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Gerhard Richter. Leben und Werk Das Denken ist beim Malen das Malen
Gerhard Richter. Leben und Werk
Das Denken ist beim Malen das Malen




Armin Zweite

Schirmer-Mosel
EAN: 9783829607582 (ISBN: 3-8296-0758-X)
480 Seiten, hardcover, 24 x 37cm, Oktober, 2019

EUR 128,00
alle Angaben ohne Gewähr

Rezension
„Ich wollte nie Realität ins Bild holen. […] Aber den Schein der Realität, das schon.“, äußerte Gerhard Richter (*1932) in einem Gespräch 2002. Als „Illusionismus“ bezeichnet der bedeutendste und erfolgreichste Maler der Gegenwart seine Ästhetik. Wird Kunst damit zur angewandten Erkenntnistheorie? Nimmt man Richters Aussage: „Das Denken ist beim Malen das Malen.“, dann gibt es gute Gründe, sein komplexes und vielschichtiges Œuvre als Ausdruck einer bestimmten kunsttheoretischen Einstellung zu begreifen.
Diese Position jedenfalls vertritt Armin Zweite (*1941) in seiner Monographie „Gerhard Richter. Leben und Werk. Das Denken ist beim Malen das Malen“, die jüngst bei Schirmer/Mosel in Kooperation mit der Städtischen Galerie im Lenbachhaus München erschien. Für den langjährigen Leiter des Kunstmuseums und der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen kreisen die Arbeiten des Jahrhundertkünstlers um den Schein der Realität. Bei dieser Werksinterpretation rekurriert der Freund und Förderer Richters auf Theodor W. Adornos „Ästhetische Theorie“(1970), in welcher die „Rettung des Scheins“ als „das Zentrum der Ästhetik“ bestimmt wird.
Zweite gelingt es in seinem großformatigen Band anhand hervorragender Analysen einer gekonnt getroffenen Auswahl aus Richters Œuvre unter Heranziehung seiner kunsttheoretischen Selbstreflexionen und des historischen Kontextes einen umfassenden Überblick über das Gesamtwerk des Künstlers zu geben. Durch den mit 250 Farbtafeln und 160 Abbildungen in exzellenter Druckqualität versehenen Band erhält man einen sehr guten Zugang zu den unterschiedlichsten Werkgruppen, Gattungen, Techniken, Stilen und Motiven Richters. Man denke nur an bekannte Kunstwerke wie „Schloss Neuschwanstein“(1963), „Onkel Rudi“(1965), „Ema (Akt auf einer Treppe)“(1966), „Domplatz, Mailand“(1968), „Kerze“ (1982), „Scheune“(1984), „Abstraktes Bild“(1986), „18. Oktober 1978“(1988), „Betty“(1991), „Lesende“(1994), „Schwarz, Rot, Gold“(1998), „Kölner Domfenster“ (2007), „Birkenau“(2014) oder „Zwei Graue Doppelspiegel für ein Pendel“(2018).
Wie das Pendel zeitliche Unbegrenztheit symbolisiert, ist das Motiv der Grenzenlosigkeit auch zentral für seine Arbeiten der gegenständlichen und abstrakten Malerei: Nichts auf ihnen erscheint begrenzt. Denn für Richter existiert kein einzig gültiges Bild, wodurch er sich bei seinen Abmalungen von Fotographien klar von der avantgardistischen Strömung des Fotorealismus abgrenzt. Deutlich wird seine kunstphilosophische Ausrichtung auch in seinen Landschaften, die von ihm selbst als „verlogen“ bezeichnet werden. Zu Recht werden diese von Zweite in seinem Richter-Buch neben den anderen klassischen Gattungen der Malerei Stillleben und Porträt ausführlich gewürdigt.
Zweites Monographie lädt Lehrkräfte des Faches Bildende Kunst dazu ein, ausgewählte Werke Richters im Unterricht zusammen mit Schülerinnen und Schülern zu betrachten, zu interpretieren und mit Arbeiten anderer Künstler zu vergleichen. Außerdem bietet es sich an, im Kunst- und Philosophieunterricht über Richters Ästhetik zu reflektieren, zum Beispiel über die von ihm 1982 in dem Katalog zur documenta 7 vertretene Behauptung: „Die Kunst ist die höchste Form der Hoffnung.“
Fazit: Der exzellente Band „Gerhard Richter. Leben und Werk“ von Armin Zweite wird jeden an moderner Gegenwartskunst Interessierten für das Œuvre des Jahrhundertkünstlers begeistern – nicht nur scheinbar.

