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Handbuch der Hilfen zur Erziehung   in Verbindung mit Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V.
Handbuch der Hilfen zur Erziehung


in Verbindung mit Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V.

Michael Macsenaere, Klaus Esser, Eckart Knab, Stephan Hiller (Hrsg.)

Lambertus-Verlag
EAN: 9783784121215 (ISBN: 3-7841-2121-7)
632 Seiten, paperback, 16 x 23cm, April, 2014

EUR 49,90
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Die ganze Erziehungshilfe im Überblick - Beiträge von über 100 namhaften Autorinnen und Autoren aus der Erziehungshilfe stellen in diesem „Handbuch der Hilfen zur Erziehung“ den aktuellen Status quo der ganzen Bandbreite der erzieherischen Hilfen dar: Von den Rechtsgrundlagen, den verschiedenen Wohnformen, den (sozial)pädagogischen Ansätzen bis hin zu einem Ausblick in die Zukunft.

Interdisziplinar und umfassend wird ein kompakter Überblick über die einzelnen Leistungsbereiche und Handlungsfelder der Erziehungshilfe geboten und die verschiedenen Akteure (Jugendamt, Öffentliche Träger, Freie Träger, Wohlfahrtsverbände etc.) der Jugendhilfe werden vorgestellt. Das Handbuch ist in dieser Form eine einzigartige Basislektüre und praktisches Nachschlagewerk. Es richtet sich an Studierende, Lehrende, Pädagogen und Psychologen in allen Arbeitsfeldern der Jugendhilfe.
Rezension
Wer es in irgendeiner Weise mit Jugendhilfe zu tun hat, - und Schulsozialarbeiter/innen und Lehrer/innen sind zumindest mittelbar immer irgendwie damit konfrontiert - , findet in diesem, in Verbindung mit dem Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. herausgegebenen, voluminösen „Handbuch der Hilfen zur Erziehung“ den aktuellen Stand des kompletten Angebots der erzieherischen Hilfen: die Rechtsgrundlagen, die verschiedenen Wohnformen, die (sozial)pädagogischen Ansätzen, die verschiedenen Akteure wie Jugendamt, Öffentliche und Freie Träger, Wohlfahrtsverbände etc., - kurz: die ganze Erziehungshilfe im Überblick in einem Band! Dieses Handbuch soll in die einzelnen Leistungsbereiche und Handlungsfelder der Erziehungshilfe einführen und Aufschluss geben, wohin sie sich in den vergangenen Jahren entwickelt haben und welche Aufgaben sich ihnen in den kommenden Jahren stellen.

Oliver Neumann, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Autoreninfo:
Prof. Dr. Michael Macsenaere ist Geschäftsführender Direktor des IKJ - Institut für Kinder- und Jugendhilfe gGmbH, Mainz; Lehrtätigkeit: Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Universität zu Köln, Hochschule Niederrhein.
Dr. Klaus Esser ist Leiter des Bethanien Kinder- und Jugenddorfes Schwalmtal, Coach, Fortbildungsreferent (Berufs- und Fachverband Heilpädagogik BHP, Europäische Akademie für Heilpädagogik EAH), Lehrtätigkeit, Vorstandsmitglied des Bundesverbandes katholischer Einrichtungen und Dienste der Erziehungshilfe (BVkE) e.V.
PD. Dr. Eckhart Knab ist Gründungsdirektor und Berater des IKJ - Institut für Kinder- und Jugendhilfe gGmbH, Mainz; Lehrtätigkeit: Universität zu Köln, Humanwissenschaftliche Fakultät, Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Institut für Sportwissenschaft.
Stephan Hiller, Diplom-Sozialpädagoge und Diplom-Betriebswirt (VWA), ist Geschäftsführer des Bundesverbandes katholischer Einrichtungen und Dienste der Erziehungshilfe (BVkE) e.V.

