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Was Räume mit uns machen - und wir mit ihnen Kritische Phänomenologie des Raumes 2. Auflage
Was Räume mit uns machen - und wir mit ihnen
Kritische Phänomenologie des Raumes


2. Auflage

Juergen Hasse

Verlag Karl Alber
EAN: 9783495486382 (ISBN: 3-495-48638-0)
440 Seiten, hardcover, 15 x 22cm, Januar, 2015

EUR 29,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
"Die Differenz zwischen den physischen, sozialen und ökonomischen Räumen der Stadt wird an den Grenzverläufen sichtbar und spürbar."



"Was wir in der Moderne unter Geschmack verstehen, ist Resultat einer zivilisationshistorischen Einstellung der Sinnlichkeit nach subkulturellen Standards."



"Das Erleben räumlicher Umgebungen vollzieht sich im Medium emotionaler Teilhabe."

Jürgen Hasse
Rezension
Wie stellen Atmosphären und Stimmungen soziale Beziehungen her? Wodurch unterscheidet sich der mathematische Raum vom erlebten Raum? Was sind Denkräume? Bedarf unsere Esskultur einer ästhetischen Kritik? Benötigen wir eine Ethik des Essens? Spielen Synästhesien in der Architektur eine Rolle? Ist die Stadt ein „Gefühlsraum“(Hermann Schmitz)? Wie übt man das Wohnen? Worin besteht die Eigenart von Industrie-Brachen? Welche Atmosphären besitzen heilige Räume und Bestattungsorte? Ist Weihnachtsbeleuchtung ein kulturindustrielles Produkt? Wie werden Landschaften als Erlebnisräume konstituiert bzw. konstruiert?
Diesen Fragen der Raumphilosophie geht Jürgen Hasse (*1949) in seinem Buch „Was Räume mit uns machen – und wir mit ihnen“(2. Auflage 2015) nach. Das im Verlag Karl Alber publizierte Werk enthält überwiegend seine in Sammelbänden und Zeitschriften zwischen 2006 und 2013 veröffentlichten Aufsätze, die sich einem breiten Spektrum von Disziplinen zuordnen lassen: Humangeographie, Naturphilosophie, Ontologie, Ästhetik und Architekturtheorie. Der mittlerweile emeritierte Professor für Humangeographie an der Johann Wolfgang Goethe-Universität (Frankfurt/Main) leistet mit seinem Buch einen wichtigen Beitrag zum Verständnis des Raumerleben.
Bei seiner tiefschürfenden Ausleuchtung von Mensch-Raum-Beziehungen rezipiert Hasse produktiv insbesondere das „System der Philosophie“ von Hermann Schmitz, dem Begründer der Neuen Phänomenologie. Außerdem rekurriert der Geograph, der auch Vorstandsmitglied der Gesellschaft für Neuere Phänomenologie e.V. (GNP) ist, bei seinen raumphilosophischen Reflexionen u.a. auf Martin Heideggers Wissenschaftskritik, Helmuth Plessners „Anthropologie der Sinne“, Erwin Straus` phänomenologischer Psychologie und Otto Friedrich Bollnows hermeneutischer Philosophie. Aufgrund der Verknüpfung von Phänomenologie mit „kulturkritischen Theorien zur Vergesellschaftung des Menschen“(S. 16) spricht Hasse in seinen Schriften von kritischer Phänomenologie.
Seine im Buch dargelegten Erkenntnisse unterstreichen die Fruchtbarkeit eines phänomenologischen Philosophierens. Lehrkräfte der Fächer Philosophie, Ethik und Geographie erhalten durch Hasses Beiträge sehr gute Anregungen, um in ihrem Fachunterricht oder in einem fächerübergreifenden Projekt, ausgewählte Räume der Lebenswelt und grundlegende raumphilosophische Fragen zu thematisieren.
Fazit: Jürgen Hasse ist mit seinem Band „Was Räume mit uns machen – und wir mit ihnen“ ein Standardwerk einer phänomenologisch orientierten Raumphilosophie gelungen, das neue Denkräume eröffnet.

