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Säulen der Ewigkeit
Säulen der Ewigkeit




Tanja Kinkel

Droemersche Verlagsanstalt Th. Knaur Nachf. , GmbH & Co
EAN: 9783426636305 (ISBN: 3-426-63630-1)
683 Seiten, paperback, 12 x 18cm, Dezember, 2009

EUR 9,95
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
TANJA KINKEL

Säulen der Ewigkeit




Ein Land voller Geheimnisse, eine Frau zwischen zwei Männern - der neue Bestseller von Tanja Kinkel!



Die junge Engländerin Sarah kommt 1815 als eine der ersten Europäerinnen nach Ägypten - und ahnt nicht, welche Abenteuer an den Ufern des Nils auf sie warten. Während ihr Mann Giovanni Belzoni zum erfolgreichen Jäger verlorener Schätze wird, gibt Sarah sich bald nicht mehr mit der Rolle der braven Ehefrau zufrieden. Fern der Heimat findet sie endlich jene Freiheit, nach der sie sich schon lange sehnt. Doch dabei begegnet Sarah immer wieder Bernardino Drovetti, dem größten Rivalen ihres Mannes um das kostbare Erbe der Pharaonen ...



>>Tanja Kinkels Roman iste ein echter Pageturner. Kaum eine andere deutsche Autorin versteht es, historische Fakten so unterhaltsam aufzuarbeiten.<< Brigitte


Rezension
Der Name der Autorin Tanja Kinkel ist ja mittlerweile in aller Munde, ihre historischen Roman beliebt und bekannt. Auch dieses Mal hat sie wieder einen spannenden Roman geschrieben. Sie versteht es hervorragend, ihre Leser mittels ihres Schreibstils in die Handlung hin einzuversetzen.

Zum Buch:
Der vorliegende Roman Säulen der Ewigkeit, erschienen im Knaur Verlag, ist in mehrere einzelne Bücher unterteilt, selbige wiederum in mehrere Kapitel. Die einzelnen Bücher umfassen jeweils ein Jahr.
Die Geschichte selbst ist zwar fiktiv, basiert jedoch auf realen Personen und Geschehnissen. Bei diesem Roman handelt es sich um einen sehr penibel recherchierten historischen Roman und gleichzeitig ein Frauenroman. Die detaillierten und sehr umfangreichen Quellen im Glossar stellen ein typisches Bild jener Zeit dar und verschaffen dem Roman noch mehr Authentizität.
Der Roman besticht durch seinen Detailreichtum was die Orte und Geschehnisse angeht. Die Ansichten er einzelnen Protagnoisten werden sehr schön dargestellt. Alles in Allem liest sich der Roman sehr gut, er sprigt nicht zwischen Zeiten und Geschehnissen hin und her sondern hat eine klar hervortretende und leicht zu verfolgenden roten Faden, der es zu einem Vergnügen macht das Buch zu lesen.
Es wird hervorragendd deutlich, welche Schwierigkeiten speziell die Frauen damals hatten egal in welcher Kultur einen Platz im Leben zu finden ohne sich selbst komplett zu verleugnen.

Worum geht es in diesem Buch?
Der Roman spielt zunächst in England, später in Ägypten, zu Beginn des 19. Jahrhunderts.
Die junge Engländerin Sarah, aufgewachsen in Waisenhäusern, deren einzige Chance im Leben darin besteht ihr Leben lang Gesellschafterin für reiche, ältere Damen zu sein und deren Leben somit vorprogrammiert ist darauf nichts wert zu sein und auf ewig eingesperrt in fremden Räumen, hat ein anderes Ziel im Leben: Sie möchte die Welt sehen. Sie verliebt sich in einen italienischen Jahrmarkstdarsteller und heiratet ihn. dadurch verliert sie auch das restliche Bisschen Wert dass sie für die englische Gesellschaft besaß. Sie reisen gemeinsam durch ganz England, immer mit dem Jahrmarkt untwerwegs. Viele Jahre später bietet sich ihnen die große Chance: Ihr Mann soll in Ägypten eine Wassermaschine bauen und sie geben alles auf und reisen nach Ägypten, in eine andere Welt, und erleben einige Abenteuer entlang des Nils.

Mein Fazit:
Ich kann diesen Roman nur wärmstens weiter empfehlen, nicht nur an Frauen, auch wenn er sich schwerpunktmä0ßig an diese richtet.
Ein idealer Reisebegleiter und Entspannung für gemütliche Stunden.


Sylvia Schubert für Lbib.de

Verlagsinfo
Der Verlagswebsite entnommen:

Tanja Kinkel
Säulen der Ewigkeit

Roman

Ein Land voller Geheimnisse, eine Frau zwischen zwei Männern – der neue Bestseller von Tanja Kinkel!

Die junge Engländerin Sarah kommt 1815 als eine der ersten Europäerinnen nach Ägypten – und ahnt nicht, welche Abenteuer an den Ufern des Nils auf sie warten. Während ihr Mann Giovanni Belzoni zum erfolgreichen Jäger verlorener Schätze wird, gibt Sarah sich bald nicht mehr mit der Rolle der braven Ehefrau zufrieden. Fern der Heimat findet sie endlich jene Freiheit, nach der sie sich schon lange sehnt. Doch dabei begegnet Sarah immer wieder Bernardino Drovetti, dem größten Rivalen ihres Mannes um das kostbare Erbe der Pharaonen …


„Was immer du tun willst, fang damit an!“

Schon als Mädchen ist Sarah fest entschlossen, sich nicht in die Rolle zu fügen, die ihr vorherbestimmt ist, sondern ihr Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen. An der Seite ihres Mannes, dem italienischen Jahrmarktartisten Giovanni Belzoni, bereist sie ganz Europa und gelangt schließlich als eine der ersten Frauen ihrer Zeit nach Ägypten, ein Land, das im frühen 19. Jahrhundert gerade erst beginnt, sich für die moderne Welt zu öffnen. Eine Frau ist hier entweder Arbeitstier oder Schmuckstück des Harems – und auch die Männer in Sarahs Umgebung glauben zu wissen, was sich für eine Frau gehört und was nicht. Sarah erkennt, dass es nicht ausreicht, nur einen Schritt nach vorne zu wagen. Sie beginnt, ihren eigenen Weg zu gehen, von den Pyramiden Kairos über Abu Simbel bis ins Heilige Land – und erkennt, dass jede Entdeckung sie zu einer neuen Entscheidung führt …

Wie keine andere Autorin versteht es Tanja Kinkel, Geschichte lebendig werden zu lassen. Mit diesem Roman setzt sie einer Frau, die heute zu Unrecht in Vergessenheit geraten ist, das verdiente Denkmal: der mutigen Sarah Belzoni.

Mehr Bücher von Tanja Kinkel finden Sie auf
www.historische-romane.de


AUTORIN: Tanja Kinkel
VERLAG: Knaur TB
SEITENZAHL: ca. 688 Seiten
AUSSTATTUNG: Taschenbuch TB
PREIS: EUR (D) 9,95
ISBN: 3-426-63630-1
ERSCHEINUNGSTERMIN: 01.12.2009


AUTORIN: Tanja Kinkel
VERLAG: Droemer Belletristik
SEITENZAHL: 688 Seiten
AUSSTATTUNG:
Gebunden mit Schutzumschlag
PREIS: EUR (D) 19,95
ISBN: 978-3-426-19816-2



Eigene W E B S I T E des Buches:
http://www.saeulenderewigkeit.de/


Link zum T R A I L E R:
http://www.saeulenderewigkeit.de/trailer.html


Über die A U T O R I N:
Die Autorin

Tanja Kinkel, geboren 1969 in Bamberg, gewann bereits mit 18 Jahren erste Literaturpreise und studierte später Germanistik, Theater- und Kommunikationswissenschaft in München, wo sie auch heute noch lebt.

