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Die Gnosis Wesen und Geschichte einer spätantiken Religion  4. durchgesehene Auflage 2005
Die Gnosis
Wesen und Geschichte einer spätantiken Religion


4. durchgesehene Auflage 2005

Kurt Rudolph

Vandenhoeck & Ruprecht
EAN: 9783525521106 (ISBN: 3-525-52110-3)
451 Seiten, paperback, 12 x 19cm, 2005, mit zahlr. Abbildungen und einer Faltkarte

EUR 29,90
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Die große Bedeutung der Gnosis für die spätantike Religionsgeschichte ist heute in der Forschung unbestritten. In der jüdischen Weisheitslehre und Apokalyptik, in iranisch-zoroastrischen Religionsvorstellungen und im aufklärerischen griechischen Denken sind ihre Wurzeln zu suchen. Als sie dann auch noch christliches Gedankengut in eigenwilliger Auslegung übernahm, zwang sie die christliche Kirche zu ständiger Auseinandersetzung und Überprüfung der eigenen Lehre. Kurt Rudolph, ausgewiesener Fachmann auf dem Gebiet der spätantiken Religionsgeschichte, geht den Quellen nach und gibt ein umfassendes Bild von Wesen, Lehre, Geschichte und Wirkung dieser Religion, die ihren Anhängern Erlösung durch „Gnosis" ,Wissen", „Erkenntnis" - versprach.
Rezension
Streng an den Quellen orientiert, die im 20. Jhdt. vor allem in Nag Hammadi gefunden wurden, - und also nicht primär aus der anti-gnostischen Literatur der kirchlichen Gnosis-Bekämpfer schöpfend, bietet dieser Band einen informativen Überblick über Wesen und Struktur der Gnosis sowie über ihre Geschichte. Gnosis bedeutet so viel wie Wissen, Erkenntnis. Gemeint ist insbesondere das philosophische Erfassen religiöser Wahrheiten, aber nicht in mühsamem philosophischem Diskurs, sondern in schneller, unmittelbarer Erkenntnis durch Erfassen einer zentralen Aussage, eines entscheidenden Offenbarers. Mit Gnosis kann spezifischer gemeint sein der Gnostizismus im 2. und 3. Jahrhundert. Auch viele moderne religiöse Bewegungen der Esoterik weisen Ähnlichkeiten zum Gnostizismus auf, u.a. durch dualistische Denkweisen, die der Welt kritisch begegnen. Im gnostischen Denken muß der dem Menschen eigene innere geistige Lichtkern freigelegt werden von der äußeren fleischlichen Hülle. Insofern ist das spätantike Religionsgebilde der Gnosis bis heute überaus wirkungsvoll.

Thomas Bernhard, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Sensationell wie die Handschriftenfunde am Toten Meer war die Entdeckung der koptische-gnostischen Texte in der Mitte der vierziger Jahre bei Nag Hammadi in Mittelägypten. Sie gaben der Forschung zum ersten Male ausreichendes Quellenmaterial über die Gnosis an die Hand, jene Religion der ersten nachchristlichen Jahrhunderte, deren große Bedeutung für die spätantike Religionsgeschichte unbestritten ist. In der jüdischen Weisheitslehre und Apokalyptik, in iranisch-zoroastrischen Religionsvorstellungen und im aufklärerischen griechischen Denken sind ihre Wurzeln zu suchen. Als sie christliches Gedankengut in eigenwilliger Auslegung übernahm, wurde sie zu einer Gefahr für die christliche Kirche und zwang diese zu ständiger Auseinandersetzung und Überprüfung der eigenen Lehre.
Kurt Rudolph, ausgewiesener Fachmann auf dem Gebiet der spätantiken Religionsgeschichte, geht den Quellen nach und gibt ein umfassendes Bild von Wesen, Lehre, Geschichte und Wirkung dieser Religion, die ihren Anhängern Erlösung durch »Gnosis« – »Wissen, Erkenntnis« - versprach.