Rezensionen:
"Um das Wichtigste gleich vorweg zu nehmen: Viele Publikationen sind bisher im Bereich der Erziehungshilfe erschienen, denen von Öffentlichkeit und Fachpresse bereitwillig das Attribut "Standardwerk" zugeschrieben wurde. Doch das "Handbuch der Hilfen zur Erziehung" kann bedenkenlos als ebendieses betrachtet werden, ungeachtet dessen, dass die qualitative Messlatte in diesem Segment sehr hoch liegt."
Andreas Schrötter, In: Pädagogischer Rundbrief des Landesverbandes katholischer Einrichtungen und Dienste der Erziehungshilfen in Bayern, Ausgabe 1+2, 2014.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort der Herausgeber 11

Teil 1: Einführung 19

Übersicht 21


Entwicklung der Erziehungshilfe – vom Mittelalter bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges 21
Eckhart Knab

Erziehunghilfen von 1945 bis heute 27
Carola Kuhlmann

Erziehungshilfen im Spiegel der amtlichen Statistik 33
Jens Pothmann, Thomas Rauschenbach

Zunahme von Hilfe zur Erziehung – Fakten, Erklärungen, Reaktionen 39
Reinhard Joachim Wabnitz

SGB VIII aus juristischer Perspektive 46

Das SGB VIII als Rechtsgrundlage für die Kinder- und Jugendhilfe – ein Überblick 46
Reinhard Wiesner

Wächteramt, Kinderschutz, Frühe Hilfen 59
Claudia Buschhorn

Teil 2: Hilfearten und Gewährungsgrundlagen 69

Hilfearten 71


§ 19 SGB VIII: Gemeinsame Wohnformen für Mütter/Väter und Kinder 71
Petra Winkelmann

§ 20 SGB VIII: Betreuung und Versorgung des Kindes in Notsituationen 79
Irene Zerfass

§ 27, 2 SGB VIII: Flexible Hilfen – Konzept, Implikationen, Praxis 85
Annette Plankensteiner

§ 28 SGB VIII: Institutionelle Erziehungsberatung 92
Roman Nitsch

§ 29 SGB VIII: Soziale Gruppenarbeit 97
Liane Pluto, Eric van Santen

§ 30 SGB VIII: Erziehungsbeistand und Betreuungshelfer 103
Florian Kaiser

§ 31 SGB VIII: Sozialpädagogische Familienhilfe 110
Klaus Fröhlich-Gildhoff

§ 32 SGB VIII: Hilfe zur Erziehung in einer Tagesgruppe 116
Georg Geißler

§ 33 SGB VIII: Vollzeitpflege 122
Heinz Kindler

§ 34 SGB VIII: Heimerziehung und sonstige betreute Wohnform 131
Richard Günder

Regelgruppen 136
Gerhard Veith, Mone Welsche

Kick-off-Gruppen© – Intensivgruppen mit Markenzeichen 144
Hans Scholten

Intensivgruppen 149
Rolf Ahrens, Guido Royé

Kinderdorffamilien und Familiengruppen im Rahmen der stationären Jugendhilfe 156
Klaus Esser

Betreutes Wohnen 161
Norbert Dörnhoff

§ 35 SGB VIII: Intensive Sozialpädagogische Einzelbetreuung (ISE) im In- und Ausland 167
Willy Klawe

Gewährungsgrundlagen 174

Gewährungsgrundlage für die Hilfen zur Erziehung 174
Peter Bringewat

§ 27 SGB VIII: Die Grundnorm der Hilfe zur Erziehung 182
Christian Bernzen

§ 35a SGB VIII: Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche 187
Norbert Beck

§ 41 SGB VIII: Hilfe für junge Volljährige, Nachbetreuung 193
Dirk Nüsken

§ 42 SGB VIII: Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen 202
Gila Schindler

Teil 3: Akteure 209

Jugendamt 211


Hilfeplan nach § 36 SGB VIII: Entwicklungen und Herausforderungen 211
Andreas Matzner, Chantal Munsch

Die Aufgabenbereiche des Jugendamtes 217
Wolfgang Trede

Passgenaue Hilfen und ihre Indikation 224
Jens Arnold

Jugendhilfeplanung nach dem SGB XIII 231
Johannes Horn

Landesjugendämter und ihre Aufgabenstellungen 235
Robert Sauter

Öffentliche Träger 241

Öffentliche Träger der Jugendhilfe 241
Stephan Articus



Aufgaben der BAGFW im Feld der Erziehungshilfen 245
Gerhard Timm

Aufgaben des Deutschen Caritasverbandes in der Erziehungshilfe 247
Roland Fehrenbacher

Die Aufgaben der Diakonie in der Erziehungshilfe 251
Doris Beneke

Aufgaben des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes in der Erziehungshilfe 255
Norbert Struck

Die Aufgaben der Arbeiterwohlfahrt (AWO) in der Erziehungshilfe 259
Klaus Theißen

Aufgaben des Internationalen Bundes (IB) in der Erziehungshilfe 265
Christine Kolmer

Aufgaben der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland e.V. (ZWST) in der Erziehungshilfe 269
Heike von Bassewitz

