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Glaubenssätze Ein kritischer Katechismus
Glaubenssätze
Ein kritischer Katechismus




Gerd Theißen

Gütersloher Verlagshaus
EAN: 9783579081489 (ISBN: 3-579-08148-9)
448 Seiten, Festeinband mit Schutzumschlag, 16 x 24cm, Juli, 2012

EUR 24,99
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Eine ungewöhnliche Glaubenslehre für Einsteiger und Wiederentdecker



Gewöhnlich bietet ein Katechismus Gewissheiten für die, die glauben, nicht unbedingt Wege für die, die suchen und fragen. Diese Glaubenslehre ist anders: In Frage und Antwort, mal reflektierend, mal bildhaft, mal lyrisch spürt sie den drei Grundartikeln des Glaubens – Gott, Christus, Heiliger Geist – in meditativen Texten nach. Knapp, verständlich und grundiert von einer didaktischen Intention laden diese Glaubenssätze ein, einen biblisch gegründeten, kritischen, der Welt zugewandten Glauben in evangelischer Freiheit zu entdecken. Ein tiefgründiges Textbuch für Gesprächsgruppen, für Schule und Erwachsenenbildung und für das eigene Nachdenken über letzte Fragen des Lebens.
Rezension
Gerd Theißen, der große Heidelberger Neutestamentler, der die sozialgeschichtliche Erforschung des Neuen Testaments ebenso vorangetrieben und ausgeleuchtet hat wie die sozialpsychologischen Aspekte des frühen Christentums hat schon mit seinem überaus erfolgreichen Buch "Der Schatten des Galiläers" "historische Jesusforschung in erzählender Form" (Untertitel) präsentiert und bietet mit dem hier anzuzeigenden voluminösen Werk wiederum eine literarische Neuerung, indem er klassische Dogmatik mit meditativen Texten verknüpft und wiederum ein Kapitel kritischer Theologie vorlegt: Dieser Katechismus ist anders: In Frage und Antwort, mal reflektierend, mal bildhaft, mal lyrisch spürt er den drei Grundartikeln des Glaubens – Gott, Christus, Heiliger Geist – in meditativen Texten nach.

Oliver Neumann, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Dr. Gerd Theißen ist Professor (em.) für Neutestamentliche Theologie in Heidelberg. Auf der Basis historischer Quellenstudien, verbunden mit soziologischen und religionspsychologischen Fragestellungen, entwickelte Dr. Gerd Theißen eine Theorie des Urchristentums. Er gilt als Pionier auf dem Gebiet der deutschen neutestamentlichen Forschung.

Das neue große Buch von Gerd Theißen
Traditionsbewußt und innovativ, biblisch und aktuell, gelehrt und lebensklug
"Was für ein sprachmächtiges Werk! Geschrieben und gesetzt in Sinnzeilen, ungewohnt und ungewöhnlich im Duktus, herausfordernd in Gedankenführung und Intention, markant im Spannungsbogen und im Inhalt. [] Keine dogmatische Lehre, sondern ein Regenbogen des Glaubens, der Liebe verheißt."
Publik-Forum, Norbert Copray (07.09.2012)
Inhaltsverzeichnis
Vorwort 11

Der Glaube und seine Grundlagen
in Bibel, Tradition, Erfahrung und Vernunft 15
Frage 1-21

I. Meditationen über Gott

Wer ist Gott? 49
Frage 22-31
Über die Schwierigkeiten,
Gott zu erkennen 61
Frage 32-36
Grenzerfahrungen
als Begegnung mit Gott 69
Frage 37-42
Kreaturerfahrungen
als Begegnung mit Gott 76
Frage 43-48
Sinnerfahrungen
als Begegnung mit Gott 83
Frage 49-58
Gewissenserfahrungen
als Begegnung mit Gott 98
Frage 59-69
Der Gott der Bibel:
Der sich offenbarende Gott 113
Frage 70-83
Gott ohne Grenzen:
Gott in anderen Religionen 138
Frage 84-89
Der dreieinige Gott:
Gott im kirchlichen Dogma 146
Frage 90-95

