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Die Logienquelle Text, Kontext, Theologie
Die Logienquelle
Text, Kontext, Theologie




Markus Tiwald

Kohlhammer
EAN: 9783170256279 (ISBN: 3-17-025627-0)
208 Seiten, paperback, 16 x 23cm, 2016, 5 Grafiken

EUR 29,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Die Logienquelle "Q", die den beiden Evangelien nach Matthäus und Lukas als schriftliche Quelle vorlag, ist ein doppeltes Bindeglied: Einerseits ist der Text zwischen Frühjudentum und den Anfängen der Jesusbewegung zu verorten - ein Dokument, das weniger "christliche" Erwartungen, als eschatologische Erlösungshoffnungen jüdischer Jesusjünger thematisiert. Andererseits hat der Text auch eine Brückenfunktion zwischen historischem Jesus und späterem Christentum und eröffnet mit einem Blick auf archaische Formen der Christologie und Ekklesiologie Einblicke in die frühe Jesusbewegung. Neben Fragen der Rekonstruktion des nur indirekt erhaltenen Textes befasst sich dieser Band besonders mit dem Entstehungskontext und der Theologie der Logienquelle und eröffnet so einen Blick in die Zeit, als die NachfolgerInnen Jesu noch Juden waren.

Prof. Dr. Markus Tiwald lehrt Neues Testament an der Universität Duisburg-Essen.
Rezension
Die Spruch- oder Logienquelle Q, die dem Lukas- und dem Matthäusevangelium bereits als Quelle zur Verfügung stand, ist das Dokument der ältesten für uns noch greifbaren Jesus-Überlieferung. Wissenschaftlich-seriöse Auseinandersetzung mit den synoptischen Evangelien geht seit ca. 100 Jahren von der sog. Zwei-Quellen-Hypothese aus, derzufolge das Markusevangelium die eine Quelle für die späteren Evangelien von Matthäus und Lukas darstellen und die gemeinsam über Markus hinausgehenden Stellen aus der (verloren gegangenen) Spruchquelle Q stammen. Die "Logienquelle" ist also eine Schrift, die uns faktisch nicht vorliegt, sondern die hypothetisch durch die sog. Zwei-Quellen-Theorie erschlossen wird. Es handelt sich um das Material der synoptischen Evangelien, das Matthäus und Lukas gemeinsam haben über Markus hinaus, also die zweite Quelle neben Markus, die die spätere Evangelistengeneration Matthäus und Lukas als schriftliche Vorlage neben Markus gehabt haben. Inhaltlich finden sich hier vor allem "Logien", also Worte und Sprüche Jesu. Die Logienquelle ist ein missing, ein literarisches »Brückenfossil«, das die Lücke zwischen Frühjudentum und Christentum, aber auch zwischen charismatischen Anfängen der Jesusbewegung und frühkirchlicher Institutionswerdung schließt.

Thomas Bernhard, lehrerbibliothek.de
Inhaltsverzeichnis
Vorwort 11

Teil I: Der Text der Logienquelle 13

1. Die »Synoptische Frage« 15

1.1 Vormoderne Fragestellung 15
1.2 Neuansatz in der Moderne 15
1.3 Zweiquellentheorie 17
1.3.1 Markus-Priorität 17
1.3.2 Logienquelle 17
1.3.3 Sondergut 18
1.3.4 Doppelüberlieferung und Dubletten 19
1.4 Anfragen und Alternativen zur Zweiquellentheorie 19
1.4.1 Die »minor agreements« 19
1.4.2 ProtoMk und DeuteroMk 20
1.4.3 Die »große Lücke« 20
1.4.4 Kannte Mk die Logienquelle? 21

2. Die Bedeutung einer Rekonstruktion von Q 22

2.1 Q als eigener Strang der Jesusüberlieferung 22
2.2 Q als missing link zwischen der frühen Jesusüberlieferung und den späteren Evangelien 23
2.3 Q als Dokument des Frühjudentums 23

3. Die Frage der Rekonstruierbarkeit von Q 25

3.1 Zur Frage der Genauigkeit einer Rekonstruktion 25
3.2 Die Sprache der Logienquelle 26
3.2.1 Analphabetismus 26
3.2.2 Schriftlichkeit der Logienquelle 27
3.2.3 Aramäisch oder Griechisch? 27
3.2.4 Rückübersetzungsversuche 29
3.3 Mündliche Überlieferung und Verschriftlichung 30
3.3.1 »Wachstumsringe« in Q 31
3.3.2 Schriftliche Vorstufen zu Q? 31
3.3.3 »Secondary Orality« 32
3.4 Q-Rezensionen? 32
3.5 Die Abfolge der Texte in Q 33
3.6 Die Zitation der Logienquelle 33
3.7 Aufbau und Gliederung der Logienquelle 33
3.8 Die Q-Rekonstruktion 35
3.8.1 Geschichtlicher Rückblick 35
3.8.2 Das Internationale Q-Projekt (IQP) 35
3.8.3 Critical Edition of Q 36
3.8.4 Forschungsgeschichte: »Documenta Q« 37
3.9 Ausgaben der Logienquelle 38

