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Voltaire
Die Abenteuer der Freiheit - Eine Biographie
Volker Reinhardt
Verlag C. H. Beck oHG
EAN: 9783406781339 (ISBN: 3-406-78133-0)
607 Seiten, Festeinband mit Schutzumschlag, 15 x 22cm, Januar, 2022, mit 52 Abbildungen, 1 farbigen Frontispiz und 2 Karten
EUR 32,00 alle Angaben ohne Gewähr
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Umschlagtext
Der Philosoph, Aufklärer und Spötter Voltaire (1694–1778) hat unzählige Briefe, Dramen, sarkastische Gedichte, philosophische Erzählungen und weltgeschichtliche Abhandlungen hinterlassen und ist doch ein großer Unbekannter. Volker Reinhardt erzählt fesselnd von einem Literaten, der sich an einer staatlichen Lotterie bereicherte, über die Mächtigen und Etablierten spottete, die Hofgesellschaften in Versailles und Potsdam provozierte, sich virtuos zu tarnen verstand und schließlich in Ferney sein eigenes Reich schuf. Voltaires abenteuerliches Leben ist, wie seine Werke, ein eindrucksvolles Manifest für die Freiheit in einer autoritätsgläubigen Welt.
Voltaire ist ein Monument der Aufklärung, verewigt im Panthéon, verhasst als Zerstörer aller etablierten Ordnung. Sein «Traktat über die Toleranz» war nach den Anschlägen auf «Charlie Hebdo» 2015 eines der meistverkauften Bücher Frankreichs. Und doch ist der große Philosoph ein Unbekannter. Volker Reinhardt hat das riesige Oeuvre und die Quellen neu gelesen und entdeckt einen Lebenskünstler, der seine Fluchtwege immer im Blick hatte. Voltaire wurde reich, weil er eine Lotterie austrickste, erforschte zusammen mit einer Physikerin die Natur, düpierte die Versailler Hofgesellschaft, verärgerte Friedrich den Großen, kämpfte gegen die verlogene Kirche, deckte Justizskandale auf, warb der Stadt Genf für sein eigenes kleines Reich die Uhrmacher ab und verfolgte Rousseau mit grenzenlosem Sarkasmus. Volker Reinhardt erzählt von einem Abenteurer der Freiheit, der in einer Welt voller Krisen mit scharfem Verstand, beißendem Spott und menschenfreundlicher Toleranz seinen Garten bestellte und unserer eigenen Zeit den Spiegel vorhält.
Volker Reinhardt ist Professor für Geschichte an der Universität Fribourg. Bei C.H.Beck erschien neu von ihm zuletzt der Bestseller "Die Macht der Seuche" (2021) sowie das viel gerühmte Buch "Die Macht der Schönheit. Kulturgeschichte Italiens" (2020). Für sein Lebenswerk wurde er 2020 mit dem Preis der Kythera-Kulturstiftung ausgezeichnet.
Rezension
Nach dem französischen Aufklärungs-Philosophen und Schriftsteller Voltaire (1694-1778) wird in Frankreich ein ganzes Jahrhundert benannnt: das 18. Jhdt. als le siècle de Voltaire. Als sprachlich präziser, mit spitzer Ironie und scharfem Sarkasmus ausgestatteter Erzähler, Lyriker, Dramatiker, Epiker und Philosoph wurde der europäische Kosmopolit nicht nur in Frankreich sondern in ganz Europa rezipiert. Mit seiner Kritik an den Missständen des Absolutismus und der Feudalherrschaft sowie am weltanschaulichen Monopol der katholischen Kirche war Voltaire ein Vordenker der Aufklärung und ein wichtiger Wegbereiter der Französischen Revolution. Für Voltaire ist alles Bestehende ein Provisorium, das stets mit seiner Abschaffung im Namen der Vernunft zu rechnen hat. Allein die absolute Freiheit, alles, auch das angeblich Undenkbare, zu denken und zu sagen, muss von Dauer sein. Er deckt die Widersprüche der menschlichen Lebensbedingungen erbarmungslos auf und fordert im Namen der Aufklärung Toleranz und radikale Veränderungen in allen Lebensbereichen. Er war der mutige Kämpfer gegen den Glaubensterror einer mächtigen Monopolkirche, der unermüdliche Aufdecker mörderischer Justizskandale, der unerbittliche Hinterfrager aller Ideologien und die Stimme der Vernunft gegen religiöse Hirngespinste aller Art, der radikalste und unerbittlichste aller Aufklärer. Nur dadurch, dass alles, auch das Widersinnigste, sagbar ist, lassen sich Irrtümer und Irreführungen wirkungsvoll widerlegen, nicht durch Verbote und befohlenes Verschweigen. Hinter jedem festgefügten Glaubenssystem lauert die Fratze des Fanatismus.
