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Giordano Bruno, Leo XIII. und Römische Frage
Giordano Bruno, Leo XIII. und Römische Frage




Karl Josef Rivinius

Aschendorff
EAN: 9783402132913 (ISBN: 3-402-13291-5)
260 Seiten, hardcover, 16 x 24cm, 2018

EUR 40,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Der abtrünnige Dominikanermönch, Philosoph und Schriftsteller Giordano Bruno gilt als eines der prominentesten Opfer der Römischen Inquisition. Er ist am 17. Februar 1600 auf dem Scheiterhaufen auf dem Campo di Fiori in Rom gestorben. Im Rückgriff auf das vorsokratische Gedankengut hatte er versuchte, die bis dahin als unstrittige Grundlage des scholastischen Weltbilds akzeptierte aristotelische Naturphilosophie zu widerlegen, was einem Bruch mit der Tradition gleichkam. Im Zusammenhang mit der Durchsetzung der Ideologie des Risorgimento und den virulenten Bestrebungen um Italiens nationale Einheit im 19. Jahrhundert erinnerte man sich an den berühmten Sohn des Landes, der ein Opfer brutaler päpstlicher Justiz geworden war. Nach der Beseitigung des Kirchenstaats, der Ausrufung des Königreichs Italien 1861, der Eroberung Roms durch italienisches Militär am 20. September 1870 und der Proklamation der Stadt als neuer Hauptstadt des national geeinten Italien kam es wegen der anhaltenden Forderung der Päpste seit Pius IX. nach Wiederherstellung des Dominium temporale und der so genannten Römischen Frage zu massiven Konflikten zwischen Quirinal und Vatikan. Für liberale, atheistische und kirchenfeindliche Kreise und Bewegungen avancierte Giordano Bruno im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts zum Schibboleth gegen die verhasste „Klerikerherrschaft“ sowie zu einem Märtyrer der Gedankenfreiheit und zu einem Vorkämpfer gegen jegliche Form despotischer Unterdrückung. Durch die Instrumentalisierung seiner Person wurden die jahrzehntelangen Auseinandersetzungen erheblich und nachhaltig verschärft.

Prof. em. Dr. Karl Josef Rivinius; Studium der Theologie, Geschichte und Erziehungswissenschaft; Promotion in Münster; Habilitation in Bonn. Schwerpunkte der Veröffentlichungen: kirchen-, missions- und sozialgeschichtliche Studien.
Rezension
Der Dichter, Philosoph und Naturwissenschaftler Giordano Bruno (1548-1600) war seiner Zeit voraus war, indem er u.a. das heliozentrische Weltbild und einen Pantheismus vertrat, was der reaktionären Katholischen Kirche ein Dorn im Auge war und weshalb er im Jahr 1600 auf dem Campo dei Fiori in Rom auf dem Scheiterhaufen hingerichtet wurde. Er postulierte die Unendlichkeit des Weltraums und die ewige Dauer des Universums und stellte das seinerzeit geltende geozentrischen Weltbild in Frage. Seine damit verbundenen pantheistischen Thesen von einer unendlichen materiellen Welt ließen keinen Raum für ein Jenseits; die zeitliche Anfangslosigkeit des Universums schließt eine Schöpfung und deren ewigen Bestand ebenso aus wie ein Jüngstes Gericht. Bruno bestritt zudem, dass Jesus der Sohn Gottes sei. Er wurde wegen Ketzerei und Magie zum Tod auf dem Scheiterhaufen verurteilt. Seine Bücher wurden auf den Index der verbotenen Schriften gesetzt, wo sie bis zu dessen Abschaffung 1966 im Zuge des Zweiten Vatikanischen Konzils blieben. Erst im Jahr 2000 erklärten der päpstliche Kulturrat und eine theologische Kommission die Hinrichtung Giordano Brunos für Unrecht, ohne aber den Pantheismus Brunos zu rehabilitieren. Auf dem Campo de’ Fiori in Rom erinnert ein Denkmal an Giordano Bruno, welches von der laizistisch regierten Stadtgemeinde Rom 1889 gegen den Willen des damaligen Papstes Leo XIII. (1878–1903) errichtet wurde. Diese historischen Fragen thematisiert dieses Buch.

Thomas Bernhard, lehrerbibliothek.de
Inhaltsverzeichnis
VORBEMERKUNGEN 7

ERSTES KAPITEL
GIORDANO BRUNO

1. Wandel des alten Weltbilds
2. Giordano Bruno — Studienjahre in Neapel 15
3. Unstetes Wanderleben 1576-1592 18
4. Gefangennahme und Prozess in Venedig (1592/93) 25
5. Prozess in Rom und Hinrichtung (1593-1600) 34

ZWEITES KAPITEL
BESTREBUNGEN UM ITALIENS NATIONALE EINIGUNG

1. Risorgimento 43
2. Etablierung der Monarchie in Italien 46
3. Untergang des Kirchenstaats und Römische Frage 53
4. Reaktionen auf den Verlust des Kirchenstaats und die Römische Frage 59

DRITTES KAPITEL
DAS ERSTE JAHRZEHNT IM PONTIFIKAT LEOS XIII. (1878-1888)

r. Pontifikatswechsel 67
2. Versöhnungsversuche Leos XIII. 71
3. Sekundiz von Leo XIII. 92

VIERTES KAPITEL
GIORDANO-BRUNO-FEIER 1889 IN ROM

r. Veranstaltung zu Ehren des ehemaligen Dominikaners 101
2. Standortfrage des Giordano-Bruno-Denkmals 107
3. Präludium zur Festveranstaltung 115
4. Einweihungszeremonie des Denkmals 124

FÜNFTES KAPITEL
REAKTIONEN AUF DIE VERHERRLICHUNG DES APOSTATEN

1. Rundschreiben Rampollas vom 11. Juni 1889 133
2. Außerordentliches Konsistorium vom 3o. Juni 1889 140
3. Weltweite Ergebenheitsbekundungen an Leo XIII. 148
a. Adresse des preußischen Episkopats an Papst Leo XIII 149
b. Solidaritätsbekundungen der „Gesellschaft des Göttlichen Wortes" an Papst Leo XIII. 155
Das Protestschreiben in der Stadt Gottes 155
Ergebenheitsadresse von Arnold Janssen an Leo XIII. 157

SECHSTES KAPITEL
WEITERE ENTWICKLUNG IN DEN BEZIEHUNGEN ZWISCHEN QUIRINAL UND VATIKAN

1. Religionspolitik der italienischen Regierung 161
2. Nachwehen: Dominium temporale und Giordano Bruno während des Pontifikats Pius' X. 181
3. Italiens „Jubeljahr" 1911 192
4. Regelung der Römischen Frage in den Lateran-Verträgen 198

FAZIT 207

DOKUMENTATION 213
ABKÜRZUNGEN 235
ARCHIVE 235
LITERATUR 239
PERSONENREGISTER 249
SACHREGISTER 258