Ihre Bestseller, die in mehr als ein Dutzend Sprachen übersetzt wurden, schlagen den Bogen von der Gründung Roms bis ins Amerika des 21. Jahrhunderts.

Mehr über Tanja Kinkels Recherche zum Roman „Säulen der Ewigkeit“ unter Hintergründe.

Tanja Kinkel im Interview auf
www.historische-romane.de

Zur Schreibwerkstatt der Autorin
Tanja Kinkel:
http://www.tanja-kinkel.de/


Die Autorin über ihr Buch:
Die Autorin über „Säulen der Ewigkeit“ und über die historischen Persönlichkeiten, die in ihrem neuen Roman die Hauptrollen spielen

Als ich zum letzten Mal an den Ufern des Nils den Spuren der Pharaonen folgte, entschied ich mich, einen Roman über David Roberts zu schreiben. Er war der Sohn eines Schusters, der aus eigenem Antrieb Malen lernte. Er kämpfte sich vom Job eines Kulissenmalers beim Provinztheater bis zum Mitglied der englischen Kunstakademie durch. Bei meiner Recherche über seine Reise durch Ägypten, Nubien und das Heilige Land begegnete ich aber immer wieder den Personen, die später tatsächlich zu den Hauptfiguren meines neuen Romans geworden sind. Und die waren 20 Jahre vor David Roberts unterwegs.

Jeder von ihnen, Giovanni und Sarah Belzoni, Bernardino Drovetti, Henry Salt, Ludwig Burkhardt und Mehemed Ali, der Pascha von Ägypten, hätte für sich beanspruchen können, allein im Mittelpunkt eines meiner Bücher zu stehen – nachdem, was sie erlebt und getan haben. Selten bei meinen Recherchen gab es eine solche Reihe beeindruckender Persönlichkeiten zeitgleich nebeneinander:

Giovanni Belzoni und seine Frau Sarah entstammten einfachsten Verhältnissen. Er, unwillig Soldat in Napoleons Armee zu werden, verließ seine italienische Heimat und schlug sich als Rosenkranzverkäufer durch. Zwei Meter groß und bärenstark wurde er zum „Herkules“ auf den Jahrmärkten. Weil er immer an sich glaubte und eine Menge schlummernder Talente besaß, mutierte er zum Maschinenkonstrukteur in Ägypten. Giovanni wurde dort zu einem der ersten Archäologen und sicher der erfolgreichste – wenn diese Abenteurer den Begriff überhaupt schon verdient haben. Denn allzu wissenschaftlich gingen sie damals nicht an ihre Arbeit heran.

Bernardino Michele Maria Drovetti hatte Karriere in der Grand Armee gemacht. Aufgrund einer Verwundung schlug er aber eine andere Laufbahn ein: Er wurde Konsul Frankreichs in Ägypten, wo er gemeinsam mit Mehemed Ali Pascha die Engländer vertrieb und so ein Freund des Herrschers wurde. Mehemed Ali selbst hatte seine märchenhafte Karriere als Tabakverkäufer in Albanien begonnen und gründete am Nil eine Königsdynastie. Henry Salt, eigentlich Naturforscher und Maler, war Konsul in Kairo. Dort begegnete er dem britischen Agenten Johann Ludwig Burkhardt, der als zweiter Christ überhaupt in Mekka eindrang. Bei seinen Streifzügen durch die arabischen Wüsten entdeckte Burkhardt die Felsenstadt Petra (im heutigen Jordanien) und Abu Simbel (siehe „Reise zum Nil“).

Mir als Autorin war aber die Frau im Hintergrund wichtiger als die männlichen Giganten. Ich entschied mich für Sarah Belzoni, ein Mädchen aus dem Waisenhaus von Bristol. Sie wollte zwischen all diesen beeindruckenden Männern, die die altägyptische Kultur für Europa erschlossen, nicht nur Mrs. Belzoni sein. Sie war vielmehr eine eigenständige Persönlichkeit, mit eigenen Vorstellungen und starkem Willen. So waren es ihr Unternehmensgeist und ihr Fernweh, die sie und ihren Mann Giovanni ursprünglich zusammengeführt und bis nach Abu Simbel gebracht hatten.

Doch Sarah wollte noch mehr. Ihr Weg führte sie sogar ganz allein bis auf den Felsendom in Jerusalem, wo weiße Frauen damals so selten und gefährdet waren, wie heute eine Astronautin ohne Raumschiff allein auf dem Mond. Sie war so eigenständig, dass sie sich selbst von Menschen faszinieren ließ, die ihr Mann hasste, und nahm in Kauf, notfalls auch ohne männlichen Schutz die Welt zu sehen. Und das in einer Zeit, in der das gehorsame Warten auf den Ehemann selbstverständlich war ...

Sarahs innere und äußere Reise bildet damit das Herz meines Romans. Ich freue mich, wenn Sie mir 700 Seiten auf dieser Reise folgen.
Ihre Tanja Kinkel


Hinweis:
Unter folgender URL sind auch Bilder der Personen und weiterführende Links zu ihnen zu finden: http://www.saeulenderewigkeit.de/hintergruende.html


L E S E R S T I M M E N
sind unter http://www.saeulenderewigkeit.de/leserstimmen.php einsehbar.


R E Z E N S I ON E N:


Badisches Tagblatt
| 14.02.2009

"Die Spezialistin für historische Romane hält sich an die mageren Fakten und verleiht der ebenso unternehmungslustigen wie gebildeten Sarah sehr sympathische Züge, ohne sie zu idealisieren. Mit sicherer Hand zeichnet sie das abenteuerliche Umfeld der Belzonis nach und spart nicht mit Seitenhieben auf die Grabräuber-Touristen, die die Ausgrabungen Belzonis und seiner Konkurrenten anlockten."
Amazon.de
| 23.10.2008

"Sehr empfehlenswert!"
Brigitte
| 08.10.2008

„Tanja Kinkels Roman ist ein echter Pageturner (...) Kaum eine andere deutsche Autorin versteht es, historische Fakten so unterhaltsam aufzubereiten.“
Nordwest Zeitung
| 03.10.2008

"Kinkel hält sich an die historischen Fakten des ungewöhnlichen Paares und lässt es mit flüssigen Dialogen und bunten Szenenbeschreibungen lebendig werden."
Nürnberger Nachrichten
| 09.09.2008

"Was die Autorin aus den historischen Fakten gemacht hat, ist gleichermaßen dokumentarisch exakt und unterhaltsam. (..) Insgesamt ein Buch, das Frau Kinkel ein paar neue Fans bringen sollte."
Neue Presse
| 02.09.2008

"Kinkel erzählt spannend und schillernd, mit wechselnden Perspektiven und entwirft mit dem Waisenkind James und dem jungen Dolmetscher George hervorragende Randfiguren."
dpa
| 11.08.2008

"ein unterhaltsames und zugleich lehrreiches Lesevergnügen für alle Freunde anspruchsvoller Historienromane" (Britta Schmeis)
Fränkischer Tag
| 09.08.2008

"Tanja Kinkel ist mit "Säulen der Ewigkeit" ein spannender, historisch informativer und unterhaltsamer Roman geglückt, der einen detailreichen Einblick in eine faszinierende Epoche gewährt und ein Sittengemälde der Zeit zeichnet anhand historischer Personen. Und das auf packende und lesenswerte Weise."
Joy
| August 2008

"Prachtvolles Epos nach einer wahren Geschichte."
LENZ
| Oktober 2008

"Ein kluger, sehr penibel recherchierter Roman.."
DB Welt
| 9/2008

"Tanja Kinkels historischer Roman erweckt Sarah Belzonis tatsächliche Geschichte zum Leben - wie immer hervorragend recherchiert und brillant erzählt."
Kölner Stadt-Anzeiger
| 9./10.08.2008

"(..) Darin schildert die studierte Germanistin ebenso kundig wie fesselnd die außergewöhnliche Geschichte der couragierten Engländerin Sarah .(..)"






