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Handbuch der Allgemeinen Psychologie – Motivation und Emotion
Handbuch der Allgemeinen Psychologie – Motivation und Emotion




Veronika Brandstätter, Jürgen H. Otto (Hrsg.)

Hogrefe-Verlag
EAN: 9783801718459 (ISBN: 3-8017-1845-X)
806 Seiten, hardcover, 17 x 24cm, 2009

EUR 59,95
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Der Band bietet eine kompakte Darstellung zentraler Konzepte und Theorien der Motivations- und Emotionspsychologie. Führende Expertinnen und Experten geben einen Einblick in die Vielfalt der klassischen wie aktuellen motivations- und emotionspsychologischen Forschung. Neben grundlagentheoretisch ausgerichteten Fragestellungen und Methoden gibt der Band Aufschluss über die vielfältigen Anwendungsbezüge der Motivation- und Emotionspsychologie. Der Band ist in die beiden großen Bereiche Motivation und Emotion gegliedert. Es werden so zentrale Themen behandelt wie beispielsweise implizite und explizite Motive, Ziele, Motivation und Emotion in Schule und Beruf, spezifische Emotionen, Geschlechtsunterschiede in Emotionen, emotionale Intelligenz, psychobiologische Aspekte. Dieser Band unterscheidet sich von anderen Bänden durch die integrierte Darstellung der motivations- und emotionspsychologischen Forschung, die bislang meist getrennt behandelt werden. Das Handbuch eignet sich daher hervorragend für Studierende, Lehrende, Forscher aber auch Praktiker, die sich in knapper und kompetenter Form über diese wichtigen Teilgebiete der Psychologie informieren möchten.
Rezension
Neben der Entwicklungs- und der Kognitions- sowie Lernpsychologie ist der Bereich der Motivations- und Emotionspsychologie für Lehrerinnen und Lehrer sicherlich der bedeutsamste Teilbereich der Psychologie. Wer sich auf diesem Gebiet tiefgründig, auf aktuellstem Stand der Wissenschaft und gediegen kundig machen will, sei verwiesen auf diesen Band des Handbuchs der Allgemeinen Psychologie, das wiederum Teil des Handbuchs der Psychologie aus dem Psychologie-Fachverlag Hogrefe ist. Dieses Handbuch ist im absoluten Premium-Segment angesiedelt, - in Leistung wie Preis: Führende Expertinnen und Experten geben einen Einblick in die Vielfalt der klassischen wie aktuellen motivations- und emotionspsychologischen Forschung. Gute Lesbarkeit, klare Didaktik und hohe Informationsdichte kennzeichnen die ansprechend aufgemachten und durchgöängig kompetent verfassten Handbücher.

Jens Walter, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Prof. Dr. Veronika Brandstätter, geb. 1963. 1982-1987 Studium der Psychologie in München. 1991 Promotion. 2000 Habilitation. Seit 2003 Inhaberin des Lehrstuhls für Allgemeine Psychologie (Mo-tivation) an der Universität Zürich.

Prof. Dr. Jürgen H. Otto, geb. 1952. 1971-1977 Studium der Psychologie in Berlin. 1981 Promo-tion. 1988 Habilitation. Apl. Professur seit 1993 an der FU Berlin und seit 1995 an der Universität Gh Kassel.

zur Reihe:
Handbuch der Psychologie

Die Bände der Reihe
Band 1: Handbuch der Klinischen Psychologie und Psychotherapie
Band 2: Handbuch der Persönlichkeitspsychologie und Differentiellen Psychologie
Band 3: Handbuch der Sozialpsychologie und Kommunikationspsychologie
Band 4: Handbuch der Psychologischen Diagnostik
Band 5: Handbuch der Allgemeinen Psychologie – Kognition
Band 6: Handbuch der Arbeits- und Organisationspsychologie
Band 7: Handbuch der Entwicklungspsychologie
Band 8: Handbuch der Neuro- und Biopsychologie
Band 9: Handbuch der Rechtspsychologie
Band 10: Handbuch der Pädagogischen Psychologie
Band 11: Handbuch der Allgemeinen Psychologie – Motivation und Emotion
Band 12: Handbuch der Gesundheitspsychologie und Medizinischen Psychologie
Band 13: Handbuch Statistik, Methoden und Evaluation