Hilfen zur Erziehung beim Deutschen Roten Kreuz (DRK) 276
Mahmut Kural

Private Träger 279

Der VPK als Dachverband privater Träger in der Kinder- und Jugendhilfe 279
Werner Schipmann

Dachverbände 284

Aufgaben der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe in den Erziehungshilfen 284
Karin Böllert

Der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. –
seit 130 Jahren das Forum aller sozialen Akteure 289
Michael Löher

Fachverbände 293

Aufgaben der Internationalen Gesellschaft für erzieherische Hilfen (IGfH) – Ziele, Strukturen und Aktivitäten 293
Josef Koch

Aufgaben des AFET (Bundesverband für Erziehungshilfe e.V.) in den Erziehungshilfen 298
Rainer Kröger, Jutta Decarli

Schwerpunkte der Erziehungshilfen aus Sicht des Evangelischen Erziehungsverbandes e.V. (EREV) 303
Björn Hagen

Aufgaben und Schwerpunkte des Bundesverbandes katholischer Einrichtungen und Dienste der Erziehungshilfen (BVkE) 306
Stephan Hiller

Teil 4: Politik/Verwaltung 309

Bund 311


Bedeutung des BMFSFJ als oberste Bundesbehörde für die erzieherischen Hilfen 311
Heike Schmid-Obkirchner

Land 317

Die Bedeutung der Länder für die Hilfen zur Erziehung 317
Klaus Schäfer

Kommunale Spitzenverbände 325

Bedeutung der kommunalen Spitzenverbände für die erzieherischen Hilfen 325
Verena Göppert

Jugendhilfeausschuss 329

Bedeutung der Jugendhilfeausschüsse für die Hilfen zur Erziehung 329
Joachim Merchel

Teil 5: (Sozial)Pädagogische Ansätze 337

Theorien und Konzepte Sozialer Arbeit 339


Sozialraumorientierung: Ein Fachkonzept auch für die Hilfen zur Erziehung? 339
Wolfgang Hinte

Alltagspädagogik in den erzieherischen Hilfen 344
Thomas Köck

Traumapädagogik 349
Klemens Richters

Beziehung und Bindung in der Erziehungshilfe. Wie können gestörte Bindungsprozesse mit den Ansätzen und Methoden Erzieherischer Hilfe verbessert werden? 356
Roland Schleiffer

Systemisches Arbeiten in der Erziehungshilfe – die Anwendung der synergetischen Systemtheorie für die Arbeit am Selbstbild von Kindern und Jugendlichen 361
Matthias Ochs, Rainer Orban

Belastungen und Traumata konstruktiv wenden: Resilienz bei Kindern und Jugendlichen 369
Silke Brigitta Gahleitner

„New Authority“ – das Konzept von Haim Omer in der stationären Jugendhilfe 377
Martin Kramm

Ressourcenorientierte Pädagogik 384

Erlebnispädagogik in der Erziehungshilfe 384
Christian van Rens

Psychomotorik in der Stationären Erziehungshilfe 391
Klaus Fischer, Eckhart Knab

Musikpädagogik in der Stationären Erziehungshilfe 398
Wolfhelm Ostendarp

Kunstpädagogik und Kunsttherapie in der Erziehungshilfe 406
Karl-Heinz Menzen

Tiergestützte Pädagogik – ein neues Arbeitsfeld in der Heimerziehung 414
Hans Scholten

Zirkuspädagogik – ein Plädoyer für ein neues Arbeitsfeld in der Erziehungshilfe 422
Emil Hartmann

Inklusion 430

Inklusion in der Erziehungshilfe 430
Stefan Bestmann

Partizipation 437

Partizipation und Beteiligung in den Erziehungshilfen 437
Mechthild Wolff

Prävention 444

Prävention sexualisierter Gewalt in Institutionen 444
Bernd Eberhardt, Annegret Naasner, Matthias Nitsch

Teil 6: Interdisziplinäre Kooperationen 453

Zum Verhältnis von Jugendhilfe und Kinder- und Jugendpsychiatrie 455
Martin H. Schmidt

Kinderpsychotherapie im Kontext der teilstationären Erziehungshilfe 466
Stefan Rücker, Peter Büttner, Ulrike Petermann, Franz Petermann

Interdisziplinäre Frühförderung 471
Lothar Unzner

Sozialmanagement und Betriebswirtschaft in den Hilfen zur Erziehung 477
Bernd Halfar

