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Ein weites Feld  Mit einem Vorwort von Daniel Kehlmann
Ein weites Feld


Mit einem Vorwort von Daniel Kehlmann

Günter Grass

Steidl
EAN: 9783958295865 (ISBN: 3-9582958-6-X)
768 Seiten, hardcover, 14 x 21cm, November, 2019

EUR 28,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Oft scheint der Roman bei aller Atistik gewichtslos: heftig, lässig und elegant - ein Kabinett der Spiegel, so witzig und verspielt, wie es nur ein alter Meister entwerfen kann, der zeit seines Lebens ein junger Autor geblieben ist.

- Daniel Kehlmann
Rezension
„Ein weites Feld“ ist ein geflügeltes Wort, auch dank des gleichnamigen Romans von Günter Grass (1927-2015) aus dem Jahre 1995. Von der Literaturkritik zerrissen, allen voran von Marcel Reich-Ranicki, erfuhr dieses Werk des Literaturnobelpreisträgers nie die Würdigung seiner anderen Romane und Erzählungen wie „Die Blechtrommel“(1959), „Katz und Maus“(1961), „Das Treffen in Telgte“(1979), „Im Krebsgang“(2002) oder „Beim Häuten der Zwiebel“(2006). Das als Wenderoman titulierte Werk weist eine ähnliche Komplexität auf wie die „Hundejahre“(1963), die ebenfalls Rezensenten und Leser aufgrund der Perspektivenwechsel vielfach überforderten.
Im Zentrum des „weiten Feldes“ steht ein ungewöhnliches Paar: der Bürobote Theo Wuttke, genannt Fonty, der sich als Inkarnation Fontanes begreift und dessen Briefe überwiegend aus Zitaten des Vertreters des Realismus bestehen, und der Stasi-Mann Hoftaller, der ewige Spitzel. Die Prozesse bei der deutschen Einheit werden in dem Roman perspektiviert unter Bezugnahme auf die Vorgänge bei der Gründung des Deutschen Kaiserreichs. So entsteht ein vielschichtiges Panorama deutscher Geschichte von der ersten deutschen Revolution 1848/49 bis zur Zeit der Wiedervereinigung 1990. Der Roman zeichnet sich aus durch historische und politische Anspielungen (z. B. „Bruch ist besser als Ganzes.“), Ironisches, Phantastisches und zahlreiche erzählerische Exkurse, die von der Fabulierkunst von Grass zeugen. Mit seinem Werk hat der Künstler und Intellektuelle zugleich einen Berlin-Roman und - ohne den Namen des Schriftstellers explizit zu erwähnen - eine Fontane-Biographie geliefert.
Das wird wohl auch der Grund gewesen sein, warum 2019 zum 200. Geburtstag von Fontane bei Steidl eine mit Lithographien von Grass und einem Vorwort von Daniel Kehlmann versehene Ausgabe des Romans „Ein weites Feld“ erschien. Bei der Lektüre oder Re-Lektüre möge man folgende Behauptung Fontys aus dem Roman im Hinterkopf behalten: „Ist doch Fiktion alles und nur in einem höheren Sinn wirklich.“(S. 743)
Fazit: Die schöne illustrierte Neuausgabe von „Ein weites Feld“ empfiehlt sich für alle Grass-Fans sowie für Geschichts- und Deutschlehrkräfte, die sich literarisch anspruchsvoll mit der Wiedervereinigung vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte seit 1848 auseinandersetzen möchten.

Dr. Marcel Remme, für lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Berlin 1989, Wendezeit. An der durchlässig gewordenen Mauer entlang gehen zwei alte Männer, groß und hager der eine, klein und gedrungen der andere. Ein ungleiches, ein komisches Paar: der Bürobote Theo Wuttke, genannt »Fonty«, und sein »Tagundnachtschatten« Hoftaller, der ewige Spitzel. Beide leben Vorgängern nach, beiden ist Vergangenheit so nahe und gegenwärtig wie die sich überstürzenden Tagesereignisse – während eine junge Französin auf ihre bezaubernde Art ganz neue Zukunftsperspektiven zu eröffnen scheint …
Aus dieser lebensprallen Romankonstellation des »Schwarz- bzw. Hellsehers der Nation« entsteht nicht nur eine sinnenfrohe, von Brüchen und Widersprüchen lebende Fontane-Biographie, sondern zugleich ein vielschichtiges Panorama deutscher Geschichte zwischen der Märzrevolution von 1848 und unseren Tagen, eine jede Chronologie sprengende Folge farbiger Bilderbogengeschichten von einst und jetzt, mehr noch, ein kunstvolles, von Humor getragenes Korrektiv zur oft harmonisierenden Hofgeschichtsschreibung: Festtagsreden zum »Aufschwung Ost«, Glockengeläut in »blühenden Landschaften« und Mein-Freund-ist-Ausländer-Kampagnen contra Alltagssorgen, Treuhandskandale und Fremdenfeindlichkeit. Neu zu entdecken, ein herausragender Roman von anhaltender Aktualität.
Inhaltsverzeichnis
ERSTES BUCH
1 Bei den Mauerspechte 15
2 Annähernd schottisch 31
3 Wie von Liebermanns Hand 50
4 Viele Vaterunser lang 70
5 Im Sofa versunken 88
6 Zwischen Enten ein Haubentaucher 110
7 Vorm Doppelgrab 131
8 Für hartes Geld auf Märchenreise 153
ZWEITES BUCH
9 Es sind die Nerven 177
10 Warum am Ringfinger gezerrt wurde 195
11 Mit gespitztem Blei 214
12 Auf chinesischem Teppich 237
13 Vom Wechselkurs fester Glaubenswerte 257
14 Marthas Hochzeit 275
15 Weshalb die Braut weinte 294
DRITTES BUCH
16 Nach Stralsund und weiter 315
17 Inselgäste 334
18 Beim Wassertreten 356
19 Allein im Boot 373
20 Platzwechsel 390
21 Beim Rudern geplaudert 405
22 Zu dritt im Boot 423
23 Freude! Freude! 447
VIERTES BUCH
24 Von Brücke zu Brücke 469
25 Am Abgrund 493
26 Ein Zimmer mit Tisch 512
27 Im Dienst der Treuhand 537
28 Vor das Denkmal gestellt 557
29 Vom Denkmal herab gesprochen 576
30 Ein Mord mehr 590
31 Frau Frühaufs Pflanzen 612
32 Auf Suche nach einem Wort 631
FÜNFTES BUCH
33 Falscher Alarm 653
34 Unter wechselnder Pflege 676
35 Sterbliche Reste 701
36 Diverse Brände oder: Wer hat gezündelt? 726
37 Mit ein wenig Glück 746