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Jesus und das Gespräch der Religionen Das Projekt des Pluralismus
Jesus und das Gespräch der Religionen
Das Projekt des Pluralismus




Elmar Klinger

Echter
EAN: 9783429027797 (ISBN: 3-429-02779-9)
126 Seiten, kartoniert, 12 x 21cm, 2006

EUR 12,80
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Jesus und das Gespräch der Religionen



Im Gegensatz zur sogenannten pluralistischen Theologie der Religionen, welche die Stellung Jesu relativiert, und ihren Gegnern, die die Einzigartigkeit Jesu hierarchisch bestimmen, setzt sich Elmar Klinger im vorliegenden Band mit dem Gespräch der Religionen auf einer pluralen Grundlage auseinander: Pluralität gehört zum Wesen des Menschen. Keiner ist eine Insel. Menschen sind immer viele. Niemand kommt ohne den anderen aus.

Pluralität steht daher auch im Zentrum der Christologie: Jesus ist ein Einzelner mit universaler Bedeutung, er steht exemplarisch für das Ganze. In diesem Sinne beflügelt sie das Gespräch der Religionen und eröffnet ihm Perspektiven.



Elmar Klinger, Dr. theol., geb. 1938, Professor für Fundamentaltheologie und Vergleichende Religionswissenschaft an der Universität Würzburg.
Rezension
Der Ansatz Klingers wird schon in der Einleitung deutlich, wenn er Mk 9,40 zitiert. Die Jünger waren zu Jesus gekommen, um sich über Anhänger Jesu zu beschweren, die sich auf ihn bezogen, aber nicht zu seinem Kreis zählten. Jesus sagt ihnen, sie sollten sie gewähren lassen: Denn wer nicht gegen uns ist, der ist für uns.

Das Problem besteht auch heute: Es gibt Menschen, die Jesus verehren, aber sich nicht zu ihm bekennen. Es gilt also, Ebenen der Auseinandersetzung zu finden, die Positionen außerhalb der Kirche nicht von vornherein ausschließen, sie aber auch nicht unzulässig vereinnahmen. Klinger versucht, die dazu nötige Theologie des Pluralismus zu skizziern. Die sieben Kapitel seines Buches liefern dazu eine Reihe von Bausteinen:

- Kapitel 1 gibt einen Überblick über das Gespräch der Religionen und unterscheidet darin zwischen Egalitarismus und Pluralismus. Die Religionen sind nicht einfach alle irgendwie gleich, sondern sie sind tatsächlich verschieden und das ist das eigentliche Thema des Gesprächs.

- Kapitel 2 klärt den Begriff des Synkretismus und zeigt, dass er nicht als gleichmacherische Vermischung zu verstehen ist, sondern dass es eine Theologie des Synkretismus geben muss, deren Basis die Pluralität der Welt und der Pluralismus im Glauben selbst ist: "Sie muss die Pluralität, die er verkörpert, nicht blind zusammenfügen, sondern differenziert erörtern." (42)

- Kapitel 3 setzt sich mit dem Verhältnis der feministischen Theologie zur Christologie auseinander: "Der Feminismus unterzieht die Christologie der Patriarchatskritik: Wer ist Jesus für die Frauen? Verstärkt er die Ungleichheit der Rollenverteilung oder hebt er sie auf?" Laut Klinger ist es vor allem der Menschensohn-Titel, der in dieser Diskussion weiter führen kann. Mit ihm kann man eine Christologie der Menschlichkeit des Menschen entwickeln, denn: "Die Frau und das Patriarchat sind die Gretchenfrage des Menschensohnproblems." (57)

- Kapitel 4 kritisiert die Erklärung 'Dominus Jesus' von den Errungenschaften des Zweiten Vatikanischen Konzils her, geht auf ihre Stärken ein, lässt aber auch keinen Zweifel an ihren Defiziten: "Das Dokument weist somit aus der Sicht des Zweiten Vaticanums schwerste Mängel auf. Alle die, von denen es spricht, kommen in ihm nicht vor, am allerwenigsten Jesus selber." (68)

- Kapitel 5 diskutiert das Verhältnis zwischen dem Einen und der Vielfalt und sieht den Pluralismus als Quelle der Einheit. Auch das Christentum selbst ist kein monolithischer Block, sondern eine Einheit des Vielfältigen: "Das Christentum kennt nicht nur einen Propheten, sondern viele. Es ist nicht auf ein Testament gestützt, sondern auf zwei. Und das eine davon gehört auch noch zu einer anderen Religion. Das Neue Testametn hat nicht ein Evangelium, sondern vier. Das christentum besteht nicht nur aus einer Kirche, sondern aus vielen. Die Katholische Kirche hat nicht nur einen Bischof, sondern über 2500. Der biblische Kanon ist aus vielen Schriften zusammengesetzt." (85/86)

