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Tiefenpsychologie und Exegese
2 Bde., Bd.1: Traum, Mythos, Märchen, Sage und Legende
1. Aufl. 1984 / 6. Aufl. der Sonderausgabe 2001
Eugen Drewermann
Walter
EAN: 9783530168556 (ISBN: 3-530-16855-6)
575 Seiten, hardcover, 16 x 22cm, 2004
EUR 24,90 alle Angaben ohne Gewähr
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Umschlagtext
Nach 150 Jahren moderner Bibelwissenschaft stehen wir, religiös betrachtet, vor einem Fiasko. Die historischkritische Methode konnte zwar die weitgehende «Ungeschichtlichkeit» der biblischen Texte aufhellen, sie ging aber in fataler Weise am eigentlichen Wesen dieser Texte: ihrer mythologischen Bildsprache, vorbei.
Diese kann heute durch die Tiefenpsychologie entschlüsselt werden, denn sie ist noch immer die Sprache der Träume. Drewermann entwickelt hier eine detaillierte Methode, die biblischen Aussagen mit Hilfe der traumnahen mythischen Sprache auszulegen.
Rezension
Die Sprache der Religion ist das Symbol, - so der protestantische Theologe Paul Tillich. Symbol, Mythos, Sage, Legende, Märchen, Traum - diese Gattungen rückt die tiefenpsychologische Exegese in den Mittelpunkt ihrer Bibelhermeneutik. Der heute als Schriftsteller und Therapeut tätige, habilitierte katholische Theologe Eugen Drewermann, geboren 1940, ist mit diesem zweibändigen Werk ein Hauptvertreter der tiefenpsychologischen Exegese. Im Oktober 1991 entzog der Paderborner Erzbischof Degenhardt dem Autor die katholische Lehrbefugnis und im Januar 1992 die Predigtbefugnis. Im März 1992 folgte die Suspension vom Priesteramt. Ursache waren von der Kirchenführung abweichende Ansichten Drewermanns in Fragen der Moraltheologie (u.a. Zölibat) und Dogmatik (u.a. Jungfrauengeburt) und der Bibelauslegung (u.a. tiefenpsychologische Exegese). Am 20. Juni 2005, seinem 65. Geburtstag, trat Drewermann nach eigenen Angaben aus der römisch-katholischen Kirche aus. Das Buch polemisiert aber auch gegen die historisch-kritische Methode, nicht nur gegen ein dogmatisches Festhalten an einem wortwörtlichen Bibelverständnis. Die Professoren G. Lohfink und R. Pesch haben Drewermanns Buch von Seiten der hist.-krit. Methode angegriffen("Tiefenpsychologie und keine Exegese"), das Drewermann seinerseits beantwortet hat mit seiner Veröffentlichung "An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen".
Jens Walter, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Eugen Drewermann
Dr. theol., Jahrgang 1940, ist wohl der bekannteste Theologe der Gegenwart. Nach Entzug seiner Lehrerlaubnis und Suspension vom Priesteramt arbeitet er als Therapeut und Schriftsteller. Er veröffentlichte über 70 Bücher, darunter zahlreiche Märcheninterpretationen.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort und Einführung 11
I. Philosophische Bausteine theologischer Hermeneutik 23
1. Vom religiösen Irrweg der historisch-kritischen Methode — eine Standortbestimmung 23
2. Wie es dazu kam und wie es weitergeht - Anamnese und Prognose der historisch-kritischen Methode 28
a) Die verhängnisvolle Ausklammerung des Unbewußten und der Gegensatz von Exegese und Dogmatik 30
b) Die protestantische Geschichtskritik und die Entgegensetzung von Gott und Mensch 31
c) Läßt sich der Historismus durch eine soziologische Totalanschauung überwinden? 37
3. Von der Notwendigkeit einer typologischen Geschichtshermeneutik 48
4. Die Gleichzeitigkeit der Erkenntnis und die Notwendigkeit einer archetypischen Hermeneutik im Widerspruch zu der Einseitigkeit gegenwärtiger Bewußtseinseinstellung 58
II. Die Wahrheit der Formen 72
1. Das mißachtete Erbe der Romantik 72
2. Die Vielfalt der Erzählformen und ihre Zuordnung in der traditionellen Formgeschichte 78
a) Paradigma 79
b) Novelle 82
c) Legende 84
d) Mythos 87
3. Die Umkehrung des Standpunktes: mit dem Traum, nicht mit dem Wort ist zu beginnen 92
4. Der Traum als Grundlage archetypischer Erzählungen 101
A) Der Traum als Gottesoffenbarung in der Bibel 101
B) Psychologische Kennzeichnung des Traumes 107
a) Der Schlaf-Endokrinologie, Rhythmen und Aufgaben 110
b) Die Psychodynamik des Unbewußten 111
c) Psychische Erneuerung und Heilungsvorgänge im Traum 114
C) Die Bedeutung der Träume in der Religionsgeschichte .116
a) Ahnenkult, Seelenwanderung und Geisterglaube 118
b) Magie und Ritus, Orakel und Wunderheilung 122
