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Gemeinschaft jenseits von Identität? Über die paradoxe Renaissance einer politischen Idee
Gemeinschaft jenseits von Identität?
Über die paradoxe Renaissance einer politischen Idee




Juliane Spitta

Transcript
EAN: 9783837622362 (ISBN: 3-8376-2236-3)
356 Seiten, paperback, 15 x 23cm, 2012

EUR 33,80
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
»Gemeinschaft« ist ›in‹: Inmitten einer allgegenwärtigen Krise kollektiver Subjektivierungen ist eine paradoxe Renaissance von Anrufungen des Begriffs der »Gemeinschaft« zu verzeichnen. Juliane Spitta nähert sich dem Begriff der politischen Gemeinschaft aus theoretischer und kulturhistorischer Warte. Im Kontext aktueller Debatten thematisiert sie die ambivalente Wirkungsmacht der Gemeinschaft im politischen Imaginären, analysiert Geschichte und biopolitische Bedeutung – von Hobbes über die Romantik bis zur Gegenwart – und diskutiert Perspektiven einer Philosophie der Gemeinschaft jenseits von sehnsüchtig-romantischem Identitätsdenken und völkischer Erbauung.
Rezension
Eigentlich sollte man meinen, dass angesichts der deutschen Geschichte im 20. Jhdt. eine (politische) Kategorie wie "Gemeinschaft" sich weitgehend selbst ins Abseits gestellt hat ("Völkische Gemeinschaft"). Und eigentlich sollte man angesichts der massiven Individualisierung und Subjektivierung der vergangenen Jahrzehnte als typische Kennzeichen der Postmoderne meinen, dass sich eine Kategorie wie "Gemeinschaft" weitgehend überlebt hat, - aber vielleicht erlebt Gemeinschaft gerade deshalb eine "paradoxe Renaissance" (Untertitel)! Jedenfalls: Der beständige Appell an den Zusammenhalt der Bevölkerung in Krisenzeiten hat 70 Jahre nach Ende des Nationalsozialismus wieder Konjunktur. Die Kategorie Gemeinschaft kann reaktionär oder emanzipatorisch verwendet werden. Das macht diese kritische, ideen-geschichtliche Darstellung deutlich.

Oliver Neumann, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Gemeinschaft – warum birgt diese politische Imagination trotz ihrer Krisenhaftigkeit bis heute ein Identitätsversprechen und wie sieht eine Philosophie der Gemeinschaft jenseits von erbaulicher Romantik aus?

Schlagworte:
Gemeinschaft, Multitude, Das Politische, Nationalismus, Dekonstruktion, Radikale Demokratie, Das Imaginäre, Ideologie, Fetisch
Adressaten:
Philosophie, Politikwissenschaft, Kulturwissenschaften, Soziologie, NS- und Nationalismusforschung, Geschichtswissenschaft sowie die politisch interessierte Öffentlichkeit

Juliane Spitta (Dr. phil.) lehrt Philosophie und Politikwissenschaften in Berlin, u.a. an der Freien Universität. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Politische Philosophie, Sozialphilosophie, Französische Philosophie der Gegenwart, Postmarxismus und Erinnerungskultur.

Editorial
Die Edition Moderne Postmoderne präsentiert die moderne Philosophie in zweierlei Hinsicht: zum einen als philosophiehistorische Epoche, die mit dem Ende des Hegel'schen Systems einsetzt und als Teil des Hegel'schen Erbes den ersten philosophischen Begriff der Moderne mit sich führt; zum anderen als Form des Philosophierens, in dem die Modernität der Zeit selbst immer stärker in den Vordergrund der philosophischen Reflexion in ihren verschiedenen Varianten rückt – bis hin zu ihrer »postmodernen« Überbietung.
Inhaltsverzeichnis
Danksagung | 9

Einleitung | 11

Zwischen Verlust und Versprechen | 14
Ein deutscher Gegensatz | 16
Gemeinschaft und Gemein-Begriffe | 19
Gliederung und Aufbau | 24