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L E S E P R O B E:

Tanja Kinkel
Säulen der
Ewigkeit Roman
Droemer
ZWEITES BUCH

1816
Memnon

Kapitel 6
Es gab nicht viele Momente, in denen der neue englische Konsul in Ägypten sich wünschte, er sei immer noch nichts weiter als ein Maler. Die Palastanlagen des Paschas in Schubra zu besuchen und die Menschen zu beobachten, die der Zeremonie am Nilufer beiwohnen würden, der die heutige Einladung galt, war einer davon.
Henry Salt hielt sich für einen guten, aber keineswegs überragenden Künstler. Das war keine Bescheidenheit, nur das Bewusstsein, dass es Bereiche gab, in denen er Besseres
leisten konnte als in der Malerei. Mit zweiundzwanzig war er von Lord Valentia als Sekretär und Zeichner angestellt orden, um ihn auf seiner Reise nach Indien zu begleiten.
Indien hatte sein Leben verändert; dort hatte er eine Gelegenheit beim Schopf ergriffen und sich freiwillig gemeldet, um nach Abessinien zu reisen. Er hatte dort die Freundschaft des mächtigsten Häuptlings, des Ras, errungen und war mit Vokabular-Sammlungen der Sprachen Makuana, Monju, Swahili, Samauli und Hurrar zurückgekehrt, mit hundertsechsundvierzig verschiedenen Pfl anzen und Aufzeichnungen über siebzig verschiedene Vogelarten, von denen die meisten in Europa noch völlig unbekannt gewesen waren. Das hatte ihm die Aufmerksamkeit der Royal Society und der African Association eingebracht, das Wohlwollen von Sir Joseph Banks und die Ehre, Taufpate für mehrere
der Pfl anzen zu werden. Als er hörte, dass Colonel Misset, der britische Konsul in Ägypten, um seine Entlassung erbeten hatte, beschloss Salt, den nächsten Schritt zu wagen, und bewarb sich um das Amt. Er hatte seinen sechsund dreißgsten Geburtstag noch vor sich, als es ihm übertragen wurde.
»Wir brauchen einen guten Mann dort«, sagte Sir Joseph Banks, der neben seinen übrigen Aufgaben für die Regierung auch das Britische Museum leitete. Ob er mit »wir« die Regierung Seiner Majestät, die Royal Society oder das Britische Museum meinte, ließ er offen. »Die Bedeutung des
Roten Meers für die ostindische Handelskompanie muss ichIhnen ja nicht erst erläuter. Außerdem ist die Gelegenheit günstig, die Art und Weise, wie der Pascha uns gegen dieFranzosen ausspielt, endlich etwas mehr zu unseren Gunsten zu wenden. Mit Boney sind wir fertig, das bedeutet, dass wir als Sieger dastehen, und der französische Konsul, der so innig mit dem Pascha liiert war, dieser Drovetti, der ist gerade ersetzt worden. Wenn Sie es nicht fertig bringen, den neuen Repräsentanten einer besiegten Nation schlecht dastehen zu lassen, sind Sie nicht der Mann, für den ich Sie halte, Salt.«
»Ich werde die Regierung Seiner Majestät nicht enttäuschen,Sir.«
»Und noch etwas. Ägypten ist nicht unbedingt für seine Vögel berühmt, wenn Sie verstehen, was ich meine. Wir haben alle Denon gelesen. In diesem Land warten die Zeugnisse der ältesten Kultur der Welt auf uns, aber haben die Türken und die Araber einen Sinn dafür? Nein. Die Welt hat noch Glück, wenn Mehemet Ali die Pyramiden nicht weiter als Steinbruch benutzt, wie es seine Vorgänger getan haben.
Es ist geradezu unsere moralische Pfl icht, die edlen Überbleibsel der Vergangenheit vor dem Verfall zu retten und in ein zivilisiertes Land zu bringen.« Banks’ Augen verengten sich. »Wir werden den Teufel tun und dieses Erbe den Franzosen überlassen.«
»Ich verstehe, Sir.«
Einen großen Vorteil gegenüber den Franzosen hatte Salt bereits kurz nach seiner Ankunft herausgefunden und prompt genutzt. Die französische Regierung bestand darauf, ihr Generalkonsulat in Alexandria zu behalten. Sein Vorgänger hatte das englische Konsulat ebenfalls dort gehabt,
doch Salt nützte seinen Amtsantritt und seine Vollmachten umgehend aus, um es nach Kairo zu verlegen. Nach all den Berichten, die er studiert hatte, hielt sich der Pascha dort wesentlich häufi ger auf. Es war ein kostspieliger Entschluss, gewiss; die Arbeiten an dem Haus, das er ausgewählt hatte, würden ihn fünfhundert Pfund gekostet haben, wenn sie endlich einmal beendet wurden. Dazu kamen vierhundert Pfund an Colonel Misset für die Möbel, die aus Alexandria gebracht wurden, und die ständigen Ausgaben, die er als Konsul haben würde: sein persönlicher Sekretär
und ein Übersetzer, drei Pferde mit ihren Pferdeknechten, zwei Wächter, ein Haushofmeister, ein Koch und ein Gärtner; außerdem ein Kamel, um Wasser vom Nil in das neue Konsulat zu schaffen, ein Esel und eine Waschfrau. Das Gehalt, das ihm als Konsul versprochen wurde, eintausendfünfhundert
Pfund im Jahr, sah auf einmal längst nicht mehr so hoch aus; sehr viel Geld blieb nicht übrig, wenn man die Ausgaben dagegen rechnete.
»Sie könnten sich Sklaven nehmen, alter Junge«, riet Colonel Misset ihm bei seiner Abschiedszeremonie, aber Henry Salt hatte energisch den Kopf geschüttelt.
»Das verstieße nicht nur gegen die nunmehrigen Prinzipien unserer Regierung, sondern auch gegen meine eigenen.«
»Es ist Ihre Angelegenheit«, sagte Misset und nahm das nächste Schiff nach Italien, weil er nicht glaubt, nach all den Jahren im Osten das englische Klima in seinem Zustand noch verkraften zu können. Salt hatte sich nicht nur um den Konsulatsposten bemüht, weil er Ansehen versprach. Er hatte Ägypten gemeinsam mit Lord Valentia besucht, auf dem Rückweg von Indien. Das Land und die Spuren seiner ungeheuer alten Kultur, allgegenwärtiger als in jedem anderen Reich, das er auf seinen
Reisen kennengelernt hatte, faszinierten ihn. Außerdem hatte Sir Joseph recht: Man konnte die hiesigen Altertümer unmöglich den Türken oder den Franzosen überlassen. Was der Pascha derzeit mit Alexandria anstellte, war ein hervorragendes Beispiel dafür, warum Ägypten in gewisser Hinsicht
vor sich selbst gerettet werden musste. Aus den schönen Ruinen der alexandrischen Stadtmauer, die Salt bei seinem ersten Besuch noch bewundert und gezeichnet hatte, war eine hässliche moderne Festungsanlage geworden.
Bei der Zeremonie, der Henry Salt heute beiwohnen sollte, handelte es sich um einen weiteren Modernisierungsversuch des Paschas, der diesmal nicht zu Lasten alter Kulturgüter gehen sollte. Einer der Ingenieure, die er im Ausland angeworben hatte, ein gewisser Giovanni Belzoni, hatte eine
hydraulische Maschine gebaut, die angeblich von nur einem Ochsen statt von vieren betrieben werden konnte und trotzdem doppelte Leistung versprach. Sie sollte am heutigen Tag vorgeführt werden. Das allein wäre vielleicht nicht unbedingt ein Grund für den englischen Konsul gewesen, zu erscheinen,
doch der wichtigste Mann, den die Royal Society in Ägypten beschäftigte, Johann Ludwig Burkhardt alias Scheich Ibrahim, hatte ihn dringend gebeten, zu kommen; Salt, der Burkhardt auf seinen Reisen kennengelernt hatte, respektierte dessen Urteilsvermögen.
Einmal vor Ort, war er sofort froh, dass er gekommen war. Schubra lag etwa drei Meilen von Kairo entfernt; der Pascha hatte einen kleinen Palast dort, so wie einige andere der reichsten Bewohner Kairos. Innerhalb der Palastanlagen, die an das Nilufer reichten, hatte man Belzoni ein kleines Haus mit Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt. Salt genoss es, durch Palmen und Jasminhecken zu schlendern, bis er das Ufer erreichte. Das war der Moment, in dem er sich wünschte, noch ein Maler zu sein, dem es gestattet war, seinen Zeichenblock zu zücken, statt ein Konsul, der dergleichen
vielleicht in seiner Freizeit tun konnte, aber nicht, wenn er die Regierung Seiner Majestät repräsentierte. Dabei wäre, was er sah, des Zeichnens überaus wert gewesen: der Pascha inmitten einiger seiner Gefolgsleute, klein, wie immer juwelenlos, was ihn von seinem bunt geschmückten
Gefolge umso deutlicher abhob und nach Salts Meinung auch bewusst so kalkuliert war; einige arabische Arbeiter, die den Aufbau am Fluss misstrauisch beäugten; Kinder, die hin und her liefen, um mehr zu sehen; der ehemalige französische Konsul, Bernardino Drovetti, den er durch seinen
ersten Ägyptenbesuch kannte und gleich begrüßen würde; und das kleine Grüppchen, bei dem Scheich Ibrahim stand. Wer der rothaarige junge Mann war, wusste Salt nicht, aber der dunkelhaarige Riese musste Belzoni sein. Er hätte ein gutes Modell für einen Zyklopen abgegeben. Die zierliche
Frau neben ihm wirkte durch den Kontrast kleiner, als sie in Wirklichkeit war, das konnte Salt, der sich als Zeichner mit Proportionen auskannte, beurteilen. Obwohl sie in den Londoner Salons nur durchschnittlich gewesen wäre – passable Figur, ein angenehmes Gesicht, Haar, das in der Sonne
von hellbraun zu aschblond aufgehellt war, also nichts Außergewöhnliches –, fühlte er hier bei ihrem Anblick einen Anflug von Wehmut.
Vor seinem Aufbruch nach Ägypten hatte er versucht, eine passende Frau zu fi nden. Von der einzigen Kandidatin, die für ihn in Frage kam, erhielt er eine Abfuhr. Henry Salt kannte sich; ein Leben voller Enthaltsamkeit war nichts für ihn. Aber in einem muslimischen Land war eine Ehe mit