Inhalt
I. Die Quellen: Die häresiologische Literatur und die ältere Forschungsgeschichte / Die »Ketzerbekämpfer« (Häresiologen) und ihre Werke / Die ältere Quellenlage / Zur Forschungsgeschichte / Der Nag-Hammadi-Fund und seine Bedeutung.
II: Wesen und Struktur: Die Hauptzüge der gnostischen Ideologie und Mythologie / Der Dualismus / Kosmologie und Kosmogonie / Anthropologie und Anthropogonie / Erlösungs- und Erlöserlehre / Seelenaufstieg und Weltende / Gemeinde, Kult und Verhaltensweisen (Ethik).
III. Geschichte: Voraussetzungen und Ursachen. Das Problem des Ursprungs / Frühe Schulen und Systeme / Die großen Systembildungen des 2. Jahrhunderts / Der Manichäismus / Ein Überbleibsel: Die Mandäer.
IV. Ausblick: Metamorphose und Wirkungsgeschichte.
V. Anhang: Zeittafel / Anmerkungen / Abkürzungen / Literatur in Auswahl / Quellen (Originaltexte und Übersetzungen) / Darstellungen (Monographien, Aufsätze) / Abbildungsnachweis / Register.

Dr.Dr. Kurt Rudolph ist Professor für Religionswissenschaft in Marburg.

KURT RUDOLPH, D. D., geb. 1929, Dr. theol. (Leipzig 1956), Dr. phil. (ebd.
1958), habilitiert 1961, 1963-1984 Prof. f. Religionsgeschichte in Leipzig,
1984-1986 in Santa Barbara, seit 1986 in Marburg. 1995 emeritiert.
Wichtigste Veröffentlichungen: Die Religionsgeschichte an der Leipziger
Universität und die Entwicklung der Religionswissenschaft 1961; Die
Mandäer 1960/61; Theogonie, Kosmogonie und Anthropogonie in den
mandäischen Schriften 1965; Die Gnosis 1977, 3. Aufl. 1990 (engl. 1983, 41987);
Historical Fundamentals and the Study of Religions 1985; Geschichte und
Probleme der Religionswissenschaft 1992; Gnosis und spätantike Religionsgeschichte
1996. Hrsg.: Festschrift Walter Baetke 1966; Der Koran
1968, 7. Aufl. 1989; Gnosis und Gnostizismus 1975.
Inhaltsverzeichnis
7 VORWORT

13 DIE QUELLEN

13 Die häresiologische Literatur und die ältere Forschungsgeschichte
Die «Ketzerbekämpfer» (Häresiologen) und ihre
Werke (14), Die ältere Quellenlage (30), Zur Forschungsgeschichte (35)
40 Der Nag-Hammadi-Fund und seine Bedeutung

59 WESEN UND STRUKTUR

59 Die Hauptzüge der gnostischen Ideologie und Mythologie
68 Der Dualismus
76 Kosmologie und Kosmogonie
98 Anthropologie und Anthropogonie
132 Erlösungs-und Erlöserlehre
186 Seelenaufstieg und Weltende
221 Gemeinde, Kult und Verhaltensweisen (Ethik)

294 GESCHICHTE

294 Voraussetzungen und Ursachen. Das Problem des Ursprungs
315 Frühe Schulen und Systeme
333 Die großen Systembildungen des 2. Jahrhunderts
352 Der Manichäismus
379 Ein Überbleibsel: Die Mandäer

395 AUSBLICK: METAMORPHOSE UND WIRKUNGSGESCHICHTE

406 ANHANG
406 Zeittafel
409 Anmerkungen
423 Abkürzungen
425 Literatur in Auswahl
Quellen (Originaltexte und Übersetzungen) (425),
Darstellungen (Monographien, Aufsätze) (432)
441 Abbildungsnachweis
445 Register


