Kulturarbeit und Interkulturelle Kommunikation im Team Europe der Europäischen Kommission in Deutschland.
WWW: www.fh-kufstein.ac.at

Schlagworte:
Kulturmanagement, Innovationsmanagement, Europäische Kulturförderung, Medienmanagement, Internationaler Arbeitsmarkt
Adressaten:
Kulturwissenschaften, European Studies, Kommunikationswissenschaft, Kultursoziologie, Interkulturelle Kommunikation sowie Praktiker/-innen aus Museums-, Kultur- und Eventmanagement

Interview mit Gernot Wolfram

1. An wen richtet sich Ihr Buch?
Das Buch »Kulturmanagement und europäische Kulturarbeit« richtet sich an Profis wie an Laien, die im Kulturbereich arbeiten und sich europäisch bzw. international orientieren. Es leistet in gewisser Weise Pionierarbeit, da sich hier wichtige Vertreter aus Theorie und Praxis des Kulturmanagements gemeinsam der Frage nach einer entscheidenden Zukunftsperspektive widmen: Wie lässt sich innerhalb der Globalisierung Kultur so gestalten, dass sie nicht zu einer reinen Spielwiese ökonomischer Kosten-Nutzen-Rechnungen wird? Ich bin fest davon überzeugt, dass diese Frage im Moment viele Kulturinteressierte beschäftigt. Denen wollen wir hier eine fundierte theoretische wie praxisorientierte Grundlage bieten.

2. Welchen konkreten Nutzen hat der Leser/die Leserin?
Der Leser und die Leserin wissen nach der Lektüre des Buches mehr über die Chancen und Risiken von Kulturprojekten im europäischen und internationalen Raum. Zudem gibt es einen ausführlichen Serviceteil mit wichtigen Adressen und Ansprechpartnern, zum Beispiel wenn es um die Förderung von Kulturprojekten geht. Sehr nützlich sind auch die strategischen Ansätze: Was muss man im europäischen Raum beachten, um erfolgreich mit anderen Partnern zusammenzuarbeiten? Welche Rolle spielt regionale Kulturarbeit? Wie lässt sich mit dem Problem unterschiedlicher Sprachen und Kulturverständnisse umgehen? Es geht aber auch um die Frage: Warum ist es sinnvoll, sich nur national zu orientieren?

3. Welche neuen Perspektiven eröffnet Ihr Buch für die Praxis?
Hier spricht das Buch eine ganz wichtige neue Situation an. Fast alle Stiftungen und Kulturbetriebe sind mehr oder weniger von den Folgen der Globalisierung betroffen. Denken Sie nur an die vielen neuen Besuchergruppen, die heute Museen, Theater oder Festivals besuchen. Gerade kleinere Kulturinstitutionen schrecken hier häufig vor einer Auseinandersetzung mit dieser Entwicklung zurück. Die Strukturen werden oft als zu unübersichtlich und risikoreich empfunden. Das entspricht aber nicht den Tatsachen. Gerade im deutschsprachigen Raum gibt es so viele Möglichkeiten, Kulturinstitutionen mit internationalen Netzwerken zu verknüpfen – und dafür auch Förderungen zu erhalten. Die verschiedenen Beiträge des Buches, vor allem im Teil ›Praxis<, bieten hier ganz konkrete Vorschläge an.

4. Wofür wollen Sie Ihre Leser/-innen sensibilisieren?
Häufig hört man immer noch den fatalistischen Satz: ›Für Kultur ist kein Geld da.‹ Ich würde sagen, das folgt einer nationalen Logik. Im europäischen Raum sehen wir mehr und mehr, wie viel Inspiration und Kraft, auch finanzielle Kraft, in Projekten liegt, an denen mehrere Länder beteiligt sind. Da passiert im Moment ein Aufbruch. Als Herausgeber wünsche ich mir, die Leser für diese Entwicklung begeistern zu können. Die europäische Idee lebt von kulturellen Innovationen, nicht von der Klage über ökonomische Krisen.

