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Das Reich der Vernichtung Eine Gesamtgeschichte des nationalsozialistischen Massenmordens
Das Reich der Vernichtung
Eine Gesamtgeschichte des nationalsozialistischen Massenmordens




Alex J. Kay

Wissenschaftliche Buchgesellschaft
EAN: 9783806245042 (ISBN: 3-8062-4504-5)
456 Seiten, hardcover, 16 x 22cm, Januar, 2023

EUR 38,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
„Eine kraftvolle und empirisch überzeugende Darstellung der deutschen Kriegsverbrechen.“

Prof. Robert Gerwarth

Alex J. Kay schreibt die erste integrative, umfassende Geschichte des nationalsozialistischen Massenmordes, die die Tötung von rund 13 Millionen Zivilisten und anderen Nichtkombattanten untersucht.

Erstmals werden Europas Juden neben allen anderen großen Opfergruppen betrachtet: gefangene Soldaten der Roten Armee, die sowjetische Stadtbevölkerung, unbewaffnete zivile Opfer von präventivem Terror und Repressalien, geistig und körperlich Behinderte, europäische Roma und die polnische Intelligenzschicht. Kay zeigt, wie systematischer, staatlich organisierter Massenmord die Grundlage des nationalsozialistischen Regimes war, um seine Ideologie durchzusetzen und den Krieg zu gewinnen.


Rezension
„Die Forderung, dass Auschwitz nicht noch einmal sei, ist die allererste an Erziehung.“ Dieser Satz findet sich in Theodor W. Adornos bekanntem Radiovortrag aus dem Jahre 1966 „Erziehung nach Auschwitz“. Das Erreichen dieses obersten Ziels aller Pädagogik sei, so betont der Gründungsvater der älteren Kritischen Theorie, an zwei Prozesse unabdingbar gebunden: an die Aufklärung der gesamten Gesellschaft über den Holocaust und an die „Erziehung zur Mündigkeit“.
Zur Aufklärung über den Nationalsozialismus und den systematisch geplanten Massenmord an unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen durch die Nazis leistet das 2021 publizierte Buch von Alex J. Kay „Empire of Destruction. A History of Nazi Mass Killing“ einen zentralen Beitrag. 2023 erschien das Werk des britischen Historikers in der deutschen Übersetzung von Thomas Bertram unter dem Titel „Das Reich der Vernichtung. Eine Gesamtgeschichte des nationalsozialistischen Massenmordens“ bei wbgTheiss, einem Imprint der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft. Wie der Titel schon demonstriert, verfolgt der Wissenschaftliche Mitarbeiter am Historischen Institut der Universität Potsdam das Ziel, mit seinem Buch eine umfassende Geschichte der nationalsozialistischen Mordkampagnen vorzulegen. Diese richteten sich im Zeitraum von Sommer 1939 bis zum Frühjahr 1945 gegen sieben soziale Gruppen; Kays Berechnungen zufolge ermordeten die Nazis 12,885 Millionen Menschen: 5,8 Millionen europäische Juden, 3,3 Millionen sowjetische Kriegsgefangene, 2 Millionen sowjetische Stadtbewohner:innen, u.a. in Leningrad, Kiew und Charkow, im Rahmen von Anti-Partisanen-Operationen 1,185 Millionen Zivilisten, 300.000 geistig und körperliche Behinderte in Europa, u.a. durch die Aktion T4, 200.000 europäische Roma sowie 100.000 Mitglieder polnischer Führungsschichten und Eliten, u.a. bei der Niederschlagung des Warschauer Aufstands 1944 (vgl. Tabelle im Anhang, S. 372).
Aus seinem Buch, das betont Kay ausdrücklich, ist keine Relativierung des Holocaust ableitbar, dieser bleibt für ihn singulär. Durch die Einbeziehung von sieben Bevölkerungsgruppen gelingt es dem ausgewiesenen Historiker unter Berücksichtigung umfangreicher Quellen und des neuesten Forschungsstands aufzuzeigen, dass Massenmord das zentrale Merkmal nationalsozialistischer Ideologie und Herrschaft war: „Kein anderes Regime in der Geschichte des 20. Jahrhunderts verfügte mit vergleichbarer Härte und im gleichen Umfang kühl überlegt den Tod von Menschen wie Adolf Hitler und die Nationalsozialisten.“(S. 18) Relativierungen des nationalsozialistischen Massenmordens – etwa durch Verweis auf den stalinistischen Gulag oder die Verbrechen Maos in China – begegnet Kay mit dem Verweis auf die systematische Planung der Nazis zur Ermordung von Bevölkerungsgruppen und deren staatliche Legitimation, den Hinweis auf Hundertausende von nationalsozialistischen Massenmördern und die Betonung des Massenmords an Kindern als das „hervorstechendste Charakteristikum der nationalsozialistischen Gräueltaten“(S. 352). Kays Berichte von der Ermordung, u.a. von Kindern und dem Leid der Mütter, erschüttern.
Ausdrücklich stellt der Historiker klar, dass es keinen historisch nachweisbaren Fall gibt, dass Nationalsozialisten, die sich weigerten Menschen zu ermorden, mit schwerwiegenden Konsequenzen zu rechnen hatten. Zurecht stellt sich daher die Frage, warum sich so viele Nazis an dem Massenmord verschiedenster Bevölkerungsgruppen aktiv beteiligt haben. Kay sieht dieses in der Identifikation der Angehörigen der Wehrmacht mit dem nationalsozialistischen Zielen und einer Ausblendung von humanitären Werten durch Überidentifikation mit dem Wert „Kameradschaft“ begründet. Lehrkräfte des Faches Geschichte erhalten durch das vorliegende Werk zentrale Forschungsergebnisse, um sich differenziert mit der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik auseinanderzusetzen und rechtsextreme Lügen aufdecken zu können. Wer wie Nazis, Neonazis und Rechtsextreme den nationalsozialistischen Massenmord leugnet oder relativiert, relativiert Massenmorde überhaupt.
Fazit: Alex J. Kay hat mit seinem neuen Buch „Das Reich der Vernichtung“ ein Standardwerk zur historischen Aufklärung über nationalsozialistisches Massenmorden und deutsche Kriegsverbrechen vorgelegt, dessen Erkenntnisse verdienen in Politik und Gesellschaft rezipiert zu werden.

