|
Rechte Versuchung
Bekenntnisfall für das Christentum
Sonja Angelika Strube
Herder Verlag
EAN: 9783451397899 (ISBN: 3-451-39789-7)
280 Seiten, hardcover, 15 x 22cm, Juli, 2024
EUR 28,00 alle Angaben ohne Gewähr
|
|
Umschlagtext
Die Extreme Rechte entspricht schon lange nicht mehr dem Klischeebild dumpfer Männerhorden, die unverhohlen die NS-Zeit verherrlichen. Vielmehr gibt sie sich gerne intellektuell, bürgerlich, konservativ und sucht den Brückenschlag bis weit in die Mitte der Gesellschaft. Auch Christentum und Kirchen sind im Fokus. Themen wie Lebensschutz oder Anti-Gender-Aktivismus bieten gemeinsame Schnittfelder - der traditionelle Antimodernismus der katholischen Kirche willkommene Anknüpfungspunkte. Sonja Strube entlarvt die Taktiken rechter Strategen und warnt christliche Kreise eindringlich davor, sich mit den falschen Bündnispartnern einzulassen. Kundig beleuchtet sie zugleich ein hochproblematisches traditionalistisches christliches Milieu und zeigt dessen demokratiefeindliche Umtriebe. Im Anschluss an ihre erhellenden Analysen formuliert sie mögliche Gegenstrategien der Kirchen und zeigt, welches enorme Potenzial diese für die Extremismusprävention und die Verteidigung des demokratischen Rechtsstaats haben.
Sonja Angelika Strube, geb. 1968, Dr. theol. habil., Privatdozentin am Institut für Katholische Theologie der Universität Osnabrück und Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für katholische Theologie der RPTU Kaiserslautern-Landau. Seit 2011 Forschungen und zahlreiche Veröffentlichungen zum Themenfeld Christentum und Rechtsextremismus, religiöser Fundamentalismus, Rechtskatholizismus.
Rezension
Indem rechtsextreme Ideologien die Gleichwertigkeit aller Menschen negieren, widersprechen sie auch der Glaubensüberzeugung, daß jeder mensch ein Ebenbild Gottes ist. Christen und Kirchen sind auch aufgrund ihres Glaubens zu Widerspruch herausgefordert. Manche rechtsextreme Gruppierungen versuchen sich ein christliches Image zu geben und christliche Kreise zu unterwandern oder zu spalten. Um diese Strategien muß man wissen, um sie zu enttarnen (vgl. Kap. 1-5). Insbesondere der auch für Christen essentielle Bereich des Lebensschutzes (vgl. Kap. 6-8) wird von der extremen Rechten okkupiert, ebenso Naturrecht, Ökologie und Nachhaltigkeit (vgl. Kap. 9-10). Es gibt aber auch eine eigene christliche Rechte (vgl. Kap. 11); Anti-Demokratie, Menschenfeindlichkeit und Anti-Semitismus spielen dabei eine zentrale Rolle (vgl. Kap. 10-14).
Oliver Neumann, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Entlarvung von Zugriffsversuchen der Extremen Rechten auf Christentum und Kirchen
Benennung prekärer Schnittfelder und autoritärer rechtschristlicher Gefährdungen
Gegenstrategien der Kirchen gegen rechts und ihr Potenzial für Extremismusprävention
Inhaltsverzeichnis
Zur Einführung 11
Klärungen: Zentrale Begriffe und Phänomene
1. Extremismus, Populismus, Neue Rechte — Klärungen im Dickicht der Begriffe und Phänomene 17
Rechtsextremismus — rechtsextreme Einstellungen — Extreme Rechte 17
Rechtspopulismus 21
Christliche Rechte, Rechtskatholizismus, Rechtschrist:innen 22
2. Die Intellektuelle Neue Rechte 24
Player, Projekte und Protagonisten 24
Konservative Revolution und kulturelle Hegemonie: Theoretische Grundlagen und typische Referenzpunkte 27
Scharnier, Brücke oder Avantgarde? — Die Verortung der Intellektuellen Neuen Rechten im rechten Spektrum 30
Taktiken und Strategien durchschauen und kontern
3. Strategien der Intellektuellen Neuen Rechten und ihre aktuellen Erscheinungsformen 35
Kommunikationstaktiken: Verstellung und „politische Mimikry" 36
Kommunikationstaktiken: Tabubruch — Verzahnung — Selbstverharmlosung 37
Virtuelle Selbstvergrößerung: „Kunstrasenbewegungen" und konzertierte Aktionen 39
Ein unklares Lagebild erzeugen: Themen besetzen, Proteste unterwandern, Querfrontstrategie 42
Was tun? Kommunikation unter den Vorzeichen von Manipulation und Lüge 44
4. Unterwanderung von Orten demokratischer Meinungs- und Gemeinschaftsbildung mit dem Ziel der Spaltung der Zivilgesellschaft 48