IT-Nutzung in der Erziehungshilfe 482
Helmut Kreidenweis

Erziehungshilfe und Schule: Funktionalisierung – Kooperation – Verschmelzung 487
Thomas Heckner

Jugendberufshilfe 495
Wichard Klein

Jugendhilfe und Justiz 502
Philip Walkenhorst

Religionspädagogische Ansätze in den Hilfen zur Erziehung 509
Martin Lechner

Interkulturelles Lernen – interkulturelle Erziehung: Von der Integration zum globalen Lernen 516
Diana Bäuerle

Teil 7: Organisation und Struktur der erzieherischen Hilfen 523

Finanzierung erzieherischer Hilfen auf kommunaler Ebene 525
Frank Plaßmeyer

Organisation und Struktur der Leistungserbringung Erzieherischer Hilfen 530
Eric van Santen, Liane Pluto

Qualität: Qualitätsentwicklungsvereinbarungen – (Selbst-)Evaluation 536
Joachim Merchel

Organisationsentwicklung 544
Bruno W. Nikles

Teil 8: Lehre und Forschung 551

Ausbildung und Lehre 553


Fachschulen und Fachakademien als Ausbildungsort für Erzieher und Erzieherinnen 553
Mechthild Denzer

Ausbildung an Hochschulen und Universitäten 560
Katja Nowacki, Ahmet Toprak

Heutige Anforderungen an Fachkräfte der Erziehungshilfe 564
Monika Deuerlein

Forschung 569

Qualitative Sozialforschung 569
Heinz Messmer

Evidenzbasierte Praxis in den Erziehungshilfen – Zum Stellenwert quantitativer Methoden der Sozialforschung 575
Thomas Hermsen, Martin Schmid

Evaluation und Evaluationsforschung – in den Hilfen zur Erziehung 582
Wolfgang Böttcher, Dirk Nüsken

Wirkungsforschung und ihre Ergebnisse 592
Michael Macsenaere

Wirkfaktoren in der Erziehungshilfe 599
Klaus Esser

Aspekte von Jugendhilfe in Europa 607
Roland Stübi

Ausblick in die Zukunft 611

Zukunft der Erziehungshilfen 611
Michael Macsenaere

Die Autorinnen und Autoren 615
Die Herausgeber 625

* Erweiterte Literaturverzeichnisse zu den einzelnen Beiträgen stehen unter
www.lambertus.de zur Verfügung.



