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Kontroversen über die Grundlagen ethischen Handelns
Chinesisch-Deutsch
Reihe: Sina-Philosophica
Meiner Hamburg
EAN: 9783787343379 (ISBN: 3-7873-4337-7)
238 Seiten, hardcover, 16 x 24cm, Mai, 2023
EUR 49,00 alle Angaben ohne Gewähr
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Umschlagtext
Wáng Yángmíng (1472–1529) ist einer der bedeutendsten konfuzianischen Denker des kaiserzeitlichen China. Die Ausgabe dokumentiert die Auseinandersetzung über die Grundlagen des rechten Handelns, die er und sein Schüler Ōuyáng Dé (1496–1554) mit Luó Qīnshùn (1465–1547) führten.
In größter Allgemeinheit lässt sich diese Kontroverse in folgende Frage fassen: Hat sich ethisches Handeln nach der empirisch erkennbaren objektiven Ordnung des Kosmos (»Ordnungsprinzipien des Himmels«) und den tradierten Schriften der »Heiligen« (Gespräche des Konfuzius, Menzius und anderen Texten) oder aber nach der Einsicht des eigenen »Herzens« auszurichten? Zu keinem Zeitpunkt vor dem Eindringen europäischen Denkens am Ende des 19. Jahrhunderts ist in der chinesischen Philosophie das Verhältnis von Tradition und eigenem individuellen Denken so radikal diskutiert worden.
Übersetzt und herausgegen von Iso Kern
Rezension
Seit Zhào Tīngyángs Buch „Alles unter dem Himmel“(2020) wird auch in der deutschen Öffentlichkeit über chinesische Philosophie diskutiert. Der Felix Meiner Verlag macht sich schon seit mehreren Jahren darum verdient, Studierenden, Dozent:innen und schulischen Lehrkräften Bücher zum chinesischen Denken zugänglich zu machen: Einführungen und Forschungsarbeiten in die chinesische Philosophie sowie Standardwerke zur Philosophiegeschichte. Als neues Segment kommen nun chinesisch-deutsche Quelleneditionen hinzu. In der Reihe „Sina-philosophica“ werden „zweisprachige Ausgaben von Quellentexten der chinesischen Philosophie“ veröffentlicht. Herausgegeben werden sie von den Sinologen Rafael Suter, Wolfgang Behr, Fabian Heubel, Richard King, Joachim Kutz, Kai Marchal und dem Buddhismus-Experten Martin Lehnert.
Die Reihe eröffnet der von Iso Kern (*1935) herausgegebene und übersetzte Band „Kontroversen über die Grundlagen ethischen Handelns“. Dieser enthält Texte von Wáng Yángmíng (1472–1529), bedeutender Vertreter des Konfuzianismus im kaiserlichen China, sowie seiner Schüler Ōuyáng Dé (1496–1554) mit Luó Qīnshùn (1465–1547). Was war der Gegenstand der Debatte? Im Zentrum standen metaethische Fragestellungen, nämlich die nach den Kriterien für ethisches Handeln. Sind diese empirisch aus den objektiven „Ordnungsprinzipien des Himmels“ ableitbar, dargelegt in den traditionellen Gesprächen des Konfuzius, oder sind es subjektive Kriterien, orientiert an emotiven Einsichten des Herzens? Es wird unmittelbar die Aktualität dieser nach europäischer Zeitrechnung in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts geführten Kontroverse deutlich: Wertobjektivismus vs. Wertsubjektivismus, kognitivistische vs. emotive Ethikbegründung. Die vorliegende Ausgabe des Wáng Yángmíng-Experten zeigt, welche Differenziertheit und argumentative Schärfe das chinesische Denken in der Debatte schon erreicht hatte. Manche Argumente, die Ōuyáng Dé und Luó Qīnshùn (1465–1547) gegen ihren Lehrer anführen, können in der aktuellen Kontroverse um Zhào Tīngyángs Philosophie produktiv eingebracht werden. Lehrkräfte der Fächer Chinesisch, Philosophie und Ethik motiviert das vorliegende Buch zu grundlegenden ethischen Fragestellungen dazu, sich mit dem chinesischen Denken im Unterricht problemorientiert auseinanderzusetzen.
Fazit: Der Band „Kontroversen über die Grundlagen ethischen Handelns“ leistet einen wichtigen Beitrag zur Aufklärung über das chinesische Denken und ist zugleich eine Argumentationshilfe für aktuelle Debatten um chinesische Philosophie.
Dr. Marcel Remme, für lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Wáng Yángmíng (1472–1529) ist einer der bedeutendsten konfuzianischen Denker des kaiserzeitlichen China. Seine Philosophie der »Einheit von Wissen und Handeln« wirkt in China und Ostasien bis zum heutigen Tage nach. Viele seiner Zeitgenossen lehnten seine auf persönlicher Einsicht basierende Ethik ab.