VORWORT
Das zunehmende Interesse auch einer größeren Öffentlichkeit
an dem, was man unter «Gnosis» oder «Gnostizismus» zu verstehen
hat, gründet sich nicht nur auf die großen manichäischen
und gnostischen Handschriftenfunde, die in diesem Jahrhundert
in Turkestan (Turfan 1902—1914) und Ägypten (Medinet Madi
1930 und Nag Hammadi 1945/46—1948) gemacht worden sind,
sondern auch auf die von der historisch-kritischen Forschung
immer mehr erkannte Bedeutung dieses spätantiken Religionsgebildes.
Eine festumrissene Definition dieser «Religion der Erkenntnis »
oder «des Wissens», wie man das griechische Wort
gnosis einfachhin übersetzen kann, ist nicht leicht, sollte aber
gleich eingangs wenigstens kurz angegeben werden. Man geht
nicht fehl, wenn man darunter eine aus mehreren Schulen und
Richtungen bestehende dualistische Religion sieht, die zu Welt
und damaliger Gesellschaft in einer betont ablehnenden Haltung
stand und eine Befreiung («Erlösung») des Menschen eben aus
den Zwängen des irdischen Seins durch die «Einsicht» in seine —
zeitweise verschüttete — wesenhafte Bindung, sei es als «Seele»
oder «Geist», an ein überirdisches Reich der Freiheit und der
Ruhe verkündet hat. Ihre zeitliche und räumliche Ausbreitung
von Beginn unserer Zeitrechnung an im westlichen Vorderasien
(Syrien, Palästina, Ägypten, Kleinasien) bis nach Inner- und
Ostasien und das mittelalterliche Europa (14. Jh.) läßt erahnen,
welche Rolle ihr, auch in verwandelter und angepaßter
Form, für die Religionsgeschichte zukommt, abgesehen davon,
daß noch heute ein eigenständiger Rest in Gestalt der Mandäer
im Irak und Iran existiert. Auch sonst sind vielfältige geistesgeschichtliche
Nachwirkungen in europäischen und vorderasiatischen
Traditionen nachweisbar, sei es in denen der Theologie,
Theosophie, Mystik oder Philosophie.
Mit der Information über die Gnosis steht es allerdings nicht
zum besten, vor allem für den Nichtfachmann, da es längere
Zeit keine größere Gesamtdarstellung gegeben hat. Außer der
verbreiteten, wiederholt aufgelegten und handlichen Monographie
von Hans Leisegang («Die Gnosis», 1924, 4. Aufl. 1955) und der
bahnbrechenden, anspruchsvollen Untersuchung von Hans Jonas
(«Gnosis und spätantiker Geist», 1. Teil 1934,3. Aufl. 1964) sind
es vor allem Quellensammlungen in Übersetzung (zuletzt die
von Robert Haardt, 1967, und Werner Foerster, 1969, 1971)
und kleinere Übersichten, die dem heutigen Leser mehr oder
weniger zur Verfügung stehen. Meine bald 25jährige Beschäftigung
mit diesem Gebiet hat mir Mut gemacht, eine neue Zusammenschau
zu wagen, die dem gegenwärtigen Forschungsstand
Rechnung trägt. Dabei schwebte mir Leisegangs verdienstvolles
Buch insofern als Vorbild vor, als es sich in der
Hauptsache aus den Quellen selbst speist, d. h., sie ausführlich
wiedergibt. Im Unterschied zu ihm habe ich allerdings nicht
nur einen ganz anderen Ansatz, der nun wieder Hans Jonas zu
verdanken ist, gewählt, sondern bewußt die heute in reichlichem
Maße zur Verfügung stehenden, vor allem koptischen Originalwerke
zu Wort kommen lassen, weniger die häresiologischen
Berichte, wie sie bei Leisegang zu finden sind. Weiterhin kam
es mir darauf an, eine kurze kritische Quellengeschichte als
Einführung in den Stoff zu bieten und als «Ausklang» der Wirkungsgeschichte
