Facebook, soziale Netze und die Digitalisierung unserer Umwelt kommen zzt. meist in negativen Schlagzeilen vor. Bei Kindern und Jugendlichen befürchtet man eine frühe Abhängigkeit von den Medien, sie würden wahlweise autistisch, gewalttätig oder exhibitionistisch. Eltern steuerten und beobachteten ihre Kinder helikoptermäßig über ihre Smartphones. Furchtbare Gruppierungen vernetzten sich weltweit über das World Wide Web und zettelten schreckliche Anschläge an. Und statt einer Schweigespirale hätten wir heute eine Plapperspirale mit zum Teil fürchterlichen Auswüchsen des Hasses und der Radikalisierung des kleinen Mannes. Zudem würden wir insbesondere von der Werbewirtschaft, Krankenkassen etc. ausspioniert und manipuliert.

Stimmt alles irgendwie, aber es stimmt auch das Folgende: DIE DIGITALISIERUNG UNSERER GESELLSCHAFT IST EINE RIESIGE CHANCE!

Wie bei allen Medien ist der Umgang damit das Entscheidende. Gesetze und Regeln müssen her, damit die negativen Auswüchse gestoppt werden. Kinder, Eltern, Lehrer und alle anderen müssen im Umgang mit dem Internet sowie seinen Chancen und Risiken geschult werden. Schutzmechanismen müssen greifen, wo Gefahren lauern. Gesetze müssen angewendet werden, wo Regeln überschritten werden.

Aber es gibt auch so viel Gutes ...
Mütter und Väter können zunehmend besser Beruf und Familie via digitalem Arbeitsplatz (sprich: Homeoffice) vereinbaren. Die breite Masse kommt an eine riesige Vielfalt von hilfreichen, nützlichen, interessanten und neuen Informationen heran. Menschen vernetzen sich, um sich gegenseitig zu unterstützen und gemeinsam klüger, wissender, informierter zu werden. Das Ziel "Bildung für alle" kann mit einem Internet-Zugang gewährleistet werden, wenn man nur den Willen hat zu lernen.

Jörg Dräger und Ralph Müller-Eiselt beschäftigen sich unter dem Titel "Die Digitale Bildungsrevolution - Der radikale Wandel des Lernens und wie wir ihn gestalten können" genau mit diesem Aspekt des Internets. Lernen wird durch die Digitalisierung unabhängiger von Schichtzugehörigkeiten, Herkunft, Bildungsabschlüssen und dem Geldbeutel. Im Internet gelten gleiche Chancen für alle.

Die Autoren benennen zahlreiche Beispiele, in denen Bildung gut über Internet funktioniert, erwähnen aber auch stets neben den Chancen die Nebenwirkungen, Risiken und Grenzen. Im "Auftakt" wird die "digitale Bildungsrevolution" mit der Erfindung des Buchdrucks verglichen, digitales Lernen könne dabei helfen, Wissen zu demokratisieren und gute Bildung weltweit jedem Einzelnen zugänglich zu machen. Hier werden innovative Reformer und digital geprägte Bildungswege dargestellt.

In "Szenen" wird dann erklärt, wie kostenlose Lernvideos auf Youtube, Nachhilfevideos über Smartphone oder Tablet und Vorlesungen übers Netz Bildung zur Massenware machen, die rund um die Uhr verfügbar ist. Gerade für Schwellen- und Entwicklungsländer, wo es bereits an notwendigem Personal und Gebäuden hapert, bedeuten solcherlei Bildungsangebote sowie die wachsende Anzahl an Internet-Hochschulen eine riesige Chance.

In Deutschland und Europa sind orts- und zeitunabhängige Onlineangebote vor allem für diejenigen, die neben Kindern oder Beruf ein Teilzeitstudium aufnehmen möchten, oder für Studenten überfüllter Studiengänge interessant. Weitere wichtige Aspekte des digitalen Lernens sind maßgeschneidertes Lernen auf individuellem Niveau und nach eigenem Tempo. Spielerisches und realitätsnahes Einüben beruflicher Kompetenzen und vieles mehr.

Jörg Dräger und Ralph Müller-Eiselt gelang mit diesem Buch ein umfassender Überblick über die vielfältigen Möglichkeiten digitaler Bildung. Es ist unbedingt zu empfehlen für Lehrerinnen und Lehrer, die aufgeschlossen sind, ihren Schülerinnen und Schülern neue individuellere Bildungswege zu ermöglichen.

Simone Wenderoth für www.lehrerbibliothek.de

Ein Schüler erhält täglich einen auf ihn persönlich zugeschnittenen Lernplan, den ein Rechenzentrum am New Yorker Broadway über Nacht erstellt. Ein Investmentbanker erklärt seiner Cousine in selbstgedrehten Videos die Mathematik und wird im Netz zum ersten Popstar der Bildungsszene. Eine Universität arbeitet mit Software, die für jeden Studierenden die optimalen Fächer ermittelt, inklusive der voraussichtlichen Abschlussnoten. Ein Konzern lässt seine Bewerber in einem virtuellen Restaurant Sushi servieren, weil das Computerspiel ihren beruflichen Erfolg vorhersagt. Das ist die digitale Zukunft des Lernens.

Unser Buch „Die digitale Bildungsrevolution“ trägt zahlreiche Beispiele aus aller Welt zusammen. In den USA, Asien und Lateinamerika haben Ralph Müller-Eiselt und ich gesehen, welch radikaler Wandel sich ankündigt, technologisch und pädagogisch und eine Idee davon bekommen, wie Internet und Big Data nicht nur das Bildungssystem, sondern auch eine Gesellschaft von Grund auf verändern. Die im Buch beschriebenen Beispiele zeigen anschaulich das Ausmaß der kommenden Revolution, wir ordnen und systematisieren diese aber auch, um so ihre Relevanz und Konsequenzen zu verdeutlichen.
Für uns ist die Digitalisierung des Lernens eine große Chance. Sie rückt den Einzelnen in den Mittelpunkt, seine Talente ebenso wie seine Probleme. Digitales Lernen kann dazu beitragen, dass jeder die Möglichkeit erhält, sein Wissen zu erweitern und seine persönlichen Talente zu entfalten. Dabei geht es nicht darum, die digitale Bildung gegen die analoge auszuspielen, sondern darum, beide Welten sinnvoll miteinander zu verbinden.

Klar ist aber auch: Den großen Chancen stehen große Risiken gegenüber. Digitale Bildung birgt nicht nur Humboldts Ideal, sondern auch den Schrecken George Orwells: Es werden Unmengen an Daten erfasst und ausgewertet, Menschen zu Objekten von Algorithmen und Wahrscheinlichkeiten gemacht. Der Lerner wird gläsern und hinterlässt im Netz unauslöschliche Spuren. Gerade im Bewusstsein dieser Risiken sind wir alle gefordert, den digitalen Wandel aktiv zu gestalten. Denn für die digitale Revolution gibt es auch in der Bildung keinen Stopp-Knopf.

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