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Ganz entspannt in Schwarz-Rot-Gold?
Der Neue deutsche Fußballpatriotismus aus sozialpsychologischer Perspektive
Zugl.: München, Univ., Diss., 2011
Dagmar Schediwy
Reihe: Sozialpsychologie
LIT
EAN: 9783643116352 (ISBN: 3-643-11635-7)
384 Seiten, paperback, 15 x 21cm, 2012
EUR 34,90 alle Angaben ohne Gewähr
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Umschlagtext
Seit der Fußball-WM 2006 hat sich in Deutschland das exzessive Zur-Schau-Stellen von Nationalgefühl bei internationalen Fußballevents als Massenphänomen durchgesetzt. Schwarzrotgoldene Fahnenmeere, Autokorsos und ekstatisch feiernde Fans gehören bei den Großereignissen des Männerfußballs inzwischen zur Normalität. Was steckt hinter der patriotischen Aufwallung während der Spiele? Dazu hat die Autorin während der Männer-Fußball-WM 2006, der EM 2008 und der WM 2010 Deutschlandfans auf Fanmeilen interviewt. Dabei ist ein spannender und authentischer Einblick in die Erlebniswelt der FanmeilenbesucherInnen entstanden, der gleichzeitig das Erklärungsmuster des Partypatriotismus kritisch hinterfragt.
Dagmar Schediwy, Dr. phil., arbeitet als Psychologin in Berlin und forscht zur Sozialpsychologie kollektiver Identitäten.
Rezension
Das ist das richtige Buch zur Nachbereitung der soeben abgeschlossenen Fußball-Europameisterschaft 2012 (Juli 2012)! Jenseits von allem Schwarz-Rot-Gold wird hier der neue deutsche Fußballpatriotismus aus sozialpsychologischer Perspektive (Untertitel) analysiert und kritisiert. Die Münchner Dissertation aus dem Jahre 2011 fragt, was hinter der patriotischen Aufwallung während der Spiele der Männer-Fußball-WM 2006, der EM 2008 und der WM 2010 steckt, welche Erklärungsmuster es für das exzessive Zur-Schau-Stellen von Nationalgefühl bei internationalen Fußballevents als Massenphänomen gibt. Empirische Grundlage der Studie sind Interviews auf deutschen Fanmeilen. Das Ergebnis der sozialpsychologischen Studie lautet: Es handelt sich um einen affektiven Vollzug eines national konnotierten Gemeinschaftserlebnisses, dessen Anlass, aber nicht Inhalt, der Fußball ist, - als Gegenwelt zur Einzelkämpferwelt des Alltags mit seiner existentiellen Einsamkeit individualisierter Subjekte.
Dieter Bach, lehrerbibliothek.de
Inhaltsverzeichnis
Einführung 1
1. Warum Fußball glücklich macht - wissenschaftliche Erklärungsansätze für die Popularität einer Sportart 11
1.1 Das Faszinierende am Fußball ist der Fußball 11
1.2 Fußball als Verkörperung des Leistungsideals der Moderne 15
1.3 Fußball als Medium der Affektkontrolle 18
1.4 Fußball als säkulare Religion 22
1.5 Fußball als kollektives Identitätsangebot 24
1.5.1 Zur subjektiven Bedeutsamkeit kollektiver Identifikationen und Identitäten 26
1.5.2 Lokale/regionale Fan-Identitäten 29
1.5.3. Nationale Identifikation/Nationalismus 31
1.5.3.1 Sozialhistorischer Exkurs: Nation, Nationalismus, Patriotismus: Entstehungsgeschichte und Begriffsbestimmung 31
1.5.3.2 Nationale Fan-Identitäten 51
2. Fußball und Nationalgefühl in Deutschland 55
2.1 Anfänge und Aufstiege: Vom 19. Jahrhundert bis zum Ende des zweiten Weltkriegs 55
2.2 Auferstanden aus Ruinen: Fußball von 1945 bis zur Berliner Republik 57
3. Transformationen (bundes-) deutscher Identitäten 64
4. Mediendiskurse 75
4.1. Die Printmedienberichterstattung der Fußballweltmeisterschaft 2006 75
4.1.1 Nationale Selbstaffirmation 77
4.1.2 Kollektive Identifikationen durch die Bindung an nationale Symbole 80
4.1.3 Die Marke Deutschland wird erneuert 82
4.1.4 Patriotismusdebatte 83
4.1.4.1 Patriotismus als Naturtrieb 83
4.1.4.2 Ein „positiver Patriotismus" 85
