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Islam verstehen Geschichte, Kultur und Politik 2., aktualisierte Druckauflage 2016
Islam verstehen
Geschichte, Kultur und Politik


2., aktualisierte Druckauflage 2016

Gerhard Schweizer

Klett-Cotta
EAN: 9783608981001 (ISBN: 3-608-98100-4)
612 Seiten, paperback, 12 x 19cm, 2016

EUR 9,95
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Der Islam und der Westen – ein Jahrtausendkonflikt

Orient und Okzident, die islamische Welt und der Westen drohen in Parallelwelten zu zerbrechen. Umso wichtiger ist es, jetzt die Kenntnisse und das Verständnis über beide Weltkulturen zu vertiefen. Gerhard Schweizer entfaltet ein nuanciertes Bild dieses Jahrtausendkonflikts.

»Ein Buch, das sich gegen ›pauschale Vorurteile‹ und ›Vereinfachung‹ wendet und Vorurteilen durch differenzierte Information entgegentritt.«

Friedrich Niewöhner, Süddeutsche Zeitung

Der 11. September 2001, die Attentate und der Terror von Madrid (2004), London (2005) und Paris (2015), Brüssel und Nizza (2016) – der Islamismus festigt mit dem Schlagwort vom »Heiligen Krieg« gegen die Ungläubigen, insbesondere die Kultur des Westens, seinen Status als Symbol des Bösen. Die islamische Welt, selbst wenn sie sich unmissverständlich von derartigen Gewaltakten distanziert, löst tiefe Ängste aus.

Aber wer nimmt diese Einschätzung vor? Der »Westen«, das »christliche Abendland«, »besorgte Politiker«, die »schweigende Mehrheit«, die »AfD«, der »Front National« und andere fremdenfeindliche Rechtspopulisten in ganz Europa oder Donald Trump in den USA? Es ist höchste Zeit für eine umfassende Schilderung, wie der Islam historisch entstanden ist, welche Ziele er kulturell verfolgt, wie sich seine (Welt-)Politik heute präsentiert.

Denn die Auseinandersetzungen reichen weit zurück in die Antike, als sich antike Großmächte bekämpften; ins Mittelalter, in die Zeit der Kreuzzüge, als sich Islam und Christentum austauschten und bekriegten. Heute stehen sich die beiden Weltreligionen und Zivilisationen als Osten und Westen in einem Jahrtausendkonflikt gegenüber, der nicht überwunden ist.

Dies war nicht immer so. Über Jahrhunderte hinweg erreichten aus der islamischen Welt kulturelle Anregungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der Astronomie, Mathematik, Medizin, Philosophie, Theologie, der Natur- und Geisteswissenschaften generell das christliche Abendland. Die großen und wichtigsten Handelsrouten verliefen durch das Weltreich des Islam. All dies ermöglichte es, die jeweils andere Kultur zu verstehen.

Geschichte, Kultur, Weltanschauung und Politik des Islam vergegenwärtigt Gerhard Schweizer in seiner Darstellung des Islam und stellt die größten Spannungen eines Jahrtausendkonflikts zwischen Ost und West einprägsam heraus.

- Wie hat sich der Islam entwickelt?

- Weshalb war die Kulturmacht Islam im Mittelalter Europa an Toleranz und Fortschrittlichkeit weit überlegen?

- Wodurch sind Ost und West historisch und kulturelle miteinander verflochten?

- Weshalb erschüttert der Fundamentalismus den Islam so tief?

- Warum ist der Koran das »Heilige Buch« und gerät jede Kritik zur Ketzerei?

- Warum sind grundlegende Änderungen notwendig? Wie wären sie möglich?

- Wie kann der Islam die tiefe Kluft zwischen religiöser Tradition und technischer Moderne schließen?

- Wie lassen sich die gegenseitigen Vorurteile überwinden? Die Widersprüche brechen in Ost und West immer wieder auf. Schlagartig wechselt die »öffentliche Meinung« und prägt derzeit die Politik in Europa. Wie lassen sich solche Reflexe bewältigen und verhindern?

Seine persönlichen Eindrücke lassen die Gegenwart in den islamischen Staaten, die Gerhard Schweizer seit über 50 Jahren bereist, zu einem lebendigen Panorama werden.

Das vorliegende Buch ist die völlig überarbeitete und ergänzte Neuausgabe des Titels von Gerhard Schweizer: »Islam und Abendland: Geschichte eines Dauerkonflikts«.

Gerhard Schweizer, 1940 in Stuttgart geboren, promovierte an der Universität Tübingen in Empirischer Kulturwissenschaft.

Heute lebt er als freier Schriftsteller in Wien, wenn er nicht gerade auf Reisen recherchiert und Material für neue Reportagen und Bücher sammelt.

