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Krieg Stell dir vor, er wäre hier
Krieg
Stell dir vor, er wäre hier




Janne Teller

Carl Hanser Verlag
EAN: 9783446236899 (ISBN: 3-446-23689-9)
64 Seiten, 10 x 14cm, März, 2011

EUR 6,90
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Janne Teller wagt erneut ein eindringliches Gedankenexperiment. Sie macht uns klar, was es bedeutet, Kriegsflüchtling zu sein - durch einen schlichten Wechsel der Perspektive.
Rezension
"Dieses Buch ist ein Hammer. Es ist radikal, es ist verstörend, es ist wahrhaftig, also genau so, wie gute Jugendliteratur eigentlich sein sollte." - So hieß es in "Die Vorleser" im ZDF. Diese Einschätzung bezog sich zwar auf Janne Tellers Buch "Nichts - Was im Leben wichtig ist", doch trifft sie meines Erachtens auch für das hier besprochene Büchlein zu.

Schon die äußere Aufmachung ist außergewöhnlich: Das Buch ist klein, bordeauxrot mit goldenem Aufdruck - ganz wie ein deutscher Reisepass. Einen Reisepass braucht man, wenn man ins Ausland möchte. Neben Geschäfts- oder Urlaubsreisen kann es dafür noch ganz andere Gründe geben. Einer wurde zum Titel: "Krieg - Stell dir vor, er wäre hier."

Ja, wenn in Deutschland Krieg herrschte, wenn die Städte durch Bomben zerstört wären, die Familie Hunger leidet, ständige Bedrohung durch die Gleichschaltungspolizei besteht - was dann? Dann würdest du nur zu gern Deutschland verlassen und in ein anderes Land ausreisen. Aber dort bist du nicht erwünscht; es gibt schon viel zu viele Flüchtlinge, und kein Land will euch haben. "Flüchtlinge aus Europa können nichts anderes als in Büros sitzen und Papiere umdrehen." Also verkauft die Familie alles, was sie noch hat, besorgt sich Papiere und bezahlt Fluchthelfer. Sie landen in einem Flüchtlingscamp in Ägypten. Zwar ist die Lebensgefahr vorbei, doch was ist das nun für ein Leben...

Janne Teller schrieb die Urfassung dieses Essays schon 2001, als in Dänemark die Flüchtlingsdebatte entbrannte. Er wurde zunächst in einer Lehrerzeitschrift veröffentlicht, drei Jahre später illustriert und wie ein Pass gestaltet als Buch herausgebracht. Ausgaben in anderen Ländern werden in der Übersetzung jeweils an die besondere Situation des Landes angepasst. So wird für Deutschland der Zusammenbruch der Europäischen Union als Grundlage des Schreckensszenarios angenommen. Doch was nun jeweils konkret den Krieg ausgelöst haben soll, ist weniger wichtig: Es geht darum, sich in die Lage eines durch Bürgerkrieg, Elend, Hunger und Krankheit gefährdeten Menschen zu versetzen. Dieser Perspektivenwechsel schafft Verständnis für die Menschen, die aus solchen Situationen nach Deutschland fliehen. Auch das anschließende Leben wird hautnah beschrieben: Wie fühlt man sich, wenn man die Landessprache nicht beherrscht, keinen Schulabschluss und keine Ausbildung erreichen kann, wenn man unerwünscht ist, als drittklassiger Mensch gilt?

Die Flüchtlingsdebatte ist in Deutschland hoch aktuell. Wer eine Willkommenskultur aufbauen möchte, wird als "Gutmensch" verlacht. Aber Empathie für die Flüchtlinge zu fühlen und sich in sie hineinversetzen zu können, ist eine Voraussetzung dafür, Grundlagen für eine echte Integration zu schaffen. Janne Teller schafft den Perspektivenwechsel, indem sie den Leser direkt anspricht. Das "Du", dessen Leben sie beschreibt, ist ein vierzehnjähriger Junge, mit dem sich der Leser problemlos identifizieren kann. Knapp und nüchtern ist die Sprache, die solch ein bedrohliches Szenario beschreibt. Zugegeben: Es wird zugespitzt, pauschalisiert, vereinfacht - aber das bedrohliche "Gedankenexperiment" bringt eingefahrene Vorstellungen in Bewegung und fordert eine differenzierte Antwort.

Ein kurzer Text, der als Grundlage für eine differenzierte Auseinandersetzung dienen kann. In der Schule vielfältig einsetzbar: In Deutsch, Sozialkunde, Religion, Politik, für ein Projekt.

M. Houf für www.lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Stell dir vor, es ist Krieg - nicht irgendwo weit weg, sondern hier in Europa. Die demokratische Politik ist gescheitert und faschistische Diktaturen haben die Macht übernommen. Wer kann, flieht in den Nahen Osten, wie der 14-jährige Protagonist aus Deutschland. In einem ägyptischen Flüchtlingslager versucht er mit seiner Familie ein neues Leben zu beginnen. Weil er keine Aufenthaltsgenehmigung hat, kann er nicht zur Schule gehen, kein Arabisch lernen, keine Arbeit finden. Er fühlt sich als Außenseiter und sehnt sich nach Hause. Doch wo ist das? Nach dem Bestseller "Nichts" eine neue erschreckende Vision von Janne Teller zu hochaktuellen Themen wie Flucht, Migration und Fremdenfeindlichkeit.
Inhaltsverzeichnis
Text S. 7
Nachwort S. 55
Informationen über Autorin und Illustratorin S. 60
Informationen über Janne Tellers Buch "Nichts" S. 62