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Die Kunst geht knapp nicht unter
Vorlesungen am Collège de France
Anselm Kiefer
Schirmer-Mosel
EAN: 9783829609135 (ISBN: 3-8296-0913-2)
136 Seiten, hardcover, 23 x 30cm, Oktober, 2020
EUR 39,80 alle Angaben ohne Gewähr
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Rezension
„Heroische Sinnbilder“(1969/70), „Deutschlands Geisteshelden“(1973), „Vater Sohn Heiliger Geist“(1973), „Märkische Heide“(1974), „Wege“(1977/1980), „Mohn und Gedächtnis“(1989), „Sternenfall“(1998), „Die Türme der sieben Himmelspaläste“(2004), „Ave Maria“(1977-2007) oder „Opus Magnum“(2014-16) lauten die Titel bekannter Werke von Anselm Kiefer (*1945). Der in Donaueschingen geborene Künstler zählt zusammen mit Gerhard Richter (*1932) und Georg Baselitz (*1938) zu den Hauptvertretern deutscher Gegenwartskunst. Nach seiner Niederlassung im französischen Barjac, wo er die ehemalige Seidenspinnerei La Ribaute erwarb, konzentrierte Kiefer sich auf Arbeiten, welche der „Artchemie“ zuzurechnen sind. Das mit zahlreichen Preisen gewürdigte Œuvre des Künstlers – 2008 erhielt er u.a. den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels – umfasst unterschiedliche Genres, u.a. Malerei, Photographie, Skulptur und Installation. Während in Kiefers Frühwerk die Auseinandersetzung mit der deutschen Vergangenheit im Vordergrund stand, thematisierte er in seinen weiteren Arbeiten nordische Mythologie, (jüdische) Mystik und Alchemie.
Zwischen Dezember 2010 und April 2011 wurde Kiefer als erstem bildenden Künstler die Ehre zuteil, Vorlesungen am Collège de France zu halten, die 2011 in einer französisch-englischen Publikation im Verlag Les Editions du Regard erschienen. Der Edition Heiner Bastian im Schirmer/Mosel Verlag kommt das Verdienst zu, im Jahre 2020 erstmals Kiefers auf Französisch gehaltene Vorlesungen in deutscher Übersetzung unter dem Titel „Die Kunst geht knapp nicht unter“ vorgelegt zu haben. In seinen Vorträgen erläutert er anschaulich sein künstlerisches Selbstverständnis unter Bezugnahme auf seine eigenen Arbeiten und seine Referenzen. Inspiriert wurde der Künstler u.a. von Dichtern wie Victor Hugo, Arthur Rimbaud, Anton Tschechow, Marcel Proust, Paul Valéry, Rainer Maria Rilke, Jean Genet oder Paul Celan, sowie von Philosophen wie Friedrich Nietzsche und Roland Barthes. Durch die gut verständlich verfassten neun Vorlesungen erhält man aufschlussreiche Einblicke in Kiefers künstlerische Praxis und in die zum Teil komplexen Interdependenzen seines künstlerischen Kosmos. Er begreift das Kunstwerk als „lebendiges Wesen, das seine eigene Geschichte, seine eigene Evolution reflektiert“(S. 23). Daher bedient Kiefer sich u.a. der Technik des „cross-mapping“. Auch die künstlerische Spannbreite des „Artchemisten“ spiegelt sich in seiner Kunstauffassung wider: „Die Kunst kann sich auf alles beziehen und sich aller Hilfsmittel bedienen.“(S. 130) Lehrkräfte der Fächer Bildende Kunst und Philosophie werden durch die Vorlesungen Kiefers motiviert, sich in ihrem Fachunterricht mit den exzeptionellen Artefakten des Gegenwartskünstlers auseinanderzusetzen.
Fazit: Die unter dem Titel „Die Kunst geht knapp nicht unter“ von Anselm Kiefer am Collège de France gehaltenen Vorlesungen sollten in keiner Bibliothek zeitgenössischer Kunst fehlen.
Dr. Marcel Remme, für lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Vorlesungen am Collège de France
Anselm Kiefer (geb. 1945) ist der erste bildende Künstler, der berufen wurde, am Collège de France, Chaire de création artistique, Vorlesungen zu halten. 2010/11 hat er dort insgesamt neun Vorlesungen in französischer Sprache gehalten. Sie werden hier zum ersten Mal in deutscher Übersetzung veröffentlicht. In seinen Vorlesungen spricht Anselm Kiefer von Bildern und Analogien, von der Bedeutung der poetischen Literatur, mit der er einen fortwährenden Dialog führt. Er beschreibt die Arbeit in seinem Atelier, die komplexen Wege, die Umwege und Metamorphosen, die zu einem Werk führen. In kühnen Antizipationen nennt er die Orte, in denen die Metaphysik, die Geschichte der Mythen-Strukturen und die moderne Forschung seine Quellen und Referenzen werden. Die einzelnen Vorlesungen zeigen, wie Kiefer die Interdependenz dieser Sphären miteinander verbindet.
Wer die Vorlesungen liest, entdeckt gleichsam ein morphographisches Echo aus den Labor- und Arbeitsräumen des Künstlers, in denen Fragen und Antworten versucht werden zwischen Grenzen von Kunst und Leben und der Bedeutung der Kunst.
Die Vorlesungstitel lauten: „Die Kunst geht knapp nicht unter“ / „Gedanken zum Gedicht Marine“/ „Genet, Nietzsche, Osama – Kann man die Kunst mit dem Leben versöhnen?“ / „Drei Werke“ / „Übergänge – Kunst und Evolution, oder die Jakobsleiter“ / „Der dorische Eckkonflikt“ / „Ma Destinée“ / „Das Atelier in Croissy“ / „Barjac“.
Schirmer/Mosel. 136 Seiten, ca. 150 Farbabb. Format: 22,5 x 30 cm, gebunden. Deutsche Ausgabe.
Inhaltsverzeichnis
7 DIE ANTRITTSVORLESUNG
DIE KUNST GEHT KNAPP NICHT UNTER
23 MARINE
GEDANKEN ZU DEM GEDICHT MARINE
37 GENET, NIETZSCHE, OSAMA
KANN MAN DIE KUNST MIT DEM LEBEN VERSÖHNEN
55 DREI WERKE
69 ÜBERGÄNGE KUNST UND EVOLUTION ODER DIE JAKOBSLEITER
87 DER DORISCHE ECKKONFLIKT
99 MA DESTINEE
115 DAS ATELIER IN CROISSY
125 BARJAC
134 ANMERKUNGEN/ZITATE
135 PROGRAMM DER VORLESUNGEN
136 BILDNACHWEIS
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