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Kampf um die Moderne Das lange 19. Jahrhundert in Deutschland
Kampf um die Moderne
Das lange 19. Jahrhundert in Deutschland




Jürgen Kocka

Klett-Cotta
EAN: 9783608984996 (ISBN: 3-608-98499-2)
240 Seiten, Festeinband mit Schutzumschlag, 14 x 22cm, 2021

EUR 30,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Der beste Überblick zum 19. Jahrhundert

Das »lange 19. Jahrhundert« dauerte vom späten 18. Jahrhundert, also von der Französischen Revolution und dem Zeitalter Goethes, bis zum Ersten Weltkrieg 1917. Die USA traten in den Weltkrieg ein und stiegen zur Weltmacht auf, zusammen mit der Sowjetunion nach der Oktoberrevolution. Das »kurze 20. Jahrhundert« begann.

Das »lange 19. Jahrhundert« erlebte die Geburt der klassischen Moderne. Geprägt von Industrialisierung, Kapitalismus, Nationalismus, Klassenkonflikten und tiefer Ungleichheit der Geschlechter, war es die bürgerlichste Epoche der deutschen Geschichte, deren Grundkonflikte bis heute nachwirken. Große Migrationen wühlten das 19. Jahrhundert ebenso auf wie die entstehende Zivilgesellschaft, die sich Freiheit und Demokratie erhoffte. Aber die 1848er Revolution scheiterte, der Nationalstaat entstand, die Konkurrenz der Mächte spitzte sich zu. Im Ersten Weltkrieg, der »Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts«, gingen drei Kaiserreiche und das alte Europa unter. Das 19. Jahrhundert, dessen Glanz und Schatten bis ins 21. Jahrhundert hineinreichen, endete zwar abrupt, sein Bild aber wandelt sich von Grund auf, wie der fulminante historische Essay von Jürgen Kocka, einem der besten Kenner dieses Zeitalters, beeindruckend nachweist.

Jürgen Kocka, geboren 1941, studierte Geschichte und Politikwissenschaft in Marburg, Wien, Berlin und Chapel Hill (North Carolina), promovierte 1968 an der FU Berlin und habilitierte sich 1972 für Neuere Geschichte in Münster. 1973-1988 lehrte er Sozialgeschichte in Bielefeld. Seit 1988 ist er Professor für Geschichte der Industriellen Welt an der FU Berlin und seit 2001 Präsident des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB). Leibniz-Preis der DFG 1991. Präsident der Internationalen Historikerorganisation seit 2000.
Rezension
Man spricht vom "langen" 19. Jhdt., weil es eigentlich mit der französichen Revolutioin 1789 begann und mit dem 1. Weltkrieg 1918 endete, - im Gegensatz zum kurzen 20. Jhdt., das erst 1918 begann und bereits 1989/90mit der deutschen Wiedervereinigung endete. Am Anfang die Französische Revolution: Kein anderes Ereignis hat so viele grundsätzliche Veränderungen in der europäischen Geschichte des 19. Jahrhunderts bewirkt wie die Französische Revolution. Am Ende der Erste Weltkrieg: die Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts. Das lange 19. Jahrhundert beinhaltet die Geburt der klassischen Moderne. Es war die bürgerlichste Epoche der deutschen Geschichte, geprägt von Industrialisierung, Kapitalismus, Nationalismus, Klassenkonflikten und ausgeprägter Ungleichheit der Geschlechter. Es war die Zeit der großen Migrationen und der entstehenden Zivilgesellschaft. Das 19. Jahrhundert ist die Epoche der Industrialisierung, das Jahrhundert der Bevölkerungsexplosion und der Wanderungen, das Zeitalter der Nationalstaaten und das bürgerliche Jahrhundert. Das 19. Jahrhundert verhalf der klassischen Moderne zum Durchbruch, bevor sie in den Diktaturen, Kriegen und Katastrophen des 20. Jahrhunderts in eine tiefe Krise geriet. Das 19. Jahrhundert legte Grundlagen, die auch noch unsere Gegenwart tragen: Mit der Industrialisierung wurde der Kapitalismus zur maßgeblichen Ordnung der Wirtschaft und der Gesellschaft. Im 19. Jahrhundert fand ein fulminanter Aufstieg der Wissenschaften statt, der sich bis heute fortsetzt und die Welt verändert. Das 19. Jahrhundert war ein Jahrhundert der Emanzipation, in dem die Sache der Freiheit enorme Fortschritte machte und die Demokratisierung begann. Zugleich war es ein Jahrhundert sich tief eingrabender Ungleichheiten und neuer Abhängigkeiten. Das 19. Jahrhundert war das Jahrhundert Europas: Europäische Mächte griffen weit aus in die Welt und machten sich große Teile davon untertan, durch Kolonialisierung und Imperialismus.

Oliver Neumann, lehrerbibliothek.de
Inhaltsverzeichnis
Vorwort 7

1 Bilder vom 19. Jahrhundert im Wandel 11

a) Vorstellungen vom 19. Jahrhundert bis 1945 12
b) Das 19. Jahrhundert nach 1945 17
c) Das 19. Jahrhundert heute 22

2 Das Jahrhundert der Industrialisierung 29

a) Das Grundmuster des Wachstums 29
b) Drei Phasen 35
c) Arbeit, Kultur, Wissen 39
d) Kapitalismus und Ungleichheit 41
e) Nicht intendierte Folgen 43

3 Bevölkerungszunahme und Wanderungen – die Not und der Beginn ihrer Überwindung 47

a) Bevölkerungswachstum und generatives Verhalten 47
b) Auswanderung zwischen Pauperismus und Industrialisierung 54
c) Binnenwanderung und der Beginn der Verstädterung 60

4 Ein bürgerliches Jahrhundert? 67

a) Arbeiter und Bürger: Klassenbildung und Klassenkonflikte 67
b) Frauen und Männer 75
c) Bürgertum und bürgerliche Kultur 81
d) Verbürgerlichung und ihre Grenzen: der Adel, das Land, die Kirchen, das Volk 87
e) Zwei Arten von Bürgerlicher Gesellschaft: von den Aufklärern zu Hegel und Marx 94
f) Vom Vormärz zum Kaiserreich 97
g) Zwischenergebnis 103

5 Nationalstaat, Integration, Krieg 105

a) Nationsbildung: Begriffe und das Grundmuster in Deutschland 106
b) Funktionen des Nationalismus und deutsche Besonderheiten 113
c) Im Geschiebe und Gedränge, zwischen Frieden und Krieg 118

6 Das Jahrhundert als Epoche und der deutsche Fall 127

a) Vorher und nachher 127
b) Der deutsche Weg in Europa 130
c) Durchbruch der Moderne 139

Anhang 147

Eine Chronologie des 19. Jahrhunderts 149
Verzeichnis der Tabellen 163
Verzeichnis der Abkürzungen 165
Bibliographie 169
Anmerkungen 203
Orts- und Sachregister 223
Personenregister 235