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Stadt Ein interdisziplinäres Handbuch
Stadt
Ein interdisziplinäres Handbuch




Harald A. Mieg, Christoph Heyl (Hrsg.)

Verlag J. B. Metzler
EAN: 9783476023858 (ISBN: 3-476-02385-0)
344 Seiten, hardcover, 18 x 25cm, November, 2013, 18 s/w Abb.

EUR 64,95
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Städte sind seit jeher die Orte der Kultur, der Wirtschaft und der Entwicklung von Gesellschaften, sie haben Literaten und Forscher gleichermaßen in Bann gezogen. Stadtforschung ist zwangsläufig multidisziplinär. Das Buch verknüpft die vereinzelten Forschungsfäden und ermöglicht einen raschen Zugang zum Wissen über Städte in den Geistes-, Sozial- und Planungswissenschaften. Das Handbuch eröffnet zwei Wege zum Thema. In einem ersten Teil kommen einzelne Disziplinen zur Sprache, die sich mit Stadtforschung befassen. Der zweite Teil bietet eine kulturwissenschaftliche Darstellung. Stadt wird als kultureller Raum verstanden und in seiner Textur sichtbar gemacht.
Rezension
In den immer bedeutsamer werdenden Kulturwissenschaften hat sich die Stadtforschung längst als eigenständiger, multidisziplinärer Forschungszweig etabliert. Spätestens mit den bürgerlichen Gesellschaften von der Renaissance über die Reformation, die französische Revolution, die Landflucht und Verstädterung in der industriellen Revolution und die Entstehung der Mega-Cities im 20. Jahrhundert ist die Stadt der Ort der Kultur schlechthin. Städte aber waren auch schon zuvor, z.B. in der Antike und im Mittelalter, die Orte der Kultur, der Wirtschaft und der Entwicklung von Gesellschaften, sie haben Literaten und Forscher gleichermaßen in Bann gezogen. In diesem Handbuch kommen sämtliche Disziplinen zur Stadtforschung zur Sprache; im 1. Teil begegnen einzelne Disziplinen, die sich mit Stadtforschung befassen, im 2. Teil findet sich eine kulturwissenschaftliche Darstellung, die Stadt als kulturellen Raum versteht; Städte sind ein Spiegelbild unserer Welt.

Oliver Neumann, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Fachgebiet: Kulturwissenschaft

Profunde interdisziplinäre Bestandsaufnahme der Stadtforschung
Wichtiges aktuelles Forschungsfeld in vielen Disziplinen
Glossar mit zentralen Begriffen: Bürgertum, Polis, Governance, Gentrification, Stadtplanung, Nachhaltige Stadtentwicklung, Stadtmarketing, Lieux de mémoire u. v. a.

Das Phänomen "Stadt" in der Gesamtschau. Von Architektur über Geschichte, Geografie, Politik- und Rechtswissenschaften bis Stadtsoziologie und -ethnologie: In diesem Handbuch kommen sämtliche Disziplinen zur Sprache, die sich mit dem Thema Stadtforschung befassen. Ein Überblickskapitel verdeutlicht multidisziplinäre Parallelen und Differenzen. Im zweiten Teil wird Stadt als kultureller Raum vorgestellt. Es geht um Themen wie das Bild der Stadt, Stadt als Bühne, Stadt als Lebenswelt, Stadt und Literatur, Stadt und Religion sowie das Gedächtnis der Stadt.

Prof. Dr. Harald A. Mieg; Direktor des Georg-Simmel-Zentrums für Metropolenforschung der Humboldt-Universität zu Berlin, Professor für Metropolen- und Innovationsforschung;
Prof. Dr. Christoph Heyl, Lehrstuhl für Britische Literatur und Kultur, Institut für Anglophone Studien, Universität Duisburg-Essen.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort XI

Einleitung:
Perspektiven der Stadtforschung 1
(Harald A. Mieg)

1. Bezugslinien 1
2. Großthemen der interdisziplinären Stadtforschung 3
3. Stadtdefinitionen 6
Stadtpsychologie 6
Sieben Begriffe aus der interdisziplinären Stadtforschung 9
4. Stadtzukünfte 10

Teil I:
Die Stadt als Feld multidisziplinärer Forschung 15


Überblick 15

1. Architektur: Stadtplanung und Städtebau18
(Johannes Cramer)

1. Stadtplanung oder Städtebau? Planen in zwei, drei oder vier Dimensionen 18
2. Städtebau und seine Leitbilder 19
3. Stadt und Nachhaltigkeit 24
4. Stadtwachstum und Stadtplanung 26
5. Stadtfunktionen 32
6. Stadtidentität und Stadtinszenierung 34
7. Stadttechnik, Smart City und Stadtboden 41
8. Ausblick 43

2. Stadtgeografie 46
(Christof Parnreiter)

1. Einleitung: Vier zentrale Begriffe 46
2. Themen der deutsch sprachigen Stadtgeografie 48
3. Theorie in der deutsch sprachigen Stadtgeografie 56
4. Das nicht ausgeschöpfte Potential der Stadtgeografie 59

