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Marx im Anthropozän
Ideen für eine postkapitalistische Gesellschaft
Kohai Saito
Deutscher Taschenbuch Verlag
EAN: 9783423352567 (ISBN: 3-423-35256-6)
560 Seiten, paperback, 12 x 19cm, Mai, 2025
EUR 20,00 alle Angaben ohne Gewähr
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Umschlagtext
Kapitalismuskritik in Zeiten der Klimakrise
Mit dem internationalen Erfolg von ›Systemsturz‹ gelang dem japanischen Philosophen Kohei Saito die Entdeckung der Nachhaltigkeit im Denken von Karl Marx. Dieses Buch führt zu den Wurzeln von Saitos Arbeit über Marx und erklärt, warum gerade diese Aspekte der marxschen Theorie im 20. Jahrhundert nicht nur vergessen, sondern marginalisiert und sogar unterdrückt wurden. So tritt Saito in einen Dialog mit anderen zeitgenössischen marxistischen Theorien und lässt die ökologische Kapitalismuskritik von Marx gegen den herrschenden Produktivismus im Anthropozän wieder aufleben. Damit legt Saito den Grundstein für eine neue Form des Miteinanders: Degrowth-Kommunismus.
Rezension
Klimakrise, Krise internationaler Weltordnung, Menschenrechtskrise, globale Armutskrise, Migrationspolitikkrise, Demokratiekrise, Wirtschaftskrise, Psychokrisen, Wahrheitskrise und Fortschrittskrise. Gibt eine Lösung für die Polykrise? Ja, nämlich ein Degrowth-Kommunismus im Anschluss an Karl Marx. Dieses behauptet Kohai Saito (*1987), Professor für Philosophie an der Universität Tokio, in seinem Buch „Marx im Anthropozän. Ideen für eine postkapitalistische Gesellschaft“(2022) und seinem Bestseller „Systemsturz. Der Sieg der Natur über den Kapitalismus“(2023). Der erste genannte Band, der 2025 im Taschenbuch bei dtv publiziert wurde und zum Teil publizierte Fachbeiträge Saitos enthält, steht die Marx-Exegese stärker im Fokus als in „Systemsturz“.
Gegenüber einer verkürzten Deutung von Marx` kritischer Sozialphilosophie, der sich dem Thema „Natur“ nur am Rande gewidmet habe, vertritt Saito die Position, dass dieser eine präzise Analyse von Kapital und Umwelt vorgelegt habe. Bei seiner Interpretation kann er sich auf Marx` Forschungsnotizen u.a. zur Stoffwechseltheorie stützen, in denen der Philosoph seine Kapitalismuskritik weiterentwickelte und dabei sogar seinen Eurozentrismus überwand. Bis in die 1850er Jahren blieb Marx dem Produktivismus verhaftet, in 1860er Jahren vertrat er einen Ökosozialismus und von 1870er bis zu seinem Tode entwickelte er einen Degrowth-Kommunismus. Dieser kommt zum Ausdruck in seiner Kritik des Gothaer Programms und in seinem Brief an Sassulitsch. Damit widerlegt Saito auch die verbreite Vorstellung, Marx` Spätwerk sei nicht relevant und enthalte keine neue Gedanken gegenüber seinen Arbeiten bis in die 1850er Jahre. Vor dem Hintergrund einer Relektüre von Marx erteilt Saito der Bearbeitung der Klimakrise durch einen Grünen Kapitalismus mit einem Green New Deal eine Absage, da diese Kapitalismusvariante am Wachstumsnarrativ festhält und keine grundlegende Transformation der soziökonomischen Verhältnisse bewirkt. Deswegen sieht er auch in den am Wachstumsparadigma orientierten UN-Nachhaltigkeitszielen kein geeignetes Mittel zum Umgang mit der Klimakrise.
Der Wissenschaftler selbst plädiert für einen „Degrowth-Kommunismus“. Kommunismus hat für Saito nichts zu tun mit dem Stalinismus der Sowjetunion und der Kommunistischen Partei Chinas, sondern mit Commons, Gemeingüter wie Böden und Wasser. Ob die Nutzung des belasteten Begriffs „Kommunismus“ sinnvoll und der dem Philosophen vorschwebende Kommunismus realisierbar ist und die Polykrise wirklich lösen kann, darüber lässt sich trefflich diskutieren. Lehrkräfte der Fächer Ethik, Politik und Wirtschaft werden durch das vorliegende Buch jedenfalls motiviert, sich mit den Themen „Krisenethik“ und „Krisenpolitik“ in ihrem Fachunterricht problemorientiert auseinanderzusetzen.