Kennzeichen der Bände:
gute Lesbarkeit
klare Didaktik
hohe Informationsdichte
geeignet für Lehre, Studium und Beruf
Nachschlagewerk
Die Bände der Reihe »Handbuch der Psychologie« bieten auf ca. 700 Seiten eine schnelle Orientierung über die wichtigsten Inhalte des jeweiligen Fachgebietes. Renommierte Expertinnen und Experten vermitteln in 60 bis 100 Kapiteln pro Band den derzeitigen Wissensstand. Gute Lesbarkeit, klare Didaktik, hohe Informationsdichte sowie ein einheitlicher Aufbau der einzelnen Kapitel zeichnen die Bände aus. Die Handbücher eignen sich hervorragend für die Lehre im Studiengang Psychologie, für die Prüfungsvorbereitung in den einzelnen Studienabschnitten, aber auch als Nachschlagewerk für Angehörige verschiedener Nachbardisziplinen.

Pressestimmen
Handbuch der Persönlichkeitspsychologie und Differentiellen Psychologie, Band 2
»Alles drin! Ein Handbuch zur Persönlichkeitspsychologie, das viele Leser verdient.«

Gehirn und Geist 11/05

Handbuch der Klinischen Psychologie und Psychotherapie, Band 1
»Insgesamt ist eine empfehlenswerte Zusammenstellung enstanden, die sich als Nachschlagewerk und Lernhilfe für Studierende gut eignet – sowohl für Psychologen als auch Angehörige angrenzender Fächer und Interessierte.«

Gehirn und Geist 11/05

Handbuch der Psychologischen Diagnostik Band 4

»Die komprimierten, leicht verständlichen Buchbeiträge motivieren den Leser, sich mit Gebieten der Psychologischen Diagnostik zu beschäftigen, die mit dem eigenen Betätigungsfeld direkt etwas zu tun haben. «

Zeitschrift für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie, 4/08

Handbuch der Allgemeinen Psychologie – Kognition, Band 5
»Insgesamt besticht dieser Band durch die hohe Dichte und klare didaktische Aufbereitung der Informationen und wird so dem Anspruch eines Handbuches in bester Weise gerecht.«

Psychologie in Österreich, 1/07

Handbuch der Arbeits- und Organisationspsychologie, Band 6

»Der Kauf dieses in allen Passagen vollkommen nachvollziehbar geschriebenen Handbuches ist eine äußerst lohnende Investition für Studierende und Dozierende in wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Studiengängen und diesbezüglichen Nachdiplomstudienangeboten.«

Zeitschrift für Systemdenken und Entscheidungsfindung im Mangement, 1/08

Handbuch der Entwicklungspsychologie, Band 7

»Wer sich in vergleichsweise knapper Form über den derzeitigen Stand der Entwicklungspsychologie informieren möchte, ist mit diesem Handbuch gut beraten.«

Zeitschrift für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie, 3/08

Handbuch der Neuro- und Biopsychologie, Band 8
»...das "Handbuch der Neuro- und Biopsychologie" trägt das aktuelle Wissen in sehr fundierter Form zusammen und bietet damit eines der zur Zeit herausragendsten Nachschlagewerke auf diesem Sektor.«

Zeitschrift für Medizinische Psychologie, 2-3/08
Inhaltsverzeichnis
Motivation und Emotion: Eine Einführung
Veronika Brandstätter & Jürgen H. Otto 13