3. Stadtsoziologie 64
(Christine Hannemann)

1. Entstehung und Entwicklung der Stadtsoziologie 64
2. Aktuelle Themenfelder 68
3. Stadtsoziologie im Kontext von Soziologie und Stadtforschung 81

4. Stadtökonomie 87
(Guido Spars)

1. Der ökonomische Blick auf die Stadtentwicklung 87
2. Landnutzung, Standorte und Immobilienwirtschaft 88
3. Agglomerations- und Clustertheorien 90
4. New Economic Geography 92
5. Städte als privilegiertes Innovationsfeld der Wissensproduktion 93
6. Ausblick 94

5. Stadtökologie 97
(Wilfried Endlicher)

1. Einleitung 97
2. Geosphäre der Stadt 100
3. Biosphäre der Stadt 104
4. Anthroposphäre der Stadt 108
5. Aktuelle Themen und künftige Herausforderungen 113
6. Fazit und Ausblick 117

6. Stadt in der Geschichtswissenschaft 120
(Dieter Schott)

1. Geschichte der Stadt und des städtischen Lebens 120
2. Überblicke zur europäischen Stadtgeschichte 127
3. Zentrale Fragen 131
4. Ausblick: Gibt es eine europäische Stadt? 141

7. Archäologische Stadtforschung 148
I. Das Beispiel Rom 148
(Chrystina Häuber)

1. Vorbemerkungen zur archäologischen Stadtforschung 148
2. Die zentrale Bedeutung der Romforschung 150
3. Rom 152

II. Die griechische und punische Welt 164
(Roald Docter)

1. Vorbemerkung zum Stadtbegriff 164
2. Karthago 165
3. Athen und Piräus 168
4. Megara Hyblaia 170
5. Schluss 171

8. Stadt im Blick der Kommunalwissenschaft 174
(Hellmut Wollmann)

1. Einleitung und Fragestellung174
2. Die rechtliche Regelung des Handlungsspielraums der Kommunen und seiner Grenzen 175
3. Kommunalverwaltung zwischen »echter« kommunaler Verwaltung und »beauftragter« staatlicher Verwaltung 179
4. Fazit und Ausblick 181

9. Stadt in der lokalen Politikforschung 185
(Hubert Heinelt)

1. Der Gegenstand politik wissenschaftlicher Auseinandersetzung mit Politik auf der lokalen Ebene 186
2. Einzelne Phasen der politikwissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Politik auf der lokalen Ebene 189
3. Ausblick und Eigenheiten der lokalen Politikforschung in Deutschland im inter nationalen Vergleich 193

Teil II:
Die Stadt als kultureller Raum 199


Überblick 199

10. Anthropologie der Stadt: Konzepte und Perspektiven 202
(Jens Wietschorke)

1. Die Stadt als Text und Textur202
2. The City as a Whole: Von der Stadtforschung zur Städteforschung 206
3. Sinn und Sinnlichkeit: »Sensuous Geographies« und urbane Geschmackslandschaften 211
4. Zur Praxeologie des Stadtcharakters: Stadtanthropologie in der Diskussion 214

11. Stadt und Literatur 222
(Christoph Heyl)

1. Anfänge: Stadt, Schriftkultur und Literatur im alten Orient 222
2. Das Nachleben orientalischer literarischer Stadtbilder: die Bibel 223
3. Stadt und Literatur in der griechischrömischen Antike 224
4. Früh- und Hochmittelalter: Niedergang und Wiederbelebung von Stadt und Stadtliteratur 227
5. Frühe Neuzeit: Utopien, warnende Satiren, Tagebücher 230
6. Das 18. Jahrhundert: Erscheinungsformen und Themen der Großstadtliteratur 232
7. Romantik und 19. Jahrhundert 235
8. Stadt und Literatur ab dem frühen 20. Jahrhundert 238

12. Das Bild der Stadt 244
(Matthias Bruhn / Gabriele Bickendorf)

1. Stadt als Thema der Kunst- und Bildgeschichte 244
2. Nachantike Entwicklungen 245
3. Neuere Medien des Stadtbildes 248
4. Die Stadt als Bildraum der Frühneuzeit 252
5. Zeugnisse des industriellen Umbruchs 256
6. Wachstum und die Grenzen der Achtbarkeit 259

13. Das Gedächtnis der Stadt 263
(Kirstin Buchinger)

1. Memory-Boom 263
2. Ursprünge der Gedächtnisforschung 264
3. Erinnerung und Stadt 264
4. Die Idee einer kollektiven Erinnerung 265
5. Kollektives Gedächtnis 266
6. Verräumlichung der Geschichte 267
7. Histoire croisée 268