5. Ihr Buch in einem Satz:
Eine wissenschaftlich fundierte, innovative und praxisorientierte Versammlung von Standpunkten, die eine lebendige und kraftvolle Kulturarbeit im nationalen wie internationalen Raum ermöglichen helfen.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Gernot Wolfram | 7

TENDENZEN UND INNOVATIONEN

Warum braucht das Kulturmanagement
eine neue internationale Perspektive?
Gernot Wolfram | 13

Intervention Gespräch:
»Die Globalisierung hat eine neue Dimension mit sich gebracht …«
Ein Kulturmanager und Künstler zwischen Dubai, Russland und China
Ein Gespräch mit Michael Schindhelm | 47

Interkulturelle Kontexte managen
Überlegungen zur Internationalisierung von Kulturmanagement
und Qualifizierung im europäischen Kontext
Birgit Mandel | 55

Macht Geld die Welt rund?
Betrachtungen zum kuratorischen und ökonomischen Prinzip
in der europäischen Kulturarbeit
Verena Teissl | 71

Von der Kulturverträglichkeit zur Wirtschaftsverträglichkeit
Wohin geht die EU-Kulturpolitik?
Norbert Sievers und Christine Wingert | 89

Synergetische Projektformate und ihre besonderen Chancen
auf Förderung
Sebastian Kaiser und Gernot Wolfram | 101

Verschwindende Grenzen
Regionale Vernetzungen im Kulturbereich auf internationaler Ebene
Patrick S. Föhl und Gernot Wolfram | 117

Intervention Gespräch:
»Die internationale Perspektive ist längst unabdingbar …«
Zur Relevanz eines transkulturellen Kulturmanagements
Ein Gespräch mit Armin Klein | 145

PRAXIS

Kooperationen als wichtige Überlebensstrategie und zentrale
Arbeitsstruktur für Festivals am Beispiel des »steirischen herbst«
Artemis Vakianis | 155

Mega-Events, Festivals und Destination-Branding –
ein Europa der Events?
Beispiele aus der Praxis
Robert Kaspar | 169

Das Prinzip Euregio.
Die Euregio Inntal und das EU-Förderprogramm INTERREG
Perspektiven und Hinweise für Initiativen im Kulturbereich
Walter J. Mayr und Walter Weiskopf | 179

Cultural Governance im Multiprojektmanagement
Fallbeispiel »Kulturhauptstadt Europas RUHR.2010«
Oliver Scheytt und Gisela Geilert | 193

Arts Management Network –
eine Domäne global denkender Kulturmanager
Por trät einer Projektentwicklung
Dirk Heinze | 227

