|
|
|
|
Deutschland 1923
Das Jahr am Abgrund
Volker Ullrich
Verlag C. H. Beck oHG
EAN: 9783406791031 (ISBN: 3-406-79103-4)
441 Seiten, hardcover, 15 x 22cm, September, 2022
EUR 28,00 alle Angaben ohne Gewähr
|
|
Umschlagtext
"Jeder fühlt etwas Bedrohliches in nächster Nähe, niemand weiß, was wird."
Victor Klemperer
«Kein Volk der Welt hat erlebt, was dem deutschen ‹1923›-Erlebnis entspricht», schrieb Sebastian Haffner im englischen Exil, und Stefan Zweig befand, dass die Geschichte noch «nie eine ähnliche Tollhauszeit in solchen riesigen Proportionen produziert» habe. Volker Ullrich erzählt auf breiter Quellenbasis die Geschichte dieses Jahrs am Abgrund, das in manchem auf fatale Weise an die heutige Gegenwart erinnert. Nach der vielgerühmten Hitler-Biografie und dem Bestseller «Acht Tage im Mai» legt der renommierte Journalist und Historiker nun das Panorama einer aus den Fugen geratenen Zeit vor, die Chronik eines in jeder Hinsicht extremen Jahres.
Rezension
Fast einhundert Jahre ist es her, als im Jahre 1923 die erste Demokratie auf deutschem Boden bereits nach fünf Jahren zu scheitern drohte. Ein Jahr der Krisen, aber auch ein Jahr das bewies, wie stabil auch junge Demokratien sein können. Fest steht: das Krisenjahr 1923 nimmt in der deutschen Geschichte einen ganz besonderen Platz ein.
Der Historiker und Journalist Volker Ullrich nimmt dies besondere Jahr in seinem jüngst im C.H. Beck-Verlag erschienenem Buch genauer unter die Lupe. Dabei betrachtet er verschiedene wesentliche inhaltliche Schwerpunkte: Die Besetzung des Ruhrgebiets durch französische und belgische Truppen und den darauf folgenden passiven Widerstand (Ruhrkampf), wirtschaftliche Auswirkungen des Ruhrkampfs (Von der Inflation zur Hyperinflation), unter Beachtung nationaler und internationaler Einflussgrößen. Weitere Kapitel widmen sich den rasanten, teilweise chaotischen politischen Verhältnissen in Deutschland (Regierungskrisen, Auf und Ab demokratischer Kräfte und Parteien, separatistische (Abspaltungs-) Bewegungen innerhalb des Reiches), bevor eine Phase der relativen Stabilisierung einsetzt und auf innen-, wie auch auf außenpolitischem Parkett ein wenig zur Ruhe einkehrt. Nicht vergessen wird auch die große Bedeutung der Kultur im Schatten dieser Krisen, wie der Autor das achte Kapitel selbst benannt hat; die Golden Twenties lassen grüssen! Ein abschließender Abschnitt widmet sich einem Ausblick und gewährt interessante Erkenntnisse über die Fortentwicklungen, zunächst mündend in einer stabilen Phase, bevor die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise 1928/1929 mit ihren fatalen Folgen dargestellt werden.
Der Autor Volker Ullrich ist ein ausgewiesener Experte der neueren deutschen Geschichte, wobei seine zweibändige Hitlerbiographie einen besonderen Stellenwert einnehmen dürfte Dass er zu Schreiben versteht und in der Lage ist, die Leserschaft mitzunehmen in die faszinierende Welt der Historie, beweist er ein weiteres Mal auch mit dem vorliegenden Buch.