Vorwort der Herausgeber
Die Idee: die ganze Erziehungshilfe im Überblick
Das Kinder- und Jugendhilfegesetz wurde 1990/1991 als neuartiges Gesetz
verstanden, das alte Fürsorgeparadigmen und eine heftig kritisierte Vergangenheit
hinter sich lässt und eine neue Zeit einläutet: weg vom Heim, weg vom
Zwang, weg von der Anstalt. Der im Leitparagrafen § 27 SGB VIII verwendete
Begriff „Hilfen zur Erziehung“ weist darauf hin, dass der Gesetzgeber den
rechtlichen Rahmen zugunsten des Personensorgeberechtigten gegründet hat.
Heute blicken wir auf mehr als 20 Jahre mit dem SGB VIII zurück. Die Themen,
Diskurse und Spannungsfelder der vergangenen Jahre haben Theorie und
Praxis der Erziehungshilfe modifiziert. Sozialraumorientierung, Inklusion,
Prävention, Partizipation und Kinderschutz sind nur einige der fachlichen
Implikationen, die Einrichtungen und Dienste in ihrer Zielsetzung und Ausrichtung
verändert haben und weiter verändern. Demografische, gesetzliche
und wissenschaftliche Entwicklungen haben neue Erkenntnisse generiert, die
Einfluss auf die erzieherischen Hilfen genommen und die Praxis revidiert
haben. Aus diesen Veränderungen leitet sich der Bedarf nach einer Standortbestimmung
und Übersicht über das gesamte System der erzieherischen Hilfen
ab.
Eine Spannungslinie durchzieht die Erziehungshilfe nicht erst seit dem Inkrafttreten
des SGB VIII: die Entwicklung der Kosten. Diese Spannung erhält
durch den drohenden Kollaps der kommunalen Finanzhaushalte und durch die
weiter anhaltenden Kostensteigerungen für die Sozialausgaben eine zunehmende
Brisanz. Die Konsequenzen des Kostendrucks auf die Entwicklung der
erzieherischen Hilfen in den vergangenen Jahren betreffen jede Hilfeform auf
eine ganz eigene Weise. Der Finanzdruck hat kritische Resultate, z.B. auf
Gewährungsdefizite, wie in den Einzelhilfen ersichtlich wird. Er hat aber auch
Entwicklungseffekte generiert, zum Beispiel indem Forschungsimpulse
gesetzt werden. Die Notwendigkeit der Legitimation der Effizienz der Hilfen
hat die Evaluationsdiskussion, die Qualitätsdiskussion und die Wirkungsdiskussion
befördert und eine ganze Reihe von Forschungen, Theorie- und
Methodenimpulsen angeregt. Die Diskrepanz zwischen den Spar- und Steuerungszielen
auf der einen Seite und den Zielen des Kinderschutzes, der frühen
Hilfen und der Prävention auf der anderen Seite belastet das Verhältnis der
öffentlichen Jugendhilfe zu freien Trägern.
Dieses Handbuch soll in die einzelnen Leistungsbereiche und Handlungsfelder
der Erziehungshilfe einführen und Aufschluss geben, wohin sie sich in den
vergangenen Jahren entwickelt haben und welche Aufgaben sich ihnen in den
kommenden Jahren stellen. Welche fachlichen Diskurse und gesellschaftlichen
Entwicklungen haben die Ausprägung der jeweiligen Hilfearten verändert?
Welche Veränderungen und Entwicklungen werden für eine professionelle
Wende gefordert und prognostiziert? Wohin müssen und sollen sich die
Hilfen weiterentwickeln? Das sind die Fragen, die die Beiträge dieses Handbuches
für das jeweilige Handlungsfeld zu beantworten versuchen.
Neu am Konzept dieses Handbuches ist zum einen die Kürze und Prägnanz der
einzelnen Bereiche der erzieherischen Hilfen und zum anderen die Zukunftsausrichtung.
Die Hilfesysteme werden analog der Systematik des SGB VIII
präsentiert. Die aktuellen Arbeitsweisen der einzelnen Erziehungshilfeformen
werden ergänzt durch prognostische Aussagen. Damit kann zum einen eine
Gesamtübersicht über die enorme Bandbreite der erzieherischen Hilfen vermittelt
und zum anderen neben dem aktuellen Entwicklungsstand der einzelnen
Hilfen auch eine Aussage zur Zukunft vermittelt werden. Der Leser erhält
die Information, wie sich die Erziehungshilfe von heute darstellt und eine Idee,
wie sie sich in den kommenden Jahren entwickeln wird.

Die Entstehung des Handbuches
Die Herausgeber beteiligen sich aktiv aus verschiedenen Perspektiven an den
Diskursen der erzieherischen Hilfen. Eckhart Knab ist Motor und Impulsgeber
des Handbuchprojektes. Er entwickelte bereits in den frühen 1990er Jahren die
Idee eines großen Gesamtüberblicks über die Kinder- und Jugendhilfe. Michael
Macsenaere vereint als geschäftsführender Direktor des Instituts für Kinderund
Jugendhilfe (IKJ) die empirische Dimension aus Wissenschaft, Forschung
und Lehre und die Anwendungskenntnis der verschiedenen Akteure auf allen
Ebenen. Stephan Hiller bringt seine verbandliche Schlüsselposition als BVkE
Geschäftsführer und seine sozialpolitische Expertise ein. Klaus Esser vertritt
als Heilpädagoge und Einrichtungsleiter die Perspektive der Leistungserbringer,
die sich zwischen (sozial)pädagogische Konzepten, der Alltagsrealisierung
und den Systemgrenzen bewegen. Alle Herausgeber verbindet die starke
Überzeugung, dass Ressourcenorientierung eine Schlüsselqualifikation der
Erziehungshilfe ist oder werden sollte. Weiterhin bewegen sich alle Herausgeber
auf einer breiten Vernetzungsbasis in der Szene der Erziehungshilfe-
Akteure. Im Handbuch für die Erziehungshilfen manifestiert sich eine fachliche
Vision der Herausgeber: eine professionelle Gesamtübersicht über alle
Hilfearten auf hohem Niveau, die auch alle an der Hilfeerbringung beteiligten
Instanzen und Institutionen darstellt. Diese Grundidee wurde zu einem
Gesamtkonzept für dieses Handbuch weiterentwickelt.

