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Die gefährdete Rationalität der Demokratie Ein politischer Traktat
Die gefährdete Rationalität der Demokratie
Ein politischer Traktat




Julian Nida-Rümelin

Edition Körber Stiftung
EAN: 9783896842787 (ISBN: 3-89684-278-1)
304 Seiten, hardcover, 12 x 21cm, März, 2020

EUR 22,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Eigentlich ist klar, was Demokratien westlicher Prägung definiert: Rechtsstaatlichkeit, unveräußerliche Grundrechte, institutionelle Stabilität und Gewaltenteilung. Sie stützen sich auf gewählte Volksvertreter und auf die vernunftgeleitete Teilhabe des Volkes. Doch immer mehr Menschen zweifeln an diesen Grundlagen - befeuert vom medialen Diskurs, aber auch von der Politik selbst,

Julian Nida-Rümelin analysiert, was Demokratie leisten kann und identifiziert konzeptionelle Defizite, die sich in der aktuellen Krise zu einer Bedrohung auswachsen. Für den Philosophen und politischen Aktuelen ist die repräsentative Demokratie die nach wie vor unübertroffene Regierungsform - und zugleich eine Lebensform:

„Der demokratische Realismus, für den ich plädiere, nimmt die Bürgerinnen und Bürger in der Demokratie ernst. Er traut ihnen zu, dass sie in der Lage sind, nicht nur das für sie selbst Gute zu eruieren, sondern auch das Gute für die politische Gemeinschaft oder, wenn es sich um eine kosmopolitische Praxis handelt, für die Menschheit.“
Rezension
Was macht eine „gute“ Demokratie aus? Genügt angesichts postdemokratischer Entwicklungen ein Verfassungspatriotismus? Welche Rolle spielen Konsens und Dissens, politische Urteilsbildung und Regeln politischer Entscheidungsfindung in einer Demokratie? Bedroht der Neoliberalismus die liberale Weltordnung? Wie ist das Verhältnis von Freiheit und Gerechtigkeit in einer Demokratie zu bestimmen? Ist Demokratie nicht nur eine Staatsform, sondern auch eine Gesellschaftsform und eine Lebensform? Besitzen Demokratien Legitimationsprobleme? Sind sie auf Wahrheit und Wahrhaftigkeit angewiesen? Welcher Anthropologie bedarf eine Demokratie? Lässt sich die globale Demokratie-Krise überhaupt lösen?
Antworten auf diese zentralen politischen Fragen in Zeiten eines erstarkten Populismus und Rechtextremismus findet man in dem neuen Werk „Die gefährdete Rationalität der Demokratie. Ein politischer Traktat“ von Julian Nida-Rümelin (*1954), erschienen in der Edition Körber. Der renommierte Professor für Philosophie und politische Theorie an der Universität München und ehemalige deutsche Kulturstaatsminister hat mit seinen Schriften immer wieder entscheidende Impulse für aktuelle philosophische und politische Diskurse gegeben. Zu seinen bekanntesten Monographien zählen u.a. „Über menschliche Freiheit“(2005), „Humanismus als Leitkultur. Ein Perspektivenwechsel“(2006), „Die Optimierungsfalle. Philosophie einer humanen Ökonomie“(2011), „Philosophie einer humanen Bildung“(2013), „Humanistische Reflexionen“(2016), „Über Grenzen denken. Eine Ethik der Migration“(2017), „Digitaler Humanismus. Eine Ethik für das Zeitalter der Künstlichen Intelligenz“(2018) [zusammen mit Nathalie Weidenfeld].
In seinem neuesten Buch liefert Nida-Rümelin eine differenzierte Analyse der Defizite und Chancen gegenwärtiger Demokratie. Hervorragend gelingt es ihm dabei unter Rekurs auf Denker wie Aristoteles, Thomas Hobbes, John Locke, Jean-Jacques Rousseau, Immanuel Kant, John Stuart Mill, John Rawls, Kenneth Arrow, Allan Gibbard und Amartya Sen die normativen bzw. philosophischen Voraussetzungen dieser Staatsform und Gesellschaftsform aufzudecken. Als ihren Kern identifiziert Nida-Rümelin die Anerkennung der Freiheit und Gleichheit aller Menschen. Seine Kartografie von Demokratie fokussiert die „Paradigmen“ Erkenntnis, Kooperation, Repräsentation, Partizipation, Deliberation und kollektive Autonomie.
Gegenüber medialen Abgesängen auf die Demokratie arbeitet der Sozialdemokrat, der sich einem erneuerten Humanismus verpflichtet sieht, gute Argumente dafür heraus, dass diese Lebensform sehr wohl gegenwärtigen Krisen gewachsen ist - allerdings unter Erneuerung ihrer normativen Grundlagen. Dazu zählt für ihn u.a. eine Leitkultur des Humanismus, eine Stärkung des Konsens-Gedankens und ein epistemologischer Realismus mit dem Festhalten an Wahrheitsansprüchen. Die tiefschürfenden Reflexionen des Intellektuellen belegen eindrücklich die Produktivität der philosophischen, rationalen Bearbeitung demokratietheoretischer Fragen. Für Lehrkräfte der Fächer Philosophie, Ethik und Politik ist Nida-Rümelins Traktat eine überaus lohnenswerte Lektüre, erhalten sie doch zahlreiche Anregungen und fundiertes Fachwissen, um sich mit ihren Schülerinnen und Schülern im Unterricht mit aktuellen Fragen politischer Philosophie differenziert auseinanderzusetzen.
Fazit: Mit seinem neuen Buch „Die gefährdete Rationalität der Demokratie. Ein politischer Traktat“ ist Julian Nida-Rümelin angesichts globaler antidemokratischer Strömungen ein höchst aktueller Debattenbeitrag gelungen, der aufgrund seines engagierten Plädoyers für die Lebensform Demokratie unbedingt politische Beachtung verdient.

