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Weimar im Westen Republik der Gegensätze
Weimar im Westen
Republik der Gegensätze




Regina Goeschl, Julia Paulus (Hrsg.)

Aschendorff
EAN: 9783402133538 (ISBN: 3-402-13353-9)
207 Seiten, kartoniert, 16 x 23cm, Januar, 2019

EUR 16,90
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit. Das war bereits den Bürgerinnen und Bürgern der ersten deutschen Republik bewusst. Zwar genossen während der Weimarer Republik von 1918 bis 1933 erstmals alle Deutschen demokratische Rechte und Freiheiten. Gleichzeitig wurden vielen in dieser Zeit die Zerbrechlichkeit und die Gefahren der Demokratie bewusst. Kurz gesagt war die Weimarer Republik eine Republik der Gegensätze: So gingen politische Aufbrüche und soziale Fortschritte einher mit sozialen Konflikten und extremer Gewalt.

Diese Publikation, die aus der gleichnamigen Wanderausstellung "Weimar im Westen. Republik der Gegensätze" der Landschaftsverbände Westfalen-Lippe (LWL) und Rheinland (LVR) hervorgegangen ist, spürt diesen Widersprüchen und Ungleichzeitigkeiten am Beispiel der beiden ehemaligen preußischen Provinzen nach. Auf der Ebene der Regionen und des Lokalen werden Probleme und Erfolge der ersten deutschen Demokratie wie unter einem Brennglas sichtbar. Auf der einen Seite findet man in der ‚Provinz‘ Spuren von Aufbrüchen in die Moderne, die insbesondere in der Architektur und Stadtplanung aber auch in sozialen Reformprojekten oder im Wandel von Lebensstilen sichtbar werden. Auf der anderen Seite finden sich auch hier bereits Formen der nationalistischen Abschottung und der Ausgrenzung von Andersdenkenden sowie von Gewalt als Bestandteil der politischen Kultur. Und nicht zuletzt bestimmte der ökonomische Mangel den Alltag vieler Menschen im Rheinland und in Westfalen.
Rezension
„Rote Ruhr-Armee“, Ruhrkrise, rheinischer Separatismus, „Westfälische Provinzialheilanstalten“, „Westfälischer Heimatbund“, „Westdeutsche Rundfunk AG“, „Freie Volksbühne“, „Deutsche Jugendkraft“, „Verband jüdisch-neutraler Turn- und Sportvereine Westdeutschlands“, „Westfälischer Verkehrsverband“, „Ruhrpolen“, „Kölner Progressive“, „Warendorfer Suffragetten“, „Die Naturfreunde“ und „Durch das schöne Westfalen“ sind Begriffe, die man mit den 1920er-Jahren in den beiden größten Provinzen Preußens, Westfalen und Rheinland, in Verbindung bringt.
Wer sich über die Zeit der Weimarer Republik im Westen Deutschlands fundiert informieren möchte, der kann die vom 29.1. bis 21.11.2019 an verschiedenen Standorten Nordrhein-Westfalens zu sehende multimediale Wanderausstellung „Weimar im Westen“ der Landschaftsverbände Westfalen-Lippe (LWL) und Rheinland (LVR) besuchen oder den gleichnamigen Sammelband „Weimar im Westen. Republik der Gegensätze“, erschienen im Aschendorff Verlag, lesen. In dem von Regina Göschl und Julia Paulus herausgegebenen Buch zeigen Historiker_innen fokussiert auf, wie sich die Antinomien zwischen traditionalistischen, reaktionären, nationalistischen, antidemokratischen und modernen, fortschrittlichen, kosmopolitischen, demokratischen Kräften in Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur im Zeitraum von 1919 und 1933 in Westfalen und im Rheinland widerspiegelten. Besondere Erwähnung verdient, dass in den Aufsätzen auch der Umgang mit und die Sichtweise auf Minderheiten sowie die Alteritätserfahrungen und der Rassismus in Westfalen und im Rheinland thematisiert werden. Die Buchbeiträge stammen von Autor_innen, die überwiegend am LWL-Institut für westfälische Regionalgeschichte tätig sind. Mehrere von ihnen haben schon bei dem monumentalen Band „Westfalen in der Moderne 1815-2015. Geschichte einer Region“ (Münster: Aschendorff 2015) mitgearbeitet.
Ihnen gelingt es hervorragend, durch ihren problemorientierten Zugriff auf die Themenfelder, ihre gekonnt gestalteten Texte mit einem ikonischen Bild als Einstieg, sehr gut recherchierten Details, ausgewählten prägnanten Originalzitaten und einer differenzierten historischen Urteilsbildung die ambivalenten Entwicklungen und Leistungen der Weimarer Republik auch im Westen wie unter einem „Brennglas“ zu zeigen. Die Differenzen und Spannungen zwischen den die Zeit prägenden gesellschaftlichen Entwürfen, nämlich zwischen kommunistischen, sozialdemokratischen, liberalen, katholischen, evangelischen und „völkischen“, werden von den Historiker_innen anhand von divergierenden Entwicklungsprozessen in den Provinzen klar nachgewiesen. Westfalen und Rheinland waren wie die Weimarer Republik ein Experimentierfeld, ein Laboratorium der Moderne. Bei der kaleidoskopartigen Beleuchtung der politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Transformationsprozesse in der Weimarer Republik hätten ebenfalls die Gegensätze im westfälisch bzw. rheinischen Schul- und Hochschulwesen oder auch in der regionalen Literatur Berücksichtigung finden können.
Fazit: Mit dem Buch „Weimar im Westen. Republik der Gegensätze“ liegt ein würdiger Beitrag zur NRW-Veranstaltungsreihe „100 jahre bauhaus im westen. Gestaltung und Demokratie im Rheinland und in Westfalen“ und zum kulturellen Gedächtnis dieser Regionen vor, der zugleich an die Fragilität der ersten deutschen Demokratie erinnert. Das Werk verdient gelesen zu werden von allen Freund_innen westfälischer und rheinischer Landesgeschichte. Geschichtslehrkräfte aus NRW werden zudem durch den Sammelband eingeladen, sich im Fachunterricht oder in einem fächerübergreifenden Projekt mit den historischen Entwicklung Westfalens und des Rheinlands von 1919 bis 1933 problemorientiert auseinander zu setzen.