II. Meditationen über Jesus

Wer war Jesus? 159
Frage 96-97
Jesus in seiner Geschichte:
Seine Verkündigung und seinWirken 170
Frage 98-110
Jesus in der Offenbarung Gottes:
Kreuz und Auferstehung Jesu 191
Frage 111-115
Jesus im Mythos:
Von der Präexistenz bis zur Parusie 200
Frage 116-129
Jesus in den Evangelien:
Markus-, Matthäus-, Lukas- und Johannesevangelium 222
Frage 130-134
Jesus im Dogma:
Zwei-Naturen-Lehre und Absolutheitsanspruch 238
Frage 135-142

III. Meditationen über den Geist

Was ist der Heilige Geist? 255
Frage 143-145
Wo begegnet Gottes Geist? 261
Frage 146-153
DasWirken des Geistes in der Kirche und den Kirchen 278
Frage 154-169
DasWirken des Geistes in derWelt 309
Frage 170-192
DasWirken des Geistes im Glauben 347
Frage 193-206
DasWirken des Geistes in der Liebe 369
Frage 207-223
Das Wirken des Geistes in der Hoffnung 401
Frage 224-235

Sachregister 429
Personenregister 435
Bibelstellenregister 437


Leseprobe:

Vorwort
Diese »Glaubenssätze« sind ein Versuch, den christlichen Glauben in
meditativen Texten zusammenzufassen, die dazu einladen, kontemplativ
betrachtet zu werden. ReligiöseWahrheit ist auf Kontemplation
angewiesen und darin ästhetischer und ethischer Erkenntnis vergleichbar.
Ein Buch über Malerei setzt voraus, dass man Bilder auf
sich einwirken lässt, ein Buch über Ethik, dass man sich mit moralischen
Fragen auseinandersetzt. Diese Glaubenslehrewill dazu anregen,
über Grund- und Grenzfragen des Lebens nachzudenken. Sie ist
wie ein Katechismus in Fragen und Antworten gegliedert. Ich habe
mich bemüht, jede Einheit so zu formulieren, dass sie in sich verständlich
ist und möglichst auch für sich gelesen werden kann.
In Sinnzeilen gegliederte meditative Texte erinnern an Gedichte.
Manche sind von Bildern bestimmt, andere von Reflexion, einige
wollen informieren, einige auch kritisieren. Sie stehen für einen Protestantismus,
der die moderne Welt als Herausforderung begreift,
den christlichen Glauben immer wieder neu zu formulieren. Überall
müssenwir zwischen demtraditionellenGlauben und dem,waswir in
ihm heute anWahrheit und Sinn entdecken, unterscheiden.
In möglichst knappen Aussagen habe ich für mich niedergeschrieben,
was mir am christlichen Glauben wichtig ist. Übereinstimmung
mit mir hat Vorrang vor der Übereinstimmung mit Dogmen und Kirchen.
Doch ein Protestant steht mit solch einer Überzeugung nicht
am Rande seiner Kirche, sondern mitten in ihr. Der Protestantismus
ist eine Religion der Freiheit und Vernunft. Diese Glaubenslehre ist
daher trotz ihres persönlichen Charakters konsensorientiert: Sie
knüpft an die Tradition an und gibt ihr nicht vorschnell den Abschied.
Auch Trinität, Zwei-Naturen-Lehre und Sühnetod Jesu werden
als sinnvolle Bilder gedeutet. Konsens kann man ferner nur formulieren,
wenn man nicht nur die eigene Glaubensgemeinschaft im
Blick hat, sondern auch andere Konfessionen und Religionen, vor allem
aber die vielenMenschen, die fern von jeder Religion leben. Dieses
Buchwirbt umVerstehen und Respekt für denGlauben auch dort,
wo er keine Zustimmung erfährt.
Konsensorientiert ist auch der Rückgriff auf die Bibel. Sie ist der
jüdischen, christlichen und islamischen Religion gemeinsam und gehört
zu den Grundtexten unserer Kultur. Oft gilt die Liebe zu ihr als
Zeichen einer konservativen Theologie. Liberale Theologen suchen
dagegen Evidenzquellen gerne außerhalb der Bibel – in Philosophie
und Wissenschaft, Natur und Kunst, Sakramenten und Symbolen, in
Ethik und Mystik. Dieses Buch steht in der Tradition der liberalen
Theologie, aber unterscheidet sich von ihr durch Liebe zur Bibel.