Kommentierter Serviceteil | 233

Autorenbiografien | 241



Vorwort
Das vorliegende Buch wendet sich an Studierende, Kulturmanager, Künstler,
interessierte Laien und »Netzwerker« im internationalen Feld des Kulturmanagements.
Es will eine Standortbestimmung wagen, wenn es um
die Frage geht, welche Formen der Zusammenarbeit im Kulturbereich den
Namen »Europäische Kulturarbeit« verdienen. Schwierig ist freilich hierbei
der Begriff »Europäische Kultur« – denn auf was bezieht er sich? Was
kann er fassen? Ausdrücklich gehen der Herausgeber und die Autoren des
Bandes das Risiko ein, sich hier nicht festzulegen. »Europäische Kulturarbeit
« meint nicht, sich allein auf Europa als Ort für kulturelle Netzwerke
zu konzentrieren. Vielmehr soll es darum gehen, die vielfältigen kulturellen
Erfahrungen und aktuellen Tendenzen der Kulturarbeit im deutschsprachigen
Raum mit europäischen und internationalen Perspektiven zu
verbinden.
Statt an kolonialistische Assoziationen soll an das Partnerschaftliche,
Dialogische und Integrationsfähige erinnert werden, welches sich in der
europäischen Idee verbirgt. Da das Buch auf Deutsch erscheint, ergibt
sich die Grundperspektive aus dem deutschsprachigen Raum. Chancen
und Möglichkeiten auszuloten, innerhalb Europas und innerhalb weiterer
transkultureller Kooperationen erfolgreich neue Ideen, kritische Reflexionen
und künstlerische Sichtweisen des Kulturmanagements und der
Künste miteinander ins Gespräch zu bringen, lautet das erklärte Ziel. Diese
Perspektive ist auch ein Ausgangspunkt für Überlegungen zu den enormen
Veränderungen, welche die Globalisierung heute im Bereich Kultur
mit sich bringt. Welche Rolle können europäische Perspektiven hier spielen?
Europäische Kulturarbeit ist im Kontext des vorliegenden Bandes ein
Terminus für eine offene und vielfältige Art von Navigation durch ganz
verschiedene kulturelle Strömungen – und kein Instrument, um neue
künstliche Grenzen und Begrenzungen innerhalb kreativer Zusammenarbeit
vorzunehmen. Europäische Kulturarbeit soll in diesem Sinne von
singulären nationalen Erfahrungen und Strukturen ausgehen, hier am
Beispiel des deutschsprachigen Raums dargestellt, die sich durch gleichwertigen,
historisch und politisch sensiblen Vergleich und Austausch mit
anderen Ländern zu einem interaktionsreichen Modell des Voneinander-
Lernens und Miteinander-Arbeitens entwickeln.
Die Europäische Union, als politisches Projekt und Konstrukt, wird in
dieser Perspektive ausdrücklich als Teil, nicht als Zentrum jener größeren
Entwicklung begriffen, als ein Element der institutionell nicht zu fassenden
Frage, wie sich innerhalb so vieler Kulturen, Sprachen, Historien
und Alltagspraktiken ein differenzierendes und gegenseitig inspirierendes
Handeln anregen lässt. Aus der Erfahrung der Kulturmanagement-Forschung
und -Praxis heraus sollen Fragen nach Innovationen, Tendenzen
und Förderungen gestellt werden. Im Zentrum steht dabei in allen Beiträgen
das Potential von neuen Kooperations- und Vernetzungsstrukturen.
Die Idee für diesen Band ergab sich zudem aus der ganz praktischen
Beobachtung, dass mehr und mehr Kulturprojekte durch Vernetzung im
europäischen und außereuropäischen Raum zustande kommen. Förderbedingungen
von Stiftungen und von Förderprogrammen der EU betonen
schon seit langem, dass der Austausch zwischen verschiedenen Kulturen
zentrales Ziel der jeweiligen Förderpolitik sei. Aber auch innerhalb von
privaten künstlerischen Initiativen lässt sich feststellen, dass eine Neugierde
und ein Interesse an Synergien zwischen verschiedenen Denk-, Wahrnehmungs-
und Organisationsformen wachsen.
Dazu kommen neue Arbeitsmöglichkeiten für Kulturmanager in vielen
Ländern Europas, aber auch außerhalb des Kontinents. Man muss kein
Prophet sein, um vorhersagen zu können, dass gerade durch die Revolutionen
