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Herr der Krähen
Roman
Aus dem Englischen von Thomas Brückner
Ngugi wa Thiongo
A1 Verlagsgesellschaft
EAN: 9783940666178 (ISBN: 3-940666-17-3)
944 Seiten, Festeinband mit Schutzumschlag, 15 x 22cm, 2011
EUR 29,90 alle Angaben ohne Gewähr
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Umschlagtext
Die 'Freie Republik' Aburĩria, ein gigantisches Bauvorhaben namens 'Marching to Heaven', der Prototyp eines afrikanischen Despoten - 'Seine Allmächtige Vortrefflichkeit' - mit machtergebenen Ministern, die sich Augen, Ohren und die Zunge vergrößern lassen, um dem gottgleichen Herrscher zu gefallen, eine landesweite Warteschlangen-Epidemie und nicht zuletzt die plötzlich auftretende, rätselhafte Krankheit des Herrschers - es sind keine geringen Probleme, mit denen sich Kamĩtĩ alias 'Herrr der Krähen' herumschlagen muss. Dummerweise ist er jedoch der Einzige, von dem man sich Hoffnung verspricht ...
Eine großartige Satire über Afrika und den Westen in einer globalisierten Welt.
"Warum sich einlassen auf fast 1000 Seiten? Weil dieser Roman ein literarisches Meisterwerk ist, eingebettet in die reichen Nuancen afrikanischer mündlicher Erzähltradition - real wie vergossenes Blut und ein mythischer Tanz von großer Ausdruckskraft." - The Seattle Times
Ngugi wa Thiong'o wurde 1938 als Sohn einer Bauernfamilie in Kenia geboren. Er studierte am Makerere University College in Kampala, Uganda, und an der University of Leeds, Großbritannien. 1982 musste er sein Heimatland verlassen und ging ins Exil nach London und schließlich in die USA. Mit seinem umfangreichen Romanwerk und vielen literarischen und politischen Essays zählt Ngugi wa Thiong'o heute zu den bedeutendsten Schriftstellern Afrikas. Er lebt in Kalifornien, wo er ander University of California in Irvine lehrt.
Thomas Brückner, geboren 1957 in Görlitz, studierte Afrikanistik und Kultur- und Literaturwissenschaften. Neben Gastprofessuren in Schweden und Deutschland ist er seit 1994 als Autor, Herausgeber und freier Übersetzer tätig. Er lebt in Leipzig.
Rezension
'Herr der Krähen' ist ein erfolgreiches Buch, das inzwischen in der dritten Auflage vorliegt. Diese Tatsache ist allein deshalb schon höchst erfreulich, weil so ein wichtiger Roman in der afrikanischen Erzähl-Tradition und über Afrika ins Bewusstsein der Öffentlichkeit tritt. 'Herr der Krähen' macht weiter neugierig auf einen literarischen Kontinent, der in unserer Wahrnehmung meist noch deutlich unterrepräsentiert ist. Dass der Autor, Ngugi wa Thiong'o, seit vielen Jahren im Exil und nicht in seiner Heimat Kenia lebt, gehört dabei mit zum Thema. Das Afrika in seinem Roman ist satirisch überzogen und gerade dadurch in seiner problematischen Melange von Folgen des Kolonialismus, Gewalttätigkeit, autoritären Regimen, Stammestraditionen, westlichen Einflüssen und Streben nach Anschluss und Selbstbestimmung kenntlich gemacht. So stehen die beiden Hauptfiguren, Kamiti als 'Herr der Krähen' und Nyawira als Vertreterin einer Emanzipation der Frauen und des Volkes, für die Hoffnung auf ein neues Afrika, in dem sowohl der Männerherrschaft über die Frauen wie der Herrschaft macht- und geldgieriger Eliten über das Volk ein Ende gesetzt wird.
