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Alle Farben grau (Martin Schäuble)
Alle Farben grau (Martin Schäuble)



Fischer Sauerländer
EAN: 9783737343299 (ISBN: 3-7373-4329-2)
272 Seiten, hardcover, 13 x 21cm, August, 2023

EUR 15,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Paul begeht Suizid. Seine Familie, seine Freunde und sein restliches Umfeld müssen damit klarkommen. Der Roman von Martin Schäuble folgt einer wahren Geschichte.



Paul ist sechzehn und war schon immer ein bisschen eigen: Er lernt Japanisch und hört Musik, die keiner in seinem Alter kennt. Er ist unheimlich schlau und könnte alles erreichen, wären da nicht seine Ängste und Abgründe. Über die spricht er lange nicht, erst in der Jugendpsychiatrie. Dort lernt er die junge Alina kennen, die seine Liebe zu Katzen teilt und ihn Jesus nennt. Nach der Zeit dort kehrt er zurück in sein normales Leben, und alle haben riesige Hoffnung. Außer einem, der sich längst verabschiedet.




Rezension
"Alle Farben grau" ist ein Jugendbuch für Leserinnen und Leser ab 14 Jahren. Es ist ein Roman über eine wahre Begebenheit mit veränderten Namen. Der Autor selbst ist Jugendbuchautor und nicht selbst betroffen, kennt aber doch die Familie des Protagonisten und hat Interviews mit den Eltern, Schwestern und Freunden geführt. Die Kapitel werden wechselnd aus verschiedensten Perspektiven erzählt, mal vor und mal nach dem Tod des betroffenen Jugendlichen Paul. Doch worum geht es eigentlich?

Paul ist 16 Jahre als und sicherlich hochbegabt. Er liest bereits in Klasse 9 ein Mathematikbuch für Studenten, lernt mal schnell japanisch und Gitarre, besucht ein Internat in Japan, lebt eigentlich wohlbehalten in einer gut situierten Familie, dennoch aber ist er eines nicht - glücklich. Er leidet unter einer tiefen Depression. Alle Farben scheinen ihm grau und zudem versichert ihm eine innere Stimme immer wieder, dass er allen egal sei, dass er sich endlich umbringen wolle. Paul ist Autist mit dem Asperger-Syndrom. Nun wissen viele: Kennt man einen Autisten, kennt man einen Autisten. Jeder autist ist anders und doch sind manche Eigenschaften typisch. Paul hat Inselbegabungen, zieht sich gerne zurück, nimmt vieles lauter, greller, schlimmer wahr, als seine Mitmenschen, zieht sich gerne zurück, braucht mehr Ruhe, hat seine Eigenheiten. Ganz nebenbei kommt heraus, dass er pansexuell ist. Seine Frage nach dem Sinn des Lebens bleibt unbeantwortet.

Das Buch ist sehr gut geschrieben und zeigt abwechselnd die Sichtweisen von Pauls Mitmenschen auf das Geschehene. Was würde wohl Paul sagen, könnte er diese Interviews lesen? Hätten sie etwas an Pauls Beschluss, sich umzubringen, geändert?

Ganz wichtig finde ich den Hinweis hinten im Buch, wo und wie man sich Hilfe holen kann, wenn man selbst über Suizid nachdenkt, oder in irgendeiner Weise Hilfe braucht.

Das Buch ist in vieler Weise sehr wertvoll: Einerseits zeigt es einen neuen Blick auf Autismus. Es zeigt, wie sich ein Mensch mit einer Depression fühlen könnte. Das Buch hilft zu verstehen, es zeigt Hinweise, woran man in Pauls speziellem Fall hätte merken können, das er mit dem Gedanken des Suizids spielt. Es zeigt aber auch, wie hilflos man in dieser Situation ist. Selbst wenn Eltern die Hinweise erkennen - ändern können sie oft nichts.

Ich halte es für eine gute Idee, das Buch mit Jugendlichen gemeinsam zu lesen und mit einem Projekt zu begleiten, das die Ressilienz von Jugendlichen stärkt, dass die Klassengemeinschaft fördert, Brücken zwischen Jugendlichen baut, Hobbies fördert, vielleicht sogar einen Psychologen oder Sozialarbeiter einbindet.
Gefährlich kann das Buch sein, wenn Jugendliche selbst betroffen sind und das Buch nichts als Abschreckung sehen, sondern als Möglichkeit, ebenso zu handeln. Das Buch kann aufwirbeln.

Eine Leseprobe ist auf der Homepage des Verlages zu finden.

Wir leben in einer Zeit, in der es immer weniger als Schande gesehen wird, einen Psychiater aufzusuchen, in der psychische Krankheiten immer mehr als Krankheiten anerkannt werden.
Wir leben in der Nachcoronazeit, viele Jugendliche entwickelten während der Corona-Schulschließungen Depressionen, waren auf sich alleine gestellt. Nun sind psychiatrische Praxen überlaufen. Ich kenne Schülerinnen und Schüler, die jahrelang auf einen Erstbesuch in einer psychiatrischen Praxis warten. Dabei befinden sie sich in Situationen, in denen sich jeder Tag anfühlt, als stünden sie mit Backsteinen an den Füßen auf. Jeder Schritt erscheint unheimlich schwer, mühsam und bedeutungslos. Dies ist ein riesiges Problem, bedenkt man, dass kaum ein Arzt so wichtig in seiner Persönlichkeit ist, wie der Psychiater. Nicht jeder Arzt passt zu jedem Patienten. Wartet dann ein Patient überhaupt zwei Jahre auf den ersten Termin, merkt dann, die Chemie zwischen beiden stimmt nicht, beginnt die Warteschleife erneut, stets begleitet davon, dass jeder Tag, jeder Anruf soooo schwer ist.

Das Buch ist nicht nur wichtig für Eltern und Schüler, sondern auch für Schulämter, für Lehrer. Es sollte ein Ausgangspunkt sein, etwas zu tun! Wir brauchen mehr Geld, um flächendeckend Ressilienzstärkung an Schulen durchzuführen, um flächendeckend Eltern und Lehrer zu sensibilisieren und Möglichkeiten zu zeigen, auf solche Symptome, wie Paul, Alina, Katha und die anderen Jugendlichen aus der Klinik sie zeigen, einzugehen.

Ein großes Dankeschön an den Autor Martin Schäuble für dieses wichtige Buch sagt

Ina Lussnig, Lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Nach Pauls wahrer Geschichte: aufrüttelnd und tragisch
Hochaktuell und relevant: Psychische Erkrankungen bei Jugendlichen nehmen seit Jahren dramatisch zu
Als Unterrichtslektüre zu den Themen Depression und Suizidprävention geeignet

Der Verlag weist darauf hin, dass dieser Roman von einem jungen Menschen handelt, der sich das Leben nimmt, und außerdem selbstverletzendes Verhalten geschildert wird.

Für die Verwendung in der Schule ist unter https://www.fischerverlage.de/verlag/kita-und-schule ein Unterrichtsmodell zu diesem Buch abrufbar.