Die Zielgruppe: Für wen ist dieses Handbuch?
Mit diesem Grundlagenwerk soll ein Beitrag geleistet werden zur fachlichen
Positionierung und Entwicklung in der Erziehungshilfe. Lernenden und Lehrenden
in den Praxisfeldern der Erziehungshilfe ebenso wie den in der Praxis
und in der Planung und Organisation Verantwortlichen soll ein Überblick über
die aktuelle Bandbreite der erzieherischen Hilfen gegeben werden. Das Handbuch
versteht sich als wichtiges Nachschlagewerk für alle Fachausbildungen,
sowohl in Fachschulen als auch in den sich rasant entwickelnden neuen BA
und Master Studiengängen der Sozialpädagogik, der Sozialen Arbeit, des Sozialmanagements
und der öffentlichen Verwaltung. Es soll daneben ein aktuelles
Grundlagenwerk für alle in der Praxis tätigen Fachkräfte, Leitungsverantwortlichen
und Fachreferenten von freien und öffentlichen Trägern, Wohlfahrtsverbänden
und in jugendhilfepolitischen Gremien, wie zum Beispiel bei Mitgliedern
von Jugendhilfeausschüssen, sein.

Erziehungshilfe nach der Jahrtausendwende
Das alte Verständnis von Erziehung mit seinem funktionalen Ansatz ist eindeutig
ein gestriges: Erziehung wird nicht mehr gesehen als methodisches und
planmäßiges Handeln, das eingesetzt wird, um einen gut funktionierenden
Bürger und Steuerzahler hervorzubringen. Die preußischen Sekundärtugenden
Disziplin, Fleiß, Gehorsam und Gesetzestreue sind als primäre Erziehungsziele
nicht mehr en vogue. Körperliche Bestrafung ist klar und gesellschaftlich
übergreifend obsolet. Emanzipation, Partizipation und Befähigung sollen den
Kindern und Jugendlichen heute dazu verhelfen, sich voll zu entfalten und ihr
Leben bewusst gestalten zu können. Der Kampf um die Überwindung milieuspezifischer
Benachteiligung ist allerdings insbesondere in Deutschland
immer noch nicht entschieden. Er drückt sich in einer manifesten Benachteiligung
der bildungsfernen und von Armut betroffenen Milieus aus.
Systemisches Denken in der Erziehungshilfe
Die Erziehungshilfe nimmt heute eine systemische Perspektive ein. Sie
betrachtet Erziehung als Interaktion: als permanente gegenseitige Beeinflussung
von Individuen. Das systemische Erziehungsmodell geht davon aus, dass
Erziehung ein interaktionistisches und somit kommunikatives Geschehen ist.
Damit gerät in den Blick, dass nicht nur die geplanten Erziehungsaktivitäten
wirken, sondern ebenso der gesamte Kontext, in dem diese Aktivitäten stattfinden.
Die Perspektive des lebenslangen Lernens bezieht im Rahmen der
lebensspannenumfassenden Entwicklungsdiskussion (life span development
approach) die Altersstufen jenseits von Kindheit und Jugend mit in den gesamten
Entwicklungsprozess des Menschen ein. Daraus legitimiert sich auch das
Verständnis, Eltern und Familiensysteme als Adressaten von Hilfen zur Erziehung
in den Blick zu nehmen. Damit wird eine Perspektive der erzieherischen
Hilfen erreicht, die die Plastizität der Entwicklung, den Kontext der Entwicklung
(auch den historischen Kontext) und die multidisziplinäre Betrachtung
impliziert. Erziehungshilfe wird in diesem Handbuch verstanden als ein vielschichtiges
System gesetzlicher, politischer, institutioneller und interaktionalkommunikativer
Strukturen, innerhalb derer eine Vielzahl an Personen mit
unterschiedlichsten Interessen in Verbindung stehen und miteinander agieren.
Dieses komplexe System hat einen Auftrag nicht nur im Rahmen der gesetzlichen
Regelungen, sondern auch im gesellschaftlichen Kontext.

Gesellschaftlicher Auftrag
Die Erwartung der Gesellschaft wird durch ihre mediale Reaktion deutlich,
wenn Erziehungshilfe an ihre Grenzen stößt. Der Fall der beiden toten Kinder
Kevin in Bremen (2006) und Chantal in Hamburg (2011) dokumentiert auf tragische
Art und Weise, was geschieht, wenn die Instanzen und Protagonisten
der Erziehungshilfe den Schutz von Kindern nicht sicherstellen können. Die
öffentliche Reaktion auf diese tragischen Vorfälle zeigt, dass die Gesellschaft
diese Vorfälle nicht toleriert und an das System der staatlichen Aufsicht und
der erzieherischen Hilfe Erwartungen stellt. Ob und wieweit das System Erziehungshilfe
mit seinen strukturellen Voraussetzungen diesem Anspruch gerecht
wird, ist Gegenstand der sozialpolitischen Debatte um die Kosten und Formen
erzieherischer Hilfen. Die einzelnen Hilfearten und Protagonisten des Systems
Erziehungshilfe stellen in diesem Handbuch ihren Anteil an dieser gesamtgesellschaftlichen
Aufgabe dar.