Dr. Marcel Remme, für lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Edition Körber
Julian Nida-Rümelin
Die gefährdete Rationalität der Demokratie
Ein politischer Traktat

In den Debatten um den Populismus dominiert die Sorge um die Verrohung des Tons und die Verschiebung der Grenzen des Sagbaren. Übersehen werden dabei die Gefahren durch die schleichende Aushöhlung der demokratischen Institutionen. Julian Nida-Rümelin analysiert die Lage und bietet Orientierung für eine gefestigte politische Praxis.
Die Demokratien westlicher Prägung definieren sich durch Rechtsstaatlichkeit, unveräußerliche Grundrechte, institutionelle Stabilität und Gewaltenteilung. Sie stützen sich auf gewählte Volksvertreter und auf die vernunftgeleitete Teilhabe des Volkes. So weit die Theorie – und auch die Praxis. Doch immer mehr Menschen in Deutschland und Europa zweifeln an diesen Grundlagen. Befeuert wird das nicht nur vom medialen Diskurs, sondern auch von der Politik selbst, bis hinein in die Regierungsparteien, bedenkt man etwa die parlamentarischen Ränkespiele eines Boris Johnson oder Donald Trump.
Julian Nida-Rümelin analysiert, was Demokratie leisten kann, und identifiziert konzeptionelle Defizite, die sich in der aktuellen Krise zu einer Bedrohung auswachsen. Der Philosoph und politische Intellektuelle ist überzeugt: Die Klärung eines angemessenen (Selbst-)Verständnisses von Demokratie stärkt diese nach wie vor unübertroffene Regierungsform. Und sie ist die Voraussetzung dafür, die Herausforderungen der Demokratie als Staats- und Gesellschaftsform zu bewältigen. Nida-Rümelin schafft die dazu dringend benötigten Grundlagen.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort 7
Einführung und Überblick 11
1. Liberale Weltordnung und Demokratie:
die interne Dimension 19
2. Liberale Weltordnung und Demokratie:
die externe Dimension 28
3. Sieg und Verfall der Liberalen Weltordnung 36
4. Die sozioökonomische Erosion sozialer Marktwirtschaft 45
5. Eine kosmopolitische Alternative 60
6. Was Demokratie (nicht) ist 70
7. Demokratie und kollektive Rationalität 80
8. Das Arrow-Theorem 87
9. Lehren aus dem Arrow-Theorem 96
10. Kollektive Autonomie 105
11. Individuelle Autonomie 115
12. Das Sen-Paradoxon 123
13. Konsens in der Demokratie 132
14. Dissens in der Demokratie 140
15. Das Gibbard-Theorem 149
16. Fünf Formen der Demokratiekritik 156
17. Freiheit und Gleichheit 171
18. Kritik des Egalitarismus 177
19. Gerechtigkeit in der Demokratie 184
20. Deliberation in der Demokratie 200
21. Demokratischer Realismus 212
22. Kooperation in der Demokratie 220
23. Demokratie als Lebensform 228
24. Sechs Paradigmen der Demokratie 244
Danksagung 253
Anmerkungen 257
Grafiken 294