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Gnade im Werk Michelangelos
Gnade im Werk Michelangelos




Günther Wassilowsky

Reihe: Katholisches Leben und Kirchenreform im Zeitalter der Glaubensspaltung


Aschendorff
EAN: 9783402111031 (ISBN: 3-402-11103-9)
194 Seiten, paperback, 15 x 23cm, Januar, 2023, zahlreiche Farbabbildunggen

EUR 28,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
In allen Theorien des Schönen und der Kunst, die in der italienischen Renaissance entwickelt wurden, nimmt der Begriff der grazia eine Schlüsselstellung ein. Ebenso gab es in der Theologie des 16. Jahrhunderts keinen anderen Gegenstand, der so kontrovers diskutiert wurde wie der der gratia. Sowohl in der Ästhetik als auch in der Religion verweist grazia/gratia auf eine Gabe, die vom Menschen nicht hergestellt, verdient oder eingefordert werden kann. Gnade ist in Kunst wie Theologie eine Figur der Unverfügbarkeit, der Unbegreiflichkeit und einer nicht regulierbaren Freiheit. Das gilt auch für das Nachdenken über Gnade vor der Reformation. Die vielen unterschiedlichen Theologien des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit unterscheiden sich nicht hinsichtlich des grundsätzlichen Charakters, den sie der gratia als unverdienbarer, volatiler, alles menschliche Maß sprengender Gabe zuschreiben, sondern in der Frage nach der Bedeutung der menschlichen Werke. Stellen diese Werke und die Anstrengungen des Menschen vor und nach der Gnadengabe - auch wenn sie die Gnade nicht erzwingen oder produzieren können - einen integralen und notwendigen Bestandteil des Heilsgeschehens und des Kunstschaffens dar? In der vorliegenden Studie wird der Versuch unternommen, das bildnerische wie dichterische Werk von Michelangelo Buonarroti (1475-1564) mittels einer Untersuchung seiner Vorstellung von Gnade einzuordnen in das komplexe Feld der Religionsgeschichte Italiens im 16. Jahrhundert.

Günther Wassilowsky ist seit 2020 Professor für Historische Theologie an der Humboldt-Universität zu Berlin. Zuvor hatte er Professuren für Kirchengeschichte an den Universitäten von Linz, Innsbruck und Frankfurt am Main inne. Seit 2019 ist er Vorsitzender der Gesellschaft zur Herausgabe des Corpus Catholicorum. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in der Kulturgeschichte des Katholizismus und des Papsttums, der Religionsgeschichte Italiens und der Stadt Rom.
Rezension
Michelangelo Buonarroti (1475-1564) gilt neben Leonardo da Vinci als bedeutendster Repräsentant der italienischen Hochrenaissance. Sein Schaffen markiert bereits den Übergang zum Barock. Zunächst in Florenz als Maler ausgebildet, wandte er sich bereits früh der Bildhauerei zu. Wer eine Klassenfahrt nach Rom macht, wird spätestens mit der Kuppel des Petersdoms und mit dem Besuch der Sixtinischen Kapelle in den Vaticanischen Museen dem großen Renaissance-Künstler Michelangelo begegnen, - vielleicht aber ist der bekannteste Steinbildhauer aller Zeiten, Michelangelo, auch schon zuvor im Kunstunterricht, in Geschichte (Renaissance) oder Religion ein Unterrichtsthema. Michelangelo Buonarroti ist am Beginn der Neuzeit ein entscheidender Vertreter der Hochrenaissance und des Manierismus. Sein „Mose“ für das Juliusgrab, sein „David“ und seine „Pietà“ im Petersdom sind weltbekannt und prägen unser kulturelles Gedächtnis. Als Bildhauer, Architekt, Maler und Zeichner schuf er epochale Kunstwerke, insbesondere seine Kreationen des menschlichen Körpers errangen nachhaltige Wirkung. Unter dem theologischen Aspekt der Gnade bietet diese Darstellung nach einer theoretischen Einleitung Werk-Interpretationen u.a. zum Deckenfresko in der Sixtinischen Kapelle, zum Jüngsten Gericht (ebendort) und zum Julius-Grabmal mit der berühmten Mose-Darstellung. Dem Gnadenthema in der Kunst Michelangelos kommt nach Auffassung des Autors große Bedeutung zu. Der Band sucht deutlich zu machen, wie gewinnbringend es für das Verständnis der Epoche der katholischen Reformen und der protestantischen Reformation sein kann, auch Quellen und Gestalten jenseits der klassischen Kirchengeschichte heranzuziehen.

Jens Walter, lehrerbibliothek.de
Inhaltsverzeichnis
Vorwort 9

I. Gnade und Werk in der italienischen Reformbewegung des Evangelismo 15

II. Geschenkes- und Gnadengaben zwischen Michelangelo und Vittoria Colonna 31

III. Schönheit und Gnade 49

IV. Sixtinische Decke (1508-12): Jona blickt auf die Heilsgeschichte 69

V. Julius-Grabmal (1505-45): Antlitz und Körper des Mose 89

VI. Jüngstes Gericht (1536-41): Die Erscheinung des Auferstandenen - Erschütterung und Hoffnung 113

VII. Gappella Paolina (1542-45 /1546-50): Die Gnade des Paulus und das Werk des Petrus 139

VIII. Non finito: Die Unvollendetheit des Werkes und die Leerstelle der Gnade 151

IX. Schluss 165

Literaturverzeichnis 167
Abbildungsnachweis 183
Personenregister 189