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Das Löwenmädchen
Das Löwenmädchen




Kim Fupz Aakeson

Gerstenberg Verlag
EAN: 9783836951791 (ISBN: 3-8369-5179-7)
32 Seiten, hardcover, 25 x 30cm, Januar, 2014

EUR 14,95
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
"Da ist ein Mädchen namens Louise. Louise wohnt in einer Wohnung. Louise hat einen eigenen Löwen. Wie bitte? Sag das noch mal?!" Es stimmt, Louise hat einen Löwen. Er gibt ihr Stärke, Wärme und Sicherheit. Mit Löwe an ihrer Seite kann ihr nichts passieren. Aber dann ändert sich alles: ein neuer Nachbar zieht ein, und wenn Louise nicht alles täuscht, ist er ein Großwildjäger! Louise muss ihren Löwen vor ihm schützen!



Kim Fuoz Aakeson erzählt die Geschichte eines Mädchens, Dias vorsichtig ihre Fantasiewelt verlässt und so einen Freund in der Realität findet. Julie Völks behutsame und ausdrucksstarke Illustration schenken der Geschichte eine ganz eigene Atmosphäre.
Rezension
(Fast) jedes Kind wünscht sich ein Haustier. Viele Kinder haben auch eins: Eine Katze, einen Hund, ein Meerschweinchen oder vielleicht einen Wellensittich.
Louise hat einen Löwen. Einen echten. Groß und sonnengelb begleitet er Louise durch ihren grauen - von Julie Völk mit zartem und klarem Federstrich gezeichneten - Alltag: Er geht mit ihr in die Schule - und sorgt dafür, dass die anderen Kinder Louise auf dem Schulhof in Ruhe lassen: Sie tun, als wäre Louise einfach Luft.

Im Klassenzimmer hilft Löwe, dass Louise in der letzten Reihe sitzen und sich mit sich selbst beschäftigen kann: Der Lehrer lässt sie in Ruhe, denn: „Den Lehrer nennt sie nur Lehrer, und er tut, als würde er Louise nicht bemerken, als hätte er vergessen, dass es sie gibt. Aber bestimmt hat Lehrer bloß Angst, bestimmt träumt er nachts lange, bange Träume, dass Löwe ihn fresssen will, weil er Louise mit einer Rechenaufgabe oder einem schwierigen Wort gepiesackt hat“

Zu Hause - von der Illustratorin Julie Völker in einem kalten Blau koloriert - hält Löwe dem Mädchen die Mutter vom Hals: Das Essen steht auf dem Tisch, dabei ein Zettel, dass Mutter spät nach Hause kommt. Sicher nur, weil Mutter Angst vor Löwe hat?

So langsam ahnt der erwachsene Leser um die Tragik der Geschichte: Es ist nicht das ressourcevolle Krafttier, das Louise da begleitet und beschützt. Der Löwe ist vielmehr die phantasiereiche Erklärung mit der Louise ihr - einsames - Leben deutet. Eine coping-Strategie, wenn man so will.

So ganz glücklich ist auch Löwe nicht, er seht sich nach Afrika und den anderen Löwen. Dann krault ihm Louise den Rücken.

Eines Tages geschieht in der Straße, in der Louise wohnt, etwas Gefährliches!

Es kommt ein Fremder. Im Umzugswagen. Ein Großwildjäger? Louise hat Angst. Louise schließt sich in der Wohnung ein. Immer wieder hört sie ihren Namen. Es klingelt. Sie hört ihren Namen und es klingelt schon wieder. Louise versteckt Löwe, schützt ihn in ihrem Kleiderschrank. Vom Treppenhaus aus spricht der Fremde mit Louise, der Löwe wimmert vor Angst. Louise bleibt bei Löwe, in der sicheren Wohnung. Und Löwe verkriecht sich im Schrank.

Immer lauter rufen die Kinder nach Louise und wollen mit ihr spielen, Lehrer wird wird mutiger und will Mutter sprechen: „Stimmt was nicht, Louise?“ Was ist los, Louise?“ Und Mutter traut sich nun, zu Hause zu sein. Und der Großwildjäger schleicht in die Wohnung - mit dem Mut der Verzweiflung will Louise den Löwen auf den Fremden loslassen: Aber, der Löwe ist weg. Er ist nicht mehr im Schrank.

Nun spürt Louise ihre Angst: Die Angst vor den anderen Kindern, die Angst vor dem Lehrer, die Angst vor dem neuen Nachbarsjungen, als der sich der Großwildjäger entpuppt.

