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Warten auf Anya
Michael Morpurgo
Carlsen
EAN: 9783551581464 (ISBN: 3-551-58146-0)
176 Seiten, hardcover, 15 x 21cm, Juli, 2009
EUR 12,90 alle Angaben ohne Gewähr
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Umschlagtext
Der zwölfjährige Jo verbringt seine Zeit am liebsten beim Schafehüten in den Bergen. Seit sein Vater im Krieg ist, kümmert er sich allein mit seiner Mutter um Haus und Hof. Eines Tages trifft er draußen auf einen Fremden, der ihm sein Geheimnis offenbart - und Jo um Hilfe bittet. Von nun an ist in Jos Leben nichts mehr wie zuvor.
»Der beste Morpurgo aller Zeiten.« Observer
Rezension
Eine idyllische Szene: Der zwölfjährige Jo hütet auf den Dorfwiesen die Schafe und schläft dabei ein. Doch diese friedliche Situation wird jäh unterbrochen, als ein Bär die Herde bedroht. Der Bär wird von den Dorfbewohnern erlegt, doch Jo kann die Freude darüber nicht teilen. Auf der Suche nach seinem Hirtenhund findet er das verlassene Bärenjunge und einen geheimnisvollen Fremden, der das Bärenkind versorgen wird. Doch das muss ein Geheimnis bleiben, und bald versteht Jo auch warum: Die Dorfbewohner würden nicht nur das Tier töten, auch der Fremde, Benjamin, ist in großer Gefahr. Er ist Jude und muss sich vor den deutschen Besatzern verstecken. Leicht könnte er über die spanische Grenze fliehen, doch er wartet auf Anya, seine Tochter, von der er auf der Flucht getrennt wurde und mit der er als Treffpunkt den abgelegenen Hof seiner Schwiegermutter, Anyas Großmutter, verabredet hat. Der Hof ist ein Glied in einer Kette von Fluchtstationen, und während seines Wartens treffen immer wieder jüdische Kinder ein, die Benjamin über die Grenze bringt. Auch die kleine Léah aus Polen will er retten, doch da wird das Dorf besetzt und die Bergpfade ständig bewacht. Immer mehr Kinder treffen ein und schließlich sind es zwölf, die man kaum noch verstecken und ernähren kann. Um eine solch große Gruppe über die Grenze zu schmuggeln braucht man einen besonderen Plan...
Noch ein Buch über den Holocaust - macht das heute noch Sinn? Ja, denn dieses Buch ist etwas Besonderes. Schon die Eingangsszene zeigt, wie schnell vermeintliche Sicherheit in Gefahr umschlagen kann; das wiederholt sich als ein Grundthema. Kaum haben sich die Menschen auf eine schwierige Situation eingestellt, schon entsteht ein neues Problem und muss gelöst werden. Die vermeintliche Idylle ist bedroht. Jo muss schweigen und darf selbst seine Familie nicht einweihen; er muss sich sogar von seinem gebrochen aus der Kriegsgefangenschaft zurückgekehrten Vater als Kollaborateur beschimpfen lassen. Nach diesem jahrelangen Schweigen wird zuletzt das ganze Dorf eingeweiht und beteiligt sich an der Rettungsaktion. Wie es keine einfachen Lösungswege gibt, sind auch die Charaktere nicht eindimensional. Jo ist ein Junge, mit dem sich ein jugendlicher Leser gern identifiziert, aber er ist kein Held; lange ist ihm die Gefahr, in die er sich begibt, nicht wirklich bewusst. Die deutschen Besatzungssoldaten, die boches, sind Feinde, doch auch sie werden differenziert geschildert; sie tragen eine feindliche Uniform, doch sie sind Menschen. Es entstehen Freundschaften und Mitgefühl zwischen Besatzern und Besetzten. Die kleine Léah entwickelt eine tiefe Beziehung zu Benjamin und sie wird auch ihm während des Wartens auf Anya zu einer Ersatztochter. Anteil nehmen und mitfühlen macht den Menschen menschlich, doch es macht auch verletzlich: Benjamin könnte sich retten, doch er wartet auf seine Tochter; Léah könnte gerettet werden, doch sie will bei Benjamin bleiben; Benjamin hat das Bärenjunge gerettet, doch dessen Anhänglichkeit wird ihm zum Verhängnis. Es gibt keine einfachen Antworten, dafür ist das Leben zu komplex. Und so ist dies auch kein Buch, in dem alles glücklich ausgeht, denn das würde der blutigen Vergangenheit nicht gerecht.
Morpurgo gelingt es, ein plastisches Bild von der Vergangenheit zu zeichnen. Seine spannende Schilderung hält den Leser in Atem; seine differenzierte Charakterzeichnung schildert die Personen mit Stärken und Schwächen, einfach als Menschen. Es gibt keine Pauschalisierung, und es gibt keine einfachen Lösungen. Auch der Aufbau des Buches ist gelungen: Alle Grundthemen sind schon im ersten Kapitel angesprochen - Sicherheit und Gefahr, Mut und Vertrauen, Fürsorge und Verantwortung, Schweigen und Sprechen, Tod und Leben. Trotz der realistischen Schilderungen bleibt Hoffnung.
"Du darfst die Augen nicht zumachen, Jo." Vaters Ermahnung gilt nicht nur beim Schafehüten. Sie gilt für das ganze Leben - und auch für uns.
Vom Verlag empfohlen ab 12 Jahren.
Auf der Vorschlagsliste zum Deutschen Jugendliteraturpreis 2010, Sparte Kinderbuch.
M. Houf, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Der zwölfjährige Jo verbringt seine Zeit am liebsten beim Schafehüten in den Bergen. Seit sein Vater im Krieg ist, kümmert er sich allein mit seiner Mutter um Haus und Hof. Eines Tages trifft er draußen auf einen Fremden, der ihm sein Geheimnis offenbart - und Jo um Hilfe bittet. Von nun an ist in Jos Leben nichts mehr wie zuvor.
»Der beste Morpurgo aller Zeiten.« Observer |
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