etwas nachzugehen. Mehr als bisher üblich,
wurde kultischen und soziologischen Fragestellungen Raum gegeben.
Auch die Einbeziehung des Manichäismus und der Mandäer
(von Leisegang gar nicht erwähnt) ist von mir bewußt
vorgenommen worden. Daß meine Darstellung nicht vollkommen
ist, weiß ich selbst am besten. Idee und Ausführung sind
auch vom Autor nicht so ohne weiteres zur Deckung zu bringen.
Die noch in Fluß befindliche Edition und Untersuchung
der neuen koptischen Quellen zwingt zu Beschränkung und Zurückhaltung.
Meinen Standpunkt zu Grund- und Einzelfragen
habe ich nirgends verleugnet; er gründet sich auf langem Umgang
mit den Quellen und kann in einem solchen für breitere
Kreise gedachten Buch, das auf übergreifende Zusammenhänge
und Wesentliches Wert legt, nicht immer belegt werden (gelegentlich
geben die Anmerkungen darüber Auskunft, anderes ist
aus der Bibliographie zu entnehmen). Die ausführlichen Quellenwiedergaben
bieten aber vielfach die Möglichkeit der Kontrolle.
Ich hoffe, daß auch der geschätzte Fachkollege seinen
Nutzen daraus ziehen wird.
Im einzelnen ist noch folgendes zu bemerken: Bei den
zitierten Übersetzungen wurde durchweg auf den Urtext zurückgegriffen,
was nicht ausschließt, daß die vorliegenden Übersetzungen
dankbar benutzt worden sind (was jeweils angegeben
ist). Dabei stellen runde Klammern () Verständnis- bzw.
Lesehilfen dar, eckige Klammern [ ] Ergänzungen (Emendationen)
des Urtextes und spitze Klammern < > Auffüllungen aus
anderen Textvarianten. Die Zitierung der Quellen folgt den im
deutschsprachigen Raum üblichen Ausgaben, über die die Bibliographie
orientiert. Die Nag-Hammadi-Kodizes (NHC) werden
mit Kodex (römische Ziffer), Traktat (arabische Ziffer), Seitenund
(gelegentlich) Zeilenzählung angeführt (wobei die Paginierung
mitunter unterschiedlich sein kann, was vermerkt
wird). Fachtermini aus fremden Sprachen sind kursiv gesetzt,
bei solchen orientalischer (z. B. mandäischer) Herkunft ist eine
vereinfachte Umschrift gewählt worden, die der Aussprache entgegenkommt.
Die zahlreichen Seitenverweise sollen das Aufsuchen
erleichtern und generell den Zusammenhang der Darstellung
fördern. Dem gleichen Zweck dient das Register. Die
Bibliographie gibt bei den Quellen einen nach Sachthemen geordneten
Überblick über gängige (möglichst deutsche) Übersetzungen
und mindestens eine Textausgabe. Auch die übrige
Literatur ist natürlich nur in Auswahl angeführt, enthält aber
alles Wesentliche und Weiterführende. Was die Zeittafel anbelangt,
so ist sie ein bisher kaum unternommener Versuch, die
Geschichte von Gnosis und Manichäismus chronologisch in einer
Übersicht einzufangen, mit allen Lücken und Unsicherheiten,
die es hier gibt.
Mit dem Bildteil, der dem Buch beigegeben ist, hat es seine
eigene Bewandtnis. Ohne fremde Hilfe wäre er nicht zustande
gekommen. Wer weiß, wie schwierig es ist, zu diesem Thema
überhaupt aussagekräftige und auch gute Abbildungen zusammenzustellen,
wird das ermessen können. Wir besitzen strenggenommen
außer einigen wenigen Inschriften und vielen Büchern
oder Buchteilen von den Gnostikern keine sicheren archäologischen
Zeugnisse. Auch die Gemmen gehören nicht dazu.
Die Versuche, bestimmte Katakomben und Hypogäen dafür in