Wer es gewohnt ist, geschichtliche Ereignisse streng chronologisch zu behandeln, wird hier ein flexibel reagieren müssen: es sind die inhaltlichen Schwerpunkte, die innerhalb eines Kapitels wiederum chronologisch betrachtet werden, stringent, schlüssig und mit der Kunst der Schwerpunktlegung auf wesentliche Geschehnisse. So entsteht ein ausgezeichneter Überblick. Der ein oder andere "Aha-Effekt" ist garantiert. Auch der von ihm geschlagene Bogen am Ende des Buches und die hiermit verbundene Frage: welche Einflüsse hatten die Krisen des Jahres 1923 auf die politische Entwicklung bis zum Jahre 1933 (Machtübernahme durch die Nationalsozialisten, bieten hinreichend Stoff zum Nachdenken.
Alles in allem ein hochinteressantes und spannendes Buch, das bei der Lektüre keine Langeweile aufkommen lässt und einen ausgezeichneten Beitrag zur historischen Bildung leistet - sehr empfehlenswert!
Dietmar Langusch, Lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Deutschland 1923
DAS JAHR AM ABGRUND
«Kein Volk der Welt hat erlebt, was dem deutschen ‹1923›-Erlebnis entspricht», schrieb Sebastian Haffner im englischen Exil, und Stefan Zweig befand, dass die Geschichte noch «nie eine ähnliche Tollhauszeit in solchen riesigen Proportionen produziert» habe. Volker Ullrich erzählt auf breiter Quellenbasis die Geschichte dieses Jahrs am Abgrund, das in manchem auf fatale Weise an die heutige Gegenwart erinnert. Nach der vielgerühmten Hitler-Biografie und dem Bestseller «Acht Tage im Mai» legt der renommierte Journalist und Historiker nun das Panorama einer aus den Fugen geratenen Zeit vor, die Chronik eines in jeder Hinsicht extremen Jahres.
1923 erlebt Deutschland einen Sturz ins Bodenlose. Französische und belgische Truppen marschieren ins Ruhrgebiet ein. Die Hyperinflation erreicht ihren bizarren Höhepunkt und stürzt breite Bevölkerungsschichten ins Elend. Während die Vergnügungsindustrie boomt, herrscht politisch der Ausnahmezustand. Separatistische Bewegungen bedrohen den Bestand des Reiches, rechte und linke Extremisten setzen zum Sturm auf die Republik an, und in München bereitet ein Mann einen Putschversuch vor, dessen Name sich der Welt noch einprägen wird: Adolf Hitler.
Volker Ullrich ist Historiker und leitete von 1990 bis 2009 bei der Wochenzeitung «Die ZEIT» das Ressort «Politisches Buch». Zu seinen Werken gehören die zweibändige Biografie «Adolf Hitler» (2013 und 2018) sowie der Bestseller «Acht Tage im Mai».
Inhaltsverzeichnis
Vorwort · · · · · · · · · · · · · · · · · · 9
I. Ruhrbesetzung und Ruhrkampf · · · · · · · · · · · 15
Die Vorgeschichte: der Streit um die Reparationen – Joseph Wirths «Er- füllungspolitik» – Raymond Poincarés Suche nach «produktiven Pfändern» – Die Bildung der Regierung unter Wilhelm Cuno – Einmarsch französischer und belgischer Truppen ins Ruhrgebiet – Reaktionen in Deutschland: Öffentlichkeit, Regierung, Unternehmer, Gewerkschaften und Parteien – Passiver Widerstand – Gegenmaßnahmen der Besatzungsmächte – Gewaltsame Zusammenstöße: Der «Essener Blutsamstag» – Sabotageakte: Leo Albert Schlageter – Drängen auf Verhandlungen – Neue deutsche Vorschläge zur Reparationsfrage – Verschärfung der ökonomischen und sozialen Krise im Sommer 1923 – Das Ende der Regierung Cuno
