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Interreligiöse Kompetenz in der beruflichen Bildung Pilotstudie zur Unterrichtsforschung
Interreligiöse Kompetenz in der beruflichen Bildung
Pilotstudie zur Unterrichtsforschung




Albert Biesinger, Klaus Kießling, Josef Jakobi, Joachim Schmidt (Hrsg.)

LIT
EAN: 9783643107961 (ISBN: 3-643-10796-X)
168 Seiten, paperback, 15 x 21cm, November, 2011

EUR 19,90
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Angesichts der Herausforderungen einer pluralen Gesellschaft, in der Menschen unterschiedlicher Ethnien, Sprachen, Prägungen und Religionen zusammenleben, wird die Entwicklung interreligiöser Kompetenz unter Jugendlichen zu einem bildungstheoretischen und bildungspraktischen Muss. Band 6 der Reihe "Religion und berufliche Bildung" dokumentiert eine Pilotstudie zur Unterrichtsforschung. In der Auseinandersetzung mit den monotheistischen Weltreligionen Judentum, Christentum und Islam kommen kommunikative und didaktische Prozesse in Gang, die in Fachklassen des dualen Systems in drei Bundesländern exemplarisch videografiert und erforscht wurden. Die Ergebnisse präzisieren, wie sich verschiedene Dimensionen interreligiöser Kompetenz im Unterricht zeigen, Unterrichtsbeispiele veranschaulichen Lernprozesse unter Schülerinnen und Schülern, didaktisch zeichnen sich Chancen und Grenzen der Entwicklung interreligiöser Kompetenz ab.

Diese Veröffentlichung resultiert aus der Zusammenarbeit des Katholischen Instituts für berufsorientierte Religionspädagogik an der Universität Tübingen mit dem Seminar für Religionspädagogik, Katechetik und Didaktik an der Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt am Main.


Rezension
Wie wächst zusammen, was nicht zusammen zu passen scheint?
Schon immer gab es Gräben zwischen Andersgläubigen und Menschen verschiedener kultureller Herkunft - auch bei uns in Deutschland. Noch vor wenigen Jahrzehnten bekam man in ländlichen Regionen katholische und evangelische Christen noch nicht unter einen Hut. Im "Dritten Reich" wurde mit den Juden eine ganze Religions- und Kulturgemeinschaft systematisch von der eigenen (Un-)Kultur abgegrenzt und verfolgt.
In unserer heutigen "geläuterten" Gesellschaft erscheint, obwohl wir es uns aufgrund unserer Geschichte eigentlich nicht eingestehen dürften, die Distanz zwischen Menschen mit muslimischen und christlichen Wurzeln besonders groß.
In den Städten, in denen unterschiedliche Kulturen und Lebensentwürfe aufeinandertreffen, entwickeln sich nahezu isolierte Subkulturen mit eigenen Vierteln, Läden und Lebensschauplätzen. Viel Geld wird zzt. dafür investiert, institutionellen Einfluss auf die so genannten Problemviertel zu nehmen, aber wenig Kreativität wird dafür eingesetzt, Menschen verschiedener Religionen, Kulturen und Schichten miteinander in Beziehung zu bringen und einen direkten und fruchtbaren Dialog untereinander zu ermöglichen.
Glücklicherweise gibt es Situationen, in denen sich Menschen verschiedener kultureller Herkunft nicht so einfach aus dem Weg gehen können: z. B. bei der beruflichen Tätigkeit, bei Ärzten, in Krankenhäusern, Altenheimen, Schulen und Kindergärten. Gerade Berufstätige in öffentlichen Institutionen oder mit "Publikumsverkehr" sind daher dazu angehalten, interreligiöse Kompetenzen zu erwerben, um auch Menschen anderer Religion und Herkunft offen, tolerant und interessiert zu begegnen.

Die Religionspädagogen Biesinger et. al. haben nun mit ihrem Buch "Interreligiöse Kompetenz in der beruflichen Bildung" eine "Pilotstudie zur Unterrichtsforschung" herausgegeben, die sich mit den Möglichkeiten und Grenzen eines Unterrichts beschäftigt, der junge Menschen über ihre unterschiedlichen Glaubensrichtungen, ihre Haltungen und Werte miteinander ins Gespräch bringt.