in den arabischen Ländern, durch die rasanten Entwicklungen in
Russland, China und Brasilien und auch durch die vielen künstlerischen
neuen Interventionen auf dem afrikanischen Kontinent das spezifische
Wissen der Kulturmanagement-Forschung und -Praxis eine Nachfrage
erleben wird. Das Kulturmanagement im deutschsprachigen Raum kann
sich dabei als vielfältige Beratungsinstanz empfehlen, eben weil es so viele
verschiedene Ansätze in den letzten Jahren entwickelt hat. Zudem fließt
hier der Strom des Wissens in schöner Paradoxie immer nach zwei Seiten:
vom Beratenden zum Fragenden – und bereichert wieder zurück. In
diesem Prozess kann auch das Kulturmanagement im deutschsprachigen
Raum neue Perspektiven und Stimulationen erhalten.
Der Band wird eröffnet mit einem Begründungsversuch für die Notwendigkeit
eines transkulturellen Kulturmanagements (Gernot Wolfram ).
Im Folgenden werden aus der Sicht eines erfolgreich im internationalen
Raum tätigen Kulturmanagers (Michael Schindhelm ) Fragen nach den
kulturspezifischen und organisationalen Differenzen im internationalen
Kulturmanagement erörtert. Daran schließen sich Überlegungen zu den
konkreten Managementaufgaben im interkulturellen Bereich an (Birgit
Mandel ). Sodann geht es um Fragen der oftmals dominanten ökonomischen
Logik innerhalb großer Kooperationen, auch aus einem kulturwissenschaftlichen
Perspektivenspektrum erörtert (Verena Teissl ). Daran
schließt sich ein Beitrag zur Ausrichtung der aktuellen europäischen Kulturpolitik
und ihrer veränderten Direktiven an (Norbert Sievers und Christine
Wingert). Diese Ausgangsbasis leitet zu Fragen der Innovation in der
europäischen Kulturförderung mit spezifischem Fokus auf die Förderpotentiale
der Verbindungen zwischen Kultur und Sport (Sebastian Kaiser
und Gernot Wolfram) sowie auf die Entwicklungen von Regionen als
wichtige Zentren für europäische und internationale Vernetzungsprozesse
(Patrick S. Föhl und Gernot Wolfram). Daran schließt sich ein Interview zu
bereits bestehenden langjährigen Erfahrungen innerhalb von praxisbezogenen
Kulturaustauschprogrammen in Europa an (Armin Klein).
Im zweiten Teil des Buches, der mit »Praxis« überschrieben ist, geht
es darum, anhand konkreter Beispiele aus der europäischen und internationalen
Kooperationspraxis Erkenntnisse zu gewinnen. Am Beispiel des
renommierten österreichischen Festivals »steirischer herbst« wird gezeigt,
warum solche Kooperationen als »Überlebensstrategien« bezeichnet werden
können (Artemis Vakianis). Der nächste Beitrag betrachtet die Wirkungen
von sogenannten Mega-Events auf Destinationen und fokussiert Perspektiven
aus der Praxis des Eventmanagements (Robert Kaspar ). Darauf
folgt eine Darstellung der Fördermöglichkeiten über die Euregio-Büros
und das INTERREG-Programm mit Fallbeispielen aus der Euregio Inntal
(Walter J. Mayr und Walter Weiskopf ). Eine ausführliche Analyse des erfolgreichen
Multiprojektmanagements der europäischen Kulturhauptstadt
10 Kulturmanagement und Europäische Kulturarbeit
RUHR.2010 (Oliver Scheytt und Gisela Geilert) beleuchtet die Wirkungspotentiale
erfolgreicher europäischer Initiativen. Das Buch schließt mit
einem persönlich gehaltenen Projektportrait der Webpräsenz »Arts Management
Network«, das von Deutschland aus eine Plattform für europäisches
und internationales Kulturmanagement zu etablieren versucht (Dirk
Heinze). Danach folgt noch ein Kommentierter Serviceteil mit einer Linksammlung
zu Akteuren, Stiftungen, Verbänden und Datensammlungen
zur Europäischen Kulturarbeit.
Herausgeber und Autoren sind sich bewusst, dass die Beiträge aus der
Fülle der möglichen Themen und Diskurse nur einen Ausschnitt bieten
können. Das Stückhafte und Vorläufige soll aber als Anreiz dienen, diesem
»entgrenzenden« Thema weiter intensiv auf der Spur zu bleiben.

Gernot Wolfram,
Berlin/Kufstein im Juni 2012