einem respektablen einheimischen Mädchen unmöglich, Europäerinnen gab es kaum, und die wenigen, die es gab, waren wie Mrs. Belzoni oder Madame Drovetti bereits verheiratet. Prostituierte waren ein Gesundheitsrisiko und ein Verstoß gegen seine Würde als Konsul, und für Sklavinnen galt Ähnliches. Die Vorstellung, für eine Frau bezahlen zu müssen, statt sie durch seinen Charakter zu gewinnen, fand er überdies erniedrigend.
Scheich Ibrahim, der wie stets als muslimischer Gelehrter gewandet war, sah ihn, sagte etwas zu den Belzonis und gesellte sich zu Salt, während Belzoni mit einer Ansprache auf Italienisch begann, die von dem Übersetzer des Paschas auf Türkisch wiedergegeben wurde.
»Warum auf Türkisch?«, fragte Salt, als Ibrahim näher kam.
»Weil der Pascha auch nach einem Jahrzehnt an der Macht kein Arabisch spricht«, erinnerte Ibrahim ihn. Das hatte zwar in den Unterlagen gestanden, die Salt in London erhalten hatte, doch Salt war nicht sicher gewesen, wie zuverlässig Missets Berichte in diesem Punkt waren. Einem intelligenten
Mann wie dem Pascha, der aus eigener Kraft an die Macht gekommen war, sollte es schließlich nicht schwerfallen, die Landessprache zu lernen. »Da steht er in bester Tradition «, fuhr Ibrahim fort. »Schließlich verrät uns Plutarch, dass Kleopatra die einzige der Ptolemäer gewesen sei, die
tatsächlich Ägyptisch sprach, und die Ptolemäer regierten Ägypten über Jahrhunderte hin.«
»Wird die Maschine denn funktionieren?«, wechselte Salt das Thema.
»Belzoni schwört darauf, und ich halte es für wahrscheinlich. Aber wissen Sie, Salt, das ist nicht so wichtig, vor allem, weil die Grundbesitzer sich ohnehin gegen alles sperren, was der Pascha befi ehlt. Wie auch immer, auf die eine oder andere Weise ist sein Dienst für den Pascha damit beendet.
Und ich glaube, es gibt noch andere Dinge, die Belzoni in Ägypten tun kann … und nicht für den Pascha.«
Salt wollte nachhaken, doch die Ansprache des Riesen näherte sich ihrem Ende, und mit einer großen Geste verbeugte er sich vor Mehemed Ali. Der Pascha gab ein Zeichen, und der Ochse, der an die Maschine gespannt war, wurde von den arabischen Arbeitern durch Schreie angetrieben, bis der Kran mit einem horizontalen Rad anfing, sich zu drehen. Die Kette mit sechs Wassereimern, die das
Wasser aus dem Nil schöpfen sollte, setzte sich mit einem ohrenbetäubenden Jaulen in Bewegung. Salt, der die gewöhnlichen Wasserräder des Nils mit den üblichen kleinen Behältern kannte, war nicht unbeeindruckt.
»Wenn die Maschine das durchhält, dürfte das zwei- oder dreimal so viel Wasser wie gewöhnlich sein, bei nur einem Ochsen«, kommentierte er durch das Kreischen der Kette hinweg.
Scheich Ibrahim nickte. »Wie ich schon sagte: ein talentierter Mann.«
»Worauf wollen Sie hinaus, Scheich?«
»Der Pascha schuldet uns immer noch ein Gegengeschenk für die Geste der englischen Regierung mit der Dampfmaschine und der Pumpe, die hier irgendwo herumsteht und keine Chance mehr erhielt, ihre Wirksamkeit zu beweisen. Es gibt da in Theben einen Kolossalkopf, den wir haben könnten. Das Problem ist nur der Standort, weitab vom Nil. Die Franzosen haben seinerzeit versucht, ihn zu bewegen, aber umsonst. Sie haben ihn den jungen Memnon genannt, nach dem Sohn der Eos, der hier versteinert sein soll. Und glauben Sie mir, Salt, das ist eines der schönsten Beispiele von Bildhauerkunst, die ich je gesehen habe.«
»Griechisch?«, fragte Salt zögernd.
»Nein, ägyptisch. Ganz und gar unbeeinflusst von den Griechen, also glaube ich nicht, dass er aus der Zeit der Ptolemäer stammt. Ein wirklich ägyptisches Kunstwerk, mit einem Antlitz, das völlig unzerstört ist. Sie waren ja schon einmal kurz in Ägypten, Mr. Consul, also wissen Sie vielleicht, wie selten das ist. So oft sind Gesichter von Statuen zerstört worden, weil man sie für Götzen hielt, aber nicht dieser Kopf. Er liegt in dem Tempel, den Diodorus Siculus beschrieben hat, dem Tempel des Ozymandias.«
Salt öffnete den Mund, um eine weitere Frage zu stellen, als der Pascha die Hände in die Hüften stemmte und einen Befehl gab.
»Dem Pascha ist nach einem Scherz«, übersetzte Scheich Ibrahim. »Er möchte sehen, was passiert, wenn der Ochse durch fünfzehn Männer ersetzt wird.«
Der Ochse wurde losgeschirrt, und die arabischen Arbeiter nahmen seinen Platz ein. Auch der Rothaarige, der bei den Belzonis stand, rannte zu ihnen, um sich gegen den ausladenden Hebel zu stemmen. Unter Lachen und Anfeuerungsrufen drehten sie das Rad einmal. Einige Männer im Gefolge des Paschas applaudierten; aus dem Augenwinkel sah Salt, wie Mrs. Belzoni ihrem Mann die Hand auf den
Arm legte und sie sich zufrieden ansahen.
Doch dann ließen sich wie auf ein unsichtbares Zeichen alle Araber fallen. Durch das Gewicht der Wassermassen verlor das Rad jegliche Balance und schlug mit einer derartigen Wucht zurück, dass die Fangvorrichtung, wenn denn eine existierte, dem Druck nicht gewachsen war. Der Hebel schlug zurück – und traf das einzige Ziel, das nicht auf dem Boden lag.
Der rothaarige Junge wurde wie ein Stein aus einem Katapult geschleudert. Belzoni, der sofort losgelaufen war, sprang hinzu und hatte wohl den vollkommen irrsinnigen Plan, den Hebel abzufangen!
Salt hielt den Atem an.
Was fünfzehn Männer nicht geschafft hatten, gelang dem Riesen, auch wenn seine Adern vor Anstrengung hervortraten und ein Netzwerk über seine Haut legten. Der Kran verlangte kein weiteres Opfer. Stattdessen kam das Rad zum Stehen. Belzoni brüllte einen der Araber an, der schnell einen
Keil in das Übersetzungsgetriebe steckte, und ließ erst dann den Hebelarm los.
»Bei Gott«, sagte Salt. »Das ist der stärkste Mann, den ich je gesehen habe!«
Mrs. Belzoni war zu dem rothaarigen Jungen geeilt, der auf dem Boden lag und stöhnte. Sein Bein stand in einem unmöglichen Winkel ab, und es war klar, dass es gebrochen war.
»Der arme James«, sagte Ibrahim. »Aber verstehen Sie nun, was ich meine? Dieser Mann könnte auch einen Kolossalkopf bewegen. Und nach dem, was der Pascha ihm neben der Unterbringung gezahlt hat, wird selbst der geringste Lohn, den Sie ihm zahlen können, ihn überzeugen.«
»Sie sollten mich vorstellen«, meinte Salt und machte sich gemeinsam mit Ibrahim auf den Weg zu dem Italiener, der, nachdem er seine Maschine verankert hatte, schwer atmend vor dem Pascha stand. Mehemed Ali strich über seinen Bart, in dessen rotbraune Haare sich bereits beträchtliches Grau
mischte, und verkündete auf Türkisch, es sei leider offenkundig, dass diese Maschine eine zu große Gefahr darstelle, um in Ägypten durch die dummen Fellachen betrieben zu werden.
Immerhin habe sie versucht, einen Mann zu töten. Damit wandte er sich ab und schritt mit seinem Gefolge davon.
»Es tut mir leid, aber das war zu erwarten«, sagte Drovetti, der ebenfalls zu dem wie erstarrt dastehenden Belzoni getreten war, als Salt näher kam. »Nach der Meuterei im letzten Jahr ist der Pascha vorsichtig damit geworden, welche fränkischen Erneuerungen er durchzusetzen versucht und welche nicht.«
»Sie!«, knurrte Belzoni. »Sie haben ihn gegen meine Maschine eingenommen, geben Sie es doch zu!«
Ehe Drovetti etwas erwidern konnte, erhob Mrs. Belzoni ihre Stimme, die zu Salts Überraschung nichts Italienisches an sich hatte und so englisch wie die Nationalhymne klang.
»James braucht Hilfe«, sagte sie scharf. »Wären die anwesenden Herren so gut, ihn in unser Haus zu tragen und einen Arzt zu holen?«
Belzoni schaute beschämt drein, rannte zu ihr und hob den Jungen mühelos vom Boden auf. Salt folgte langsamer. Er hatte auf seinen Reisen einiges über Nothilfe gelernt, doch er vermutete, dass Ibrahim in diesen Dingen noch erfahrener war und dass es vermutlich hilfreicher war, wenn er sich in
der Zwischenzeit innerhalb der Palastanlagen nach einem richtigen Arzt umsah. Drovetti gesellte sich zu ihm. Sie wechselten einige Höfl ichkeitsfl oskeln, dann sagte Salt: »Ich bin überrascht, Sie noch in Ägypten zu finden. Monsieur Thédénat-Duvent ist bereits seit dem letzten November amtierender Konsul, nicht wahr? Wir wollen doch nicht hoffen, dass ein so wichtiger Posten mit jemandem besetzt wurde, der ohne den Rat seines Vorgängers nicht sein kann?«
»Aber nicht doch«, sagte Drovetti freundlich. »Monsieur Thédénat-Duvent ist bewundernswert selbstständig. Aber nun, da mich die Last meines Amtes nicht mehr drückt, nutze ich die Möglichkeiten, die dieses schöne Land bietet, und reise. Sie werden das verstehen, Salt, bei Ihrer eigenen Passion für das Abenteuer. Ich fi nde es wirklich lobenswert und opferbereit von Ihnen, auf weitere völkerkundliche Expeditionen zugunsten des diplomatischen Dienstes fürs Vaterland zu verzichten. Aber wie sagte Ihr großer Held Nelson, ehe er von einer französischen Kugel getroffen wurde? England erwartet, dass jedermann seine Pfl icht tut. Au revoir, mon ami.«
Er tippte an seinen Hut und verschwand. Erst als James versorgt und verarztet war, fand Salt die Gelegenheit, sich den Belzonis ordentlich vorzustellen und Belzoni zu fragen, was er nun zu tun gedenke.