Wie ist das Buch aufgebaut?
Teil 1: Einführung
Nach einer Einführung der Herausgeber folgt ein historischer Rückblick über
Entstehung und Wandel der Kinder- und Jugendhilfe. Dann wird das SGB VIII
aus juristischer Perspektive dargestellt. Ein Überblick über die Erziehungshilfen
im Spiegel der Statistik vermittelt Aufschlüsse über die Größenordnung
der Änderungen der letzten Jahre. Es folgen Einflüsse und aktuelle rechtliche
Veränderungen im Bereich der Kinder- und Jugendgesetzgebung, wie zum
Beispiel die Renaissance des Wächteramtes, die Kinderschutzgesetze und die
Aktivitäten zur Verbesserung der präventiven und frühen Hilfen. Die gesellschaftliche
Perspektive der Kinder- und Jugendhilfe sowie die Gründe für die
Inanspruchnahme von Erziehungshilfe werden in diesem Teil analysiert.

Teil 2: Hilfearten und Gewährungsgrundlagen
In diesem Teil des Handbuches werden die einzelnen Hilfearten von Experten
der jeweiligen Hilfeform vorgestellt. Die Systematik der Präsentation folgt der
Struktur des SGB VIII. Erläutert, vorgestellt und diskutiert werden die Hilfen,
die sich aus den gesetzlichen Regelungen der folgenden Paragrafen darstellen
lassen. Dieser Teil gibt einen umfassenden Überblick über die Fortschritte der
Kinder- und Jugendhilfe, die mit der Neufassung des KJHG ab 1991 begonnen
wurde.

Teil 3: Akteure
In diesem fachlichen Teil werden die jeweiligen Akteure des sozialpolitischen
Feldes in ihrer Aufgabenstellung und derzeitigen Struktur dargestellt: Das
Jugendamt mit seiner Struktur, seinen Aufgabenbereichen, insbesondere der
Steuerung der passgenauen Hilfen und der Indikationsstellung sowie der
Jugendhilfeplanung und finanziellen Steuerung; das Landesjugendamt mit seiner
gesellschaftspolitischen Funktion, mit Beratungs- und Aufsichtsaufgaben;
die freien und öffentlichen Träger und Gewährleister der Erziehungshilfe werden
aufgrund ihrer besonderen subsidiären Bedeutung für die Ausgestaltung
der Hilfen einzeln dargestellt: Caritas, Diakonie, DPWV, AWO, IB, Jüdischer
Wohlfahrtsverband, Private/VPK; die Dachverbände Arbeitsgemeinschaft für
Kinder- und Jugendhilfe und der Deutsche Verein für öffentliche und private
Fürsorge sowie die Fachverbände IGFH, AFET, EREV und BVkE stellen sich
mit ihren Aufgaben und Schwerpunkten als fachpolitisch übergreifende
Akteure vor.

Teil 4: Politik/Verwaltung
Im Teil 4 werden die Zusammenhänge und Strukturen der Erziehungshilfe auf
den Ebenen Bund, Länder und Kommunen dargelegt. Es wird vermittelt, welche
Aufgaben und Zuordnungen die verschiedenen Behörden auf Bundes- und
Landesebene für Gesetzgebung und die Ausgestaltung der Rahmenbedingungen
der Erziehungshilfe haben. Die Rollen, Aufgaben und Interessen der Vertretung
der Kommunen in den kommunalen Spitzenverbänden werden ebenso
dargelegt wie die der Jugendhilfeausschüsse auf kommunaler Ebene.

