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"Dieser Vergleich ist unvergleichbar."
Zur Geschichte des Sports im 20. Jahrhundert
Anke Hilbrenner, Dietmar Dahlmann (Hrsg.)
Klartext Verlag
EAN: 9783837508413 (ISBN: 3-8375-0841-2)
336 Seiten, paperback, 16 x 23cm, Januar, 2014
EUR 26,00 alle Angaben ohne Gewähr
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Umschlagtext
Die Geschichte des Sports ist in den letzten Jahren in den Fokus des allgemeinen Interesses gerückt und beschäftigt die breite Öffentlichkeit ebenso wie die Historiker. Sport als Gegenstand historischer Forschung eröffnet und gewährt Einblicke in die Lebenswelten des Einzelnen in den unterschiedlichsten sozialen Gefügen sowie in die Populärkultur und macht deutlich, wie im Wandel der Zeiten Identitäten gestiftet und Feindbilder aufgebaut sowie Körperbilder konstruiert werden. Die hier versammelten Aufsätze zeigen, welche Rolle der Sport im Prozess der Entfaltung der Moderne spielte und damit auch ein wesentlicher Bereich der modernen Sozial- und Kulturwissenschaften wurde.
Dieser Band enthält unter anderem Beiträge über die Entwicklung des Boxens und der Autorennen nach dem Ersten Weltkrieg, zum jüdischen Sport in Polen, zum Fußball sowie der Nationalisierung und Militarisierung des Sports in der Zwischenkriegszeit, zur Weltmeisterelf von 1954, über Autobiographien von Fußballspielern in England und Deutschland, zum schwulen Fußball in Köln der 1990er Jahre, zur Berichterstattung über Frauensport in Österreich und über sowjetischen Sport in Großbritannien sowie über Leistungssport, Körperkultur und sowjetischen Lebensstil im Spätsozialismus.
Rezension
Lange Zeit galt Sportgeschichte als eine Randerscheinung innerhalb der Geschichtswissenschaft. Doch nicht zuletzt aufgrund einzelner Geschichtswissenschaftler wie Dietmar Dahlmann, dem der vorliegende Sammelband anlässlich seines 60. Geburtstags gewidmet ist, rückt die historische Bedeutung des Sports zunehmend in den Blickpunkt.
Nach einem einleitenden Aufsatz von Joachim Scholtyseck ("Tendenzen der Sportgeschichte") zeigen die zwölf Beiträge vor allem die ganze Vielschichtigkeit einer Sportgeschichte des 20. Jahrhunderts auf. Denn nicht nur die unterschiedlichen Sportarten (Autorennen, Boxen, Turnen, Fußball), auf welche die Aufsätze Bezug nehmen, sondern auch die vielfältigen Fragestellungen zeigen, dass Sportgeschichte mehr ist als eine reine Ereignisgeschichte. So ist der Sport zum Beispiel häufig ein Spiegel der Gesellschaft und eignet sich hervorragend für kultur-, mentalitäts- oder sozialgeschichtliche Studien.
Deutlich wird dies nicht nur in dem Beitrag des Geburtstagskindes Dietmar Dahlmann, welcher für die Zwischenkriegszeit auch im Bereich des Sports eine zunehmende Nationalisierung und Militarisierung nachweisen kann. In einigen Aufsätzen des Bandes tritt zudem eine politische Dimension zu Tage, da Sport immer wieder eine Zweckentfremdung erfuhr. Aber auch für kühne Ansätze bietet der Band Platz. So stellt Gerd Krumeich, ein ausgewiesener Experte für den Ersten Weltkrieg, zu Beginn seines Artikels die interessante Hypothese auf, dass der Erste Weltkrieg eine Brutalisierung im Fußballsport zur Folge hatte. Auch wenn Krumeich seine Hypothese schlussendlich selbst widerlegt, beweist seine Fragestellung dennoch, wie bereichernd Sportgeschichte für die Geschichtswissenschaft sein kann. Schlussendlich sollte auch noch Volker Kluges Beitrag hervorgehoben werden, da dieser auf sehr lesenswerte Art und Weise die Geschichte des Boxsports in Deutschland zwischen den Weltkriegen beschreibt, welche sehr eng mit der Karriere Max Schmelings verwoben ist.
FAZIT: Höher, schneller, weiter, stärker – Dieser Sammelband zeigt, dass Sportgeschichte mehr ist als Fakten und Zahlen. Denn der Sport war gerade im 20. Jahrhundert ein Spiegel der Gesellschaft, in dem sich vielfältige Entwicklungen nachweisen, die weit über den Sport hinausweisen.
Matthias Schmid, lbib.de
Inhaltsverzeichnis
Vorwort 7
Joachim Scholtyseck
Tendenzen der Sportgeschichte 9
Peter Borscheid
Am Tempolimit: Zur Geschichte des Autorennens 21
Volker Kluge
Vom "Prize Fighting" zum "politischen" Boxen.
Die Entwicklung des Boxsports zwischen den Weltkriegen 45
Anke Hilbrenner
Die Wurzeln des jüdischen Sports in Polen:
Die Gründung jüdischer Turnvereine in Galizien und im russischen Teilungsgebiet vor dem Ersten Weltkrieg 79
Norbert Schloßmacher
Stadt und Sport. Die Rolle des Sports im Rahmen der kommunalen Leistungsverwaltung bis ca. 1930 am Beispiel der Stadt Bonn 97
Dittmar Dahlmann
"Körperliche Durchbildung und Entwicklung der sittlichen und geistigen Kräfte".
Bemerkungen zur Nationalisierung und Militarisierung des Sports in der Zwischenkriegszeit 123
Gerd Krumeich
Nach dem Krieg nur glatte Brüche?
Gab es eine Brutalisierung des Fußballsports durch den Ersten Weltkrieg? 145
Gregor Feindt
Erfahrungen von Vermassung und Kameradschaft.
Das „Wunder von Bern“ im Spiegel früher Deutungen 157
Nikolaus Katzer
Abgesang auf die Enthusiasten. Leistungssport, Körperkultur und sowjetischer Lebensstil im Spätsozialismus 185
Johanna Dorer und Matthias Marschik
Ambivalenzen der Sportberichterstattung
Mediendiskurse und Subtexte zum Frauensport von 1900 bis 1950 207
Christian Koller
"The highly organized sporting life of an ant heap"
Der sowjetische Sport in der britischen Presse, 1917 bis 1991 235
Uwe Baumann
Die Inszenierung des Fußballer-Ichs. Autobiographien englischer und deutscher Protagonisten der Fußballszene 265
Marcus Velke
Der FC Bayern des schulen Fußballs? Das Cream-Team Cologne 1992-2012
Abkürzungsverzeichnis 313
Personenregister 317
Ortsregister 325
Vereinsregister 330
Bildnachweise 332
Autorinnen und Autoren 333
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