I Konzepte der Motivationspsychologie

Erwartung und Anreiz
Udo Rudolph 21

Implizite und explizite Motive
David Scheffer 29

Ziele
A. Timur Sevincer & Gabriele Oettingen 37

Werte
Wolfgang Bilsky 46

Interesse
Andreas Krapp 52

Selbstkonzept der Begabung
Oliver Dickhäuser 58

Zielorientierungen
Birgit Spinath 64

Annäherungs- vs. Vermeidungsmotivation
Natalie C. Ebner & Alexandra M. Freund 72

Persistenz und Zielablösung
Veronika Brandstätter 79

Motivation in kulturvergleichender Perspektive
Athanasios Chasiotis & Jan Hofer 89

Methoden der Motiv-, Motivations- und Volitionsdiagnostik
Thomas A. Langens 94

II Theorien der Motivationspsychologie

Historische Ansätze der Motivationspsychologie
Rosa Maria Puca 109

Risikowahl-Modell
Jürgen Beckmann & Josef A. Keller 120

Attributionstheorie und attributionale Theorien
Friedrich Försterling † 126

Selbstbewertungsmodell der Leistungsmotivation
Julia Schüler 135

Selbstbestimmungstheorie und Kognitive Bewertungstheorie
Nicola Baumann 142

Rubikonmodell der Handlungsphasen
Anja Achtziger & Peter M. Gollwitzer 150

Handlungskontrolltheorie
Markus Quirin & Julius Kuhl 157

Theorie der Persönlichkeits-System-Interaktionen (PSI)
Markus Quirin & Julius Kuhl 163

Zielsetzungstheorie
Jürgen Wegge & Klaus-Helmut Schmidt 174

Psychologie des Zukunftsdenkens
Caterina Gawrilow, A. Timur Sevincer & Gabriele Oettingen 182

Theorie des regulatorischen Fokus
Jens Förster & Markus Denzler 189

Theorie Erlernter Hilflosigkeit
Joachim Stiensmeier-Pelster 197

Automotiv-Theorie
Anja Achtziger & Peter M. Gollwitzer 204

Intentionstheoretischer Ansatz
Anja Achtziger & Peter M. Gollwitzer 209

III Thematische Klassen motivierten Verhaltens

Leistung
Thomas A. Langens 217

Macht
Heinz-Dieter Schmalt 225

Anschluss und Intimität
Kurt Sokolowski 231

Aggression
Horst Zumkley 239

Prosoziales Verhalten
Hans-Werner Bierhoff 246

Neugier und Exploration
Anke Lengning 252

Intrinsische Motivation
Falko Rheinberg 258

Entwicklung der Handlungsregulation
Manfred Holodynski 266

Entwicklung der Motive
Manfred Holodynski 272

IV Psychobiologische Aspekte von Motivation

Neurobiologie der Motivation und Volition
Lutz Jäncke 287

Endokrinologische Korrelate von Motiven
Marlies Pinnow 298

Belohnungs- und Bestrafungssensibilität
Dirk Hagemann 306

Biogene Bedürfnisse: Durst, Hunger, Sexualität
Marlies Pinnow 313

Kardiovaskuläre Prozesse und motivationale Intensität
Guido H. E. Gendolla & Michael Richter 324

V Motivation in angewandter Perspektive

Motivationspsychologie des Lernens
Regina Vollmeyer 335

Motivation in Arbeit und Beruf
Uwe Kleinbeck 347

Motivation von Anbietern und Nachfragern
Lutz von Rosenstiel & Peter Neumann 360

Motivationspsychologische Konzepte in der Ökonomie
Erich Kirchler, Marianne Holler & Martina Hartner 369

Motivation im Leistungssport
Jürgen Beckmann & Josef A. Keller 377

Motivation zur Förderung der Gesundheit
Julia Schüler 383

Motivationstraining
Albert Ziegler & Markus Dresel 392

VI Theoretische Ansätze der Emotionspsychologie

Evolutionäre Psychologie
Harald A. Euler 405

Psychophysiologie der Emotionen
Georg W. Alpers, Andreas Mühlberger & Paul Pauli 412

Ausdruck
Jörg Merten 422

Attributionale Ansätze
Friedrich Försterling † 429

Einschätzung
Rainer Reisenzein 435

Komponenten-Prozess-Modell – ein integratives Emotionsmodell
Tobias Brosch & Klaus R. Scherer 446

