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Der 'Oxforder Boethius' Studie und lateinisch-deutsche Edition
Der 'Oxforder Boethius'
Studie und lateinisch-deutsche Edition




Daniela Mairhofer, Agata Mazurek

Reihe: Texte des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit (TMA)


Erich Schmidt Verlag
EAN: 9783503187249 (ISBN: 3-503-18724-3)
hardcover, 14 x 21cm, Dezember, 2020

EUR 149,95
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Die „Consolatio philosophiae“ von Boethius war im Mittelalter außerordentlich verbreitet. Als eines der wichtigsten Werke der mittelalterlichen Ethik und zugleich Schullektüre wurde sie häufig kommentiert und in die Volkssprachen übertragen. Die in MS. Hamilton 46 der Bodleian Library, Oxford, überlieferte, 1465 abgefasste Übersetzung ist eine von insgesamt vier noch erhaltenen deutschsprachigen Versionen der Trostschrift, die in der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts unabhängig voneinander entstanden sind. Nur im Oxforder Codex wird die deutsche Übersetzung mit ihrer lateinischen Vorlage samt lateinischer Glossen überliefert. Dadurch ist eine einzigartige Grundlage gegeben, von der aus die Arbeitsweise und Intention des Übersetzers genau untersucht werden kann.

In der vorliegenden Publikation wird der Boethius-Text der Hamiltoner Handschrift, der sich aus Grund-, Paratext und deutscher Übersetzung zusammensetzt und im Original nur sehr schwer zu lesen ist, zum ersten Mal in Form einer wissenschaftlichen Edition und Studie zugänglich gemacht.

Der synoptischen Edition des lateinischen Basistextes samt vielschichtiger Glossen und der deutschen Fassung folgen ein vergleichender Kommentar und zwei Glossare, welche jeweils Übersetzungstechniken und Wortschatz eingehend erschließen. Der Edition vorausgeschickt ist eine Studie in Form von neun Kapiteln: Sie befassen sich detailliert mit der Sprache und Provenienz der Übertragung, ihrem Verwendungskontext, ihrer Stellung innerhalb der deutschen Consolatio-Tradition, ihrer Abhängigkeit vom lateinischen Text und den Glossen, mit dem lateinischen Grund- und Paratext und den unterschiedlichen Textherstellungsphasen.
Rezension
Der Text des sog. "Oxforder Boethius" befindet sich im Manuskript MS. Hamilton 46 der Bodleian Library in Oxford. Mit seiner Kenntnis kann ein profunder Blick in die mittelalterliche Übersetzungswerkstatt geworfen werden: Der lateinische Text der Consolatio Philosophiae (Bücher III-V) wird nämlich in einer deutschen Prosafassung ausschließlich in diesem Textzeugen überliefert. Da die Handschrift den Text mitsamt vieler Interlinearglossen überliefert, können die beiden Fasungen hervorragend verglichen werden.
Hier liegt nun sowohl eine hervorragende Edition als auch eine Werkeinführung auf höchstem wissenschaftlichen Niveau vor: Zunächst beschreibt Agata Mazurek die Handschrift MS. Hamilton 46 auf kodikologisch-inhaltlicher Ebene. Nach einer Werkeinführung in den lateinischen Text der Consolatio durch Daniela Mairhofer steht dann der ein ausführliches Kapitel zum lateinischen Paratext, also zu enthaltenen den Glossen. Viele Fragen werden auch in den folgenden Kapiteln, die sich auf die Kontextualisierung der vorliegenden Übersetzung in den Reigen früherer und späterer Übersetzungen beziehen, beantwortet: Wann ist der Text überhaupt entstanden? Und welchen Bildungshintergrund hatte der Verfasser? Wurde die Oxforder Übersetzung im Schulunterricht eingesetzt? Das Kapitel VII ("Der lateinische und deutsche Text im Vergleich") bildet (neben Edition und Kommentar) das Herzstück des Bandes, werden dort doch die Übersetzungsprinzipien gründlich erörtert.
Die Edition lässt mit dem zweisprachigen Text und dem ausführlichen Stellenkommentar keine Wünsche offen: Ungewöhnliche grammatische Erscheinungen in beiden Sprachen werden ebenso thematisiert wie Querverweise in die Literatur der Antike und des Mittelalters.
Wie kann der Band nun in der Schule eingesetzt werden?
Zugegebenermaßen handelt es sich um ein wissenschaftliches Werk, das höchstens im Gymnasialbereich in geringen Dosen Verwendung finden wird. Aber dennoch: Für den Lateinunterricht (vielleicht im Projektverbund mit Deutsch?) wäre eine Übersetzungswerkstatt denkbar, die Ausschnitte der Consolatio in beiden Sprachen unter die Lupe nimmt und so einerseits die Vermittlung dieses Grundtexts der europäischen Literatur fördern und andererseits einen Einblick in die Editionsphilologie geben könnte. Auch ein Projektkurs der Oberstufe könnte sich mit dem Vorgang des Übersetzens beschäftigen und hier Themen für Hausarbeiten oder Referate finden.
Für die universitäre Lehre und Forschung ergeben sich für die entsprechenden philologischen Fachrichtungen selbstverständlich ungleich mehr Möglichkeiten.
Schön, dass dieser Text nun in einer so gründlichen Ausgabe vorliegt!