Anspruch zu nehmen, sind m. E. bisher nicht restlos geglückt. Das
dafür am häufigsten genannte Hypogäum der Aurelier am Viale
Manzoni in Rom ist letzthin ganz anders erklärt worden, so
daß sogar sein christlicher Ursprung mehr als fraglich geworden
ist. Bei anderen derartigen Fällen ist mir nirgends etwas typisch
Gnostisches aufgefallen. So habe ich auf Abbildungen aus diesem
Bereich verzichtet. Die Basilica sotteranea an der Porta Maggiore
ist eine Verlegenheitslösung, um wenigstens vermutungsweise
anzugeben, welche Kultstätten die Gnostiker benutzt
haben könnten. Dagegen haben wir von den Manichäern in
Zentralasien mehr Überreste, weshalb deren Denkmäler dominieren.
Auch vom künstlerischen Standpunkt sind sie die kostbarsten,
die wir von einer gnostischen Religion besitzen. Reichlich
fließen natürlich die Bildquellen von den Mandäern, auch
aus eigenem Besitz. Sonst sind in erster Linie Handschriften
abgebildet worden. Dies ist auch charakteristisch für die Gnosis,
denn sie ist eine Religion der Schrift und des Buches. Der Nag-
Hammadi-Fund hat das erneut eindrucksvoll bestätigt. James
M. Robinson, Direktor des Institute of Antiquity and Christianity
der Claremont Graduate School in Claremont/Calif. (USA),
hat in großzügiger und uneigennütziger Weise meiner Bitte um
Fotografien des Nag-Hammadi-Fundes, der im Koptischen Museum
zu Alt-Kairo deponiert ist, und von der Fundstätte selbst,
die er mit seinem Team im Dezember 1975 untersuchte, entsprochen.
Auch die wertvollen Aufnahmen von Jean Doresse
entstammen dem Claremont-Archiv. Herrn Professor Dr. Robinson
gilt daher mein ganz besonderer Dank. Zu danken habe
ich außerdem Herrn Professor Dr. Josef Frickel, Rom, für die
Beschaffung der Vorlagen zur Abbildung der (neu gereinigten
und aufgestellten) sog. «Hippolytstatue» und der Semo-sancus-
Inschrift; Herrn Professor Dr. Ludwig Koenen, früher Köln,
jetzt Michigan, für die Überlassung der Aufnahme vom Kölner
Mani-Kodex (in seinem ursprünglichen Zustand), Herrn Dr.
Werner Sundermann für seine Hilfe bei der Auswahl der abgebildeten
iranisch-manichäischen Turfantexte aus den Beständen
der Akademie der Wissenschaften der DDR; Herrn Dr. Ulrich
Luft für die gleiche Unterstützung bei den koptisch-gnostischen
und -manichäischen Papyri aus dem Besitz der Staatlichen Museen
zu Berlin, Papyrusabteilung, sowie Frau Dr. Hannelore
Kischkewitz für die Besorgung der Gemmenabbildungen aus
dem Ägyptischen Museum Berlin. Allen Museen und Institutionen,
die die Wiedergaben genehmigten, sei ebenfalls hier
gedankt.
Sehr dankbar bin ich meiner Frau für ihre Hilfe bei der Fertigstellung
des Manuskriptes und der Anfertigung des Registers.
Mein Schwiegervater, Pfarrer i. R. Martin Killus, hat sich der
Mühe unterzogen, eine erste Korrektur zu lesen. Herr Dr. Dr.
Peter Nagel, Halle (Saale), war gleichfalls so freundlich, eine
erste Durchsicht vorzunehmen, und hat mir eine Reihe kritischer
Ratschläge gegeben. Für die endgültige Form des Manuskr
iptes und die Beseitigung noch verbliebener Unausgeglichenheiten
hat sich die Verlagslektorin, Frau Gerda Kunzendorf,
mit großer Hingabe eingesetzt. Die Buchgestaltung lag in den
Händen von Joachim Kölbel, Hans-Ulrich Herold zeichnete die
Abbildungen im Text und die Karte. Auch ihnen gilt mein Dank.