4.1.4.3 Alles nur Party 86
4.1.4.4 „Ich bin Fußballdeutscher" 88
4.1.4.5 Zum Wohle der Migrantinnen 89
4.1.5 Einschlüsse und Ausschlüsse 90
4.1.6 Selektivität 91
4.2 Die Fernsehberichterstattung während der Fußballweltmeisterschaft 2006 92
5. Sozioökonomische Bedingungen und ihre Spiegelung in der Befindlichkeit der Menschen 94
5.1. Politische und ökonomische Rahmenbedingungen 94
5.1.1 Folgen der Agendapolitik 94
5.1.2 Die Entwicklung von Einkommen und Vermögen 100
5.1.3 Ursachen und Auswirkungen der Finanzkrise 105
5.1.3.1 Exkurs: Neoliberalismus als Sozialphilosophie und Wirtschaftstheorie 106
5.1.3.2 Vom theoretischen Entwurf zum politischen Projekt 109
5.1.4 Sparpakete, Entpolitisierung und Entsolidarisierung 115
5.2 Auswirkungen der sozioökonomischen Situation auf subjektive Befindlichkeiten und Einstellungen 119
5.2.1 „Politische Milieus in Deutschland" 119
5.2.2 „Deutsche Zustände" 120
6. Methode 130
6.1 Forschungsansatz 130
6.2 Entstehung, Entwicklung und Modifizierung der Fragestellung 136
6.3 Erhebungszeitraum 139
6.4. Ort und Zeitpunkt der Befragungen 140
6.5 Forschungsprozess 142
6.5.1 Ethnographische Annäherung ans Feld 144
6.5.2 Leitfadenkurzinterviews auf der Fanmeile 144
6.5.2.1 Interviewsituation 145
6.5.2.2 Auswahl der Interviewpartnerinnen 148
6.5.2.3 Auswahl der Interviews 148
6.5.2.4 Interviewaufzeichnung 148
6.5.2.5 Interviewleitfaden 149
6.5.2.6 Transkription 153
6.6 Methode der Auswertung 154
7. Auswertung 156
7.1 Statistik und soziodemographische Angaben 156
7.1.1 Stichprobengröße, Geschlechterrelation und Altersspanne der Befragten 156
7.1.2 Berufsangaben und Migrationshintergrund 157
7.2 Einzelauswertungen 163
7.2.1 Der Grund der Anwesenheit beim Public Viewing 163
7.2.2. Die subjektive Bedeutung des Siegs der Nationalelf 168
7.2.2.1 Erhebung Fußballweltmeisterschaft 2006 168
7.2.2.2 Erhebung während der Europameisterschaft 2008 173
7.2.3 Die subjektive Bedeutung des Titelgewinns 175
7.2.4 Der Unterschied zu anderen Partys 177
7.2.5. Das Schönste an der WM und was die Befragten glauben, am meisten zu vermissen 179
7.2.5.1 Das Schönste an der WM 180
7.2.5.2 Was die Befragten glauben, an der Fußball-WM am meisten zu vermissen 183
7.2.6 Hat die WM das Leben verändert? 187
7.2.7 Die subjektive Bedeutung des Endes des Fußballevents und die Frage, was an seine Stelle tritt 188
7.2.8 Die subjektive Bedeutung des Zur-Schau-Stellens nationaler Symbole 195
7.2.9 Die Zufriedenheit mit dem Leben in Deutschland und die Einschätzung sozialer Gerechtigkeit 202
7.2.10 Die Akzeptanz von Nationalspielern mit Migrationshintergrund 212
7.2.11 Meinungsäußerungen zum Thema Frauenfußball 224
7.3. Gesamtauswertung 233
7.3.1 Die Sehnsucht nach dem kollektiven Wir - der Fußballevent als Massenerlebnis 233
7.3.1.1 Public Viewing als reale und mediale Gemeinschaft 237
7.3.1.2 Libido 242
7.3.1.3 Stolz 251
7.3.1.4 Zugehörigkeit 255
7.3.1.5 Die Gemeinschaft der Gleichen 258
7.3.1.6 Die spezifische Gefühlssensation des Fußballevents 261
7.3.2 Fußballevent und Geschlecht 266
7.3.3 Fußballevent und Subjektivität in der Hartz-IV-Gesellschaft 275
7.3.3.1 Exklusionsdrohung und Inklusionsbegehren 283
7.3.3.2 Wo „Alles Ständische und Stehende verdampft" 288
7.3.3.3 Die Feiergemeinschaft als Gegengesellschaft, die Fanmeile als Gegenwelt 291
7.3.3.4 Narzisstische Kränkung und kollektiver Narzissmus 297
7.3.4 Der Fußballevent als kollektives Sinnangebot 307
7.3.5 „Wehe man sagt Deutsch oder lala" - kollektiver Narzissmus und das Aufbegehren gegen die Holocaustidentität 311
8. Zusammenfassung und Diskussion 327
Literaturverzeichnis 351
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