4. Der rekonstruierte Q-Text 40

4.1 Erläuterung der Markierungen im Text 40
4.2 Verwendung des Textes in diesem Band 42
4.3 Der Text der Logienquelle 42

5. Die literarische Gattung von Q 71

5.1 Q – ein Evangelium? 71
5.2 Der Begriff »Evangelium« 71
5.2.1 »Evangelium« in der Antike 71
5.2.2 Die »Frohbotschaft« in AT und Frühjudentum 72
5.2.3 Das mündliche »Urevangelium« 72
5.2.4 »Evangelium« als literarische Gattung 73
5.3 Spruchevangelien im Urchristentum 74
5.3.1 Thomasevangelium 74
5.3.2 Jesus-Logien im JohEv 75
5.3.3 Die Logienquelle als Spruchevangelium 76

Teil II: Der Kontext der Logienquelle 79

1. Zeit und Ort der Abfassung 81

1.1 Die Zeit der Abfassung 81
1.1.1 Frühdatierung von Q 81
1.1.2 Spätdatierung von Q 82
1.1.3 Eigener Datierungsversuch 82
1.2 Der Ort der Abfassung 83
1.2.1 Lokalkolorit in Q? 83
1.2.2 Die in Q genannten Orte Nordpalästinas/Syriens 84
1.2.3 Jesusjünger in Galiläa 87
1.2.4 Alternative Verortungen: Judäa und Jerusalem 88
1.2.5 Die Jesusbewegung als rurales Phänomen 89
1.2.6 Ein cultural split in Palästina 91
1.2.7 Rurale Strukturen in Q 92
1.2.8 »Q’s Mental Map« 93

2. Die Gemeinde hinter der Logienquelle 94

2.1 Q und das Frühjudentum 94
2.2 Q und die Tora 94
2.3 Anfrage 1: Jesu Anspruch in Rivalität zur Tora? 95
2.3.1 Jesu exklusiver Anspruch … 95
2.3.2 … als Ausdruck frühjüdischen Ringens um die Tora 96
2.3.3 Eschatologisches Sonderwissen 97
2.3.4 Ergebnis: Jesus vs. Tora? 100
2.4 Anfrage 2: Antijüdische Polemik in Q? 101
2.4.1 Polemik im Frühjudentum 101
2.4.2 Ergebnis: Antijüdische Polemik in Q? 102
2.5 Die »Gegner« in der Logienquelle 103
2.5.1 Pharisäer und Gesetzeslehrer 103
2.5.2 Jerusalem, der Tempel, das dtr Geschichtsverständnis und das »Motiv vom gewaltsamen Prophetengeschick« 104
2.5.3 »Diese Generation« 107
2.5.4 »Christenverfolgungen« in Q? 109
2.5.5 Abschließende Wertung zu den »Gegnern« in Q 110
2.6 Heidenmission in Q? 111
2.6.1 Judenmission und Heidenmission in der Urkirche 112
2.6.2 Die »Heiden« in Q 112
2.6.3 »Shaming Rhetoric« in Q 113
2.7 Q und die »Ritualtora« 114
2.8 Die Q-Gemeinde als Teil des Frühjudentums 116

3. Die Verfasser der Logienquelle 117

3.1 Wanderradikale Propheten … 117
3.1.1 Die »Wanderradikalen«-These 117
3.1.2 Realsymbolische Zeichenhandlungen 119
3.1.3 Kritik an der Wanderradikalen-These 120
3.1.4 Wanderradikale in der Didache? 121
3.1.5 Wanderboten im syrischen Urchristentum 122
3.1.6 Wandernde Boten – sesshafte Gemeinden 124
3.1.7 Missionarischer Vermögensverzicht als »Gebot des Herrn« 126
3.1.8 Die Praxis Jesu als Ethos der Q-Boten 127
3.2 … oder Dorfschreiber … 128
3.3 … oder beides: Autoritäten und Autoren 129
3.4 Q und die Kyniker 130
3.4.1 Q – eine Schrift von »jüdischen Kynikern«? 130
3.4.2 Anfragen 131
3.4.3 Berührungspunkte 133