Dr. Marcel Remme, für lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Räume gibt es nicht nur im topographischen, kulturellen, ökonomischen und politischen, sondern auch im leiblichen Sinne. Atmosphärisch entfalten sie spürbare Macht über die Gefühle der Menschen; in sakralen Milieus anders als auf den kulturindustriellen Bühnen subversiver Manipulation. In den Mittelpunkt des Bandes rückt nicht der Raum der Geographen und Landvermesser, in dem die Dinge relational geordnet sind, sondern der mit Vitalqualitäten besetzte leibliche Raum. In einem Gefühlsspektrum, das sich situativ zwischen Weite und Enge differenziert, werden Umgebungen als einladend und entspannend oder als abweisend und beengend erlebt. Über die Brücken »leiblicher Kommunikation« werden solche Milieus als »umwölkende« Herumwirklichkeiten spürbar. Thema des Buches sind nicht umweltliche Konstellationen, sondern mitweltliche Situationen, die in einem »Akkord« der sinnlichen Wahrnehmung ganzheitlich erfasst werden. An Beispielen wird sich zeigen, dass die phänomenologische Sicht auf den leiblichen Raum kritische Erklärungsansätze für die Sozialwissenschaften anzubieten hat. Auf einer interdisziplinären Schnittstelle kommen nicht nur die Adressaten und Betroffenen atmosphärisch gestimmter Räume in den Blick, sondern - wo diese nach gesellschaftlichen Interessen hergestellt worden sind - auch die planenden Akteure suggestiver Inszenierungen. Der Band setzt sich in 20 Beiträgen mit dem Verhältnis von Raum und Gefühl auseinander. Im Fokus stehen Situationen der Vergesellschaftung des Menschen. Sie schlagen Brücken von der (Neuen) Phänomenologie zu Sozialwissenschaften, Stadtforschung, Architekturtheorie und anderen Disziplinen.

Jürgen Hasse, Dr. rer. nat. habil., geb. 1949, war von 1993 bis 2015 Professor am Institut für Humangeographie der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main; Forschungsschwerpunkte: Räumliche Vergesellschaftung des Menschen, Raum- und Umweltwahrnehmung, phänomenologische Stadtforschung, Mensch-Natur-Verhältnisse, Ästhetik; Autor zahlreicher kulturwissenschaftlicher Bücher.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung 11

1. Räume menschlichen Lebens. Zur Ontologie von Raum und Räumlichkeit zwischen Natur und Kultur 21
1.1. Der mathematische Raum 22
1.2. Der symbolische Raum 24
1.3. Der soziale Raum 28
1.4. Der leibliche Raum 31
1.5. Der Situationsraum 35
1.6. Denkräume 39

2. Die Stadt als Raum der »Patheure« 43
2.1. Die konstruktivistische Reduktion des Raums 43
2.2. Stadt der Patheure 45
2.3. Mythische Räume 46
2.4. Wissenschaft und Mythos 47

3. Leibliche Kommunikation und Architektur
Zur Bedeutung synästhetischer Wahrnehmung 49
3.1. Leibliche Kommunikation 49
3.1.1 »Klingende Profile« und »gläserne Schiffe« 52
3.1.2 Zur Geringschätzung synästhetischen Wahrnehmens 54
3.2. Synästhesien in der Phänomenologie 57
3.2.1 Synästhetische Charaktere in der
Neuen Phänomenologie 59
3.3. Synästhetische Charaktere in der Architektur 63
3.3.1 Justizpalast von Boullee (um 1780) 66
3.3.2 »Fallingwater« von Frank Lloyd_Wright (1935-1939) 68
3.4. Die Bauformen 69
3.5. Die Baustoffe und ihre Materialität 72

4. Ernährung - eine Dimension sinnlicher Erfahrung.
Eine ästhetische Kritik der Kultur des Essens und Trinkens 78
4.1. »Ernährung« versus essen und trinken 79
4.2. Die Atmosphären des Essens 82
4.3. Der eine und der andere Geschmack 84
4.4. Die symbolische Codierung der sinnlichen Dimension von Lebensmitteln 87
4.5. Die sinnliche Transformation des Essens 92

5. Nähe- und Ferneverhältnisse im Essen
Das Beispiel der Garnele 96
5.1. Essen - ein Thema der Wirtschaftsgeographie? 96
5.2. Ethische Implikationen des Essens 97
5.3. Rudimente zur Biologie der Garnele 100
5.4. Fischerei, Zucht und Verarbeitung 102
5.5. Die Garnele als Nahrungsmittel 108
5.6. Der ästhetizistische Rahmen des Ethischen 109
5.7. Das ethisch und ästhetisch gespaltene Verhältnis zum gegessenen Tier 112
5.8. Umriss einer holistischen Ethik des Essens und der Natur 115