Dr. Marcel Remme, für lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Der organisierte Massenmord an ethnischen und sozialen Bevölkerungsgruppen als Kriegsstrategie
Von 1939 bis 1945 ermordete das nationalsozialistische Regime rund 13 Millionen Zivilisten und andere Nichtkombattanten in Vernichtungslagern und außerhalb davon. Fast die Hälfte der Opfer des Nationalsozialismus waren Juden. Die Judenverfolgung und die Shoah sind in der Geschichte ohne Beispiel, aber als Teil eines systematischen Massenmordprogramms zu betrachten. Zu den Opfern der NS-Verbrechen gehörten auch Behinderte, Roma, polnische Eliten, gefangene Rotarmisten und unbewaffnete Zivilisten.
Der Massenmord als Kriegsstrategie: die erste integrative, umfassende Analyse
Vom britischen Historiker Alex J. Kay, der bereits fünf bedeutende Bücher über die Zeit des Nationalsozialismus veröffentlicht hat
Die Geschichte des Holocausts und die Ermordung ethnischer und sozialer Bevölkerungsgruppen
Fundamentaler Beitrag zur Aufarbeitung der nationalsozialistischen Verbrechen im 2. Weltkrieg
Die erste integrative Gesamtdarstellung der Völkermord-Politik des NS-Regimes
Erstmals führt Alex J. Kay die systematischen Mordprogramme und ihre Opfer in einer differenzierten Darstellung der deutschen Kriegsverbrechen zusammen. Es wird deutlich, dass Genozid und Vergeltungsmaßnahmen integrativer Bestandteil der Kriegsstrategie zur Durchsetzung der nationalsozialistischen Ideologie waren.
In seiner bahnbrechenden Analyse zeigt er, wie eine strategisch geplante, staatliche Politik des Massenmordens Millionen von Menschen das Leben kostete. Eine unersetzliche Ergänzung ihrer Bibliothek historischer Bücher über Deutschlands dunkelste Zeit von 1933 bis 1945!
Inhaltsverzeichnis
Karte Europas im Jahr 1941
Einleitung 11
TEILI Sommer 1939 - Sommer 1941
i Die Tötung der Kranken im Deutschen Reich und in Polen 30
2 Die Enthauptung der polnischen Gesellschaft 56
TEIL II Sommer 1941 - Frühjahr 1942
3 Holocaust durch Kugeln 76
4 Die Ermordung von Psychiatriepatienten und Roma
in der Sowjetunion 126
5 Die Aushungerungspolitik gegen die sowjetische Stadtbevölkerung 147
6 Die Vernichtung gefangener Rotarmisten 183
7 Präventivterror und Vergeltungsmaßnahmen gegen Zivilisten 212
Teil III Frühjahr 1942 - Frühjahr 1945
8 Holocaust durch Gas: Die Aktion Reinhardt 242
9 Die Pforten der Hölle: Auschwitz 265
10 Der Genozid an den europäischen Roma 296
11 Dezentralisierte „Euthanasie“ im Deutschen Reich 314
12 Die Niederschlagung des Warschauer Aufstands 330
Schlussbetrachtung 349
Anhang
Dank 366
Verzeichnis der Abbildungen 368
Verzeichnis der Abkürzungen 370
Anmerkung zu Ortsnamen und Begrifflichkeiten 371
Opfer der nationalsozialistischen Massenmordkampagnen 372
SS- und Wehrmachtsdienstgrade im Vergleich, 1942 373
Anmerkungen 374
Bibliografie 418
Register 439