Sozial-konstruktivistischer Ansatz der Emotionspsychologie
Fay C. M. Geisler & Hannelore Weber 457

Entwicklung
Manfred Holodynski 463

VII Physiologische und neurochemische Grundlagen

Neuropsychologie
Rainer Bösel 473

Neurochemie
Ullrich Wagner & Jan Born 482

Physiologische Emotionsspezifität
Gerhard Stemmler 491

VIII Forschungsmethoden

Psychophysiologie
Gerhard Vossel & Heinz Zimmer 501

Bildgebende Verfahren
Lutz Jäncke 511

Methoden der Mimikanalyse und -synthese
Susanne Kaiser & Thomas Wehrle 521

Verbale Daten: Fragebogenverfahren
Lothar Schmidt-Atzert 532

Methoden zur Induktion von Emotionen
Markus Studtmann, Jürgen H. Otto & Rainer Reisenzein 540

Neurochemische Methoden in der Emotionspsychologie
Gisela Erdmann & Wilhelm Janke 550

Inhaltsanalysen und Interpretation
Philipp Mayring 563

IX Struktur der Emotionen und spezifische Emotionen

Kategoriale und dimensionale Modelle
Lothar Schmidt-Atzert 571

Überraschung
Achim Schützwohl 577

Freude und Glück
Philipp Mayring 585

Liebe und Verliebtsein
Carmen Wulf & Ulrich Mees 596

Eifersucht
Ralph B. Hupka & Jürgen H. Otto 605

Ärger
Volker Hodapp & Stephan Bongard 612

Angst und Furcht
Michael Hock & Carl-Walter Kohlmann 623

Trauer
Annette Schmitt & Ulrich Mees 633

Ekel und Verachtung
Jürgen Hennig 644

Stolz, Scham, Peinlichkeit und Schuld
Jeanette Roos 650

X Allgemeinpsychologische, differenzielle und soziale Aspekte von Emotionen

Gedächtnis und Emotion
Karl Christoph Klauer & Ulrich von Hecker 661

Motivation
Falko Rheinberg 668

Emotion und Handeln
Klaus Rothermund & Andreas B. Eder 675

Persönlichkeit und Emotion
Reinhard Pekrun & Anne C. Frenzel 686

Geschlechtsunterschiede in Emotionen
Andrea E. Abele 697

Emotionale Intelligenz und Emotionale Kompetenz
Jürgen H. Otto 706

Emotionsregulation
Boris Egloff 714

Empathie
Gisela Steins 723

XI Anwendungsbereiche

Psychotherapie und Emotionen
Peter Fiedler 731

Emotion und Gesundheit
Matthias Jerusalem 741

Schulisches Lernen und Emotionen
Martin Hänze 748

Emotionen in Organisationen
Dieter Zapf & Melanie Holz 755

Die Autorinnen und Autoren des Bandes 763
Autorenregister 773
Sachregister 795

Motivation und Emotion: Eine Einführung
Motivation and Emotion: An Introduction
Veronika Brandstätter & Jürgen H. Otto
1 Einführung in den Themenbereich Motivation und Emotion