6. Stadt als diffuser Begriff. Zur Erhellung und Verschattung des Wirklichen durch kontingente Begriffe 120
6.1. Der Begriff der Stadt als unscharfe Bezeichnung 123
6.2. Die Rolle von Welt- und Menschenbildern 124
6.3. Begriff und Metapher 127
6.4. Zur Ontologie der Stadt 128
6.5. Die Stadt als Gegenstand der Phänomenologie 129
6.6. Grenzen der Rationalität 130
6.7. Zum Verhältnis von Rationalität und Irrationalität in der Wissenschaft 132
6.8. Die Stadt ist ein situativer Raum 135
6.9. Zum Beispiel: Der Slum als Situation der Megapolis 138

7. Stadtraum im Gleichgewicht.
Das eine und das andere (Be-) Denken der: Stadt 142
7.1. Gleichgewichte und Ungleichgewichte in stadträumlichen Entwicklungen 143
7.2. Stadtforschung im (Un-) Gleichgewicht 145
7.3. Wissen - Kommunikation - Denken 146
7.4. In der Provinz wissenschaftlicher Diskurse 149

8. Zum Situationscharakter des Wohnens.
Kann man »Wohnen« üben? 151
8.1. Wohnen - eine Orientierung 152
8.2. Die Wohnung als Hort von Situationen 153
8.3. Die Lagerung persönlicher in gemeinsamen Situationen 155
8.3.1 Wohnen im Kloster 155
8.3.2 Wohnen in der Seemannsmission 157
8.4. Zur Bedeutung der Dinge 160
8.5. Das Wohnen üben 161

9. »Ein apfelgrüner 2CV.«
Über die Schwierigkeiten, einen Ort zu beschreiben 166
9.1. Einstimmende Zusammenfassung 166
9.2 Der Raum eines Platzes 168
9.3 Versuch einen Platz zu erfassen - ein Selbstversuch? 170

10. Stadt und Gefühl.
Zur postmodernen Ästhetisierung der Städte 174
10.1. Der postmoderne Glanz der Städte 175
10.2. Zum Verstehen ästhetischen Raumerlebens 179
10.2.1 Der »gelebte Raum« 181
10.2.2 Der atmosphärische Raum 185
10.2.3 Rationalität und Irrationalität im Stadtleben 189
10.3. Städtische Illumination - sentimentales Licht 192
10.4. Gärten: Emotionale Grünräume 193
10.5. Architektur und Mythos 194
10.6. Wissenschaftspsychologische Konsequenzen 197

11. Atmosphären der Stadt. Die Stadt als Gefühlsraum 202
· 11.1. Atmosphären im Allgemeinen 203
11.2. Das übergehen (und die Wiederaneignung) der Gefühle 211
11.3. Atmosphären als Gegenstände der Konstruktion 213
11.4. Zum Verhältnis von Atmosphären und Stimmungen 214
11.5. Zur sinnlichen Erlebbarkeit von Atmosphären 216
11.6. Zusammenfassung 224

12. Atmosphären und Stimmungen.
Gefühle als Medien der Kommunikation 227
12.1. Zur Ontologie von Atmosphären und Stimmungen 228
12.2. Atmosphären als Stimmungsmedien 233
12.3. Gärten als konstruierte Gefühlsräume und atmosphärische Stimmungsmedien 238
12.4. Die postmoderne Stadt im schönen Schein 244

13. Zur kommunikativen Macht von Atmosphären.
Zur Bedeutung von Atmosphären im Regieren der Stadt 249
13.1. Was sind Atmosphären? 250
13.2. Atmosphären und Stimmungen 254
13.3. Atmosphären sind Medien der Kommunikation 257
13.4. Atmosphären entfalten Macht 259
13.5. Atmosphären verstehen - im Regieren der Stadt wie des
eigenen Selbst 260

14. Die Brache. Eigenart und Atmosphäre 266
14.1. Eigenart von (Industrie-) Brachen 266
14.2. Atmosphäre der Verlassenheit 271
14.3. Die Brache in der Stadt 273