Jens Walter, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Schlagwörter:
18. Jahrhundert, Aufklärung, Frankreich, Freiheit, Genf, Justizskandal, Kirche, Lebenskünstler, Philosophie, Religionskritik, Toleranz
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Warum Voltaire? 13
Erstes Kapitel
AUF DEM WEG ZUM EIGENEN NAMEN 1694–1718
23
Das Spiel mit Geburt und Herkunft 24
Der fromme große Bruder und die freigeistige «Lebedame» 28
Auf dem Jesuitenkolleg Louis-le-Grand: Früher Ruhm und subversiver Spott 34
Lehrjahre bei Juristen und Libertins 42
Ödipus: Ein sehr persönliches Drama mit politischer Botschaft 50
Auf Konfrontationskurs mit dem Regenten: Verbannung in die Provinz und Bastille 60
Zweites Kapitel
AM HOF UND IM EXIL 1718–1728
69
Von Arouet zu Voltaire und die Entstehung der Henriade 70
Das Epos vom guten König 75
Viel Theater, ein nobles Leben und ein krachender Misserfolg 84
Ein diskriminierendes Testament, erfolglose Spitzeldienste, schmachvolle Stockschläge 92
Mit Madame de Rupelmonde in den Niederlanden: Erste Ketzereien 98
Skandale, Erfolge, Demütigungen – auf der Bühne und hinter der Bühne 106
Ein Überfall, erneut die Bastille und das Exil in England 117
Börse, Shakespeare, Newton: Von England lernen
heißt Fortschritt lernen 122
Briefe aus England I: Religion und Kirche 132
Briefe aus England II: Politik und Kultur 141
Drittes Kapitel
AUF DER SUCHE NACH REICHTUM UND RUHM 1728–1734
145
Rückkehr nach Frankreich: Neue Gesundheit, neues Geld, neue Kämpfe 146
Ein Drama über Brutus, eine Biographie Karls XII. von Schweden und erneute Reflexionen über das Theater 153
Zwei Dramen im Banne Shakespeares 164
Große Gefühle in Zaïre, ätzende Satire über Kollegen 174
Lob für Newton, Kritik an Descartes, Widerlegung Pascals und ein zweites Rührstück 183
Der Kampf um die Philosophischen Briefe 189
Viertes Kapitel
DER HOMME DE LETTRES UND DIE MATHEMATIKERIN 1734–1749
195
Flucht nach Cirey, ein Ausflug an den Rhein und eine Verbeugung vor Thron und Altar 196
Lebens- und Arbeitsgemeinschaft mit Emilie du Châtelet und ein Rührstück für die Frommen 204
Lob des Luxus und metaphysische Fragen 213
Der preußische Kronprinz, der homme de lettres und die Mathematikerin 221
Newtons Physik, ein allmächtiger Gott und literarische Querelen 226
Ein Drama voller Rosenwasser und die Publikation von Friedrichs Anti-Machiavel 232
Ernüchternde Erfahrungen in Preußen und Rückkehr zu Emilie 239
Mahomet, das Drama des Fanatismus, und neue Schmeicheleien für den preußischen König 244
Kniefälle vor der Académie française, Spaßmacher in Potsdam 251
Hofdichter und Hofnarr im Bündnis mit Madame de Pompadour 258
Die Aufnahme in die Akademie und der Streit mit Friedrich II. von Preußen über den Krieg 268
Eine Auszeit in Lothringen und Emilies letzte Liebe 279