Leipzig, am 22. Juli 1976 Kurt Rudolph
Zur 4. Auflage
Eine unerwartete Neuauflage meiner «Gnosis» gibt mir zwar
nicht die Chance einer gründlichen Neubearbeitung, aber
doch die Möglichkeit einige Druckfehler und Versehen der
vorausgehenden Auflagen zu korrigieren, sowie wenigstens
am Schluss des Kapitels über die Mandäer einen Hinweis auf
die Situation der jetzt weltweit zerstreuten Gemeinde mit einem
heute noch tradierten gnostischen Erbe zu machen.
Die Weiterarbeit an den antiken Gnostica, einschließlich der
Manichaica, ist natürlich weitergegangen. Die Nag Hammadi-
Texte liegen jetzt zumeist in kritischen Textausgaben vor, und
auch die lang erwartete vollständige deutsche Übersetzung
aus den erfahrenen Händen des «Berliner Arbeitskreises» unter
Leitung von H.-M. Schenke, der 2002 verstarb, ist erschienen
(Nag Hammadi Deutsch, 2 Bde, Berlin 2001, 2003, GCS,
N.F. 8 und 13). Die Gnosisforschung hat sich in unterschiedlicher
Weise wiederholt diesen Originalschriften zugewandt,
unter Bevorzugung der für die frühchristliche Literatur besonders
attraktiven Texte (wie z.B. des Thomasevangeliums). Andererseits
sind in letzter Zeit terminologische und methodenkritische
Untersuchungen vorgelegt worden, die etwa den
metasprachlichen Gnosisbegriff in Frage stellten oder die religionshistorische
Sicht durch eine Rückkehr in die kirchenoder
dogmengeschichtliche Betrachtung, wie sie im 19. Jh. üblich
war, abzulösen. Dabei hat sich aber immer wieder gezeigt,
dass das Phänomen dieser Weltanschauung ein ökumenisches
Problem der Spätantike und ihrer Folgezeit inner- und außerhalb
des Christentums gewesen ist, das thematisch und literarisch
bis in die jüngere Zeit wiederholt aktuell wurde und
zum Studium Anlass gab (z. B. im Zusammenhang mit dem
Werk von Hans Jonas oder der Geschichte der sog. esoterischen
Strömungen). Einen kurzen Einblick dazu vermittelt
mein Beitrag über «Die antike Gnosis - Probleme und Fakten»
in dem Band «Gnosis oder die Frage nach Herkunft und Ziel
des Menschen», hrsg. von A. Franz und Th. Rentsch, Paderborn
2002, S. 13-39. Außerdem darf ich auf meine gesammelten
Aufsätze verweisen, die 1996 u.d.T. «Gnosis und spätantike
Religionsgeschichte» (bei Brill in Leiden) erschienen sind. Das
bekannte Gegenüber von Spezialstudium und Synthese lässt
sich gerade auf diesem Gebiet nicht immer zur Zufriedenheit
zusammenführen. Mein Buch wollte eine Zusammenfassung
der Forschungslage geben und diese Absicht bleibt auch jetzt
noch bestehen, denn eine grundsätzliche Änderung meiner
Gesamtsicht hat sich für mich nach wie vor als nicht notwendig
ergeben. Dafür lässt sich auch die kürzere, aber neuere
Darstellung von K.-W. Tröger, Die Gnosis, Freiburg/B. 2001,
anführen. Auf Einzelfragen zur neueren Literatur werde ich in
einem künftigen Bericht in der ThR eingehen. Dass das vorliegende
Buch seinen Weg weit über die Grenzen seiner Entstehung
(in Leipzig!) genommen hat und dadurch Anerkennung
erfuhr, zeigen seine Übersetzungen ins Englische (1987, Paperback
1994), Polnische (1995), Italienische (2000), Japanische
(2001) und Tschechische (2005). Dafür danke ich den Übersetzern
und den beteiligten Verlagen. Ich hoffe, dass die neue gebundene
Ausgabe ihre Leser zufrieden stellt.

Marburg/Lahn, Januar 2005
Kurt Rudolph