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Toleranz
einfach schwer
Joachim Gauck
Herder Verlag
EAN: 9783451383243 (ISBN: 3-451-38324-1)
220 Seiten, hardcover, 14 x 21cm, Juni, 2019
EUR 22,00 alle Angaben ohne Gewähr
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Umschlagtext
Was hält uns zusammen?
In seinem neuen Buch plädiert Joachim Gauck für eine kämpferische Toleranz, die sich nicht in Indifferenz erschöpfen darf. Toleranz ist für den früheren Bundespräsidenten eine aktive Haltung, die uns und andere bereichert: "Wir sollten Toleranz nicht nur als Zumutung begreifen, sondern als beglückende Tugend und zugleich als ein Gebot der politischen Vernunft."
"Selten habe ich eine so kluge, treffende und unaufgeregte Auseinandersetzung darüber gelesen, warum Menschen sich von Parteien und Institutionen abwenden und plötzlich nach rechts abdriften." (Giovanni di Lorenzo)
Rezension
Toleranz - einfach schwer betitelt der Bundespräsident a.D. Joachim Gauck sein neues Buch und trifft damit den Zahn der Zeit. Eine Zeit, in der durch Wort und Tat Intoleranz im alltäglichen Leben zunehmend spürbar werden. Auch insofern das richtige Buch zur richtigen Zeit.
Zu Beginn erklärt Joachim Gauck, was ihn bewog, ein solches Buch zu schreiben. Danach betrachtet er den Begriff Toleranz aus unterschiedlichen Perspektiven und versucht, ihn begreiflich und begreifbar zu machen, bevor er 12 Thesen bzw. Aspekte darlegt, was er unter Toleranz versteht.
Wen bislang noch nicht klargeworden ist, welch hohe Bedeutung der beschriebene Begriff besaß und aktuell (zunehmend) wieder besitzt, dem wird spätestens in den folgenden Kapiteln ausreichend Material geboten, diese Einsicht zu erlangen.
Die Bedeutung der Toleranz und das Einbringen ebensolcher Verhaltensweisen und Ansichten wird in den Kontext des Umgangs mit Radikalen, Extremisten, Intoleranten, dem Umgang mit Political Correctness und dem Begriff der "Identität" gestellt und ebenso vielfältig wie interessant und aufschlussreich beschrieben.
Der Autor wirbt für eine "kämpferische Toleranz", die ihre Grenzen dort findet, wo sie auf Intoleranz stößt. Hier wendet sich das Blatt: Intoleranz kann nicht mit Toleranz begegnet werden, ohne Toleranz aufs Spiel zu setzen.
Joachim Gauck gelingt in seinem aktuellen Buch ein überzeugendes Statement für gelebte Toleranz. Gekonnt und facettenreich schildert er, welche Vorzüge es für eine Gesellschaft hat, wenn sie nicht nur vorgibt, tolerant zusein, sondern Toleranz lebt.
Dies dient freilich keinem Selbstzweck, sondern drückt Überzeugung aus. Haltung(en) überzeugend zu vertreten und zu leben wiederum bedeutet für den ehemaligen Bundespräsidenten, offensiv und kämpferisch dafür einzutreten. Er spricht für eine offene Gesellschaft, ohne die ihr innewohnenden Werte zu vergessen - ganz im Gegenteil. Die Bürger müssen bereit sein sich zu den Werten des Grundgesetzes zu bekennen und allen, die sich anderen Idealen verschreiben, entgegenzutreten. Toleranz endet dort, wo Intoleranz beginnt, ansonsten erledigt sich Toleranz als Ideal von selbst.
Schön ist, dass es dem Autoren gelingt, seine Ansichten eindrucksvoll mit Beispielen aus dem täglichen Leben zu verdeutlichen. Ohne Besserwisserei. Er fordert den Diskurs und ermuntert hierdurch den Leser zu eigenen Positionen. Wichtig ist ihm: Grundrechte der Menschen zu sichern bedeutet, sich im Klaren zu werden über den Weg einer toleranten Gesellschaft ohne Selbstaufgabe. Kein einfacher, aber ein lohnenswerter Weg!
Der Eindruck dieses durchweg ausgezeichnet zu lesenden und lesenswertem Buch wird eindrucksvoll unterstrichen durch die Lesungen von Joachim Gauck. In den Schilderungen, die das Buch inhaltlich unterstreichen, merkt man, mit welcher Empathie und Hingabe er hinter seinen Ausführungen steht. Wer die Gelegenheit hat, sollte eine der anstehenden Lesungen auf jeden Fall besuchen!
Dietmar Langusch, Lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Was hält uns zusammen?
Was muss die Gesellschaft, was muss und was sollte der Einzelne tolerieren und wo liegen die Grenzen der Toleranz?
Die Lebensentwürfe, Wertvorstellungen, religiösen und kulturellen Hintergründe der Menschen werden immer vielfältiger – für manche eine Bereicherung, für nicht wenige eine Last. Wie viel Andersartigkeit muss man erdulden? Wie viel kann man erdulden? Wie viel Kritik aushalten? Welche gemeinsamen Regeln müssen bei aller Verschiedenheit gelten?
