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Grundzüge der Völkerpsychologie und Kulturwissenschaft
Grundzüge der Völkerpsychologie und Kulturwissenschaft




Moritz Lazarus

Meiner Hamburg
EAN: 9783787316328 (ISBN: 3-7873-1632-9)
290 Seiten, hardcover, 15 x 23cm, Januar, 2003

EUR 30,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Mit der Edition dieser vier Aufsätze von Moritz Lazarus werden endlich Texte wieder zugänglich, die an den Ursprung der modernen Kulturphilosophie und der Kulturwissenschaften zurückreichen. Dieser Ursprung liegt zur Überraschung der heutigen Diskussion in der Mitte des 19. Jahrhunderts und ist an das von Lazarus initiierte Projekt einer „Völkerpsychologie“ gebunden, das sich erstmals die Erforschung des Begriffs und der Formen kulturellen Wandelns zum Ziel setzt.
Rezension
Ist der Mensch ein historisches Wesen? Wie ist das Verhältnis des Einzelnen zur Gesellschaft zu denken? Was meint der Begriff „Kultur“? Ist in der Dampfmaschine der Geist von James Watt aufgehoben? Welche Wechselwirkung besteht zwischen der Entwicklung des Individuums und dem kulturellen Wandel? Führt die Aneignung kultureller Güter zur Ausweitung menschlicher Freiheitsspielräume? Lassen sich im Verlauf der Geschichte Entwicklungsgesetze nachweisen? Worin besteht die Identität von Ethnien? Welches sind die Gegenstandsbereiche der Kulturwissenschaft? Wodurch unterscheidet sich ein Werkzeug von einer Maschine?
Antworten auf diese Fragen der Kultur-, Geschichts-, Technik- und Bildungsphilosophie finden sich in den vier Aufsätzen „Ueber den Begriff und die Möglichkeit einer Völkerpsychologie“(1852), „Verdichtung des Denkens in der Geschichte“(1862), „Ueber das Verhältniß des Einzelnen zur Gesammtheit“(1883/1862) und „Einige synthethische Gedanken zur Völkerpsychologie“(1865) des Philosophen Moritz Lazarus (1824-1903). Dieser Denker elaborierte in seinen Schriften eine nichthegelsche Theorie des objektiven Geistes und entwickelte damit einen modernen, erweiterten Kulturbegriff.
Dass der Beitrag von Lazarus zur theoretischen Grundlegung einer Kulturwissenschaft im gegenwärtigen philosophischen Diskurs präsent ist, kann als Verdienst von Klaus Christian Köhnke (1953-2013) angesehen werden. Der Professor für Kulturphilosophie hat den Kulturdenker nicht nur ab 1996 an der Universität Leipzig in seinen Vorlesungen „Begriff und Theorie der Moderne. Einführung in die Kulturphilosophie“ ausführlich gewürdigt, sondern auch 2003 bei Felix Meiner die vier oben genannten Aufsätze unter dem Titel „Grundzüge der Völkerpsychologie und Kulturwissenschaft“ herausgegeben. Diese Edition enthält neben den genannten Texten eine exzellente Einführung in das Leben und Werk des Kulturphilosophen, der im Deutschen Kaiserreich nur eine Honorarprofessur für Philosophie erhielt. Bestimmte philosophische Erkenntnisse, mit denen die Philosophen Wilhelm Dilthey, Georg Simmel und Ernst Cassirer arbeiten, sind zuerst von Lazarus formuliert worden, dessen Urheberschaft von seinen Rezipienten aber verschwiegen bzw. marginalisiert wurde. Lehrkräfte der Fächer Philosophie und Ethik laden die vier Aufsätze des Kulturphilosophen aus dem 19. Jahrhundert dazu ein, mit Schülerinnen und Schülern im Unterricht über Kultur, Geschichte, Identität und Technik zu reflektieren.
Fazit: Der Band „Grundzüge der Völkerpsychologie und Kulturwissenschaft“ mit zentralen Schriften von Moritz Lazarus gehört aufgrund seiner theoretischen Grundlagen einer Kulturwissenschaft in die Bibliothek jedes an Kulturphilosophie Interessierten.

Dr. Marcel Remme, für lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Der Band versammelt den ersten Programmaufsatz zu einer "Völkerpsychologie" (1851) und die drei grundlegenden Texte (1862, 1862, 1865) von Moritz Lazarus, die in ausführlich kommentierter Form erstmals wieder abgedruckt werden.

Auf Lazarus gehen alle Theorien des 'objektiven' Geistes zurück. Denn bei ihm wurde erstmals unter 'objektivem Geist' resp. 'objektiver Kultur' die Gesamtheit aller kulturellen Güter, Leistungen und Sachverhalte zum Thema der Philosophie. 'Kultur' meinte nun nicht mehr nur die 'höhere Bildung', sondern ebenso den ungeheuren Schatz der Kulturgüter, der gesellschaftlichen Verkehrsformen und Institutionen. Der Begriff 'Völkerpsychologie' ist zu verstehen als 'Psychologie der geistigen Verhältnisse' innerhalb und zwischen Völkern, was bereits von den Zeitgenossen mit 'Sozialpsychologie' oder 'Kulturphilosophie' gleichgesetzt bzw. übersetzt wurde.

Wie und unter welchen Bedingungen gelingt resp. mißlingt die Aneignung von Kultur - eigener und fremder? In welcher Stellung steht das Individuum zur Gesamtheit resp. zu den vielfältigen Artefakten der umgebenden kulturellen Verhältnisse, d.h. zu Sprache und Wissenschaft, materieller Kultur und Institutionen, zu Formen der Geselligkeit und des Umganges?

Mit diesen Fragen umriß und projektierte Lazarus eine heute wieder höchst aktuelle 'Kulturwissenschaft', die nicht mehr einseitig nur nach der Genese oder Geschichte der kulturellen Gegebenheiten und Probleme fragt, sondern vor allem den Funktionsweisen von Kultur und sozialen Formen nachspürt. Deshalb war und wurde er zum Lehrer oder Anreger von Georg Simmels Soziologie der Formen der Vergesellschaftung und seiner Theorie der Tragödie der Kultur, an die wiederum Ernst Cassirer und viele andere anknüpften, aber auch von Wilhelm Diltheys Aufbau der geschichtlichen Welt in den Geisteswissenschaften und nachfolgenden Theorien des 'objektiven Geistes' bis hin zu Hans Freyer.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung des Herausgebers IX
Zu dieser Ausgabe XXXVIII
Druckvorlagen XLII
Grundzüge der Völkerpsychologie und Kulturwissenschaft 1
Ueber den Begriff und die Möglichkeit einer Völkerpsychologie [1851] 3
Verdichtung des Denkens in der Geschichte. Ein Fragment [1862] 27
Ueber das Verhältniß des Einzelnen zur Gesammtheit [1883/1862] 39
Einige synthetische Gedanken zur Völkerpsychologie [1865] 131
Siglen und Abkürzungen 239
Anmerkungen des Herausgebers 243
Literaturverzeichnis 275
Personenregister 283
Orts- und Länderverzeichnis, Ethnographisches 285
Begriffs- und Sachregister 287