Sie trinkt Kakao mit Martin und nimmt - wie zum ersten Mal - die spielenden Kinder im Hof war, spricht mit dem Jungen - und kann sich sicher sein, dass Löwe nun glücklich ist: In der Savanne in Afrika.


Dem erwachsenen Leser und Bewunderer der Bleistiftzeichnungen von Julie Völk wird deutlich: Der Löwe ist aus gutem Grund strahlend sonnengelb! Der Löwe ist das Glück, die Sicherheit, die Stärke, die Louise braucht - bis ein Fremder ihr hilft, Abstand zum Grau ihres Alltags zu finden und ihre Angst wahrzunehmen. Louise findet „echte“ Menschen, die sich um sie kümmern. Oder besser gesagt: In Louises Welt werden die unbekannten Menschen, die bezeichnet werden wie Dinge zu echten Menschen, zu Personen. Sie findet Beziehung bei einem Großwildjäger, der ihr Freund wird; mit einem Lehrer, der das Elterngespräch sucht - und zu einer Mutter, die ihr Kakao kocht. Das macht es Louise leichter möglich, mit den Kindern zu spielen - die sie ja schon die ganze Zeit rufen und mit ihr zu tun haben möchten. Das strahlende Gelb des Löwen zieht überall, wo es zu sehen ist, die Aufmerksamkeit auf sich - und der Rest von Louises Welt verblasst daneben noch mehr. Vielleicht ist es nicht nur in diesem zauberhaften Bilderbuch die Aufgabe von Erwachsenen, sich nicht blenden zu lassen.

Die Bleistiftzeichnungen von Julie Völkel sind nicht nur dynamisch und federleicht, sie sind auch überaus detailreich und erzählen auf so mancher Seite noch weitere Geschichten vom Einsamsein, von der Angst und vom lebensvoll Glück.

Der Text ist prägnant, fast schon kunstvoll und hält sich zurück: Die Geschichte der Worte ist nur eine Geschichte im Reigen der Geschichte der Bilder.

Das Buch ist feinfühlig, für Erwachsene auch ein bisschen erschütternd, auf jeden Fall berührend und ein wunderbarer Anlass, um über Gefühle wie Angst und Mut, Einsamkeit und Freundschaft ins Gespräch zu kommen.


Für Vorschulkinder, Grundschüler und Erwachsene: Eine wirkliche Empfehlung!


Hinweis Der Titel dieses wirklich außergewöhnlichen Bilderbuchs kann leicht verwechselt werden mit dem verfilmten und gleichnamigen Roman von Erik Fosnes Hansen.

Heike Kellner-Rauch für www.lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Louise hat einen Löwen, der sie beschützt und immer für sie da ist. Das ist wichtig, denn Louise ist viel allein. Die anderen Kinder haben zu viel Respekt vor Löwe. Eines Tages ist Louise geschockt: ihr neuer Nachbar scheint ein Großwildjäger zu sein! Sie muss Löwe verstecken! Doch der neue Nachbar ist kein Jäger. Er heißt Martin. Und er schafft es zusammen mit Louises Mutter, das Mädchen aus ihrer erdachten Schutzwelt herauszulocken.

Kim Fupz Aakeson erzählt die Geschichte eines Mädchens, das vorsichtig seine Fantasiewelt verlässt und so einen Freund in der Realität findet. Julie Völks behutsame und ausdrucksstarke Illustrationen schenken der Geschichte eine geradezu magische Atmosphäre.
Kim Fupz Aakeson wurde 1958 in Dänemark geboren. Sein vielfältiges Werk - Kinder- und Jugendbücher, Comics, Kurzgeschichten, Romane und Drehbücher - erhielt internationale Anerkennung und zahlreiche Auszeichnungen.

Julie Völk, geb. 1985 in Wien, aufgewachsen in Niedersachsen, studierte an der HAW in Hamburg Illustration. Die vielfach ausgezeichnete Künstlerin (sie erhielt die Serafina, den Troisdorfer Bilderbuchpreis und den Österreichischen Kinder- und Jugendbuchpreis) lebt mit ihrer Familie in Niederösterreich.
Inhaltsverzeichnis
Maike Dörris übersetzte die Erzählung vom Löwenmädchen des dänischen Schriftstellers Kim Fupz Aakeson, Julie Völk illustriert in zauberhaften Bleistiftzeichnungen.