- Kapitel 6 beschäftigt sich mit dem Weltethos-Projekt, in dem sich Hans Küng stark engagiert hat. Laut Klinger steht es in der Gefahr, nur eine Moral zu entwickeln, aber der Macht-Frage nicht gerecht zu werden: "Aber entwickelt es eine Ethik der Befreiung? Es umgeht alle Fragen der Macht ... Es wäre jedoch in diesem Fall weder religiös noch ethisch, noch wahr. Es wäre einfach nur liberal." (96)

- Kapitel 7 greift Rahners Kategorie des anonymen Christentums erneut auf und bestimmt sie als entscheidende Kategorie, um Glauben und Gotteserfahrung in der Gegenwart zu thematisieren: "Das anonyme Christentum ist daher ein Programm. Es gibt nicht der Titulierung, sondern der Beschreibung den Vorrang und den Titeln dadurch Bedeutung." (113) Anders gesagt: Bekenntnisse bleiben leer, wenn die Erfahrungen nicht beschreibbar sind, zu deren Bedeutung sie sich bekennen.

Klingers Buch liefert ein theologisches Instrumentarium, mit dessen Hilfe man Gleichmacherei, falsche Alternativen und schlechte Begriffe in der Auseinandersetzung zwischen verschiedenen innerchristlichen Positionen und zwischen Christentum und den anderen Religionen identifizieren und bekämpfen kann: "Es gibt viele Äpfel und viele Kartoffeln. Aber niemand würde auf den Gedanken kommen zu sagen, Apfel und Kartoffel seien die gleiche Frucht, bloß weil es von ihnen jeweils viele gibt, oder behaupten, es gebe viele Arten Früchte und deshalb gehe die jeweilige Frucht in dieser Vielheit unter." (21) Seine Position verweigert sich vorschnellen Harmonien, wird aber dadurch den Realitäten gerecht: Es gibt wirkliche Unterschiede und nur die Auseinandersetzung damit kann zu tatsächlicher Verständigung führen und den Dialog zwischen den Religionen weiter bringen.

Wie immer bei Klinger: Keine einfache Lektüre, aber eine, die einen weiter bringt.

Matthias Wörther, Lehrerbibliothek
Inhaltsverzeichnis
Inhalt

Einleitung 7

1. Fragen und Probleme gegenwärtiger Religionstheologie. Ein Lagebericht 14

1.1 Projekte des Dialogs 15
1.2 Tatsache und Begriff der Pluralität 17
1.3 Das Absolute und die Verabsolutierung im Diskurs 19
1.4 „Dominus Jesus" - eine lehramtliche Erklärung 22

2. Die Einzigartigkeit Jesu. Gibt es einen legitimen Synkretismus? 26

2.1 Der Begriff des Synkretismus - ein Sprachproblem 27
2.2 Für wen halten die Leute den Menschensohn? Das Problem des Christomonismus 33
2.3 Jesus - der Einzigartige unter Einzigartigen. Partikularität in ihrer universalen
Bedeutung 36
2.4 Braucht es eine Theologie des Synkretismus? Die Frage nach der Katholizität 38

3. Jesus - der Menschensohn. Gibt es Feminismus in der Christologie? 43

3.1 Die Patriarchatskritik und die Evangelien 45
3.2 Das Mann-sein Jesu. Ein natürliches Detail in christologischer Perspektive 48
3.3 Der Menschensohn - die Korrektur des Christomonismus 52
3.4 Die Bedeutung der Frauenperspektive für eine ganzheitliche Christologie 57

4. „Dominus Jesus" und das Zweite Vatikinum 63

4.1 Was lehrt die Erklärung und was lässt sie aus? 64
4.2 Hat Gleichrangigkeit theologische Qualität? 70
4.3 Wie kommt Wahrheit im Diskurs zur Geltung? 71

5. Identität und Dialog. Christ-sein im Pluralismus der Weltreligionen 76
5.1 Der Pluralismus ist das Fundament des neuen Denkens von Gott. Perspektiven der
Religionsphänomenologie 78
5.2 Der Pluralismus ist identitätsbildend. Er steht für die Einzigkeit Gottes 83
5.3 Das Zweite Vatikanum. Das Projekt des Dialogs 86

6. Religion und Weltethos. Anmerkungen zu einem liberalen Projekt 90
6.1 Das Projekt 90
6.2 Anmerkungen 92
6.3 Ein Ausblick 95

7. Anonymität. Eine christologische Kategorie nichtchristlichen Lebens 97
7.1 Der Hörer des Wortes 98
7.2 Name und Namenlosigkeit 102
7.3 Die Namenlosigkeit der Erfahrung Gottes heute 105
7.4 Eine typische Form namenloser Rede - das absolute Geheimnis 108

Anmerkungen 115