In seinem neuen Buch streitet Joachim Gauck für Toleranz, weil sie das friedliche Zusammenleben von Verschiedenen überhaupt erst ermöglicht. Toleranz, schreibt er, ist nicht Gleichgültigkeit und nicht Versöhnlertum. Toleranz lehrt uns vielmehr, zu dulden, auszuhalten, zu respektieren, was wir nicht oder nicht vollständig gutheißen. Dazu, so Gauck, ist es aber nötig, sich seiner eigenen Identität sicher zu sein. Denn nur, wer weiß, wer er ist, geht selbstbewusst in einen Dialog oder auch Wettstreit mit anderen. Toleranz darf allerdings nicht schrankenlos sein. Nur wenn wir uns gegen die Angriffe von Intoleranten verteidigen – woher auch immer sie kommen mögen –, kann Toleranz und mit ihr die Demokratie gesichert werden.
"Selten habe ich eine so kluge, treffende und unaufgeregte Auseinandersetzung darüber gelesen, warum Menschen sich von Parteien und Institutionen abwenden und plötzlich nach rechts abdriften." (Giovanni di Lorenzo)
"Ein wundervolles und sehr gut recherchiertes Buch. Jeder, dem der neue Haltungsjournalismus auf die Nerven geht, wird seine Freude an diesem nuancenreichen und wohl abgewogenen Plädoyer für mehr Toleranz im öffentlichen Raum haben. " (Hans-Werner Sinn)
Joachim Gauck, geboren 1940, studierte Theologie und arbeitet viele Jahre als Pastor; Mitinitiator des kirchlichen und öffentlichen Widerstands gegen die SED-Diktatur; ab März 1990 Abgeordneter für das Bündnis 90 in der zum ersten Mal frei gewählten Volkskammer; von 1991 bis 2000 Bundesbeauftragter für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR; 2012 bis 2017 elfter Präsident der Bundesrepublik Deutschland; zahlreiche Ehrungen, u.a.: Theodor-Heuss-Medaille, Geschwister-Scholl-Preis, Europäischer Menschenrechtspreis, Ludwig-Börne-Preis; Ehrendoktor der Universitäten Rostock, Jena, Augsburg, der National University of Ireland/Galway, der Hebrew University of Jerusalem, der Université Paris-Sorbonne sowie der Maastricht University.
Inhaltsverzeichnis
Warum dieses Buch? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
Über die Notwendigkeit von Toleranz . . . . . . . . . . . 9
Frühere eigene Erfahrungen mit Toleranz und Intoleranz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
Zum Beispiel:Das Haus I . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
Von notgedrungen zu kostbar: Historische AnnäherungenandieToleranz . . . . . . . . . . . . . . . . 29
Das Ende der einheitlichen Weltsicht . . . . . . . . . . . 30
Vom Zwang zur Koexistenz zum Minderheitenschutz32
Die Intoleranz der ehemaligen Häretiker . . . . . . . .34
Die Trennung von Staat und Religion . . . . . . . . . .37
Von der Toleranz des Staates zur Toleranz zwischen denMenschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
Die Unterdrückung am Pranger . . . . . . . . . . . . . . . . 42
Die Ausweitung der Toleranz . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
Die rechtliche Sicherung eines erweiterten Toleranzgebots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48
Was ich unter Toleranz verstehe: 12 Aspekte . . . 51
Am Beginn einer neuen Epoche: (In)Toleranz in Zeiten des Umbruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63
Die Repräsentanzlücke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63
Desillusionierung oder: Kein Ende der Geschichte . 68
Gegenbewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74
Die Gesellschaft sortiert sich neu . . . . . . . . . . . . . . 77
Erweiterungen und Grenzen: Wie viel Toleranz lässtsichlernen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81
Toleranzfähigkeit – je nach individueller Disposition 81
Die Angst vor dem Wandel berücksichtigen . . . . . . 85
Kollektiver Nachholbedarf in Sachen Toleranz . . . . . 87
Wie viel Toleranz gegenüber Intoleranten?
Über den Umgang mit extremistischen Auffassungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95
Die neuen und die alten Rechten . . . . . . . . . . . . . . 95
Keine Toleranz gegenüber Rechtsradikalen . . . . . . . 99
Repressive Toleranz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103
Rechts ist nicht rechtsradikal . . . . . . . . . . . . . . . . . 108
Das Feld des Nationalen nicht den Extremisten überlassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113
Falsche Nachsicht gegen linke Gewalt . . . . . . . . . . 116
Unterschätzter Islamismus? . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121
Verhärtete radikale Milieus unter Muslimen . . . . . . . 123
Islamistisch und islamisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125
Antisemitismus: Für einen differenzierten Umgang . . 130
Aufklärung hilft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135
Die Intoleranz der Guten: Wenn politische Korrektheit zum Problem wird . . . . . . . . . . . . . . . . . 139
BetreutesSprechen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139
Politische Korrektheit auf dem Vormarsch .
Die Grenzen der öffentlichen Regulierung . .149
Identitätspolitik – gerechter oder spalterisch? 151
Welche Identität(en)wollen wir? . . . . . . . . 154
Wenn Partikularismus die Oberhand gewinnt . . . . . 161
Die Rolle als Opfer: identitätsstiftend? . . . . . . . . . . 165
Offenheit und Wertebewusstsein: Toleranz in derEinwanderungsgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . 173
Fremdenfeindlichkeit verschwindet nicht . . . . . . . . 175
Wie viel Zuwanderung nützt unserem Land? . . . . . . 178
Wer gehört dazu? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180
Multikulturalismus: Über die Grenzen der Toleranz . . 187
Migrantische Intoleranz: Interne Restriktion . . . . . . 193
Von der Kraft unserer Werte . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198
Zum Beispiel: Das Haus II . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201
Für eine kämpferische Toleranz . . . . . . . . . . . . . . . 207
Dank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211
Anmerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213
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