»Ich weiß es noch nicht«, erwiderte der Hüne und starrte
düster an Salt vorbei in die Richtung des Nilufers, wo seine Maschine stand und wohl von nun an ungenutzt stehen würde, während sie langsam verrottete.
»Nun, Scheich Ibrahim … Mr. Burkhardt hat mir da einen interessanten Vorschlag gemacht. Ich nehme an, er hat Ihnen auch schon vom Kopf des Memnon erzählt, der sich im Ozymandias-Tempel in Theben befi ndet?«
»Der, den die Franzosen nicht bewegen konnten«, bestätigte Belzoni. Sein Blick wurde lebhafter. »Ja, das hat er.«
Salt erinnerte sich an die Reaktion dieses Mannes auf den ehemaligen französischen Konsul und bemerkte: »Nicht nur die Franzosen unter Bonaparte während der damaligen Invasion. Soweit ich weiß, hat auch Monsieur Drovetti persönlich versucht, den Kopf zu bewegen, und ist gescheitert. Wie man hört, sammelt er Altertümer, so dass ich mir vorstellen
kann, dass ihn dieser Umstand …«
»Ich bin dabei«, unterbrach Belzoni ihn. Salt kam zu dem Schluss, dass sich seine Amtszeit in
Ägypten wirklich sehr vielversprechend anließ. James’ Bein war geschient, aber noch längst nicht geheilt, als er mit den Belzonis Kairo verließ. Eigentlich hätte er gerne noch gewartet, um in der Lage zu sein, es den Arbeitern heimzuzahlen, denen er sein gebrochenes Bein verdankte. Er malte sich aus, wie er ihnen aufl auern und sie alle einzeln verprügeln würde. Es war eine befriedigende Phantasie, die ihn von seinen Schmerzen ablenkte. Trotzdem verstand er, warum Mr. B so schnell aufbrechen wollte, als Mrs. B es ihm erklärte. »Der Pascha ist für unseren Lebensunterhalt aufgekommen und hat uns das Haus in Schubra zur Verfügung gestellt, solange Mr. Belzoni für ihn gearbeitet hat«, sagte sie sachlich. »Aber eine Prämie hätte es nur gegeben, wenn er die Maschine angenommen hätte. Und damit haben wir nicht mehr Geld zur Verfügung als das, womit wir nach Ägypten gekommen sind. Mr. Salts Auftrag ist die beste Möglichkeit, das zu ändern. Überdies ist es eine Ehre, für die englische Nation tätig zu sein. Weit mehr als für einen orientalischen Tyrannen.«
»Was wird jetzt aus der Maschine, Mrs. B?«
Mrs. B seufzte, und James wusste, dass ihr genau wie ihm all die Monate vor Augen standen, in denen Mr. B an dem Apparat gearbeitet hatte, und wie stolz er darauf gewesen war, etwas zu schaffen, was nach allgemeiner Ansicht nur ein Gelehrter hätte fertig bringen können.
»Sie wird als Kuriosität im Park des Paschas herumstehen, genau wie die Pumpe des Prinzregenten. Das lässt sich nicht ändern, James. Mr. Belzoni hat sein Möglichstes gegeben, wie er es immer tut.«
»Wenn ich den Kran hätte halten können …«
»Das war ganz und gar unmöglich, James. Es war nicht deine Schuld.«
»Mr. B hat es gekonnt«, sagte James und verstummte.
»Nun, wenn wir alle so stark wären wie Mr. Belzoni, dann hätte nie jemand bezahlt, um seine Kunststücke zu bewundern, nicht wahr?«
Das Schiff, mit dem sie am 30. Juni von Bulak aus den Nil aufwärts segelten, war ein kleiner Einmaster mit einer Besatzung von fünf Mann und dem Reis genannten Kapitän.
Als Dolmetscher nahmen sie George mit, der von Mr. Turner nach dessen Reise durch den Sinai in Kairo zurückgelassen worden war. James argwöhnte, dass George außerdem für ihn einspringen sollte, solange er noch pfl egebedürftig war und Mr. B nicht viel zur Hand gehen konnte. Nun, wenigstens
war es nicht Rifaa, dessen Studien sicherstellten, dass er nicht mit den Belzonis kommen konnte; außerdem tat George ihm leid. Er hatte offenbar darauf gehofft, dass Mr. Turner ihn nach England mitnahm, und aus Enttäuschung mit dem Trinken jedes erreichbaren Schlucks Alkohol angefangen.
Mr. B erwähnte die Maschine nie mehr. Ob der Gedanke an sie nun zu schmerzhaft oder zu erzürnend war, er behandelte sie und seinen alten Traum, als Wohltäter Ägyptens in die Geschichte einzugehen, als habe beides nie existiert. Er hatte sich auch nicht von Scheich Ibrahim trösten lassen, der ihnen allen davon erzählte, wie Mehemed Alis Versuch, den Ölbaum in Ägypten einzuführen, von den Fellachen zurückgewiesen worden war, weil sie die Segnungen dieses Baumes nicht verstanden und Ölbaum nach Ölbaum vertrocknen ließen. »Seither ist er sehr vorsichtig geworden. Nehmen Sie es nicht persönlich«, hatte Scheich Ibrahim Mr. B beschworen, doch den kümmerten dergleichen Erläuterungen nicht mehr. Stattdessen redete er nur noch davon, wie Mr. Salt ihm zusätzlich zu dem Transport des Kopfes damit beauftragt habe, alles, was er an gut erhaltenen Altertümern finden würde, ebenfalls nach Kairo zu schicken:
»Für das Britische Museum«, sagte er mit jenem Ausdruck von Stolz im Gesicht, den James an ihm vermisst hatte seit dem Debakel mit der Maschine.
»Hat er das gesagt?«, fragte Mrs. B.
»Nun, er ist der englische Konsul. Es muss für das Britische Museum sein! Außerdem hat er mir zusätzliche tausend Piaster dafür gegeben. Die können doch nur aus seinem Gehalt als Konsul stammen, eh? Überlege doch, Sarah. Der Kopf Memnons wird nur das erste von vielen Monumenten
sein, das im Britischen Museum stehen und den Namen Belzoni tragen wird.«
»Verzeihung, Mr. B«, unterbrach James, »aber wer war eigentlich dieser Memnon, dessen Kopf Sie holen sollen?«