Die vorliegende Übersetzung, mit der die Reihe »Sino-philosophica« eröffnet wird, dokumentiert die Auseinandersetzung über die Grundlagen des rechten Handelns, die er und sein Schüler Ōuyáng Dé (1496–1554) mit Luó Qīnshùn (1465–1547) führten. In größter Allgemeinheit lässt sich diese Kontroverse in folgende Frage fassen: Hat sich ethisches Handeln nach der empirisch erkennbaren objektiven Ordnung des Kosmos (»Ordnungsprinzipien des Himmels«) und den tradierten Schriften der »Heiligen« (Gespräche des Konfuzius, Menzius und anderen Texten) oder aber nach der Einsicht des eigenen »Herzens« auszurichten? Nicht nur lassen sich für Wáng Yángmíng ethische Prinzipien in der objektiven Welt nicht erkennen. Das sich in der eigenen Einsicht offenbarende »ursprüngliche Wissen« (liáng zhī) hat den Vorrang selbst gegenüber den Worten von Heiligen wie Konfuzius. Zu keinem Zeitpunkt vor dem Eindringen europäischen Denkens am Ende des 19. Jahrhunderts ist in der chinesischen Philosophie das Verhältnis von Tradition und eigenem individuellen Denken so radikal diskutiert worden.
Eine Einleitung sowie umfangreiche Fußnoten und Kommentare bieten eine philosophische und geistesgeschichtliche Einordnung.
Außerdem in der Reihe »Sino-philosophica« in Vorbereitung:
– Wáng Yángmíng: Dàxué wèn, Grundtexte der Herz-Schule des Konfuzianismus
– Wáng Tíngxiàng: Ausgewählte Texte zur Ordnung des Kosmos
– Zhìyǐ: Das Große Ruhen und Kontemplieren, ein Grundtext des ostasiatischen Buddhismus
– Gōngsūnlóngzǐ (Meister Gongsun Long): Zur altchinesischen "Schule der Namen"
– Zhāng Tàiyán: Kommentar zu Zhuāngzǐs "Abhandlung über die Angleichung der Dinge"
Inhaltsverzeichnis
Vorwort 9
Einleitung. Von Iso Kern 15
1. Zu den Verfassern der Briefe 15
2. Kurze Zusammenfassung der praktischen (ethischen) Philosophie von Zhu Xi (1130–1200) 36
3. Diskussion Wáng Yángmíngs mit seinen Schülern, ob ethisch gutes Handeln nicht doch Erkenntnis der Ordnung der Welt voraussetzt, wie es Zhu Xi verlangt 44
4. Kurzer Abriss der späten Lehre Wáng Yángmíngs (seit 1521) in seiner »Lehre in vier Sätzen« von 1527 57
5. Zum Charakter der vorgestellten philosophischen Briefe und Debatten 59
6. Grundbegriffe, die in den vorgestellten philosophischen Kontroversen vorkommen 60
7. Kurze Notiz zur Nachwirkung von Wáng Yángmíngs philosophischer Schule 65
TEIL I: Die Kontroverse zwischen dem Vertreter der Schule Zhu Xis (1130–1200), Luó Qinshùn (1465–1547), und Wáng Yángmíng (1472–1529) 69
A. Zwei Texte Wáng Yángmíngs, auf die diese Kontroverse Bezug nimmt 71
1. Wáng Yángmíngs Vorwort (1515) zu seiner Schrift Meister Zhu Xis endgültige Lehre in seinen späten Jahren (publiziert 1518) 71
2. Wáng Yángmíngs erstes Vorwort (1518) zur alten Fassung des Lernens der Großen (Dàxué) 77
B. Zwei Briefe zwischen Luó Qinshùn und Wáng Yángmíng 81
3. Brief von Luó Qinshùn an Wáng Yángmíng vom Sommer 1520 81
4. Antwortbrief von Wáng Yángmíng an Luó Qinshùn vom Herbst 1520 93
TEIL II: Antwortbrief Wáng Yángmíngs an seinen Schüler Ouyáng Dé (zwischen 1523 und 1526) 113
5. Antwortbrief Wáng Yángmíngs an seinen Schüler Ouyáng Dé (zwischen 1523 und 1526) 113
TEIL III: Die Kontroverse von 1534/35 zwischen Ouyáng Dé und Luó Qinshùn 133
6. Brief von Ouyáng Dé an Luó Qinshùn vom 25. Juli 1534 135
7. Antwortbrief von Luó Qinshùn an Ouyáng Dé vom 8. September 1534 153
8. Antwortbrief von Ouyáng Dé an Luó Qinshùn vom 4. Dezember 1534 173
Anmerkungen 201
Ausführliches Inhaltsverzeichnis 221
Namenregister 227
Begriffsregister 230
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