Er ist einer der führenden Experten für die Analyse der Kulturkonflikte zwischen Abendland und Orient und gilt als ausgewiesener Kenner der islamischen Welt. Gerhard Schweizer hat dazu mehrere Bücher veröffentlicht, die als Standardwerke gelten. Einem breiten Publikum wurde er vor allem durch seine Bücher über den asiatischen und arabischen Raum bekannt.
Rezension
Das vorliegende Buch ist die völlig überarbeitete und ergänzte Neuausgabe des Titels von Gerhard Schweizer: »Islam und Abendland: Geschichte eines Dauerkonflikts«, Stuttgart, Klett-Cotta 1995/2003 (ISBN 9783608960082). Die Terroranschläge auf das World Trade Center in New York am 11. September 2001 haben das seit Jahrhunderten problematische Verhältnis zwischen islamischer und abendländischer Welt aktuell vor Augen gerückt. Dabei ist dieses Verhältnis keineswegs überall und zu allen Zeiten problematisch gewesen; viel häufiger als gedacht ist das Verhältnis von friedlicher Koexistenz geprägt. Aber z.Zt. dominiert das Schlagwort vom Dschihad (Heiliger Krieg) und das fragwürdige Bild vom Kampf der Kulturen (Huntington) dominiert ein Szenario wechselseitiger Bedrohung. Der (angebliche) Kampf gegen islamischen Terrorismus in Afghanistan und im Irak heizt den Konflikt weiter an und gerät nicht selten zum Kampf gegen den Islam schlechthin ... Dieser informative Band beleuchtet das Verhältnis Islam und Abendland grundlegend, umfassend und keineswegs nur in aktualistischer Perspektive. Orient und Okzident, die islamische Welt und der Westen drohen in Parallelwelten zu zerbrechen. Umso wichtiger ist es, jetzt die Kenntnisse und das Verständnis über beide Weltkulturen zu vertiefen. Gerhard Schweizer entfaltet ein nuanciertes Bild dieses Jahrtausendkonflikts.

Jens Walter, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
»Ein Buch, das sich gegen ›pauschale Vorurteile‹ und ›Vereinfachung‹ wendet und Vorurteilen durch differenzierte Information entgegentritt.«
Friedrich Niewöhner, Süddeutsche Zeitung
Inhaltsverzeichnis
Einleitung zu einem Jahrtausendkonflikt: Feindbilder – Klischees und Wirklichkeit 13

»Heiliger Krieg« und andere Bedrohungen 13
Ein anderer Islam 18
Ein »Kampf der Kulturen«? 19
Der eigentliche Konflikt in der Gegenwart 24
Rückständiger Islam? Fortschrittlicher Westen? Die Missverständnisse 28

Gegenseitige Vorurteile 32

Alltagsbeobachtungen im Orient-Tourismus 32
Einseitigkeit in den westlichen Medien und die Folgen 34
Entsprechende Affekte bei den Muslimen 39
Vom Konflikt zum Dialog? 41

Was Christen und Muslime gemeinsam haben 44

»Christliches« bei Mohammed 44
Jerusalem: eine heilige Stadt auch für Muslime 49
Jesus und Johannes der Täufer im islamischen Damaskus 53
»Die Bibel ist interessant für uns.« Gespräche mit Muslimen in Istanbul 59
Muslime beten im Sterbehaus der Maria 64
Weshalb manche Moscheen für Andersgläubige gesperrt bleiben 70

Zweiteilung der Menschheit in Gläubige und Ungläubige 77

Die Ursprünge der Zweiteilung bei Moses, Echnaton und Zarathustra 77
Inwieweit »Heiden« toleranter sind als Christen 82
Das revolutionär Neue an Jesus 84
Wie tolerant war Jesus? 89
Wo islamische Toleranz ihre Grenzen findet 92

Als der Islam über das Christentum triumphierte 95

Die weltoffenen Muslime des Mittelalters: Saladin als Symbol 95
Was den kulturellen Vorsprung des Islam bedingte 101
Verstärkte Abgrenzung gegenüber den Christen 105
Der »Kaffer« und der »Heide«: aufschlussreiche Wortwurzeln 108

Die moderne Toleranz und ihre Vorläufer 111

Die Ringparabel in Lessings Nathan der Weise 111
Ursprünge der Ringparabel im jüdischen und islamischen Mittelalter 113
Intoleranz bei Christen im Mittelalter – und die großen Ausnahmen 115
Die Abwehrfront gegen den Islam weicht auf 122
Wie die moderne Toleranz erst möglich wurde 123
Gegen die Moderne: »Unfehlbarkeit« des Papstes 125
Bis heute – Widerstände gegen Lessings Nathan 128
Religionsfreiheit wurde nicht von den Kirchen begründet 131

Fortschritt und Rückschritt im Islam 133

Überraschendes Gespräch mit einem muslimischen Theologen 133
Islamische Mystiker als die großen geistigen Revolutionäre 138
»Aufklärung« kannten die Muslime lange vor den Christen 142
Der Westen wird moderner als der Orient 146
Erste Probleme mit einer säkularen Moderne: Atatürk und seine Reformen 150
»Arabischer Sozialismus« und Islam: die zwiespältige Moderne der Baath-Sozialisten 160
Die »sozialistische« Konkurrenz der Nasseristen 168
Modernisten schrecken vor Säkularisierung zurück 172