»Das«, sagte Mr. B mit dem pfiffigen Gesichtsausdruck, den er an den Tag legte, wenn er etwas nicht wusste, aber gleichzeitig eine wunderbare Möglichkeit hatte, dies zu überspielen, »soll dir Mrs. Belzoni erklären, James.«
»Memnon war der Sohn der Göttin Eos, James«, begann Mrs. B, doch es schien ihr nicht so viel Freude wie sonst zu bereiten, die Erklärung für Mr. B zu übernehmen; da es dafür aber eigentlich keinen Grund geben konnte, verwarf James den Gedanken sofort wieder und hörte gespannt weiter zu. »Er hat im Trojanischen Krieg gekämpft, und als er starb, verwandelte die Göttin ihn in Stein und brachte ihn in seine Heimat Ägypten zurück. So glaubten jedenfalls die heidnischen Griechen. Natürlich kann es nicht dieser Memnon sein, aber der Name hat sich offenbar eingebürgert.
Wenn es Mr. Young gelingt, die ägyptische Schrift zu entziffern, fi nden wir vielleicht heraus, wen der Kopf wirklich darstellt.«
»Unser Freund Ibrahim«, meinte Mr. B, »hat mir erzählt, dass ein römischer Schriftsteller namens Diodor Nochetwas den Tempel beschrieben hat, in dem dieser Kopf liegt, und behauptet, er sei von einem König namens Ozymandias errichtet worden.«
James probierte die Namen der Reihe nach aus. »Memnon … Ozymandias … Memnon ist einfacher«, entschied er.
»Lass mich noch einmal Salts Bevollmächtigungsbrief lesen «, sagte Mrs. B, und als Mr. B ihn ihr aushändigte, las sie halblaut vor.
Der erwähnte Kopf befi ndet sich am Westufer des Flusses gegenüber von Karnak, in der Nähe des Dorfes Kurna. Er liegt an der Südseite eines zerstörten Tempels, der von den Einheimischen Kossar-el-Dekaki genannt wird. Der Kopf ist noch mit einem Teil der Schulterpartie verbunden und weist folgende Merkmale auf:
1.) Er liegt auf dem Boden; das Antlitz ist himmelwärts gerichtet.
2.) Die Gesichtszüge sind vollkommen und sehr schön.
3.) In einer der Schultern befi ndet sich ein Loch, das die Franzosen hineingebohrt haben sollen, um den Kopf vom Rumpf zu trennen.
4.) Der Kopf ist aus rot-schwarzem Granit, und die Schulterpartie ist mit Hieroglyphen bedeckt. Er darf keinesfalls mit einem anderen verwechselt werden, der in der Nähe liegt und stark zerstört ist.
»Giovanni«, sagte Mrs. B beunruhigt, »was ist, wenn du den Kopf birgst und dann erklärt wird, es handele sich um den falschen, um dich um dein Honorar zu prellen?«
Mr. B zwickte sie in die Nase. »Sei nicht so misstrauisch, Sarah! Hier bietet sich endlich die Möglichkeit, den Namen Belzoni unsterblich zu machen. Da denkt man nicht an kleinlichen Wucher.«
»Ich würde sehr wohl daran denken«, sagte George, der gelauscht hatte, später zu James. »Weil ich nämlich bezahlt werden will. Wenn du klug bist, bestehst du auch auf dein Gehalt. Glaub mir, wer für Herrschaften arbeitet, weil er sie gern hat, ist ein Narr!«
»Vielleicht bei deinem Turner«, sagte James gekränkt.
»Außerdem, was soll ich hier mit eigenem Geld? Mr. B kommt für mich auf, und es gibt nichts Gescheites, für das man es ausgeben kann in diesem Land!«
George machte ein überlegenes Gesicht. »Ha! Das glaubst auch nur du. Warte, bis wir in Assiut sind.«