Dr. Marcel Remme, für lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit. Das war bereits den Bürgerinnen und Bürgern der ersten deutschen Republik bewusst. Zwar genossen während der Weimarer Republik von 1918 bis 1933 erstmals alle Deutschen demokratische Rechte und Freiheiten. Gleichzeitig wurden vielen in dieser Zeit die Zerbrechlichkeit und die Gefahren der Demokratie bewusst. Kurz gesagt war die Weimarer Republik eine Republik der Gegensätze: So gingen politische Aufbrüche und soziale Fortschritte einher mit sozialen Konflikten und extremer Gewalt.

Diese Publikation, die aus der gleichnamigen Wanderausstellung "Weimar im Westen. Republik der Gegensätze" der Landschaftsverbände Westfalen-Lippe (LWL) und Rheinland (LVR) hervorgegangen ist, spürt diesen Widersprüchen und Ungleichzeitigkeiten am Beispiel der beiden ehemaligen preußischen Provinzen nach. Auf der Ebene der Regionen und des Lokalen werden Probleme und Erfolge der ersten deutschen Demokratie wie unter einem Brennglas sichtbar. Auf der einen Seite findet man in der ‚Provinz‘ Spuren von Aufbrüchen in die Moderne, die insbesondere in der Architektur und Stadtplanung aber auch in sozialen Reformprojekten oder im Wandel von Lebensstilen sichtbar werden. Auf der anderen Seite finden sich auch hier bereits Formen der nationalistischen Abschottung und der Ausgrenzung von Andersdenkenden sowie von Gewalt als Bestandteil der politischen Kultur. Und nicht zuletzt bestimmte der ökonomische Mangel den Alltag vieler Menschen im Rheinland und in Westfalen.



Die Wanderausstellung präsentiert sich einem breiten Publikum in vier begehbaren Würfeln mit einem vielfältigen multimedialen Angebot. Bislang unbekannte Fotos und Filme stehen im Mittelpunkt der Schau, die erstmals einen umfassenden Blick auf „Weimar im Westen“ eröffnet. Ergänzt wird diese regionale Perspektive durch eine umfangreiche Einführung in die allgemeine Geschichte Deutschlands zwischen Kaiserreich und Nationalsozialismus mit ihren vielfachen Bezügen zu Rheinland und Westfalen-Lippe.

