Was verbindet die Filmklassiker „Rebecca“ (1940), „Notorious [Berüchtigt]“ (1946), „Rear Window [Das Fenster zum Hof]“ (1954), „Vertigo [Aus dem Reich der Toten]“ (1958), „Psycho“ (1960) und „The Birds [Die Vögel]“ (1963)? Zunächst einmal handelt es sich um äußerst erfolgreiche Kinofilme des Regisseurs Alfred Hitchcock (1899-1980). In allen Filmen, mehr als 50, des Master of Suspense gibt es seinen berühmten Cameo-Auftritt. Der Erfolg seiner mit Humor und Ironie gespickten Thriller rührt aber sicherlich woanders her. Hitchcock evoziert auf Seiten des Publikums, das er in sein dramaturgisches Spiel zwischen Regisseur und Film verwickelt, nämlich eine „Angstlust“(Truffaut). Diese wird nicht nur durch besondere Kameraeinstellungen und ausgeklügelte Settings erreicht, sondern durch das Agieren der Schauspielerinnen und Schauspieler.
Als konstitutives Element von Hitchcock-Filmen werden insbesondere die weiblichen Hauptfiguren angesehen, für die sich in der Filmszene der Ausdruck „Hitchcock`s Blondes“ eingebürgert hat. Man denke nur an Ingrid Bergmann in „Notorius“, Grace Kelly in „Rear Window“, Kim Novak in „Vertigo“, Janet Leigh in „Psycho“ oder an Tippi Hedren in „The Birds“ und „Marnie“ (1964). Hitchcock konstruierte und präsentierte dem Publikum einen bestimmten Frauentyp(us), dessen Kennzeichen Schönheit, Eleganz, Modernität, Dynamik, Charisma, Willensstärke, Gefühlsambivalenz und unterschwellige Erotik sind. Diese Frauen gelten mittlerweile als Stil-Ikonen des Thriller-Genre, tragen sie doch wesentlich zur Filmästhetik Hitchcocks bei, auch wenn nicht jede von ihnen im Kinofilm überlebt.
Gewürdigt werden die Schauspielerinnen in dem Bildband „Hitchcock`s Blondes. Erfindung eines Frauentyps“ von Thilo Wydra (*1968), erschienen bei Schirmer/Mosel. Der ausgewiesene Filmjournalist, bekannt durch seine Zeitungsartikel für den „Tagesspiegel“ und seine filmographischen Bücher „Alfred Hitchcock“ (2010), „Grace Kelly“ (2012) und „Ingrid Bergmann“ (2017), stellt in seinem neuen Werk 12 der „Hitchcock-Blondinen“ vor. Dazu liefert er einen Abriss ihrer Biographie, beleuchtet ihr Verhältnis zum Mentor Hitchcock, analysiert ihre Rollen anhand ausgewählter Filmszenen und lässt sie selbst zu Wort kommen. Wydra leitet seine gut verständlich geschriebenen Texte durch hervorragend ausgewählte Szenen- und Pressephotos der Filme ein. Diese 83 Abbildungen - in Duotone oder Farbe - sind in exzellenter Qualität abgedruckt, so dass die Lektüre des Buches zu einem sinnlichen Erlebnis wird. Erwähnung verdient auch, dass Wydra in seinem Buch eingeht auf die in der Filmwissenschaft bisher wenig beachtete Bedeutung von Hitchcocks Frau, Alma Reville, für die Genese seiner Filme sowie für die Auswahl der Schauspielerinnen und die Gestaltung ihrer Rollen.
Fazit: Thilo Wydra gibt mit seinem schönen Bildband „Hitchcock`s Blondes“ interessante Einblicke in die Entstehung von Hitchcocks Kult-Filmen. Damit lädt er zugleich dazu ein, sich die Produktionen des Altmeisters – mit besonderem Blick auf die schauspielerische Leistung der weiblichen Hauptfiguren – anzuschauen. Allen Hitchcock-Fans wird mit Wydras Buch, das in keiner Hitchcock-Bibliothek fehlen sollte, eine Freude bereitet.

Dr. Marcel Remme, für lehrerbibliothek.de

Erfindung eines Frauentyps. 83 Photographien aus 19 Filmen
Alfred Hitchcock (1899-1980) hat mit seinen über 50 Spielfilmen nachfolgende Generationen von Filmregisseuren nicht nur stilistisch geprägt, er erfand auch einen neuen Typus der weiblichen Hauptfigur, der seinerseits Schule machte: junge, starke Frauen mit unterkühltem Sex-Appeal, gefangen im Netz nervenaufreibender, meist männlicher Machenschaften. Von der Kostümbildnerin Edith Head modisch elegant eingekleidet, zeitlos schön und modern, sind sie zu Stil-Ikonen des Suspense geworden. Und fast alle sind Blondinen, einschließlich der brünetten Karin Dor, die er - typisch Hitchcock, der um keine Antwort verlegen war - als "blonde inside" bezeichnete.
Grace Kelly, Tippi Hedren, Kim Novak, Ingrid Bergman, um nur die berühmtesten zu nennen, sind unvergesslicher Bestandteil der Filmgeschichte, und ihre Rollen etwa in "Das Fenster zum Hof", "Die Vögel", "Vertigo" oder "Notorious" fesseln die Zuschauer bis heute.
Autor und Filmspezialist Thilo Wydra geht in diesem Buch dem geheimnisvollen Charisma dieser von Hitchcock favorisierten Frauengestalten nach und gibt dabei Einblicke in die Entstehung zahlreicher Kinoklassiker. Publicity Shots und Stills aus den Filmen der zwölf spektakulärsten "Hitchcock-Blondinen" - ein Begriff, der unter Kennern schon zum geflügelten Wort wurde - liefern den unwiderstehlichen Beweis für dieses zwischen platin- und kastanienblond changierende Phänomen.

Thilo Wydra (geb. 1968 in Wiesbaden) ist seit den frühen 1990er Jahren freier Autor und Publizist. Von 2004 bis 2011 war er Deutschland-Korrespondent der Internationalen Filmfestspiele von Cannes. Er schreibt für verschiedene Zeitungen (Der Tagesspiegel u.a.) und Fachzeitschriften, berät das ZDF bei seinen History-Dokumentationen und ist für den Rundfunkt tätig. Er ist Autor zahlreicher Künstlerbiographien und Filmbücher, u.a. über Margarethe von Trotta (2000), Romy Schneider (2008), Alfred Hitchcock (2010), Grace Kelly (2012) und Ingrid Bergman (2017). www.thilowydra.de

Schirmer/Mosel. 232 Seiten, 83 Abb. in Farbe und Duotone. Format: 21,5 x 24 cm, gebunden. Deutsche Ausgabe.

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