Zwei Erzählungen voller Ironie und Optimismus 284
Tod im Kindbett 292
Fünftes Kapitel
AM HOF DES KRIEGERKÖNIGS 1750–1752
303
Trauer um Emilie, erfolglose Dramen und der Weg nach Potsdam 304
Im Haifischbecken der Hofgesellschaft, auf dem Glatteis der Hirschel-Affäre 314
Spott über Maupertuis und die Berliner Akademie 323
Nur für Eingeweihte: Was wirklich von der Religion zu halten ist 329
Die neue Geschichtsschreibung I: Die List der Vernunft im Zeitalter Ludwigs XIV 336
Die neue Geschichtsschreibung II: Le siècle de Louis XIV als politisches Manifest 341
Die Deutschlandreise und ihr jähes Ende 348
Sechstes Kapitel
ZWISCHENSPIEL IM ELSASS UND IN GENF 1753–1758
355
Die Misere der deutschen Geschichte und die Heilkraft der Bäder 356
Ein Herrenhaus vor den Toren Genfs 360
Ein entzückender Garten und ein unerwarteter Rivale 364
Das Erdbeben von Lissabon, ein Lehrgedicht über die Katastrophe und eine Debatte mit Rousseau 371
Entfremdung von Genf und philosophische Dialoge 382
Ein universalgeschichtliches Sittengemälde: Die Nationen der Welt und die Besonderheit der Juden 387
Im Siebenjährigen Krieg zwischen allen Stühlen 396
Diderot, Genf und die Encyclopédie 403
Candide: Ein charmanter Blick in den Abgrund 409
Siebtes Kapitel
DER PATRIARCH VON FERNEY 1759–1766
415
Zwei Landgüter für die Freiheit und die Polemik 416
Gefällige Schriften, gutsherrliche Wohltaten 424
Gegen den «verrückten Jean-Jacques» und andere Unvernunft 431
Die Affäre Calas oder Die Aufdeckung eines Justizmordes 440
Der Traktat über die Toleranz und das Bekenntnis des atheistischen Dorfpfarrers Jean Meslier 447
Die Jungfrau von Orléans: Spott über die «Infame» 457
Das Dictionnaire philosophique: Wut und Empörung der alten Eliten 464
Leben und Schreiben auf Schloss Ferney 469
Der Fall Sirven: Die Öffentlichkeit als mächtige Richterin 475
Achtes Kapitel
LETZTE KÄMPFE FÜR EHRE, VERNUNFT UND FREIHEIT 1767–1778
485
Spott über Genf, Hass auf Rousseau, Satiren auf das Ancien Régime 486
Subversive Novellen und Schulnoten für die europäischen Länder 497
Kurze Trennung von Madame Denis und eine fromme Inszenierung in Ferney 505
Ein literarisches Trommelfeuer mit Pamphleten, Tragödien, Satiren 511
Neue Attacken gegen alte Feinde und ein Dorf der Toleranz 519
Die Maupeou-Revolution, ihr Scheitern und die Uhrmacher von Ferney 531
Die großen alten Fragen zu Gott, den Menschen und zur Politik 534
Die Tribute des Alters und ein Totengebet in eigener Sache 540
Für die Reformen Turgots 546
Eine letzte Bilanz und ein ausbleibender Kaiser 555
Schluss
DAS ENDE IN PARIS UND DER ANFANG DER UNSTERBLICHKEIT 565
Anhang 577
Karte: Aufenthaltsorte Voltaires in Europa 578
Zeittafel 579
Anmerkungen 586
Literatur 597
Bildnachweis 601
Personenregister 602
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