Die Tatsache, dass in der Reihe „Handbuch der Psychologie“ ein gemeinsamer Band
zum Thema Motivation und Emotion vorgesehen ist und damit die beiden Themenfelder
in einer Zusammenschau dargestellt werden können, ist sehr erfreulich. Zu
stark stellen sich nämlich Motivations- und Emotionspsychologie nach wie vor als
in sich geschlossene, hermetische Forschungsdisziplinen dar, die wenig Austausch
pflegen, auch wenn sie traditionell in der Lehre an deutschsprachigen Universitäten
unter dem Begriff Allgemeine Psychologie II zusammengefasst werden.
Dabei gilt – plakativ formuliert: Ohne Motivation keine Emotion und ohne Emotion
keine Motivation. Diese Sichtweise erscheint produktiver als die alte Kontroverse,
ob die Emotion die Grundlage der Motivation (z. B. Izard & Ackerman,
2000) oder die Motivation die Grundlage der Emotion sei (z. B. Lang, Bradley &
Cuthbert, 1990). Eine ähnlich gelagerte Emotions-Kognitions-Debatte hat sich
bereits in der Vergangenheit als unfruchtbar erwiesen (zsfd. Leventhal & Scherer,
1987). Zentrale Annahme verschiedenster klassischer (z. B. Psychophysiologische
Emotionstheorie, William James) wie moderner (z. B. Kognitive Einschätzungstheorien,
Richard Lazarus, Klaus Scherer) Theorien der Emotion ist, dass Objekte
bzw. Ereignisse nur dann Emotionen auslösen, wenn sie für die persönlichen Belange
der Person (ihre Ziele, Bedürfnisse, Motive) von Bedeutung, also motivational
relevant sind. Die Beurteilung eines Ereignisses, inwieweit es die eigenen
Ziele und Bedürfnisse fördert oder behindert, ist einer der ersten grundlegenden
Einschätzungsschritte in der Emotionsentstehung (→ Komponenten-Prozess-Modell
– ein integratives Emotionsmodell), und der Erfolg des individuellen Zielstrebens
(→ Ziele) ist eine wichtige Quelle des emotionalen Befindens.
Eine Arbeitsdefinition, die sich in der Emotionspsychologie bisher als brauchbar
erwiesen hat, weist auf diesen Sachverhalt hin: „Emotion refers to a relatively
brief episode of coordinated brain, autonomic, and behavioral changes that facilitate
a response to an external event of significance for the organism“ (Davidson,
Scherer & Goldsmith, 2003, S. XIII). Gerade der von Frijda (1986) stärker akzentuierte
Handlungsaspekt „Der Kern einer Emotion sind Handlungsbereitschaft
(readiness to act) und das Nahelegen (prompting) von Handlungsplänen; eine Emotion
gibt einer oder wenigen Handlungen Vorrang, denen sie Dringlichkeit verleiht.
So kann sie andere mentale Prozesse oder Handlungen unterbinden oder mit ihnen
konkurrieren …“ (nach Oatley & Jenkins, 1996, S. 96; Übersetzung der Verf.)
macht ebenfalls die enge Verknüpfung von Emotion und Motivation deutlich und
zeigt sich besonders in dem Kapitel → Emotion und Handeln, das deren wechselseitigen
Einfluss darstellt.
Obwohl die Mehrheit motivationspsychologischer Modelle die kognitiven Komponenten
des Motivationsprozesses in den Vordergrund stellt und Emotionen vernachlässigt,
gibt es Ansätze, die die große Überschneidung von Emotion und Motivation
in den Mittelpunkt ihrer Betrachtung rücken (→ Theorie der Persönlichkeits-System-
Interaktionen (PSI)). Auch entwickelten sich etwa Bernard Weiners Analysen
der Leistungsmotivation und der dabei auftretenden Emotionen Stolz, Scham,
Schuld und Ärger hin zu einer umfassenden Emotionstheorie (Weiner, 2006; →Attributionale
Ansätze). Innerhalb des Social-Cognition-Ansatzes wurde die Wechselwirkung
von ergebnis- und prozessorientierter Motivation mit positiven und negativen
Emotionszuständen untersucht. Das folgende, klassische Ergebnismuster
wurde wiederholt repliziert (Martin,Ward, Achee & Wyer, 1993): Mit ergebnisbezogenem