14. Privatsphäre, Öffentlichkeit und urbane Modernität. London als historischer Präzedenzfall 271
(Christoph Heyl)

1. Die Verschränkung von Privatsphäre und Öffentlichkeit 271
2. Sonderbedingungen für die Entwicklung des Privaten und des Öffentlichen in London 272
3. Wohnarchitektur, Sozialformen und Verhaltensmuster vor und nach 1666 274
4. Straßen, squares, Kaffeehäuser, Parks, Theater 277
5. Alternative Thesen zur Genese der modernen Privatsphäre 279
6. Privatsphäre und öffentlicher Raum: Verhaltensoptionen und Geschlechterrollen im großstädtischen Kontext 280

15. Stadt und Performanz 283
(Ilse Helbrecht und Peter Dirksmeier)

1. Einleitung 283
2. Performanz und Performativität 284
3. Urbanität, Urban Theory, Stadtentwicklung und Performanz 287
4. Fazit 296

16. Stadt und Religion 299
(Stephan Lanz)

1. Religiöse Stadt-Konzepte 299
2. Städtische Religion heute 307
3. Schluss 314

Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 319
Personenregister 321
Sachregister 332
Bildquellenverzeichnis 335



Leseprobe:

Vorwort
Städte sind auf Dauer angelegte Projekte verdichteten
Zusammenlebens. Sie entstehen in manchen Fällen
tatsächlich als Stadtplanungsprojekte, zum Beispiel
in Form neuer Hauptstädte wie St. Petersburg,
Brasilia oder Nigerias neue Hauptstadt Abuja. Stadt
als Projekt meint in den meisten Fällen jedoch eine
Ansammlung von singulären Vorhaben, von Menschen,
Einzelschicksalen und organisierten Interessen,
die sich wechselseitig abstimmen müssen.
Dies betrifft unkontrolliert wachsende Megacities
wie Lagos genauso wie die Burgstädte des Mittelalters.
Den Stadtprojekten wohnen Idealmodelle,
Sehnsüchte und geträumte Zukünfte inne, sie geben
mehr oder weniger ausgesprochen eine Vorstellung
davon, wie Menschen zusammenleben wollen und
können. Von daher kommt die große Vielfalt an
Städten.
Zugleich geben Städte ein Bild von den unzähligen
Rahmen- und Randbedingungen, welchen das
verdichtete Zusammenlebenkönnen unterliegt. Eine
Stadt braucht Infrastrukturen und wird durch sie geprägt.
Offensichtlich ist dies am Verkehr. Trotz und
gerade wegen der dort vorherrschenden Verdichtung
müssen Zugänge und Wege geschaffen werden,
Systeme aus langsamem und beschleunigtem Verkehr,
öffentlichem und privatem Transport. Städte
können beides sein: vorweggenommene Zukünfte in
Form von gebauten Architekturvisionen oder aber
Lebensumstände, die uns wie gelebte Höllen vorkommen
mögen, etwa in Kowloon Walled City, einem
Immigrantenstadtteil von Hongkong. Dort lebten
auf wenigen 30 000 qm rund 33 000 Menschen,
woraus rechnerisch eine Verdichtung von über
1 Million Einwohnern pro km² resultierte. Wegen
seiner Nichtregierbarkeit wurde das Stadtviertel zu
Beginn der 1990er Jahre aufgelöst.
Im Folgenden möchte ich zunächst die möglichen
Koordinaten von Städten abstecken. Woher kommen
Stadtprojekte, worauf geben sie Antwort? Teil 1
meiner Einführung erörtert drei Bezugslinien: Stadt
und Land; Stadt und Staat; Stadt und Wirtschaft. Die
Bezugslinien verdeutlichen Definitions- und Abgrenzungsverhältnisse
sowie faktische Relationen
von Städten und motivieren Stadtpolitik . Entlang
dieser Bezüge skizziere ich im zweitren Teil die
Großthemen der aktuellen Stadtforschung, zum Beispiel
die Frage der »Governance « bzw. Steuerung
von Städten. Die Vielfalt der Dis zi plinen erzeugt
nicht etwa verschiedene Antworten, vielmehr werden
unterschiedliche Fragen gestellt, welche wiederum
divergierende Stadtbegriffe voraussetzen.
Im dritten Teil meiner Einführung erörtere ich
die Unterschiede im Stadtbegriff in Form von minimalen
Stadtdefinitionen. Es folgt Unterschiedliches
je nach dem, ob wir Städte in erster Hinsicht als bestimmte
Orte oder aber als Stadtgesellschaften verstehen.
Die Ortsbestimmung provoziert Fragen
nach dem geografischen, wirtschaftlichen und politischen
Umfeld. Die Definition von Stadt als Stadtgesellschaft
wirft das Licht auf die Verfassung dieser
Stadtgesellschaft; es stellen sich Fragen der Regulation
von sozialer Ungleichheit. Der abschließende
vierte Teil legt die möglichen Stadtzukünfte dar, d. h.
die Richtungen von Städten als Projekten wie auch
der Stadtforschung, die sich ergeben: Welche Rolle
spielt Regionalisierung , tragen Städte zur Weltgesellschaft
bei etc.? Deutlich wird: Wir kommen um
Interdisziplinarität nicht herum. Das Phänomen
Stadt ist zu vielfältig, Städte sind ein Spiegelbild unserer
Welt.