Punktuelle Unterwanderungs- und Spaltungsversuche: Wortergreifungen in Bürgerversammlungen und Bildungsarbeit 49
Langfristige Unterwanderungsversuche: Zum Teil der In-Group werden 50
Vereinnahmungs- bzw. Spaltungsversuche durch Aktionen von außen 51
Destabilisieren und Delegitimieren durch Diskreditieren 52
Spaltung durch Parallelstrukturen — Diskreditierung universeller Solidarität 54
Was tun? „Trau, schau wem" — Widerspruch und Ausschluss 57
5. Zugriffe der Extremen Rechten auf Christentum und Kirchen: Neurechte Medien als Vorreiter 60
Die Junge Freiheit: Christentümelei als neurechter Identitätsmarker 62
Die Suche nach Gemeinsamkeit stiftenden Feindbildern: Eigentümlich frei und Kirche in Not im „Widerstand" gegen die „Meinungsdiktatur" 64
Die Neue Rechte als Avantgarde: Das Aufgreifen christentümelnder Themen bis in den
Rechtsextremismus 67
Was bedeutet das für Christ:innen und Kirchen? 70
Schwierige Schnittfelder: Zwischen christlichem Lebensschutz und extremer Rechter
6. Lebensschutz und Sexualmoral als Themen der Extremen Rechten? 75
Die Extreme Rechte entdeckt den »Lebensschutz" 75
Die Rolle von Christ:innen und Kirchen im Anti-Gender-Aktivismus 77
Ab 2013: Milieuübergreifende Vernetzungen im Themenfeld „Familie" und der Aufstieg der AfD 79
Internationale Vernetzungen, Pseudowissenschaft und juristische Lobbyarbeit 82
Exkurs: Sexismus und Antifeminismus als Bestandteile rechtsextremer Ideologien 83
... und bürgerlichen Denkens 84
Krisen Abstiegsängste als Hintergründe 86
7. Anti-Gender-Aktivismus als rechte Strategie zum Aktivieren von Vorurteilen und Gewalt 89
Pro-life-Aktivismus als „Verzahnung" und „kalkulierter Tabubruch" 89
„Gender-Ideologie": Desinformation und Verschwörungsnarrativ 91
Anti-Gender-Agitation als Konglomerat von Vorurteilen und Elementen Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit 92
Von der Verschwörungsmentalität zu Volkstod-Mythen und zur Delegitimierung des Staates 96
Quantitative Beobachtungen: „Wer antifeministisch ist, neigt zum Rechtsextremismus" 97
8. Was tun? Die besondere Verantwortung der Kirchen im Themenbereich Anti-Gender-Aktivismus 100
Brandmauern: Abgrenzung gegen rechten und gegen christlichen Extremismus 100
Geschützte und moderierte Gesprächsräume bieten 103
Umkehrfähigkeit in Sachen Morallehre 104
Was tun, wenn man sich für Lebensschutz einsetzen will? 105
Schwierige Schnittfelder: Identitäre Politik als christliche Tradition?
9. Neurechts-identitäre Pseudo-Theologien, ihre Themen und Intentionen 109
Pseudo-Theologien im politischen Feld: Religionsgemeinschaften vor neuen Herausforderungen 109
Pseudo-Theologien: Kampf um den Konservativismusbegriff, Normalitätsverschiebung, Etablierung von Pseudowissenschaften 111
„Warum Christen AfD wählen": Veröffentlichungen der „Christen in der AfD" (ChrAfD) 113
Nation, Europa, Christenheit: Rechte Okkupationen des Christlichen 114
... und ihre politischen Anliegen 116
David Engels und der identitäre Umbau Europas 119
renovatio.org: Pseudo-Wissenschaft und Verweben katholischer Traditionen mit rechten
Symbolwelten 121
Zwischenfazit: Rechtsintellektuelle Zugriffe auf Theologie und lehramtliche Texte 127
10. Lehramtlicher Antimodernismus und Theologie der Pianischen Epoche als zentrale Andockpunkte für neurechte Ideologen? 131
Pianische Epoche, Antimodernismus, Traditionalismus — ein Exkurs und Überblick 131
Wo bieten antimoderne Theologien Andockstellen für neurechte Ideologen? 137
„Modernismus" als Feindbildkonstruktion 137
„Modernismus" als antisemitisches Verschwörungsnarrativ 138
Ankerpunkte für Ideologien der Ungleichwertigkeit und die Ablehnung von Demokratie und Menschenrechten 139
Dekadente Gegenwart, idealisierte Vergangenheit und das Gewinnen einer neurechten ,Welt` und ,Tradition` 142
Naturrecht und christliche Soziallehre als Bezugsgrößen der Neuen Rechten? 144
Rechtfertigungen für Wissenschaftsfeindlichkeit, „Alternative Fakten" und „Fake Science" 148
Schwierige Schnittfelder: Identitäre Politik und Rückabwicklung des Konzils als wahrer Katholizismus?