Johannes Groß, www.lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Die „Consolatio philosophiae“ von Boethius war im Mittelalter außerordentlich verbreitet. Als eines der wichtigsten Werke der mittelalterlichen Ethik und zugleich Schullektüre wurde sie häufig kommentiert und in die Volkssprachen übertragen. Die in MS. Hamilton 46 der Bodleian Library, Oxford, überlieferte, 1465 abgefasste Übersetzung ist eine von insgesamt vier noch erhaltenen deutschsprachigen Versionen der Trostschrift, die in der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts unabhängig voneinander entstanden sind. Nur im Oxforder Codex wird die deutsche Übersetzung mit ihrer lateinischen Vorlage samt lateinischer Glossen überliefert. Dadurch ist eine einzigartige Grundlage gegeben, von der aus die Arbeitsweise und Intention des Übersetzers genau untersucht werden kann.
In der vorliegenden Publikation wird der Boethius-Text der Hamiltoner Handschrift, der sich aus Grund-, Paratext und deutscher Übersetzung zusammensetzt und im Original nur sehr schwer zu lesen ist, zum ersten Mal in Form einer wissenschaftlichen Edition und Studie zugänglich gemacht.
Inhaltsverzeichnis
I. Kodikologisch-inhaltliche Analyse von MS. Hamilton 46 1
(Agata Mazurek)
1. Zusammensetzung des Bandes 1
2. Provenienz (Vorbesitz) 2
3. Lokalisierung (Entstehungsort) 4
4. Verfasser und Schreiber der Consolatio-Übersetzung 5
5. Überlieferungsgemeinschaft und Gebrauchskontext der Consolatio-Übersetzung 8
6. Beschreibung der Handschrift
Oxford, Bodleian Library, MS. Hamilton 46 18
Anhang 1: Legende der heiligen Katharina (Bl. 50r–v) 29 Anhang 2: Brief des Übersetzers an seinen jüngeren Bruder (Bl. 148r) ... 33 Anhang 3: Notizen bezüglich eines Erbschaftsstreits (Bl. 220r) 34
II. Chronologie des Textgefüges 35 (Daniela Mairhofer)
III. Boethius, Consolatio philosophiae:
Text und Überlieferungsgeschichte 45 (Daniela Mairhofer)
1. Die handschriftliche Überlieferung der Cons. 48
2. Die lateinische Vorlage des Übersetzers 49
IV. Der lateinische Paratext 55 (Daniela Mairhofer)
1. Die Glossen 58 1. 1 Wer glossierte und in welchem Kontext wurde der glossierte
»Boethius« verwendet? 68 1. 1. 1 Funktionale Analyse des Glossencorpus 69 1. 1. 2 Auswertung des Glossenbefundes 93
2. Der Kommentar 100
3. Zusammenfassung 107
Anhang: Anlage Paratext (Kommentare und dt. Übersetzung) 110
VIII Inhaltsverzeichnis
V. Schreibsprache der Consolatio-Übersetzung 127
(Agata Mazurek)
1. Konsonantismus 129 2. Vokalismus 132 3. Morphologisches 135 4. Lexikalisches 140 5. Wortvarianten 142
VI. Der »Oxforder Boethius« im Kontext deutscher Consolatio-Übersetzungen 147 (Agata Mazurek)
1. Entstehungszeit und -ort der Oxforder Übersetzung 147
2. Erscheinungsbild der Oxforder Übersetzung 149
3. Textbestand der Oxforder Übersetzung 154
4. Gelehrt-religiöses Profil der Oxforder Übersetzung 156
5. Exkurse als exklusives Merkmal der Oxforder Übersetzung 168
6. Entstehungs- und Gebrauchskontext der Oxforder Übersetzung 185
Anhang: Deutsche Consolatio-Übersetzungen 191
VII. Der lateinische und deutsche Text im Vergleich 199 (Daniela Mairhofer)
1. Zur Übersetzung allgemein 200
2. Abweichungen von der lateinischen Vorlage 206 2. 1 Synonyme und Wortvarianten 208 2. 2 Einbeziehung der Glossen 214 2. 3 Zusätze allgemein 217 2. 4 Auslassungen und Raffungen 222
3. Weitere Übersetzungsverfahren und stilistische Eigenheiten 227
4. Abweichungen auf semantischer Ebene 241
5. Zur Übersetzung bestimmter Begriffe 245 5. 1 Historische, mythologische und geographische Begriffe 245 5. 2 »Entpoetisierung« der Cons. 250 5. 3 Zur Überlieferung und Übersetzung griechischer Zitate 253
6. Umgang mit Korrekturen und Varianten 256
7. Fehler in der Übersetzung 259

Inhaltsverzeichnis IX 8. Schlussfolgerung 267
Anhang: zwei- bis fünfteilige deutsche Entsprechungen 274
VIII. Editionsrichtlinien 289
1. Zur Anlage des lateinischen Textes (Daniela Mairhofer) 289
2. Zur Anlage des deutschen Textes (Agata Mazurek) 297
Edition 301 lateinisch (Daniela Mairhofer)
deutsch (Agata Mazurek)
Kommentar (Daniela Mairhofer) 561
Indices (Agata Mazurek)
Glossar I (dt. – lat.) 679 Glossar II (lat. – dt.) 723
Literaturverzeichnis 749