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Die Musik der Fremde Komponisten im Exil
Die Musik der Fremde
Komponisten im Exil




Michael Haas

Reclam Stuttgart
EAN: 9783150115015 (ISBN: 3-15-011501-9)
448 Seiten, Festeinband mit Schutzumschlag, 14 x 22cm, Februar, 2025, Übersetzt von Susanne Held

EUR 34,00
alle Angaben ohne Gewähr

Rezension
Michael Haas hat sich in Die Musik der Fremde einem Thema gewidmet, das gleichermaßen musikhistorisch wie menschlich berührt: dem Schicksal der Komponisten, die im 20. Jahrhundert durch Vertreibung, Exil oder innere Entfremdung aus ihrem musikalischen Umfeld herausgerissen wurden. Das Buch ist kein trockenes Nachschlagewerk, sondern eine fein gearbeitete Erzählung über vier sehr unterschiedliche Künstlerpersönlichkeiten – Arnold Schönberg, Richard Fuchs, Kurt Weill und Hanns Eisler – und über die Frage, wie Musik zum Ausdruck einer verlorenen Heimat werden kann.
Haas gelingt es, die Biographien seiner Protagonisten mit der Klangsprache ihrer Werke zu verweben. Besonders eindrucksvoll ist, wie er Schönbergs Bruch mit der tonalen Tradition nicht nur als ästhetische, sondern auch als existentielle Entscheidung schildert – als Versuch, in der Atonalität eine neue geistige Heimat zu finden. Auch Richard Fuchs, ein heute weitgehend vergessener Komponist, wird mit großem Respekt und einer spürbaren Leidenschaft für Gerechtigkeit porträtiert. Seine Musik, zwischen Spätromantik und Moderne, erscheint als Stimme, die im Lärm der Geschichte beinahe untergegangen wäre.
Bei Weill und Eisler, den politisch engagierten Bühnen- und Filmkomponisten, beleuchtet Haas eindrücklich, wie unterschiedlich Exil und Ideologie die künstlerische Sprache prägen können. Während Weill in den USA zu einem Meister des Musiktheaters zwischen Jazz, Oper und Broadway wurde, suchte Eisler nach einer „Musik für alle“ – einer Kunstform, die gesellschaftliche Veränderung anstoßen sollte.
Das Buch ist klar geschrieben, gut gegliedert und bietet zahlreiche Anknüpfungspunkte für den Musikunterricht in der Oberstufe. Besonders die Kapitel zu Schönbergs Zwölftontechnik, zu Weills Zusammenarbeit mit Brecht und zu Eislers Exilkompositionen eignen sich hervorragend, um Schülerinnen und Schülern die Spannungsfelder zwischen Kunst, Politik und Geschichte im 20. Jahrhundert nahezubringen. Haas schafft es, komplexe ästhetische Entwicklungen verständlich zu machen, ohne sie zu vereinfachen – eine Qualität, die das Buch sowohl für Lehrkräfte als auch für interessierte Laien attraktiv macht.
Die Musik der Fremde ist ein lesenswertes, anregendes Buch, das die Vielfalt und Zerrissenheit der Musik des 20. Jahrhunderts eindrucksvoll erfahrbar macht. Wer seinen Unterricht um biographische und kulturgeschichtliche Perspektiven bereichern möchte, wird hier reichlich Material und Inspiration finden.
JG, www.lbib.de
Verlagsinfo
Als die Komponisten Europa verließen

Zahlreiche, besonders jüdische Komponisten versuchten, vor dem Nationalsozialismus ins Ausland zu fliehen. Diejenigen, die sich retten konnten, hatten im Exil aber oft Schwierigkeiten, ihre Karriere fortzusetzen.
Michael Haas erzählt die bewegenden Geschichten vieler Größen der Klassik, wie etwa Erich Wolfgang Korngold, der für Hollywood komponierte, oder Kurt Weill, deren Musik sich jedoch durch ihr neues Leben im Ausland teils drastisch veränderte.