Fazit: Wer die Zusammenhänge zwischen Klimakrise und Kapitalismus begreifen möchte, dem kann Kohei Saitos Buch „Marx im Anthropozän. Ideen für eine postkapitalistische Gesellschaft“ nur zur Lektüre empfohlen werden. Der Band demonstriert die Aktualität von Marx` Spätphilosophie im Zeiten der Polykrise.
Dr. Marcel Remme, für lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
»Kohei Saito ist der neue Popstar der Kapitalismuskritik ... Er ist der neue Piketty.« Berliner Morgenpost
Marx im Anthropozän
Mit ›Systemsturz‹ gelang Kohei Saito der internationale Erfolg. Die Entdeckung von Ökologie und Nachhaltigkeit in Karl Marx´ Denken machte den japanischen Philosophen auf einen Schlag berühmt. Das vorliegende Buch führt zu den Wurzeln seiner Arbeit über Marx und erklärt, warum gerade diese Aspekte der marxschen Theorie im 20. Jahrhundert nicht nur vergessen, sondern marginalisiert und sogar unterdrückt wurden. Anhand präziser Quellenexegese entwickelt Saito einen Marx, der den Grundstein legt für eine neue Form des Miteinanders: Degrowth-Kommunismus. Damit präsentiert Saito eine völlig neue Vorstellung der postkapitalistischen Gesellschaft, ohne dabei die Fehler des real existierenden Sozialismus zu wiederholen.
Inhaltsverzeichnis
Danksagung 11
Siglen 16
Einleitung 17
Teil I:
Marx' in Vergessenheit geratene ökologische
Kritik des Kapitalismus 33
i. Marx’ Stoffwechseltheorie in Zeiten der
globalen ökologischen Krise 35
Die Verdrängung der Marx'schen Idee des Ökosozialis
mus 37 Die Wiederentdeckung der Marx'schen
Ökologie 42 Drei Dimensionen des Risses im
Stoffwechsel 53 Drei Dimensionen der Auslagerung
des Risses im Stoffwechsel 65 Rosa Luxemburgs in
Vergessenheit geratene Stoffwechseltheorie 76
2. Das intellektuelle Verhältnis von Marx und Engels
aus ökologischer Perspektive neu betrachtet 84
Intellektuelle Arbeitsteilung? 88 Marx als Autor und
Engels als Herausgeber des Kapitals 100 Dialektik von
»Herrschaft« und »Rache« 113 Engels' Notizbücher
und die Kritik der politischen Ökonomie 119
3. Lukäcs’ Theorie des Stoffwechsels als Grundlage des
Ökosozialistischen Realismus 134
»Ambivalenzen« in Geschichte und Klassenbewußtsein 138
Lukäcs' Dialektik der Natur und der Dualismus in der
Wissenschaft 147 Lukäcs' Stoffwechseltheorie und sein
ontologischer Monismus 158 Zu Lukäcs' Krisentheorie
als Kritik der ökologischen Krise 169
Teil II:
Kritik der Produktivkräfte in Zeiten der
globalen ökologischen Krise 179
4. Monismus und die Nichtidentität von Natur 181
Anthropozän, Kapitalozän oder Technozän? 184
Monismus und die Produktion von Natur 189 Vom
Anthropozän zum Kapitalozän 202 Ein nichtkartesia-
nischer Dualismus von »Form« und »Stoff« 213
Die Elastizität des Kapitals und die ökologische Krise 225
Gutes Anthropozän? 232
5. Das Revival des utopischen Sozialismus und die
Produktivkräfte des Kapitals 237
Vollautomatisierung als Chance für den Postkapita
lismus 242 Die Grundrisse und der »General
Intellect« 250 Subsumtion der Arbeit und die
Produktivkräfte des Kapitals 255 Kapitalistische
Produktionsweise und historischer Materialismus 266
Elektoralismus und Technologie als Ideologie 281
Teil III:
Auf dem Weg zum Degrowth-Kommunismus 289
6. Marx als Degrowth-Kommunist:
Die Marx-Engels-Gesamtausgabe (MEGA)
und die große Transformation nach 1868 291
Die MEGA und der späte Marx 296 Den historischen
Materialismus dekonstruieren 302 Marx in späten
Jahren und eine neue Vorstellung des Kommunismus 328
Marx' veränderte Vision des Kommunismus 340
7. Degrowth-Kommunismus und Reichtum
im Überfluss 368
Die ursprüngliche Akkumulation als Ursache der ökonomi
schen und ökologischen Katastrophe 372 Marx' Begriff
des Reichtums oder: Wie beginnt Das Kapital? 377
Die Negation der Negation und der Überfluss im
Kommunismus 389 Genossenschaftliche Arbeit
behebt den Riss im Stoffwechsel 407
Schluss 420
Literaturverzeichnis 431
Anmerkungen 458
Register 541
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