Dr. Marcel Remme, für lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Leben und Werk. Das Denken ist beim Malen das Malen
Gerhard Richter (geb. 1932 in Dresden) ist nicht nur der zur Zeit höchstdotierte, sondern auch der weltweit bekannteste Maler der Gegenwart. Seit er 1961 seine Geburtsstadt Dresden und die DDR-Kunstszene verließ und nach Düsseldorf ging, hat seine Kunst immer wieder überraschende Wendungen genommen und neue Richtungen eingeschlagen. Scheinbar willkürlich wechselte er in seiner Malerei Technik, Stil und Motive. Sein ebenso umfangreiches wie komplexes Gesamtwerk umfasst sowohl die Auseinandersetzung mit den klassischen Gattungen der Malerei – Landschaft, Stillleben und Portrait – als auch nahezu alle avantgardistischen Strömungen des späten 20. Jahrhunderts: Fotorealismus, Monochromie, Concept Art und farbstarke Abstraktionen im Großformat. Irritierend vielfältig, aber immer faszinierend und auf höchstem Niveau, spiegelt Richters Œuvre die Widersprüche und Selbstzweifel einer Künstlerexistenz in Zeiten des vielbeschworenen Endes der Malerei, indem es der Malerei ständig neue Territorien erschließt.
Unser Buch enthält eine repräsentative Auswahl von Gerhard Richters bedeutendsten Werken aus mehr als sechs Jahrzehnten. Sie ist einerseits unabhängig von den Zufälligkeiten des Ausstellungswesens mit seinen fragmentarischen Katalogpublikationen und entzieht sich auch nicht dem ästhetischen Urteil, wie es die Werkverzeichnisse tun, die dem Prinzip der Vollständigkeit des Inventars verpflichtet sind. Die vorgelegte Werkübersicht zu Gerhard Richter schließt an die bei Schirmer/Mosel erschienenen und lieferbaren Werkübersichten zu Joseph Beuys und Cy Twombly an. Armin Zweite, langjähriger Leiter der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen und Freund und früher Förderer des Künstlers, hat den kunstwissenschaftlichen Einführungstext geschrieben und zeichnet auch verantwortlich für die Werkauswahl.
Gerhard Richter lebt und arbeitet in Köln.

Schirmer/Mosel. Mit einem Text von Armin Zweite. 480 Seiten, 419 Abb. in Farbe. Format: 24 x 36,5 cm, gebunden. Deutsche Ausgabe.
Inhaltsverzeichnis
Inhalt
Einleitung 7
1. Richters Anfänge 15
2. „Das Denken ist beim Malen das Malen“. Eine Zwischenbemerkung 83
3. Farbtafeln 89
4. Vermalungen und graue Bilder 105
5. Glas und Spiegel 119
6. „Atlas“ 143
7. Installationen 161
8. Malerische Reflexionen über den Status des Künstlers. Eine Zwischenbemerkung 207
9. Landschaften 223
10. Stillleben 275
11. Portraits 291
12. „18. Oktober 1977“ 327
13. Abstrakte Bilder 349
14. Bemalte Fotis, Bücher und Bilder, Ölfarbe auf Fotografie 411
Schlussbemerkung 443
Anmerkungen 447
Auswahlbibliographie 471