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Spurensuche - Tatort Erziehung Anspruch, Erleben und Wirkung von Erziehung
Spurensuche - Tatort Erziehung
Anspruch, Erleben und Wirkung von Erziehung




Ilona K. Schneider

Schneider Verlag Hohengehren
EAN: 9783896769923 (ISBN: 3-89676-992-8)
342 Seiten, paperback, 17 x 24cm, 2005

EUR 28,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Es gibt immer wieder Situationen im Leben, in denen wir einhalten, um über uns und andere Menschen nachzudenken. Dann fragen wir uns oft, wie bin ich zu der Person geworden, die ich jetzt bin? Oder wir fragen uns als Eltern, wie soll ich mein Kind erziehen, damit es als erwachsener Mensch ein zufriedenes, erfülltes Leben führen kann?

Auch im 21. Jahrhundert gibt es keine schlüssige Antwort auf die immer wiederkehrende Frage, was ist für die Entwicklung eines jungen Menschen entscheidend? Sind es seine Anlagen oder ist es seine Umwelt, insbesondere seine Erziehung?

Aus vielen biografischen Erinnerungen wird deutlich, dass es gerade die „höckrigen" biografischen Ereignisse sind, die eine Persönlichkeit prägen, einen Charakter bilden und die sich in dem biografischen Selbstbild festsetzen.

Die Erziehungsfrage ist eine spannende, immer wieder kontrovers diskutierte Frage, die sich u.a. auch Biografie- und Kindheitsforscher stellen. Jeder Mensch hat seine biografische Geschichte. Diese biografische Geschichte ist eine permanente Baustelle. Sie ist aber auch ein sehr interessantes und aufschlussreiches Quellenmaterial, das uns u.a. zeigen kann, welchen Einfluss Umweltbedingungen und damit auch Erziehung auf einen Mensch haben können und wie er persönlich damit umgegangen ist bzw. umgeht.

In jeden Falle erinnert sie uns: Jeder Mensch ist einzigartig. Seine biologischen Anlagen sind eine Art Grundausstattung, die vielfältige Entwicklungsoptionen bereitstellt. Und die Bedingungen, unter denen ein Kind aufwächst, seine primäre Sozialisation, eröffnen ihm Chancen und bauen gleichzeitig Barrieren auf. Aber diese Barrieren sind aus der Perspektive der einzelnen Menschen nicht von vornherein unüberwindbar (auch wenn sie sehr hoch sein können und ihre Überwindung unendlich viele Anstrengungen erfordert). Der Mensch ist nicht nur eine Art „Mischung" aus Anlagen und Umwelteinflüssen. Er ist zu einem großen Teil seine eigene Kreation und zur Selbstüberschreitung - und damit auch zum Abbau von Barrieren - fähig. In dem Buch wird mit der Dichten Biografischen Beschreibung ein Konzept vorgestellt, das auf der Basis biografischer Heterotope eine Analyse von Faktoren, die Erziehungsvorstellungen und weltanschauliche Identitätsentwicklung beeinflussen, erlaubt.

Die exemplarische Anwendung bezieht sich auf die Studie „Kinder aus christlichen Familien in er DDR in den 80er Jahren".

Zunächst wird der gesellschaftliche und subkulturelle Handlungsrahmen analysiert. Es folgt eine synthetische Datenkodierung in Form einer biografischen Geschichte und einer persönlichen Topografie. Daran schließt sich eine analytische Datenkodierung an, die in zwei Teilschritten erfolgt: Die Längsschnittanalyse versteht sich als eine thematisch fokus-sierte Einzelfallanalyse. In der Querschnittsanalyse werden die Ergebnisse der Einzelfallanalysen themenspezifisch miteinander verglichen. Auf diese Weise wurden fünf verschiedene Typen von Erziehungsverhalten herausgearbeitet und inhaltlich beschrieben, sechs verschiedene Erziehungsstrategien im erzieherischen Handeln von Eltern identifiziert und charakterisiert und vier Typen weltanschaulicher Identitätsbilder analysiert. Daraus abgeleitet werden in der abschließenden kategorialen Analyse dialektisch aufeinander bezogene Rahmenbedingungen von Erziehung beschrieben.

Schneider, Ilona Katharina: Universitätsprofessorin für Grundschulpädagogik und Didaktik des Sachunterrichts am Institut für Schulpädagogik, Bereich Grundschulpädagogik, der Universität Rostock

Arbeitsschwerpunkte: Grundschulpädagogik, Sachunterrichtsdidaktik, soziales und naturwissenschaftliches Lernen in der Grundschule, Frühpädagogik, Schulanfangsproblematik, Philosophieren mit Kindern, erziehungswissenschaftliche Kindheitsforschung, Biographieforschung
Rezension
Jeder Mensch ist ein Original. Er ist einmalig und unverwechselbar. Doch was macht ihn zu dem, was er ist? Welche Faktoren bestimmen seine Identität? Was prägt uns mehr - die Anlagen oder unsere Umwelt? Das vorliegende Fachbuch geht diesen Fragen nach, indem es das Konzept der Biografischen Beschreibung vorstellt, das vor allem für Erziehungsforscher ganz neue Erkenntsnisperspektiven eröffnet. Die Autorin stellt Menschen mit ihren persönlichen Biographien vor und will somit dem Erziehungsphänomen auf den Grund gehen. Dabei teilt sich das Buch in zwei große Kapitel - einen theoretischen und einen anwendungsbezogenen Teil. Der Theorieteil führt ein in die Dichte Biografische Beschreibung, eine lebensweltlich-phänomenologische Forschungsmethode zur Erfassung, Darstellung und Analyse von Biografien. Der anwendungsbezogene Teil des Buches enthält die Ergebnisse der Studie "Kinder aus christlichen Familien in der DDR in den 80er Jahren". Ein aufschlussreiches Fachbuch, das die Bedeutung der eigenen Biografie und deren Einfluss auf die Identitätsbildung verdeutlicht.