II. Von der Inflation zur Hyperinflation · · · · · · · · · · 71
Ursachen der Inflation – Phasen der Geldentwertung – Der Schock des Rathenau-Mords: Beginn der Hyperinflation – Die Wirkung des passiven Widerstands: der Todesstoß für die deutsche Währung – Verlierer und Gewinner der Inflation – Hugo Stinnes – Schlaraffenland für Ausländer – Folgen für die Sozialmoral: Entwertung aller Werte – Die «Inflationsheiligen» – Herausbildung einer Inflationsmentalität – Börsenfieber – Jagd nach Auslandsdevisen – Der Typus des «Schiebers» – Babylon Berlin – Tanzwut – Vergnügungsgier – Flucht in die Sachwerte –Alltag unter den Bedingungen der Hyperinflation – Kriminalität und Selbsthilfe
III. Versuche einer Krisenlösung: die Große Koalition unter Stresemann 105
Gustav Stresemann – Die erste Regierung der Großen Koalition – Das Echo in Politik und Öffentlichkeit – Abbruch des passiven Widerstands – Bayerns Auflehnung gegen Berlin – Verhängung des Ausnahmezustands über das Reich – Unternehmeroffensive zur Abschaffung des Achtstundentags – Fronde gegen Stresemann in der DVP – Versuche zur Sprengung der Großen Koalition – Rücktritt der Regierung und Wiederbetrauung Stresemanns mit der Regierungsbildung – Kompromiss in der Arbeitszeitfrage – Die zweite Regierung der Großen Koalition – Kampf um das Ermächtigungsgesetz – Beschleunigung der Hyperinflation – Einleitung der Währungsreform: die Gründung der «Rentenbank» – Silberstreifen am Horizont auch in der Außenpolitik
IV. Deutscher Oktober · · · · · · · · · · · · · · · 139
Moskauer Pläne für eine Revolutionierung Deutschlands – Sprungbrett Sachsen: die Linksregierung unter dem SPD-Ministerpräsidenten Erich Zeigner – Konflikt mit Reichswehr und Reichsregierung – Eintritt der Kommunisten in die Regierungen in Sachsen und Thüringen – Vorbereitungen für ein militärisches Eingreifen – Absage des «deutschen Oktobers»: die Konferenz in Chemnitz – Der Hamburger Aufstand – «Reichsexekution» gegen Sachsen bei gleichzeitiger Nachsicht gegenüber dem abtrünnigen Bayern – Absetzung der Regierung Zeigner – Einmarsch der Reichswehr auch in Thüringen – Rückwirkungen auf Reichsebene: das Ausscheiden der SPD aus der Großen Koalition – Das Rumpfkabinett Stresemann
V. Der Ruf nach der Diktatur · · · · · · · · · · · · · 171
Stinnes’ Szenario für eine diktatorische Krisenlösung – Autoritäre Sehnsüchte seit 1918 – Werben um den Chef der Heeresleitung, Hans von Seeckt – Pläne für die Einsetzung eines Direktoriums – Bayern als Zentrum rechter Umsturzpläne – Vom «Trommler» zum «Führer»: Hitlers Anziehungskraft – Beginnender Führerkult – Antisemitische Hetze und Gewalt in München – Putschgerüchte – Hitlers Reise in die Schweiz –Der «Deutsche Tag» in Nürnberg: Schulterschluss zwischen Hitler und Ludendorff – Rivalität zwischen dem Triumvirat Kahr, Lossow, Seißer und den putschbereiten Kräften der NSDAP – Seeckts Intrige gegen Stresemann – Hitlers Entschluss zum Losschlagen – Der Putsch im Bürgerbräukeller – Das Scheitern des Putsches – Reaktionen in Berlin: Übertragung der vollziehenden Gewalt auf Seeckt – Bilanz: die Umsturzgefahr von rechts vorerst gebannt
VI. «Los von Berlin»: Separatistische Bewegungen im Rheinland und in der Pfalz · · · · · · · · · · · · · · · · · 217