Verarbeitungsziel beschäftigen sich positiv gestimmte Personen kürzer
und mit weniger Informationen als negativ gestimmte Personen. Mit prozessbezogenem
Verarbeitungsziel hingegen sind positiv Gestimmte interessierter, berücksichtigen
mehr Informationen und arbeiten länger als negativ gestimmte Personen
(→ Schulisches Lernen und Emotionen).
Historisch ist interessant, dass Kleinginna und Kleinginna aufgrund ihrer klassischen
Definitionsanalysen von Motivation (1981a) und Emotion (1981b) schon
darauf hinweisen, dass es sich um verschiedene Aspekte ein und desselben Prozesses
handeln könnte (1981a, S. 269, 270, 278). Heckhausen (1989) hat sehr treffend
das Gemeinsame und Unterschiedliche von Emotion und Motivation gefasst,
wenn er Grundemotionen als „rudimentäre Motivationssysteme“ beschreibt. Sie
sind „rudimentär“, weil ihnen die differenzierteren kognitiven Beurteilungsprozesse
fehlen, die ansonsten als typisch für die Motivationsgeschehen angenommen
werden (→ Motivation).
Aus der Sicht der Motivationspsychologie sind affektive Zustände eine wichtige
Voraussetzung für motiviertes, zielgerichtetes Handeln. Die für die aktuelle Motivationspsychologie
typische Analyseperspektive ist die Frage nach dem Wozu,
also die Suche nach angestrebten Zielzuständen, wobei angestrebte Zielzustände
durch die Antizipation von Anreizen markiert werden (→ Erwartung und Anreiz,
→ Implizite und explizite Motive, →Werte, → Intrinsische Motivation). Darüber
hinaus stehen affektive Zustände in engem Zusammenhang mit handlungsregulatorischen
Prozessen (→ Handlungskontrolltheorie, → Theorie der Persönlichkeits-
System-Interaktionen (PSI), → Theorie des regulatorischen Fokus, → Belohnungs-
und Bestrafungssensibilität).
14 Veronika Brandstätter & Jürgen H. Otto
Diese kurzen Ausführungen mögen an dieser Stelle genügen, um auf die enge
Verflechtung der Motivations- und Emotionspsychologie hinzuweisen. Insgesamt
ist zu wünschen, dass motivations- und emotionspsychologische Konzepte und
Theorien stärker als bisher mit einander in Beziehung gesetzt werden. Das vorliegende
Handbuch möge dazu beitragen, Verbindungspunkte zwischen Motivations-
und Emotionspsychologie noch deutlicher zu erkennen und daraus Anregungen
für integrative Forschungsfragen und interdisziplinäre Praxisprojekte zu
gewinnen.
2 Aufbau des Bandes und Auswahl der Themen
Der vorliegende Band gliedert sich in zwei Teile: Im ersten Teil wird der Inhaltsbereich
Motivation behandelt. Er wurde verantwortlich von Veronika Brandstätter
betreut und umfasst die fünf Themenfelder (a) Konzepte der Motivationspsychologie,
(b) Theorien der Motivationspsychologie, (c) Thematische Klassen motivierten
Verhaltens, (d) Psychobiologische Aspekte von Motivation und (e) Motivation
in angewandter Perspektive. Der zweite Teil befasst sich mit dem Inhaltsbereich
Emotion. Für ihn zeichnet Jürgen H. Otto verantwortlich. Der Emotionsteil umfasst
die sechs Themenfelder (a) Theoretische Ansätze, (b) Physiologische und
neurochemische Grundlagen, (c) Forschungsmethoden, (d) Struktur der Emotionen
und spezifische Emotionen, (e) Allgemeinpsychologische, differentielle und
sozial Aspekte sowie (f) Anwendungsbereiche. Die Herausgeberin und der Herausgeber
haben jeweils die Kapitel beider Teile gelesen und kommentiert.
Bei der Auswahl der Themen haben uns verschiedene Überlegungen geleitet: Es
ging uns einerseits darum, die große Vielfalt existierender Theorien und Forschungsansätze
in den beiden Bereichen zu dokumentieren, die nicht nur auf eine
lange Tradition zurückblicken, sondern gerade in jüngster Zeit sehr viel innovative