Krieg der Konfessionen unter Muslimen 176

Sunniten und Schiiten 176
Moderne Konfessionsstreitigkeiten im Islam 182
Politische und soziale Spannungen überlagern den Konfessionskonflikt 184

Krieg der Konfessionen unter Christen 191

Spaltungen im frühen Christentum 191
Katholizismus und Protestantismus 197
Der Nordirland-Konflikt und andere späte Ausläufer des christlichen Konfessionshaders 206

»Abtrünnige« und »Ketzer« im Islam 210

Wenn Muslime zu einem anderen Glauben übertreten 210
Die »Ketzerei« der Alawiten und Aleviten 212
Das »Unislamische« an den Drusen 220
Die »Gottlosigkeit« der Baha’i 224
Salman Rushdie, der moderne »Gotteslästerer« 227

Religiöse Minderheiten als Prüfsteine der Toleranz 234

Die Vertreibung der Muslime aus dem
christlichen Spanien 234
Christen immer geduldet? Das Beispiel Saudi-Arabien 236
Griechen und Armenier unter den muslimischen Türken 240
Muslime und Christen im Libanon 246
Christen in Ägypten 250
Christen im Sudan 253

Die Juden als »Problem« 256

Juden unter muslimischer Herrschaft 256
Juden und Christen im mittelalterlichen Europa 261
Vom Antijudaismus zum Antisemitismus 266
Jenseits der traditionellen Affekte 269

Der Wille zum Dialog – und die Barrieren 272
Ökumene und Zweites Vatikanisches Konzil 272
Der Dialog mit dem Islam beginnt 275
Widerstände bei den Protestanten 277
Widerstände bei den Katholiken 279
Die politischen Hintergründe für den »Dialog« 288

Moderne Krise: der Fundamentalismus 291

Beunruhigende Signale aus Ägypten, einem Kernland des Islam 291
Der »Ketzer«-Prozess gegen Abu Zaid 293
Die Entstehung eines vieldeutigen Begriffs 300
Im Namen der Bibel gegen die Moderne 302
Amerikanische Fundamentalisten werden politisch aktiv 305
Jüdische Theokraten und das »säkulare« Israel 311
Zurück zum Sakralrecht des Korans und der Scharia 318
Vom Wahhabismus zu einem »modernen« Islamismus der Muslim-Brüder 323
Säkulare Demokratie, das eigentliche Feindbild der Islamisten 328

Modellfälle des Islamismus 335

Eine aufschlussreiche Begegnung mit einem Islamisten 335
Modellfall Algerien 342
Modellfall Iran 348
Modellfall Afghanistan 360
Modellfall Türkei 369
Vormarsch der Islamisten auch in Ostasien? Fallbeispiel Indonesien 382

Terrorismus, die andere Art von Krieg 387

»Dschihad« gleich »Heiliger Krieg«? 387
Terrorismus und Märtyrerkult im Nahen Osten 394
Der 11. September 2001: »Märtyrer« gegen den »Satan Amerika« 401
Osama bin Laden und al-Qaida: Eine neue Dimension des Terrorismus 407
Droht tatsächlich ein »Kampf der Kulturen«? 416

Muslimische Zuwanderer in Europa – eine Gefahr? 424

Angst vor »Überfremdung« 424
Was den Islam zur besonderen Zielscheibe macht 428
Unsere Fremdenfeindlichkeit stärkt den radikalen Islam 434
Weiterhin Barrieren gegen eine multikulturelle Gesellschaft? 439

Die gefährliche Dimension des 21. Jahrhunderts 445

Fanal eines Umbruchs – mit unabsehbaren Folgen 445
Irak und Syrien – Brennpunkte einer nachhaltigen Krise 447
Explosion im Irak 449
Explosion in Syrien 457
»Arabischer Frühling« – Ursprung einer Revolte 461
»Arabischer Winter« – Das Scheitern einer Revolte 466
Was ist vom sogenannten »Arabischen Frühling« geblieben? 473
Das »islamische« Unbehagen und ein arabischer Bestseller-Autor 473
»Islamischer« Staat und al-Qaida – Rivalität unter den Dschihadisten 479
Zerbrechende Staaten und Kulturen 486
Eine neue Generation von Dschihadisten 490
Was bleibt vom »Islamischen Staat«? 497
Ein Ende der religiösen Vielfalt in der islamischen Welt? 502
Gibt es keine Chance, diesen Prozess zu stoppen? 506
Eine weitere »Islamisierung des Abendlands«? Die Zuspitzung der Probleme 509

Eine Islamische Moderne? Die Reibungspunkte mit der westlichen Moderne 521

Muslime und die »unverfälschte« Offenbarung Gottes 521
Muslime mit kritischer Distanz zu religiösem Absolutheitsanspruch 524
Der andere Ansatz westlicher Moderne 535
Die schwierige Entwicklung 538

Anhang 545

Anmerkungen 545
Zeittafel 559
Literaturhinweise 598
Register 603
Über den Autor 612