Separatistische Strömungen im Rheinland nach 1918: Motive und treibende Kräfte – Hans Adam Dortens frühe Rheinstaatsbestrebungen – Wiederaufleben des Separatismus im Krisenjahr 1923 – Die «Vereinigte Rheinische Bewegung» – Der Düsseldorfer «Blutsonntag» – Ausrufung der «Rheinischen Republik» und ihr Scheitern – Separatismus in der linksrheinischen Pfalz nach 1918 – «Los von Bayern»: Johannes Hoffmanns missglückte «Pfalzaktion» – Auf verlorenem Posten: die Regierung der «Autonomen Pfalz» unter Josef Heinz-Orbis – Konrad Adenauers Projekt einer «Westdeutschen Republik» im Rahmen des Reichsverbandes – Das Treffen in Hagen: Zusammenstoß Adenauers mit Stresemann – Die zwielichtige Haltung der französischen Regierung zu den separatistischen Bestrebungen
VII. Auf dem Weg zur Stabilisierung: Von Stresemann zu Marx · · · 243
Höhepunkt der Hyperinflation – Pogrom im Berliner Scheunenviertel –Das «Wunder» der Rentenmark – Das MICUM-Abkommen – Der
Sturz Stresemanns – Bilanz seiner Kanzlerschaft – Die Rückkehr von Kronprinz Wilhelm nach Deutschland – Droht eine Diktatur Seeckts? – Die mühsame Suche nach einem Nachfolger Stresemanns: das Kandidatenkarussell – Wilhelm Marx und sein Minderheitskabinett – Das zweite Ermächtigungsgesetz – Maßnahmen zur Stabilisierung von Wirtschaft und Finanzen – Das Ende von Adenauers Weststaatsplänen – Kommentare zum Jahresende 1923
VIII. Kultur im Schatten der Krise · · · · · · · · · · · · 273
Der kulturelle Aufbruch in der Nachkriegszeit – Aufschwung des Kinos – «Das Cabinet des Dr. Caligari», «Dr. Mabuse, der Spieler», «Nosferatu» – Stars des Stummfilms: Asta Nielsen, Henny Porten, Emil Jannings – Historienschinken: «Fridericus Rex» – Das Gegenprogramm: die Filme Charlie Chaplins – Theater in den frühen zwanziger Jahren – Regisseure: Max Reinhardt, Leopold Jessner, Erwin Piscator – Kritiker: die Antipoden Alfred Kerr und Herbert Ihering – Eine Entdeckung: die Schauspielerin Elisabeth Bergner – Expressionistische Dramatiker: Georg Kaiser und Ernst Toller – Magnet Berlin: Bertolt Brecht, Joseph Roth, Franz Kafka – Russische Emigration in Berlin – Dada, George Grosz und der Malik Verlag – Walter Gropius und das Bauhaus in Weimar – Das neue Massenmedium des Rundfunks
IX. Ausblick · · · · · · · · · · · · · · · · · · 319
Weltpolitischer Szenenwechsel 1923/24 – Beilegung des Konflikts Bayern-Reich – Aufhebung des militärischen Ausnahmezustands – Hitler- Prozess in München – Auslaufen des Ermächtigungsgesetzes – Sezessionsbewegung in der DVP – Tod von Hugo Stinnes – Der Dawes-Plan zur Lösung der Reparationsfrage – Reichstagswahlen – Eintritt der DNVP in die Regierung? – Das zweite Kabinett Marx – Die Londoner Konferenz: Vereinbarung über die Räumung der besetzten Gebiete – Der Kampf um die Annahme der Dawes-Gesetze – Das Ende der Nachkriegszeit – Die «Goldenen Zwanziger» – Trügerische Stabilität – Kabinettskrisen und Regierungswechsel – Wahl Paul von Hindenburgs zum Reichspräsidenten – Auf dem Weg zum Präsidialregime – Nachwirkung
des Inflationstraumas – Von 1923 zu 1933?
Anhang · · · · · · · · · · · · · · · · · · 353
Dank – Anmerkungen – Quellen und Literatur – Bildnachweis – Personenregister
|
|
|