Sarah war für die Reise einen Kompromiss mit sich selbst eingegangen: Sie trug immer noch ein Korsett und die Wäsche, die sich für eine Frau ziemte, aber sie hatte ihre Kleider sorgfältig verpackt und sich für die weiten blauen Hosen eines ägyptischen Mannes und die braune Weste eines europäischen entschieden. Auf diese Weise hoffte sie, einerseits mehr Bequemlichkeit und Bewegungsfreiheit zu haben und andererseits nicht zu sehr aufzufallen. Selbst Burkhardt war
einigermaßen konsterniert gewesen, als sie sagte, sie wollte Giovanni begleiten, statt in Kairo zu bleiben.
»Nilaufwärts gibt es keine Europäerinnen«, sagte er.
»Und die einzigen einheimischen Frauen, die von einem Ort zum anderen reisen, sind Sklavinnen und Tänzerinnen. Bei allem Respekt vor Ihrer Hingabe als Gattin, Mrs. Belzoni, ich halte das für zu gefährlich.«
»Gefährlicher als Ihren Aufenthalt in Mekka?«, fragte Sarah zurück. »Ich glaube nicht, dass man mich steinigen wird, und mir wurde versichert, Derartiges hätte Ihnen geschehen
können, hätte man Sie als Franken entlarvt.«
»Als Christ, nicht als Franken, Mrs. Belzoni«, verbesserteer mit einem unergründlichen Lächeln. Immerhin musste erzugeben, dass sie recht hatte, und gab ihr den Rat, dann wenigstensMännerkleidung zu tragen, um das Risiko zumindesteinzuschränken.
Die Reaktionen auf ihren Anblick in Hosen hätten nicht unterschiedlicher sein können: James klappte der Unterkiefer nach unten, dabei hatte er sie auf der Bühne oft genug in ihren Pluderhosen gesehen. »Aber doch nicht hier, Mrs. B!«, sagte er erschrocken, und sie musste ihm versichern, dass das Geheimnis ihrer Schaustellervergangenheit natürlich trotzdem gewahrt bleiben würde. George ließ sich, wenn er überrascht oder entsetzt sein sollte, nichts von diesen beiden Gefühlsregungen anmerken; seine hochgezogene Augenbraue schien Sarah eher ein Anzeichen von Spott zu sein, etwas, was diesem jungen Mann in ihren Augen auf keinen Fall zustand.
Noch mehr aber beschäftigte sie eine andere Reaktion – oder vielmehr der vollkommene Mangel einer solchen: Giovanni nahm keine Notiz von ihren neuen Hosen, und als sie ihn darauf ansprach, murmelte er nur, es sei sicher die praktischste Lösung für sie. Natürlich wusste Sarah, dass er ihnen
allen in Gedanken vorangeeilt war und sich bereits mit der Bergung des Kopfs des Memnon beschäftigte. Aber ein klein wenig störte es sie doch, dass sie deswegen derzeit für ihn unsichtbar geworden war. Sei nicht albern, sagte sie sich, und schob den ganzen ungewohnt frivolen Gedankengang auf das allzu lange Verweilen an Ort und Stelle.
Die Zeit in Kairo war die längste gewesen, die sie und Giovanni seit ihrer Heirat an einem Ort verbracht hatten, und Sarah stellte fest, dass sie das Reisen vermisst hatte. Zudem war es eine große und bisher ungekannte Erleichterung, dabei keine Kleider tragen zu müssen, die für Regentage in England bestimmt waren.
Ob es an der ägyptisch-europäischen Männerkleidung lag oder daran, dass sie inzwischen an das hiesige Klima gewöhnt war, sie genoss es, das Nilufer an sich vorüberziehen zu sehen und die Menschen am Ufer zu beobachten: die Feldarbeiter, oft nur mit einem Lendentuch bekleidet, die
Frauen, deren Hände und Füße mit Henna und Tätowierungen bedeckt waren und die auf ihren Köpfen Obstkörbe trugen, Taubenkäfige oder Wasserkrüge, die Ibisse, die Kamele und die Büffel, die an den alten ägyptischen Wasserrädern zogen und das wohl auch noch das nächste Jahrtausend tun würden.
Nach fünf Tagen erreichten sie Manfalut. Es war kein Ort, an dem sie länger als eine Nacht bleiben wollten; in erster Linie ging es darum, die Vorräte aufzustocken. Außerdem hatte Giovanni die Hoffnung, ein paar Gerätschaften erwerben zu können, die er in Kairo wegen der Eile ihres Aufbruchs nicht hatte fi nden können. Das Einzige, was er mitgebracht hatte, waren Seile aus Palmenfasern, vierzehn Balken und vier Rollen für einen Seilzug. Zumindest ordentliche Taue waren nötig. Während sie auf der Suche waren, erfuhr George, dass Mehemed Alis Sohn Ibrahim Pascha, sich derzeit in Manfalut aufhielt. Da Giovanni von Salt
beauftragt worden war, in Assiut, der Hauptstadt Oberägyptens, dem örtlichen Machthaber seinen Firman vorzuweisen, um sich so die nötigen Arbeiter zu sichern, beschloss er, die günstige Gelegenheit beim Schopf zu ergreifen und Ibrahim Pascha bereits hier seine Aufwartung zu machen.
»Ich werde George zum Übersetzen brauchen«, sagte er zu Sarah. »Aber kommst du …«
»Gewiss«, entgegnete sie fröhlich. »Um Seile zu erkennen, brauche ich ihn nicht, und genügend arabische Zahlen kenne ich mittlerweile, um verhandeln zu können. Mach dir keine Sorgen.«
Er gab ihr trotzdem die Pistole, die er nach dem Aufstand in Kairo erworben hatte, und brach dann mit George auf. Über Mehemed Alis Söhne wusste er nicht viel; angeblich hatte der Pascha Dutzende. Derjenige, der in Kairo am meisten von sich reden machte, war Tusun, der als Held des Krieges gegen die Wahabiten in Arabien galt.
Giovanni versuchte, nicht daran zu denken, wie schnell und leicht Mehemed Ali die Arbeit eines ganzen Jahres in eine Enttäuschung verwandelt hatte. Der Pascha war nicht schuld, entschied er, das hatte auch Burkhardt gesagt, sondern
die von ihm beauftragten Araber, die um ihre Arbeit fürchteten und alle Erneuerungen zurückwiesen. Und natürlich Bernardino Drovetti. Seine Hilfsbereitschaft war von Anfang an nur Tarnung gewesen, trotz ihrer gemeinsamen Herkunft. Giovanni war sicher: Drovetti, der Franzosenknecht, musste gegen ihn intrigiert haben, weil Giovanni die unendlich würdigere Partei Englands ergriffen hatte.