D) Mythos und Märchen, Sage und Legende aus der Sicht des Traumes - eine Luftaufnahme 132
a) Vom Traum zum Mythos 132
b) Vom Mythos zum Märchen 14l
c) Der Traum einer traumhaften Wirklichkeit: die Sagen und Legenden in Beziehung zu Mythos und Märchen 146
E) Variationen der Traumdeutung 154
a) Die reduktive und objektale Methode der Psychoanalyse 155
b) Die finale und subjektale Methode der komplexen Psychologie 156
c) Die phänomenologische Methode der Daseinshermeneutik 158
d) Praktische Anwendungen 159
III. Regeln und Techniken zur Auslegung archetypischer Erzählungen, insbesondere von Mythen und Märchen 163
A) Von der Tiefenpsychologie des Traumes zur Interpretation archetypischer Erzählungen 164
a) Motivgeschichtliche Komplettierung des Materials statt historischer Reduktion 165
b) Die religionsgeschichtliche Bedeutungsvielfalt archetypischer Mytheme 169
c) Die Deutung auf der Subjektstufe (anhand einiger Beispiele) 172
d) Das Hilfsmittel der Traumdeutung und die fortwährende Interpretation der Archetypen in den Großen Träumen der Weltliteratur 178
e) Die archetypische Erzählung als Prozeß der Individuation und der Sinn ihres spiralenförmigen Aufbaus 187
f) Die Beachtung von Anfang und Ziel sowie das Problem der richtigen Zentrierung archetypischer Erzählungen 200
1) Die Finalitätsregel und die Ganzheitsregel 201
2) Die Anfangsregel und die Ausgangsregel 205
3) Die Zentrierungsregel 212
g) Die Realisierungsregel und das Zeitraffergesetz der Auslegung 218
h) Der Zyklus von Vergangenheit und Zukunft und die Ambivalenz archetypischer Bilder in der Regression 230
B) Archetypus und Geschichte 250
a) Vom Vorrang des Individuellen vor dem Kollektiven, des Psychologischen vor dem Soziologischen im Rahmen einer christlichen Exegese 251
b) Kollektives und Individuelles im Begriff des Archetypus — oder: von dem primär biologischen, nicht kulturellen Ursprung archetypischer Symbole 262
c) Neue Betrachtungen zu einem alten Problem: die «Korporativperson» und ihre Hermeneutik 271
d) Ritus und Mythos in ihrem Wechselverhältnis zur Historie 298
1) Ritual und Ritus 302
2) Ritus und Mythos 310
3) Mythische Urgeschichte und kultische Vergegenwärtigung 313
4) Mythische Kräfte gestalten Geschichte 321
5) Archetypische Verdichtung von Geschichte und in Geschichte 327
6) Dichterische Wahrheit und existentielle Aneignung 336
e) Die individuellen Mythen des Anfangs als Modell: Deckerinnerungen und Lieblingsmärchen 350
1) Das Problem der Überlieferungsvarianten 359
2) Die synchrone Verschmelzung der Ereignisse in der Deckerinnerung und das Ritual des Wiederholungszwangs 361
3) Die symbolische Ontologie der Deckerinnerungen 364
C) Zusammenfassender Regelkanon zur tiefenpsychologischen Interpretation archetypischer Erzählungen sowie einige praktische Ratschläge und Folgerungen 374
a) Regelkanon zur tiefenpsychologischen Interpretation 376
b) Bemerkungen über das praktische und didaktische Vorgehen 383
IV. Zusätzliche Regeln und Techniken zur Auslegung besonders der Psychodynamik von Sagen und Legenden 389
A) Die inhaltliche Einheit der Sagen und Legenden mit den Stoffen der Mythen und der Märchen 393
a) Das Motiv der besonderen Geburt 393
b) Das Motiv der besonderen Tat - zum Beispiel der Drachenkampf 397
c) Das Motiv des besonderen Endes 402
b) Von der innerpsychischen Topologie archetypischer Erzählungen
und von der inneren Wahrheit und Gefahr der Sagen und Legenden . .413
a) Die Legenden und Sagen der «Unfertigen» oder: die Notwendigkeit einfühlenden Vtrstehens 429
b) Zwei wesentliche Hilfsmittel der Interpretation von Gefuhlsbedeutungen:
die Verbalisationstechnik der Gesprächspsychotherapie und die Transaktionsanalyse 443
1) Die gesprächspsychotherapeutische Verbalisationstechnik 444 a) Darstellung der Methode 444 ß) Das Beispiel von der «Sünderin» (Lk 7,36-50) 450
2) Die Transaktionsanalyse 456 a) Darstellung der Methode 456 ß) Noch einmal die Legende von der «Sünderin» - transaktionsanalytisch 473
Zwei Beispiele als Nachwort: Die Geschichte vom Auszug aus Ägypten
und die Geburtsgeschichte Jesu nach Matthäus 483
1 Der Auszug aus Ägypten und das Vermächtnis Israels 484
2 Die jungfräuliche Geburt oder: Die Magier und der König, die Flucht und die Heimkehr 502
Bibliographie: Verzeichnis der zitierten Literatur 530
Register 559
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