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Mein Jahr mit Achill Die Ilias, der Tod und das Leben
Mein Jahr mit Achill
Die Ilias, der Tod und das Leben




Jonas Grethlein

Verlag C. H. Beck oHG
EAN: 9783406782060 (ISBN: 3-406-78206-X)
208 Seiten, Festeinband mit Schutzumschlag, 14 x 22cm, Februar, 2022

EUR 24,00
alle Angaben ohne Gewähr

Rezension
Der Altphilologe Jonas Grethlein, der vor einigen Jahren bereits eine eindrucksvolle Interpretation der Odyssee vorgelegt hat ("Die Odyssee. Homer und die Kunst des Erzählens") widmet sich nun dem älteren der homerischen Epen, der Ilias. Seine persönliche und existenzielle Interpretation fußt auf der eigenen Biographie: Mit Ende 20 erkrankt Grethlein an Blasenkrebs und muss sich etlichen Behandlungen unterziehen. Er stellt sein Leben und seine Lebensweise in Frage - dabei begleitet ihn der Text der Ilias, den er passagenweise auswendig kennt. Nun entdeckt er die in der Ilias verborgenen Aussagen ganz neu: Die Zerbrechlichkeit des Lebens, den Wert von Freundschaft und Zuneigung, die körperliche und seelische Dimension von Schmerz, der bei Homer ständig präsente Tod. Auch eigene familiäre Konstellationen kommen immer wieder zur Sprache, so dass sich die Interpretation zu einem großen Bild fügen kann.
Der Text liest sich ausgesprochen flüssig und angenehm, und trotz der bitterernsten Thematik gibt es zahlreiche humorvoll unterlegte Stellen, an denen die Lebenslust des Autors spürbar wird.
Für den Griechischunterricht der Oberstufe bieten sich Passagen dieses Buchs an, um zu zeigen, welche Wirkungen die Literatur auf den Menschen zeitigen kann. Es werden etliche Ilias-Stellen untersucht, die auch im Unterricht eine Rolle spielen können, so dass eine Bezugnahme bestimmt gut zu bewerkstelligen ist. Eventuell gibt dieses gehaltvolle Sachbuch dann Anlass zu eigenen Interpretationen auf solch existenzieller Ebene. Man sollte eben Literatur als Therapeutikum nicht unterschätzen!

Johannes Groß, www.lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Eine glänzende akademische Karriere vor Augen, stürzt eine fatale Diagnose den jungen Wissenschaftler in tiefe Verzweiflung. Doch der allzu früh drohende Tod lässt ihn auch eine seltsame Gemeinschaft mit dem griechischen Helden Achill empfinden. Beide stehen in der Blüte ihres Lebens, beide müssen erfahren, dass sich das blinde Schicksal nicht für ihre Hoffnungen, Pläne und Wünsche interessiert. Die Konfrontation mit Achill wie in einem jahrtausendealten Spiegel wird für Jonas Grethlein zu einer existentiellen Erfahrung. So ist ein Buch entstanden, das sich keinem Genre unterwirft – persönliche Erzählung, brillante Homer-Interpretation und eine eindringliche Auseinandersetzung mit den Grundfragen des Menschseins.
Rachsüchtig, zornig und gewalttätig – so erscheint Achill in der Ilias des Homer. Schwerlich eine Gestalt, der man sich in tiefer Verzweiflung auf der Suche nach Trost und Orientierung zuwendet. Und doch ist es ebendieser düstere Held, mit dem der Altphilologe Jonas Grethlein die Auseinandersetzung sucht, als er im Alter von 27 Jahren schwer erkrankt. Die Diagnose wischt mit einer schnellen Bewegung den Erwartungshorizont weg, der, über Jahre aufgebaut, seinen hoffnungsfrohen Lebensentwurf grundiert hatte – und sie lässt ihn zugleich die eisige Luft spüren, in der sich auch Achill in der Ilias bewegt. Im «Besten der Achaier», der, den eigenen Tod vor Augen, in die Schlacht um Troja zurückkehrt, erkennt der Autor das aus seiner Krankheitserfahrung erwachsende Bewusstsein existentieller Verletzlichkeit wieder. So kommt es zu einer Lektüre der Ilias, wie es sie noch nie gegeben hat. Auf zutiefst berührende Art und Weise verwebt Grethlein sein Schicksal mit den großen Fragen, die Homers Epos seit Jahrtausenden den Menschen stellt. Dabei zwingt die unhintergehbare Ernsthaftigkeit seiner Situation den Autor zu einer mitunter verstörenden Offenheit und Ehrlichkeit sich selbst und seinen Leserinnen und Lesern gegenüber. Aber sie lässt ihn auch ein tiefes Verständnis der Ilias als einer heute noch relevanten Reflexion über die Kontingenz allen menschlichen Lebens gewinnen.
Inhaltsverzeichnis
1 Am Strand
2 Achill
3 Im Wartezimmer
4 Körper und Schmerz
5 Götter
6 Heidegger und Homer
7 Eros und Thanatos
8 Dinge
9 Väter und Söhne
10 Wieder am Meer


Literaturverzeichnis
Bildnachweis