Der angenehme Duft von Kaffee und Sandelholz durchzog die Gassen und ließ ihn hoffen, dass Mehemed Alis Sohn in gastfreundlicher Stimmung sein und ihnen etwas zu trinken anbieten würde. Es überraschte ihn, viele Frauen auf Matten vor ihrer Haustür stehen oder sitzen zu sehen, ganz im Gegensatz zu Kairo; sie trugen helle Kleider, eines über das andere gezogen, und die schwache sommerliche Brise
ließ den Stoff im Wind fl attern. Nach all den Jahren in England, wo jeder auf Pastelltöne schwor, mutete es Giovanni fast heimatlich an, leuchtende Farben wie in Italien zu finden, denn die Kleider der Frauen waren himmelblau, leuchtend gelb und brennend rot, ohne jede britische Mäßigung.
Er nahm seinen Anfl ug von Heimweh als glückliches Omen.
Als er vor den jungen Ibrahim Pascha geführt wurde, blinzelte Giovanni und glaubte einen Moment, die ägyptische Hitze habe ihn dazu veranlasst, das Objekt seines Ärgers leibhaftig werden zu lassen. Neben Ibrahim, der seinem Vater nicht sehr glich, saß gelassen und offenbar bester Stimmung
… Bernardino Drovetti! Musste er diesem Mann schon wieder begegnen?
Der junge Pascha zog die Augenbrauen zusammen, und Giovanni begriff, dass die Überraschung ihn seine Verbeugung hatte vergessen lassen. Eilig holte er sie nach und verfluchte Drovetti einmal mehr. Er überreichte seinen Firman, den Mehemed Alis Sohn huldvoll entgegennahm, aber nur oberfl ächlich betrachtete, bevor er zu sprechen begann.
»Ibrahim Pascha sagt, diese Papiere seien in Ordnung, doch müssten sie dem Defterdar Bey in Assiut gezeigt werden. Er selbst befindet sich auf dem Weg nach Kairo und kann Ihnen daher nicht weiterhelfen«, übersetzte George.
»Und er sagt, dass er Sie auf keinen Fall aufhalten will und sicher ist, dass Sie sofort aufbrechen wollen.«
Giovanni bedankte sich trotz des offensichtlichen Rauswurfs und ging so gemessen, wie er es fertig brachte, hinaus. Auf dem Weg holte ihn Drovetti ein.
»Mein Freund, ich wusste nicht, dass Sie jetzt auch unter die Jäger antiker Stücke gegangen sind«, sagte Drovetti.
»Was für eine unerwartete Freude, Sie hier zu sehen.«
»Das Unerwartete«, entgegnete Giovanni und wünschte sich, diesen Kerl nur einmal fassungslos zu sehen, »ist mein Geschäft.« Es war ein eleganter Satz, auf den er stolz war, bis er sich bewusst wurde, dass er ganz und gar nicht zu dem Belzoni passte, der er zu sein wünschte; derjenige, der die letzten dreizehn Jahre mit dem Studium und der Konstruktion von Maschinen verbracht hatte, nicht auf dem Jahrmarkt.
»Hm«, entgegnete Drovetti, und Giovanni wappnete sich, wartete auf die unvermeidliche Bemerkung über genau diesen Punkt. Stattdessen fuhr der Mann in seinem Italienisch mit dem Piemonter Akzent, der Giovanni von Mal zu Mal mehr auf die Nerven fi el, gelassen fort: »Wenn dem so ist, dann möchte ich Ihnen eine Freude machen. Ganz ehrlich, ich glaube kaum, dass Sie den Memnon-Kopf bewegen werden, aber …«
»Zweifeln Sie etwa an meinen Fähigkeiten?«, fragte Giovanni aufgebracht. »Meine Wassermaschine hat funktioniert. Tadellos funktioniert. Das wissen Sie genau!«
»Natürlich hat sie das, und woran ich zweifl e, Belzoni mio, ist die Arbeitswilligkeit der Fellachen rund um Luxor. Es fällt, sagen wir einmal, nicht leicht, sie zu motivieren. Auch und gerade mit einem Firman des Paschas nicht. Seine Hoheit erfreut sich leider noch keiner großen Beliebtheit bei der Landbevölkerung. Einige gehen sogar so weit, sich zu verstümmeln, um nicht in die Armee eingezogen zu werden.
Doch wie dem auch sei – ich möchte Ihnen ein Geschenk machen. Es gibt dort in den Höhlen von Kurna einen Granitsarkophag, der über und über mit Hieroglyphen bedeckt ist.
Ich war leider nicht in der Lage, ihn von seinem Standort zu entfernen, ohne ihn zu beschädigen. Als Zeichen meines Vertrauens in Ihre Fähigkeiten und damit Sie nicht völlig ohne Ergebnis zu Ihrem neuen Arbeitgeber zurückkehren, möchte ich Ihnen diesen Sarkophag schenken.«
Giovanni war versucht, Drovetti zu sagen, er könne sich den Granitsarkophag in den Hintern stecken. Mitleid und Almosen brauchte er nicht. Aber dann dachte er nach. Ein richtiger Granitsarkophag mit den alten ägyptischen Schriftzeichen war ein eindrucksvolles Stück, das ganz gewiss im Britischen Museum landen würde, wenn er es Salt brachte – und zwar mit dem Namen seines Entdeckers, Giovanni Battista Belzoni. Drovetti glaubte ganz offensichtlich nicht, dass er den Sarkophag bewegen könnte, genauso wenig wie den Memnonkopf; deswegen verschenkte er das Stück so
bereitwillig. Nun, man würde sehen, wer zuletzt lachte!
»Sie sind alles, was ein Landsmann in der Ferne sich nur wünschen kann«, sagte Giovanni und versuchte sich an seiner eigenen Version von Drovettis Lächeln. »Ich akzeptiere mit herzlichem Dank.«
Falls Drovetti etwas anderes erwartet hatte, ließ er es sich nicht anmerken. »Als Zeichen unserer neubelebten Freundschaft werden Sie mir sicher gestatten, Sie und Ihre Gattin heute Abend zu einem Mahl einzuladen.«
»Woher wissen Sie, dass Mrs. Belzoni sich bei mir befindet?«, fragte Giovanni, ehe er es sich versah.
»Der Charakter Ihrer Gattin macht eine andere Möglichkeit für mich undenkbar.«



Inhaltsverzeichnis
PROLOG - 1805 S. 5

ERSTES BUCH - 1815 - Ankunft S. 31
Kapitel 1 S. 32
Kapitel 2 S. 57
Kapitel 3 S. 95
Kapitel 4 S. 115
Kapitel 5 S. 155

ZWEITES BUCH - 1816 - Memnon S. 167
Kapitel 6 S. 168
Kapitel 7 S. 205
Kapitel 8 S. 236
Kapitel 9 S. 264
Kapitel 10 S. 284
Kapitel 11 S. 316

DRITTES BUCH - 1817 - Abu Simbel S. 329
Kapitel 12 S. 330
Kapitel 13 S. 341
Kapitel 14 S. 376
Kapitel 15 S. 403
Kapitel 16 S. 438
Kapitel 17 S. 470

VIERTES BUCH - 1818 - Gottesurteil S. 503
Kapitel 18 S. 504
Kapitel 19 S. 531
Kapitel 20 S. 568
Kapitel 21 S. 601
Kapitel 22 S. 624
Kapitel 23 S. 652

EPILOG - 1821 S. 667