Forschung hervorgebracht haben. Entsprechend finden sich ebenso Kapitel zu bedeutsamen
klassischen Ansätzen, wie zu aktuellen theoretischen und methodischen
Entwicklungen der Motivations- und Emotionspsychologie. In beiden Bereichen
wurde besonderer Wert auf empirisch-experimentelle Untersuchungen gelegt.
Ein weiteres Kriterium für die Themenwahl war die Absicht, sowohl grundlagentheoretische
als auch anwendungsorientierte Ansätze zu präsentieren, da Motivations-
und Emotionspsychologie in exemplarischer Weise die Entwicklung von
Theorien und deren Anwendung auf Fragestellungen der Praxis mit einander verbinden.
Ein Beispiel sind theoretisch fundierte Motivationsförderprogramme, die
für verschiedenste Lebensbereiche (Schule, Sport, Gesundheit, Arbeitsplatz) existieren.
Ebenso spielen Emotionen gerade in der Klinischen und Gesundheitspsychologie,
aber auch in pädagogisch-psychologisch orientierten Interventionsansätzen
eine herausragende Rolle.
Motivation und Emotion: Eine Einführung 15
Fast eine Dekade nach dem Erscheinen des letzten deutschsprachigen Handbuches
der Emotionspsychologie (Otto, Euler & Mandl, 2000), wurde eine erneute Bestandsaufnahme
der oben genannten Themenfelder vorgenommen. Viele der Autoren
des Bandes von Otto, Euler und Mandl schrieben hierzu neue Beiträge. Bei den
Emotionstheorien treten die kognitionstheoretischen Ansätze hervor (→Attributionale
Ansätze, → Einschätzung, → Komponenten-Prozess-Modell – ein integratives
Emotionsmodell), die sich motivationstheoretischen Modellen nähern. Bei den Methoden
kommen die → bildgebenden Verfahren hinzu. Als weiterführende, neue
Aspekte wurden die → Emotionale Intelligenz und Emotionale Kompetenz, die →
Emotionsregulation und → Geschlechtsunterschiede in Emotionen behandelt.
3 Danksagung
Dieser Band ist im engagierten Zusammenwirken vieler Personen entstanden. An
erster Stelle sei allen Autorinnen und Autoren herzlich gedankt, die durch ihren
Handbuchbeitrag bzw. ihre Handbuchbeiträge einen lebendigen Einblick in ihr
Arbeitsfeld und ihre Forschung gegeben haben und damit dokumentieren, dass
die Motivations- und Emotionspsychologie aktive Felder der psychologischen
Theoriebildung und Praxis sind. Die Autoren und Autorinnen sahen sich der Herausforderung
gegenüber, weit verzweigte Forschungsgebiete in prägnanter Weise
darzustellen. Die vom Verlag zur Verfügung gestellten Richtlinien zur Manuskriptgestaltung
(z. B. im Hinblick auf Umfang der Kapitel und die Verwendung didaktischer
Elemente) haben wesentlich dazu beigetragen, die Texte leserfreundlich zu
gestalten.
Danken möchten wir auch insbesondere Frau Susanne Weidinger vom Hogrefe
Verlag für ihre kompetente und freundliche Unterstützung unserer Herausgebertätigkeit.
Für ihre Mitarbeit sei auch Prisca Greiner, Sonja Faè, Barbara Moser,
Martin Pletscher und Carmen Roos von der Universität Zürich gedankt, die in verschiedenen
Phasen des Handbuchprojekts wichtige redaktionelle Aufgaben übernommen
haben. Der Emotionsteil hätte ohne die kollegiale und großzügige
Unterstützung von Ernst-Dieter Lantermann und Martin Hänze an der Universität
Kassel und Heinz Holling an der Universität Münster sowie sporadischen Zuwendungen
der Agentur für Arbeit so nicht realisiert werden können.
Die Arbeit an diesem Handbuch wird überschattet vom Tode Friedrich Försterlings,
der noch für beide Teile des Handbuchs je ein Kapitel verfasst hat. Wir
möchten seiner an dieser Stelle mit tiefem Respekt gedenken. Mit ihm verliert die
Motivationsspychologie einen der herausragendsten Vertreter.
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