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Die dunklen Seiten der Jugendbewegung Vom Wandervogel zur Hitlerjugend  2., durchgesehene Auflage 2022 (1. Auflage 2013)
Die dunklen Seiten der Jugendbewegung
Vom Wandervogel zur Hitlerjugend


2., durchgesehene Auflage 2022 (1. Auflage 2013)

Christian Niemeyer

Gunter Narr Verlag Tübingen , UVK
EAN: 9783739832173 (ISBN: 3-7398-3217-7)
276 Seiten, paperback, 15 x 23cm, September, 2022

EUR 34,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Das Buch versucht erstmals seit fünfzig Jahren eine kritische Gesamtdarstellung der deutschen Jugendbewegung, bewusst nicht endend 1933, sondern 1945. Die zentralen Ergebnisse dieser detektivisch angelegten Arbeit werden mittels der provokanten Leitfrage nach einer Erziehung vor Auschwitz organisiert und sind aufrüttelnd, teils schockierend. Zerstört wird endgültig der Mythos, den NS-belastete Jugendbewegungsveteranen - wie die Historiker Günther Franz und Theodor Schieder - mittels williger Helfer über Jahrzehnte hinweg und wider besseres Wissen um den Wandervogel und das Meißnerfest vom Oktober 1913 verbreitet haben.

2. Auflage mit einem Vorwort von Micha Brumlik.

Christian Niemeyer ist Professor (i. R.) für Sozialpädagogik an der TU Dresden und Schriftleiter der "Zeitschrift für Sozialpädagogik" sowie Mitherausgeber der bei Beltz/Juventa erscheinenden Reihe "Bildung nach Auschwitz." Bekannt wurde Niemeyer vor allem als Nietzsche-Forscher (u. a. Nietzsche-Lexikon 2009; 2. Aufl. 2011, auch in spanischer und brasilianischer Übersetzung).
Rezension
Dieses zuerst 2013 erschienene Buch wurde für die zweite Aufl. 2022 durchgesehen und mit einem Vorwort von 2. Auflage mit einem Vorwort von Micha Brumlik ergänzt, der meint, daß die deutsche Jugendbewegung, aus der nicht nur die Jugendkultur, sondern auch die Reformpädagogik hervorgegangen ist, schon lange keinen guten Ruf mehr hat. Der Dresdner Erziehungswissenschaftler Christian Niemeyer hat mit diesem Buch die Geschichte der Jugendbewegung neu geschrieben. Der Autor weist nach, wie in bisherigen Darstellungen die NSDAP-Mitgliedschaft etlicher Wortführer unterschlagen wurde, die nach dem Krieg dann Karrieren als "Pädagogen und Professoren, Publizisten und Politiker" machten. Der Autor hat sorgfältig nachgewiesen, dass die (deutsche) Jugendbewegung mit all ihren Widersprüchen auch in die Geschichte des Antisemitismus gehört: Ein Umstand, der noch immer nicht die ihm gebührende Aufmerksamkeit gefunden hat. - Aber: es gab nicht nur eine völkische Jugendbwegung, auch eine sozialistische, jüdische und anarchistische.

Oliver Neumann, lehrerbibliothek.de
Inhaltsverzeichnis
Micha Brumlik
Vorwort zur zweiten Auflage 9

Einleitung
Warum man der DFG dankbar sein sollte 13

1. Kapitel Die Jugendbewegung: Ihre Mythen, ihre Historiographen – und die ersten bitteren Wahrheiten 18

2. Kapitel
Die Kindt-Edition – ihre Ursprungsgeschichte, ihre Intention und die zentralen Akteure hinter
den Kulissen 23

1. Walter Laqueur und Harry Pross – ein Nestbeschmutzer wird ignoriert und ein anderer bekämpft 26
2. Theodor Wilhelm – ein Vorzeigepädagoge im Kampf mit seinem Schatten Friedrich Oetinger 33
3. Theodor Schieder und Günther Franz – zwei Historiker mit brauner Weste im Kontext der Kindt-Edition 36
4. Werner Kindt – ein Dr. h. c. und seine ehrenrührigen Umtriebe 42
5. Just zum Gruseln: Die Artamanenbewegung und einige ihrer Führungsfiguren in der Kindt-Edition 56

3. Kapitel
Warum einen schon der flüchtige Blick auf die Anfänge des Wandervogel ins Trudeln bringen kann 68

1. Hermann Hoffmann[-Fölkersamb] – nur ein harmloser Stenograph auf den Spuren Goethes? 69
2. Hans Blüher – ein Hans Dampf in allen (auch völkischen und antisemitischen) Gassen 70
3. Karl Fischer – der Oberbachant mit dem Ehrensold der Hitlerjugend und sein ‚Großbachant‘ Heinrich Sohnrey mit dem Adlerschild Hitlers 74
4. Ludwig Gurlitt – ein Oberlehrer mit dem Hang zu „hochgebauten, goldblonden, blitzäugigen Germanen“ (à la Wilhelm Schwaner) 79
5. Hans Breuer – ein schwer rückwärtsgewandter ‚Zupfgeigenhansl‘ als Idol des Mainstream 82
6. Fidus – ein Ikonograph vom Typ Filou 86

4. Kapitel
Über die angeblichen Ziehväter der Jugendbewegung 90

1. Friedrich Nietzsche: Ein Prophet ohne Jünger? Oder: Warum dieser Gottesleugner an allem schuld sein mag – nicht aber an der Jugendbewegung 91
2. Julius Langbehn und seine Freunde Heinrich Pudor & Max Bewer. Oder: Warum man bei Fällen wie diesen besser erst die Psychiatrie und dann die Jugendbewegungshistoriographie rufen sollte 103
3. Paul de Lagarde: Ein „Vorläufer des Nationalsozialismus“, der schließlich doch noch seine Rekruten fand 111

5. Kapitel
Ein Kessel Braunes? Über einige ausgewählte Ideologeme auch schon des Steglitzer Wandervogel 123

1. Über den Antislawismus. Oder: Warum sich Herr Luntowski eines Morgens seines Namens schämte 124
2. Über den Antiurbanismus. Oder: Warum nicht überall, wo Eden draufsteht, auch das Paradies drin ist 134
3. Über den Antiintellektualismus. Oder: Warum Dr. Langbehn nicht einfach nur dumm war 139
Intermezzo: Der Fall Hjalmar Kutzleb im Kontext 143
Schlussakkord: Antiintellektualismus nach 1933 146
4. Über den Antisemitismus. Oder: Warum selbst Paul Natorp kaum etwas mitbekam vom Fisch, der längst schon vom Kopf her stank 147
5. Über Nationalismus, Irredentismus und Bellizismus. Oder: Warum man Langemarck als Urkatastrophe dem 19. Jahrhundert in Rechnung stellen darf 164

6. Kapitel
Meißnerfest und Meißnerformel: Leuchttürme, auf Sand gebaut. Oder: Warum und wie man einen Mythos kreiert und am Leben hält 179

7. Kapitel
Vom Wandervogel zur Hitlerjugend – ein falsch gestelltes Thema? 196

Epilog 210

Abkürzungsverzeichnis 214
Anmerkungen 216
Literatur 237
Personenregister 270