4. Die Erben von Q: Warum wurde Q verfasst und blieb uns trotzdem nicht erhalten? 136

4.1 Umstände der Abfassung 136
4.2 Das MtEv als »Nachlassverwalter« von Q 137
4.2.1 Die Mt-Gemeinde: Quellen, Gründung und Theologie 137
4.2.2 Die Mt-Gemeinde, das Judentum und die Tora 138
4.2.3 Entwicklungslinien: Q und Mt 141
4.2.4 Das MtEv und das Erbe von Q 142

5. Q als Missing Link 144

5.1 Missing Link I: Frühjudentum – Christentum 144
5.2 Missing Link II: Jesusbewegung – Urkirche 145

Teil III: Die Theologie der Logienquelle 147

1. Der »narrative Plot« der Logienquelle 149

1.1 Der narrative Spannungsbogen 149
1.2 Die argumentative Gesamtstruktur von Q 150
1.3 Narrative Sinnstiftung 150

2. Die »Christologie« der Logienquelle 151

2.1 Menschensohn 151
2.1.1 Gebrauch in jüdischer Bibel und Frühjudentum 152
2.1.2 Jesus und der »Menschensohn« 152
2.1.3 Konklusionen 154
2.1.4 Die eschatologische Naherwartung in Q 155
2.2 Sohn/Sohn Gottes 155
2.3 Johannes, Jesus und die Propheten 156
2.4 Johannes und Jesus als Kinder der Weisheit 157
2.5 Q – prophetisch oder weisheitlich? 158
2.5.1 Zwei verschiedene Deutungen … 158
2.5.2 … dieselbe Sichtweise unter anderem Aspekt 158
2.5.3 Q – »apokalyptisch« oder »eschatologisch«? 159
2.6 Der eschatologische Freudenbote 160
2.7 Passion und Ostern? 161
2.7.1 Fehlendes Kerygma … 161
2.7.2 … oder anderes Kerygma 162
2.7.3 Tod und Auferstehung Jesu in der Logienquelle 162
2.8 Der »Messias« im Frühjudentum 163
2.8.1 Die Grundbedeutung von »Messias« 163
2.8.2 Eschatologischer Messianismus 164
2.8.3 Vermeidung des Messias-Titels durch Jesus und Q 166
2.9 Auswertung: Q als theologisches Missing Link 166
2.9.1 Ursprünglichkeit … 166
2.9.2 … und Weiterentwicklung 167

3. Das Theologumenon vom gewaltsamen Prophetengeschick 168

4. Q und Israel 169

4.1 Das gewaltsame Prophetengeschick 169
4.2 Der Tempel 169
4.2.1 Tempelwort und Tempelaktion Jesu in Q 169
4.2.2 Tempelfrömmigkeit in Q 170
4.2.3 Rivalitäten der Galiläer gegen Jerusalem 171

5. Die »Ekklesiologie« der Logienquelle 173

5.1 Das Gottesvolk 173
5.2 »Amtsträger« in Q? 173

6. Q und die Frauen 175

6.1 Anfragen und Monita 175
6.2 Frauen in der Logienquelle 176
6.2.1 Die Sichtbarmachung von Frauen … 176
6.2.2 … oder konservatives Festschreiben von Rollenbildern? 176
6.3 »Wanderradikalinnen« 177
6.3.1 Frauen von Wanderpropheten 177
6.3.2 Missionarische Ehepaare 178
6.3.3 Weibliche Missionare ohne Mann 179

Schlusswort 182

Abkürzungen und Zitationsmodus 185

Allgemeine Abkürzungen 185
Weitere Anmerkungen zu Abkürzungen und Zitationsmodus 185
Sekundärliteratur 185
Transliteration des Hebräischen 186
Bibeltexte 186
Qumrantexte 186
Zitation der Quellenschriften 186

Literatur 187

1. Quellentexte 187
1.1 Antike Quellen 187
1.1.1 Frühjüdische Apokryphen und Pseudepigraphien 187
1.1.2 Qumrantexte 187
1.1.3 Philon und Josephus 187
1.1.4 Pagane Autoren 187
1.1.5 Rabbinische Schriften 188
1.1.6 Patristische Literatur 188
1.2 Moderne Quellen 188
1.2.1 Ausgaben der Logienquelle 188
1.2.2 Literatur aus der Frühgeschichte der Q-Forschung (bis 1960) 189
1.2.3 Kirchenamtliche Texte 189
2. Sekundärliteratur 189

Register 201