Arthur Thömmes, lehrerbibliothek.de
Inhaltsverzeichnis
Das höckrige Ich und seine Dispositionen

Dichte Biografische Beschreibung:
Wurzeln und Wesen

Ethnografische Wurzeln: Dichte Beschreibung
Individuelle, sozial-lebensweltliche und theoretische Fokussierung
biografischer Forschung
Individuelle Komponenten biografischer Erinnerungen
Lebensweltlich-soziale Komponenten biografischer Rekonstruktionen
Verknüpfung von biografischer Rekonstruktion und theoretischer Reflexion
Anwendungsbereiche und Validierung
Charakter der Daten Subjektivität versus Objektivität? Biografische Heterotope
Auswertung und Darstellung biografischer Daten Sozial-ökologische Modellierung des Handlungsrahmens Synthetische Datenkodierung Analytische Datenkodierung
Biografische Längsschnittanalyse Biografische Querschnittanalyse Kategoriale Analyse
Struktur der Dichten Biografischen Beschreibung

Dichte Biografische Beschreibung:
Exemplarische Anwendung

Umfang und Merkmale der Untersuchungspopulation
Stellung der Befragten im Forschungsprozess
Wahrnehmung der Subjektrolle der Befragten im Forschungsprozess
Erhebung der biografischen Daten
Biografische Interviews Ergänzende biografische Daten
Zusammenfassung der Arbeitssequenzen zur biografischen Datenerhebung
Dokumentenanalyse

Dichte Biografische Beschreibung: Ergebnisse der Studie
Gesellschaftliche Rahmenbedingungen Politischer Rahmen
Führungsanspruch der SED und die Rolle der anderen existierenden Parteien Politische Institutionen und Organisationen Verfassungs- und staatsrechtliche Bestimmungen für den Bereich der Bildung und Erziehung Positionen der Erziehungswissenschaft
Zur Entwicklung des Bewusstseins von DDR-Jugendlichen in den 80er Jahren
Wertewandel bei DDR-Jugendlichen auf dem Hintergrund der gesellschaftlichen Entwicklung
Zur Entwicklung des politischen, weltanschaulichen und historischen Bewusstseins
Differenzierungsprozesse und damit verbundene Heterogenisierung der Jugend der DDR
Subkultureller Rahmen
"Kirche im Sozialismus"
Kirchliche Arbeit mit Kindern und Konfirmanden
Bildungspolitische Opposition
Biografische Rekonstruktion und Interpretation
Synthetische Datenkodierung - Lebensgeschichten der Kinder Habakuk Ihle: "Soweit ich mich erinnern kann, glaube ich an Gott." Hanna Ahrend: "Wir dürfen nicht zusehen, wir müssen handeln!" Aljoscha Berger: "Ich finde es gut, sich für die Umwelt einzusetzen." Leo und Theo Wesendahl: "Wir vertrauen auf Gott." Gabi Gensler: „Gott hört mir zu"
Karen Riemann: „Gott ist ein Symbol für alles Unbegreifbare, Gute und Wunderschöne"
David Riemann: „Jeder Mensch kann einmal Gott sein." Cornelia Becker: „Zum Glauben fand ich durch meine Eltern" Carmen Dumont: "Gott ist wie ein Freund für mich."
Matthias Peter: "Da ist noch jemand, der über dich wacht."
Analytische Datenkodierung: Familiäre Erziehungssituation und weltanschauliche Identitätsbildung
Habakuk Ihle: Linkssein in gesellschaftskritischer Opposition
Hanna Ahrend: Individualität in sozialer Verantwortung
Aljoscha Berger: Traditionelle Selbstverständlichkeit
Leo und Theo Wesendahl: Grundvertrauen
Gabi Gensler: Rückzug in eine private Nische
Karen Riemann: Symbolische Werteinstanz
David Riemann: Humanistische Option
Cornelia Becker: Synkretistische Ausgleichung
Carmen Dumont: Linkssein in sozialer Verantwortung
Matthias Peter: Sozialer Gemeinschaftssinn
Jürgen Ernst: Unangepasstes Anderssein

Biografische Spurensuche: Erziehung
Erziehungsansprüche der Eltern und deren Auswirkungen Latente Problemfelder und Entscheidungsstrategien Weltanschauliche Identitätsbilder Kategoriale Analyse
Natürliche Elternautorität - "bedeutungsvolle Andere"
Hilfe und Einhaltung
Organisation und Atmosphäre
Öffnung und Bindung
Das Element der Selbstorganisation im Erziehungsgeschehen
Erziehung als eine Qualität von Handlungen
Quellenverzeichnis