1. TEIL
THEORIE

Das Politische Imaginäre | 33
Das Imaginäre | 37
Das Politische Imaginäre als diskursive Oberfläche | 41
Politik und Politisches | 44
Die Wirkungsmacht der Fiktion | 49
Die religiöse Struktur des Politischen Imaginären | 53
Der Fetisch | 56
Die konstitutive Verkennung | 61
Ohne Grund – die Identitätskrise der Gemeinschaft | 66
Ausblick | 68

2. TEIL
GENEALOGIE

Thomas Hobbes: Gemeinschaft als künstlicher Körper | 73
Politischer Konstruktivismus | 77
Der ideologische Nullpunkt der Vertragstheorie | 80
Die Textur des biopolitischen Paradigmas | 84
Der Körper des Leviathans | 87
Kritik der christlichen Gemeinschaftssymbolik | 91
Das Bedürfnis nach einem Ursprung | 94
Rousseau: Entfremdung, Unmittelbarkeit und Gemeinschaft | 97
Entfremdung und Gemeinschaft | 99
Naturzustand und Gemeinschaft im „Goldenen Zeitalter“ | 102
Die Aufhebung der Entfremdung | 106
Der natürliche Mensch | 107
Der Bürger | 111
Patriotismus, Vaterland und Volk | 118
Die (Be-)Gründung der Gemeinschaft | 122
Romantik, Gemeinschaftssehnsucht und Nationalismus | 125
Nationalbewegung und Identitätskrise | 132
Christlich-Deutsche-Tischgesellschaft | 136
Anti-Hobbesianismus | 137
Romantik, Gemeinschaft und politische Innerlichkeit | 142
Die theologisch-politische Struktur der Gemeinschaftssehnsucht | 148
Fichtes „Reden an die deutsche Nation“ | 150
Urvolk und Ursprache | 155
Fichtes Gemeinschaftsbegriff | 158
Adam Müllers „Elemente der Staatskunst“ | 161
Überwindung der Gegensätze | 164
Gemeinschaft und Natürlichkeit | 166
Der Übergang zum 20. Jahrhundert | 171
Rassismus und Biopolitik | 173
Darwin und seine Rezeption | 173
Gobineau | 176
Der Begriff des Blutes – Rassismus als Wissenschaft | 178
Der volksbiologische Aufbruch | 184
Biopolitik | 189
Gemeinschaft und Gesellschaft | 193
Jugendbewegung und Gemeinschaftsenthusiasmus | 193
Ferdinand Tönnies | 195
Tönnies’ Umkehr der Hobbes’schen Theorie | 197
Naturalisierungen | 200
Jenseits von Gemeinschaft und Gesellschaft | 203
Selbstverwirklichung und Endlösung. Gemeinschaft im Nationalsozialismus | 205
Volk, Staat, Bewegung | 207
Nationalsozialistische Selbst-Verwirklichung | 215
„Mythus“ und politische Religion | 220
Die Volksgemeinschaft zwischen Inszenierung und Realität | 227
Volksgemeinschaft und Metaphysik deutscher Arbeit | 232
Grenzen der Gemeinschaft | 238
Zwischen Geschichte und Gegenwart | 243
Mythos Stunde Null | 244
Wieder-Vereinigung | 249
Verfassungspatriotismus und Regierungsrationalität | 255
Verfassungspatriotismus und Kommunitarismus | 263
Die Suche nach der inneren Einheit | 266
Der implizite Gemeinschaftsbegriff | 273
Fluchtpunkte, Sinnakkumulationen und Fallstricke des Gemein-Diskurses | 277

3. TEIL
PERSPEKTIVEN

Gemeinschaft und Gemeinsames | 289
Das Ende der Gemeinschaft? | 290
Ontologie der Grundlosigkeit | 295
Gemeinschaftlichkeit als Kunstwerk | 301
Hannah Arendt: „acting in concert“ | 306
Der Rückzug des Politischen | 310
Öffentlichkeit | 316
Demokratie | 320


Literatur | 327