Dabei kamen sie zusammenfassend zu folgenden Ergebnissen: Trifft die Heterogenität innerhalb der Lerngruppe auf einen sorgfältig didaktisch-aufbereiteten Unterricht, kann ein deutlicher Lerngewinn erzielt werden. Die biografisch religiöse Selbstreflexion hilft bei der persönlichen religiösen Positionierung. Spannende Dialog- und Lernprozesse entstehen bei der lebensrelevanten Verortung religiöser Praxis durch konkrete Themen und Gegenstände.

Albert Biesinger fordert im Hinblick auf diese Ergebnisse eindringlich einen "Paradigmenwechsel hin zu einem fundierten christlichen Religionsunterricht in der Hermeneutik des interreligiösen Dialoges".
Wie so ein Unterricht und das entsprechende Unterrichtsmaterial aussehen müsste und welche weiteren Fragen sich aus der Pilotstudie ergeben, führen die Autoren dieses neuen Bandes aus der Reihe "Religion und berufliche Bildung" zusammen.

Ein lesenswertes Buch für Religionspädagogen und alle anderen, die sich wissenschaftlich-fundiert mit dem Thema "Religionsunterricht an berufsbildenden Schulen als Lernort für interreligiöse Kompetenz" auseinandersetzen wollen.

Simone Wenderoth
Verlagsinfo
Interreligiöse Kompetenz in der beruflichen Bildung: Pilotstudie zur Unterrichtsforschung

Für den Religionsunterricht an berufsbildenden Schulen fehlt es an Unterrichtsforschung zu Lehr- und Lernprozessen. Darin sehen die Herausgeber dieses Bandes ein zentrales Desiderat empirischer Religionspädagogik, dessen Einlösung der schulischen Praxis ebenso zugute kommen wird wie der Aus-, Fort- und Weiterbildung von Religionslehrkräften.

Diese Pilotstudie zur Unterrichtsforschung widmet sich interreligiöser Bildung, also einer gesellschaftlichen Überlebensfrage
Inhaltsverzeichnis
Albert Biesinger
1. Einführung: Interreligiöses Lernen als gesellschaftliche und kirchliche Herausforderung 7

Klaus Kießling
2. Unterrichtsforschung an berufsbildenden Schulen: Entwicklung interreligiöser Kompetenz als differenzpädagogische Herausforderung 11
2.1. Empirische Forschung zum Religionsunterricht an berufsbildenden Schulen bis 2002 11
2.2. Empirische Forschung zum Religionsunterricht an berufsbildenden Schulen am Katholischen Institut für berufsorientierte Religionspädagogik 16
2.3. Stand der Unterrichtsforschung 19
2.4. Fragen zu einem Design der Unterrichtsforschung 23
2.5. Unterrichtsforschung zur Entwicklung interreligiöser Kompetenz 29

Joachim Schmidt
3. Interreligiöses Lernen im Kontext beruflicher Bildung 36
3.1. Religiöse Kompetenzen in der globalisierten Arbeitswelt 36
3.2. Religionsunterricht an berufsbildenden Schulen als Lernort für interreligiöse Kompetenz 37
3.3. Interreligiöse Herausforderungen für jugendliche Auszubildende 39

4. Das Pilotprojekt „Interreligiöse Kompetenzentwicklung in der Berufsbildung" - die drei beteiligten Projektklassen 43

Wolfgang Steinmetz und Judith Adam
4.1. Werner von Siemens-Schule in Frankfurt am Main 43

Ruth Plate
4.2. Gertrud-Bäumer-Berufskolleg in Duisburg 48

Thomas Hanstein
4.3. Gottlieb-Daimler-Schule in Sindelfingen 53

5. Perspektiven interreligiöser Kompetenzentwicklung in der Berufsbildung 59

Joachim Schmidt
5.1. Positionalität im eigenen Glauben - Dialogfähigkeit mit anderen 59

Josef Jakobi
5.2. Selbstdistanzierung - die Fähigkeit, sich selbst gegenüber zu treten und Fremdheit wahrnehmen zu können 71
5.3. Ambiguitätstoleranz - die Fähigkeit zum duldsamen Umgang mit Mehrdeutigkeiten und unvereinbaren Gegensätzen 85
5.4. Die Fähigkeit zum Perspektivenwechsel 101

Joachim Schmidt
5.5. Interreligiöse Kommunikationsfähigkeit in der und durch die Begegnung zwischen Jugendlichen aus unterschiedlichen Religionen 118

Joachim Schmidt
6. Zusammenfassende Thesen zu den Ergebnissen des Pilotprojekts „Interreligiöse Kompetenz in der beruflichen Bildung" 160

7. Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 167