Die Sprache der Bibel kann Tiefendimensionen religiöser Erfahrung
erschließen, ihre Sprachkraft ist gewaltig.
Einiges wird umstritten bleiben. Nicht alle werden bei der Frage
nach Gott ihren Ausgangspunkt bei menschlichen Erfahrungen nehmen,
aber sie werden eine Hochschätzung des »Wortes« finden, das
den Menschen mit Gott konfrontiert. Nicht alle werden meine Entmythologisierung
biblischer Aussagen von Christus akzeptieren, aber
das Bild von Jesus verschwimmt nicht im Nebel moderner Skepsis.
Nicht alle werden meine evolutionäre Sicht von Welt und Religion
teilen, aber auch unabhängig von ihr gelten die »kleinen Erzählungen«
und Bilder der Bibel als vollwertiger Ausdruck des Glaubens. Nicht
alle werden meine pluralistische Religionstheologie bejahen, aber interreligiöse
»Schnellreligionen«, die Differenzen überspringen, lehne
ich ab. Nicht alle werden den Heiligen Geist auch in anderen Religionen
und beiNichtchristenwirken sehen, aber siewerden kein Kulturchristentum
ohne Profil finden. Nicht alle werden der Mystik einen
so zentralenOrt einräumen. AberMystik ist im Zentrumchristlichen
Glaubens verwurzelt. Sie findet sich z.B. auch bei dem orthodoxen
Lutheraner Paul Gerhardt und dem reformierten Pietisten Gerhard
Tersteegen.
Die Aufzählung möglicher Irritationen zeigt: Dieser »Katechismus
« stammt von einem liberalen Protestanten. Ich mache keinen
Hehl daraus, dass ich die Familien- und Sexualmoral der katholischen
Kirche für unglaubwürdig halte und den protestantischen Fundamentalismus
für Obskurantismus. Diese Glaubenssätze stehen auf dem
Boden der modernen Welt, in der jeder Einzelne selbst bestimmen
muss, was er glaubt und was er nicht glaubt, was er für sein Handeln
für verpflichtend hält und was nicht. Nur so kann man heute glaubwürdig
um Konsens werben.
Auch theologiegeschichtlich ist dieser Katechismus konsensorientiert:
Er setzt die Tradition der liberalen Theologie von G. E. Lessing,
F. D. Schleiermacher und A. Schweitzer fort, aber verbindet
siemit Gedanken der so genannten »Kerygmatheologie« von K. Barth
und R. Bultmann. Katholische Religionsphilosophen haben Spuren
hinterlassen, aber auch die ökumenische Sozialethik. In meditativen
Texten kann verbundenwerden,was sonst als Gegensatz aufeinander
prallt.
Es handelt sich um einen »Katechismus«, der das Ganze des christlichen
Glaubens behandelt. Fragen und Antworten knüpfen an die
Katechismusform an. Zwar soll er nicht dem Unterricht von Konfirmanden
dienen, er wendet sich an Erwachsene.Wenn er als Textbuch
für Gesprächsgruppen und für das persönliche Nachdenken über letzte
Fragen des Lebens dient, hat er seinen Zweck erfüllt. Wenn er
manchem hilft, das Christentum zu entdecken oder wieder zu entdecken,
wäre das in meinem Sinne. Aber auch, wenn er säkularisiertenMenschen
hilft, besser zu verstehen, was einen modernen Christen
bewegt, auch wenn er dessen Christentum nicht teilt, wäre das
sehr viel.
Herrn Diedrich Steen und allen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen
im Gütersloher Verlagshaus danke ich für alle Unterstützung
und Arbeit für dieses Projekt eines meditativen Katechismus.
Ich widme diesen kritischen Katechismus dem Andenken an
Zacharias Ursinus. Er verfasste vor 450 Jahren den Heidelberger Katechismus,
der ein Vorbild an Klarheit und Systematik ist. Meine
Glaubenslehre ist keinemoderneNeuauflage seinesKatechismus.Gemeinsam
aber ist: Auch dieser Katechismus entstand in Heidelberg,
auch er ist von reformierter Tradition geprägt und will im christlichen
Glauben eine dem gegenwärtigen Menschen zugängliche Weisheit
entdecken.

Gerd Theißen