H.[ans] G.[ünther] Adler (1910-1988) veröffentlichte 1955 sein Buch „Theresienstadt 1941–1945. Das Antlitz einer Zwangsgemeinschaft“, das als Standardwerk der Holocaust-Forschung gilt. 1974 erschien von ihm sein zweites historisches Hauptwerk zur Lagerforschung „Der verwaltete Mensch. Studien zur Deportation der Juden aus Deutschland“. Der Zeitzeuge der Shoa, der bis 1941 in Prag lebte, wurde von 1942 bis 1945 in mehrere Konzentrationslager deportiert: nach Theresienstadt, Auschwitz-Birkenau, Niederorschel (Außenlager von Buchenwald) und Langenstein-Zwieberge. Während seiner Internierung machte er bereits Aufzeichnungen, die in seine historischen und literarischen Werke einflossen. Ab 1947 lebte Adler als deutschsprachiger Exiliant in London; von 1973 bis 1985 war der Historiker, Erzähler, Dichter und Essayist Präsident des PEN-Zentrums deutschsprachiger Autoren im Ausland.
Zu seinen bekanntesten literarischen Werken zählen seine Romane „Die Reise“(1962), „Panorama“(1968) und „Die unsichtbare Wand“(1989) sowie der Band „Ereignisse. Kleine Erzählungen und Novellen“(1969). Dieser erschien 2020 als Band 3 der auf fünf Bände angelegten „Gesammelten Erzählungen“ H.G. Adlers, herausgegeben von Jeremy Adler, Franz Hocheneder und Helmuth A. Niederle – in der edition pen im Wiener Löcher Verlag. 2017 wurde dort bereits der Band 4 „Schuldig und Unschuldig. Symphonische Miniaturen“ veröffentlicht, jüngst der Band 2 „Sodoms Untergang“.
Der Erzählband „Ereignisse“ enthält 21 literarisch durchkomponierte Erzählungen, entstanden in den Jahren 1950 bis 1956 und für die Publikation 1969 von Adler umgearbeitet. Mehrere Prosatexte wie zum Beispiel „Erfüllte Prophezeiung“(1951), „Aufzeichnung einer Displaced Person“(1952), „Es ist alles aus“(1954), „Der Graphologe“(1959), „Unser Georg“(1961), „Ich werde nicht verstanden“(1967) oder „Herr Zimmerhackl kommt“(1967) wurden in Zeitungen, Zeitschriften oder Anthologien veröffentlicht. Das Themenspektrum von Adlers Kurzgeschichten, Erzählungen und Novellen reicht u.a. von Humanität, Lebensangst, Tod, Heimat, Gedächtnis, Verständnisproblemen, verwaltete Welt, Entfremdung, Sinn des Lebens, Rolle des Zufalls bis hin zur Tierethik. Adlers Sprache zeichnet sich durch stilistische Knappheit, Präzision und musikalische Rhythmik aus; sein österreichisch geprägtes Deutsch enthält mehrere Tschechismen. Lehrkräfte der Fächer Deutsch werden durch die Edition der „Ereignisse“ motiviert, in ihrem Unterricht mit Schüler:innen das literarische Œuvre von H.G. Adler zu entdecken.
Fazit: Die Neuausgabe des Erzählbands „Ereignisse“ von H.G. Adler leistet einen wichtigen Beitrag zur Erinnerung an einen der wichtigsten deutschsprachigen Exil-Schriftsteller des 20. Jahrhunderts, dessen Prosawerk unbedingt verdient gelesen und rezipiert zu werden.

Dr. Marcel Remme, für lehrerbibliothek.de

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