Eröffnet wird die Ausstellung zum 100. Jahrestag der Weimarer Nationalversammlung im Januar 2019 im Düsseldorfer Landtag. Anschließend ist sie bis Ende 2019 an sieben Orten im Rheinland und in Westfalen-Lippe zu sehen. Darüber hinaus steht den Besuchern ein umfangreiches Begleitprogramm mit Online-Angeboten, Filmen und Veranstaltungen, Materialien für Schulen, Studierende und historisch Interessierte zur Verfügung. Erarbeitet werden Ausstellung und Begleitprogramm vom LWL-Institut für westfälische Regionalgeschichte in Kooperation mit dem LWL-Medienzentrum für Westfalen und dem LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte.


Die Stationen der Wanderausstellung

19.01. bis 07.02.2019: Landtag NRW (Platz des Landtags 1, 40221 Düsseldorf)

17.02. bis 27.03.2019: Geschichtsmuseum der Stadt Lüdenscheid (Sauerfelder Straße 14, 58511 Lüdenscheid)

01.04. bis 16.05.2019: LVR-Landeshaus (Kennedy-Ufer 2, 50679 Köln)

19.05. bis 23.06.2019: Museum für Kunst und Kulturgeschichte Dortmund (Hansastraße 3, 44137 Dortmund)

27.06. bis 27.07.2019: Stadtarchiv und Landesgeschichtliche Bibliothek Bielefeld (Neumarkt 1, 33602 Bielefeld)

01.08. bis 16.09.2019: NS-Dokumentation Vogelsang (Vogelsang 70, 53937 Schleiden)

21.09. bis 26.10.2019: Mindener Museum (Ritterstraße 23, 32423 Minden)

05.11. bis 21.11.2019: LWL-Landeshaus (Freiherr-vom-Stein-Platz 1, 48133 Münster)
Inhaltsverzeichnis
Grußworte 7
Einleitung 11

Gewalt und Sicherheit 15
Die „lange Revolution“ und ihre „vielen“ Revolutionäre: Arbeiter-, Bauern- und Soldatenräte in Westfalen 1918/19 (Wilfried Reininghaus) 16
Demokratische Aufbrüche: Politik und Partizipation in der Weimarer Republik (Rainer Pöppinghege) 25
„Berlin ist nicht Deutschland“ – Separatismus im besetzten Rheinland (Maike Schmidt) 35
Arbeit und Unternehmen zwischen Konflikt und Konsens (Matthias Frese) 44
Der Weimarer Wohlfahrtsstaat „vor Ort“: Das Beispiel Psychiatrie (Franz-Werner Kersting) 52
Völkische Bewegungen (Marcus Weidner) 61

Gesellschaft und Gemeinschaft 71
Medien und Massenkultur (Georg Mölich) 72
„Von der Wiege bis zur Bahre“ – Gesellschaftliche Vielfalt in Westfalen und im Rheinland (Regina Göschl) 79
Fremdheitserfahrungen und Rassismus im Westen (Jens Gründler) 87
Staatliche Ertüchtigung, Emanzipation, Massenvergnügen – Sport in der Weimarer Republik (Helmut Rönz) 95
Frühformen des Massentourismus: Westfalen, Lippe und das Rheinland als Reiseregionen während der Weimarer Republik (Matthias Frese) 103

Avantgarde und Tradition 115
Kunst und Kultur im Westen – Moderne in der „Provinz“ (Georg Mölich) 116
Geschlechter(um)ordnung überall? (Julia Paulus) 121
Das andere Leben – Reformbewegungen im Westen (Malte Thießen) 129
Die Heimatbewegung (Karl Ditt) 137

Stadt und Land 147
„Westfälische Bauernarbeit umrahmt sie alle“ – Die Harmonisierung von Stadt und Land im Film „Durch das schöne Westfalen“ (Markus Köster) 148
Die „Entdeckung“ des Ruhrgebiets in den 1920er Jahren (Thomas Küster) 158
Kleingewerbe, Handwerk und Mittelstand zwischen Selbstbehauptung und Partizipation (Helmut Rönz) 167
Landwirtschaft in der Weimarer Republik: schleichende Revolution in traditionellem Milieu (Klaus Schultze) 174
Fremd-Sein: Zwischen Ressentiment und Faszination – Das „Zigeuner“-Bild im filmischen Landschaftsporträt „Durch das schöne Westfalen“ von 1929 (Timo Nahler) 181
Autor_innenverzeichnis 191
Abbildungsverzeichnis 193
Literaturverzeichnis 197