Keine Frage: 'Herr der Krähen' ist ein unterhaltsames und erkenntnisträchtiges Buch und lohnt die Lektüre. Dennoch muss man manche der vollmundigen Kritiken etwas relativieren. Wenn die ZEIT meint, man könne ihn "was die monumentale Anstrengung und historische Bedeutung des Romans betrifft, vielleicht neben 'Hundert Jahre Einsamkeit' von Gabriel Garcia Marquez aus dem Jahr 1967 einordnen", dann ist schon der Vergleichspunkt falsch gewählt: wenn ein Vergleich, dann müsste es der mit 'Der Herbst des Patriarchen' sein. Aber auch so ist klar, dass sich 'Herr der Krähen' in literarischer Hinsicht nicht mit Marquez vergleichen lässt. Dazu fehlen ihm poetische Substanz, die mythische Rückbindung und die metaphorische Dichte. Auch hat das Buch erzählerische Schwächen, gewisse Längen und es kann in der Figurengestaltung (was z.B. die Liebesgeschichte zwischen Kamiti und Nyawira betrifft) nicht immer überzeugen. Aber das ist kein Grund, es nicht zu lesen. Im Gegenteil. Gerade weil es nicht wie Marquez ist, sollte man es lesen. Es stellt eine eigene Größe dar.
PS: Als Bücherliebhaber sei es erlaubt, auf einen weiteren Aspekt dieses Buches hinzuweisen: es ist hervorragend ausgestattet, liegt trotz seines Umfangs gut in der Hand und ist mit Lesebändchen und einer beigelegten Übersichtskarte der wichtigsten Figuren versehen. Man freut sich, dass es in jedem Lesestadium aufgeschlagen auf dem Tisch liegen bleibt, man freut sich über den markanten Schutzumschlag und das geprägte lindgrüne Vorsatzpapier und vor allem auch darüber, dass man im Impressum über alle Ausstattungsmerkmale, von der Papiersorte bis zur Schrifttype genauestens informiert wird.
Matthias Wörther, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Ausgangspunkt dieses geistreichen satirischen Romans ist das gigantische Bauvorhaben »Marching to Heaven«, ein moderner Turmbau zu Babel, das dem despotischen Herrscher der fiktiven Freien Republik Aburiria Weltgeltung verschaffen und ein monumentales Denkmal setzen soll.
Der Herrscher ist umgeben von persönlichen Beratern, allen voran den Ministern Machokali und Sikiokuu, die ständig darum bemüht sind, dem gottgleichen Herrscher ihre Ergebenheit zu beweisen und sich eine vorteilhafte Position zu sichern. Das Bauprojekt »Marching to Heaven« jedoch kann nur mit einem Kredit der Global Bank in New York realisiert werden.
Als Titus Tajirika zum ersten Vorsitzenden des Baukomitees für »Marching to Heaven« ernannt wird, bilden sich vor dessen Büro zwei endlose Warteschlangen – eine aus denjenigen, die auch ein Stück vom Kuchen abbekommen wollen (indem sie Umschläge voller Bargeld zurücklassen), und eine, die sich aus den zahllosen Arbeitslosen des Landes speist. Diese Menschenschlangen entwickeln sich bald zu einer landesweiten Epidemie.
Während der Herrscher und sein Außenminister Machokali in die USA reisen, um positiv auf die Vertreter der Global Bank einzuwirken, gerät Tajirika ins Blickfeld von Staatsminister Sikiokuu. Die Delegation in New York hingegen sieht sich einer plötzlich auftretenden, rätselhaften Krankheit des Herrschers gegenüber. Hoffnung verspricht allein der unfreiwillig zu Ruhm und Ansehen aufgestiegene Herr der Krähen – ein Zauberer, Heiler und Wahrsager ...
»Herr der Krähen« ist eine lebendige, ausdrucksstarke Satire über den Prototyp des afrikanischen Despoten, die mit tiefgründigem Humor die Lebensbedingungen in einer zunehmend globalisierten Welt thematisiert. Ngugi wa Thiong’o gelingt mit diesem Roman eine umfassende Parabel auf die sozialen, politischen und kulturellen Verhältnisse auf dem afrikanischen Kontinent und dessen Beziehung zum Westen.
Inhaltsverzeichnis
Erstes Buch - Dämonen der Macht 9
Zweites Buch - Dämonen in Warteschlangen 65
Drittes Buch - Weibliche Dämonen 343
Viertes Buch - Männliche Dämonen 585
Fünftes Buch - Dämonen des Aufruhrs 787
Sechstes Buch - Bärtige Dämonen 895
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