15. Atmosphären des Lichts - immersive Medien des Urbanen.
Künstliches Licht zwischen kulturindustrieller Sedierung und
einer Kritik der Stadt 276
15.1. Atmosphären des Lichts und Urbanität 277
15.2. Diskurse über Licht und seine atmosphärische Wirkung 281
15.3. Zur Ontologie von Atmosphären des Lichts 283
15.4. Die Illumination des Profanen:
das Parkhaus als exzentrischer Ort 287
15.5. Weihnachtsbeleuchtung 290
15.6. Licht-Kunst im öffentlichen Raum 292

16. Atmosphären im heiligen Raum.
Zur Autorität von Gefühlen im heterotopen Raum 297
16.1. Kirchen als heterotope Bauten 297
16.2. Der sakrale Raum als sinnlich-ästhetischer Raum 299
16.3. Zum Zusammenhang von Atmosphäre und Bewegung 300
16.4. Macht durch Einfluss 302
16.5. Die Macht numinoser Atmosphären 304
16.6. Atmosphärologische Medien 305
16.7. Raum der Besinnung 308

17. Die Küste als gelebter Raum und die Sprache der Wissenschaft.
Formen ästhetischer Anschauung an den Rändern
der Wissenscha 309
17.1. Die eine und die andere Küste 309
17.2. Küste und Meer - in der Sprache der Naturwissenschaften 314
17.3. Küste und Meer -Atmosphären ästhetischen Erlebens 315
17.3.1 Der Malstrom (Edgar Allan Poe) 316
17.3.2 Das Meer (Jules Michelet) 320
17.4. über die mögliche Bedeutung von Gefühlen im wissenschaftlichen Denken 328

18. Landschaft. Zur Konstruktion und Konstitution
von Erlebnisräumen 335
18.1. Die naturwissenschaftliche Landschaft 336
18.2. Landschaft - zwischen Realität und Wirklichkeit 337
18.3. Landschaft - phänomenologische Annotierungen 339
18.4. Erlebnislandschaften - imaginiert und inszeniert 341
18.4.1 Die poetisch beschriebene (Stadt-) Landschaft 342
18.4.2 Die qua Architektur eingeräumte Landschaft 344
18.4.2.1 Casa Mar Azul (Argentinien) 345
18.4.2.2 Villa M 2 (Malmö) 348
18.4.2.3 Restaurant Tusen (Ramundberget)
18.4.2.4 Gipfelplattform »Top of Tyrol« 350
(Stubaier Gletscher) 352
18.4.2.5 Elbphilharmonie (Hamburg) 353
19. Bestattungsorte. Zur Atmosphäre sepulkralkultureller Räume
der Gegenwart 356
19.1 Sepulkralkulturelle Räume im Allgemeinen 358
19.1.l Zum Begriff der (sepulkralkulturellen) Atmosphäre 358
19.1.2 Atmosphären als mythische Vermittler 359
19.2 Sepulkralkulturelle Orte und ihre Atmosphären 362
19.2.1 Heterotope Räume und ihre Atmosphären 362
19.2.1.1 Der Friedhof 363
19.2.1.2 Das Einzelgrab - Ort des Begräbnisses 365

19.2.1.3
Feuerbestattung- Kolumbarien und
Urnengräber 368
19.2.1.4 Mausoleen 372
19.2.1.5 Gemeinschaftsfelder 375
19.2.1.6 Gedenkorte 377
19.2.2 Extra-heterotope Räume und ihre Atmosphären 378
19.2.2.1 Friedwälder 378
19.2.2.2 Seebestattung 382
19.2.2.3 Luftbestattung 384
19.2.2.4 Andere Urnen- und Ascheverortungen 385
19.3 Verortungen des Todes 387
20. Zur Atmosphäre einer imaginären Landschaft.
Die »Toteninsel« von Arnold Böcklin 389
20.1 Atmosphäre und Aura 389
20.2 Die Toteninsel 393
20.3 Die Eindrucksmacht des Numinosen 397
20.4 Landschaft als Konstruktion? 399
20.5 Das konstitutive Moment im Erleben von Landschaften 400
20.6 Die Toteninsel - eine denkwürdige Landschaft 401
Literaturverzeichnis 405
Nachweise 426
Abbildungsnachweise 428
Sachregister 429