Teil 5: (Sozial-)Pädagogische Ansätze
Im pädagogischen Teil werden Theorien und Konzepte Sozialer Arbeit
beschrieben, denen bedeutsamer Einfluss auf die Erziehungshilfen zugeschrieben
werden: Sozialraumorientierung, Alltagspädagogik und Traumapädagogik.
Aspekte der Bindungstheorie und der Systemtheorie, das Resilienzkonzept
und das Konzept der „New Authority“ werden jeweils unter dem
Gesichtspunkt der Anwendung in der Erziehungshilfe vorgestellt. Für das
Erreichen wirksamer Effekte in der Erziehungshilfe werden Ansätze aus der
ressourcenorientierten Pädagogik besonders hervorgehoben: Erlebnispädagogik,
Psychomotorik, Musikpädagogik, Kunstpädagogik und Kunsttherapie
sowie tiergestützte Pädagogik und Zirkuspädagogik. Paradigmatische Entwicklungen
finden sich in den Absätzen zu den Themen Inklusion, Partizipation
und Prävention, die in den Erziehungshilfe aktuell zugleich Entwicklungsimpulse
setzen und fordern.

Teil 6: Interdisziplinäre Kooperationen
In diesem Teil werden die Schnittstellen zwischen diversen Professionen und
Disziplinen und ihre jeweilige Relevanz für das Feld der erzieherischen Hilfen
näher betrachtet. Die Fachgebiete Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie
haben eine lange fachliche Entwicklung analog zur Erziehungshilfe
hinter sich. Überschneidungen der Klientel beider Professionen sind ebenso
relevant wie die Abgrenzungen der Systeme evident sind. Sozialmanagement
und Betriebswirtschaft sind wie der Einsatz moderner Computertechnik
sowohl Folgen gesellschaftlicher Entwicklungen als auch Auslöser neuer
Anforderungen. Die Bereiche Schule, Jugendberufshilfe, Justiz, Religionspädagogik
und interkulturelle Aspekte haben ebenfalls klare Schnittmengen für
die Entwicklung der in der Erziehungshilfe betreuten Klientel, die in den Beiträgen
auf Funktion und Dysfunktion hin beleuchtet werden.

Teil 7: Organisation und Struktur der erzieherischen Hilfen
In diesem Teil des Handbuches werden die strukturellen Bedingungen und
Einflussfaktoren der erzieherischen Hilfen in den Blick genommen, die das
Zusammenspiel der Akteure bedingen. Er enthält eine Darstellung der Finanzierung
der Erziehungshilfe auf kommunaler Ebene und stellt die Organisation
und Struktur der Leistungserbringung erzieherischer Hilfen dar. Die Beiträge
über Qualität, Qualitätsentwicklungsvereinbarungen und Evaluation sowie
über die Organisationsentwicklung beschreiben Anforderungen und Methoden
der Qualitätssicherung und Qualitätsoptimierung. Die Organisationen im
Bereich erzieherischen Hilfen werden in den Bereichen Organisationsentwicklung,
Konzeptentwicklung und Personalentwicklung besonders gefordert.

Teil 8: Ausbildung, Lehre und Forschung
Dem Bereich Ausbildung und Lehre ist ein eigener Teil des Handbuches
gewidmet. Die komplexen Aufgaben der verschiedenen Tätigkeitsfelder und
Arbeitsbereiche der erzieherischen Hilfen erfordern eine qualifizierte Ausbildung
der im Feld tätigen Fachkräfte. Die Ausbildungslandschaft ist hochdynamisch,
Ausbildungsstätten und Praxisstellen sind durch einen spürbaren Fach-
kräftemangel unter Druck. Dieser Teil des Buches präsentiert eine Bestandsaufnahme
der aktuellen Ausbildungsbereiche, die für den Einsatz in den verschiedenen
Formen der erzieherischen Hilfen qualifizieren. Vorgestellt werden
die Fachschulen und Fachschulausbildungen, die auf Bundesländerebene
unterschiedlich organisiert sind, sowie die Hochschulqualifikationen BA und
Master und ihre hochschulspezifischen Differenzierungen.
Der Forschungsteil des Handbuches stellt die grundlegenden empirischen Forschungsergebnisse
aus allen Bereichen der erzieherischen Hilfen in der Übersicht
dar. Dabei werden sowohl qualitative wie quantitative Ansätze berücksichtigt.
Die Grundlagen für empirische Evaluationen werden vorgestellt, die
bis dato vorliegenden Ergebnisse der Wirkungsforschung werden zusammengefasst.
Daraus lassen sich Wirkfaktoren für die Erziehungshilfe extrahieren,
die in einer Übersicht dargestellt werden. Im Schlussteil des Handbuches wird
die europäische Dimension der Kinder und Jugendhilfe erläutert. Ein Ausblick
auf die Zukunft der Erziehungshilfen beschließt das Grundlagenwerk zu den
Erziehungshilfen in Deutschland.