11. Rechtskatholische Protagonisten im Schnittfeld zwischen politischem und religiösem
Aktivismus 151
Politisch oder religiös? Die Gesellschaft für Tradition, Familie und Privateigentum (TFP) 152
Ideologische Grundlagen der TFP 153
Organisationen der TFP zwischen Sühnerosenkranz und regierungsnaher Lobbyarbeit 154
Vereinte Kräfte: Junge Traditionalisten arbeiten an der Rückabwicklung von Konzil und Demokratie 157
Zwischen Piusbruderschaft, Lebensschutz, Neuer Rechter, AfD und David Engels 160
Internationales Networking von Steve Bannon bis Info-Direkt 162
„Katholische Soziallehre" als integraler Teil einer „metapolitischen Reconquista"? 164
Was tun als Kirchen und als Demokrat:innen angesichts extrem rechter Zugriffe auf Christentum und Theologien? 166
Kirchliches Handeln angesichts rechtsextremer Interventionen
12. Plädoyer für ein „wehrhaft" widersprechendes Christentum angesichts extrem rechter Umdeutungs- und Übernahmeversuche 171
Trotz Unterscheidung zwischen Protagonist:innen und Sympathisant:innen: Nächstenliebe verlangt immer Klarheit 173
Sozialpsychologische Einsichten ermutigen klare Positionierungen 176
Zum Konzept des Autoritarismus 178
Ursachen von Autoritarismus 179
Unterschiedliche Formen von Autoritarismus erfordern unterschiedliche Reaktionen 182
13. Demokratie braucht Kirchen — Kirchen brauchen Demokratie 189
Kirchen als zivilgesellschaftliche Player und ihre Potenziale für die Extremismusprävention 189
Bedingungs- und Präventionsfaktoren rechtsextremer Einstellungen 192
Hohe Soziale Dominanzorientierung und stärkere Vorurteile 193
Hohe Empathiefähigkeit — geringe Vorurteile 194
Antagonisten der Menschenfreundlichkeit: Leistungsorientierung, Konkurrenz, Stress und Krisen 196
Interkulturelle Kontakte verringern Vorurteile 197
Einsamkeit — auch ein politisches Problem 198
Zum Zusammenspiel sozialer und ökonomischer Desintegrationsdynamiken mit individuellen Einstellungen
und autoritären politischen Angeboten 200
Kirchen als Orte der Ich-Stärkung und des emotionalen Lernens in zwischenmenschlicher Begegnung: Prävention auf der Mikro-Ebene 203
Empathiefähigkeit, Mitgefühl, Intrazeption in Bildungsarbeit, Seelsorge und Spiritualität 203
Ich-Stärke, Gewissensstärke, Orientierungsfähigkeit und Ambiguitätstoleranz 206
Chancen des schulischen Religionsunterrichts 207
Kirchen als zivilgesellschaftliche Räume der Entstehung von Gemeinsinn: Prävention auf der Ebene sozialen Zusammenhalts 208
Gemeinschaft und Gelegenheitsstrukturen gegen Einsamkeit 208
Sozialraumorientierung: Gemeinschaft weiter denken — sozialer Desintegration entgegenwirken 210
Gelegenheitsstrukturen für interreligiöse, interkulturelle und milieuübergreifende Begegnungen 211
Kirchen und Gemeinden als Räume der Entstehung von Gemeinsinn 212
Kirchen als politische Kraft — Weltkirche als Global Player: Interventionsmöglichkeiten auf der Ebene des politischen Handelns 214
Notwendiges Miteinander von Institution, Basis und Theologien 214
Politisches Handeln im Sozialraum 216
Räume politischen Engagements jenseits parteipolitischer Grenzen 217
14. Religiöse autoritäre Versuchungen überwinden 218
Machtorientierte autoritäre Übernahmen abwehren — Rahmenbedingungen theologischer und religiöser Vielstimmigkeit sichern 218
Autoritäre Versuchungen in der eigenen Tradition aufspüren und selbstkritisch reflektieren 220
Autoritären Versuchungen widerstehen — Das Zweite Vatikanische Konzil verteidigen 221
Destruktive Theologie- und Frömmigkeitsstile überwinden — konstruktive religiöse Stile fördern 223
Denkanstöße aus der empirischen Forschung zu Religion und Vorurteil 225
Zur Daueraufgabe, Antijudaismus als Geburtsfehler christlichen Selbstverständnisses und christlicher Theologie zu überwinden 228
Epilog 233
Anmerkungen 234
Auswahl-Literaturverzeichnis 262
|
|
|