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Die Geschichte des Klangs
Die Geschichte des Klangs




Ben Shattuck

Hanser Literaturverlage
EAN: 9783446284241 (ISBN: 3-446-28424-9)
104 Seiten, Festeinband mit Schutzumschlag, 13 x 21cm, Juli, 2025

EUR 20,00
alle Angaben ohne Gewähr

Rezension
Ben Shattucks schmales Werk "Die Geschichte des Klangs" umfasst zwei lose miteinander verbundene Erzählungen, die in ruhigem, poetischem Ton von Erinnerung, Liebe und dem Vergehen der Zeit erzählen. Im ersten Teil begleiten wir Lionel und David, zwei junge Musikstudenten im Amerika der 1920er Jahre, die nach dem Ersten Weltkrieg durch Neuengland reisen und Volkslieder auf Wachszylindern aufnehmen. Dabei entspinnt sich zwischen ihnen eine intensive, von den gesellschaftlichen Umständen jener Zeit geprägte Liebesbeziehung. Krankheit, Kriegserfahrungen und die Vergänglichkeit setzen diesem Glück enge Grenzen. Jahrzehnte später entdeckt Annie beim Entrümpeln eines Hauses eben jene Wachszylinder wieder. Ihre Auseinandersetzung mit den Aufnahmen wirft Fragen nach dem eigenen Leben, nach verpassten Chancen und nach der Möglichkeit von Nähe und Erfüllung auf.
Shattuck gelingt es, auf knappem Raum eine dichte Atmosphäre zu entfalten. Die Sprache ist zurückhaltend und zugleich bildreich; sie ruft Melancholie und leise Intensität hervor, ohne ins Sentimentale zu verfallen. Besonders stark ist das Motiv des Klangs: Die Wachszylinder stehen als Sinnbild für das, was bleibt, wenn Stimmen und Leben längst verklungen sind. Die Erzählungen kreisen um die Frage, was im Erinnern bewahrt werden kann – und was unwiederbringlich verloren geht.
Für den Einsatz im Unterricht bietet das Buch mehrere Anknüpfungspunkte. Die Doppelstruktur der Erzählungen eignet sich, um Erzähltechnik und Zeitgestaltung zu untersuchen. Thematisch eröffnet der Text Gesprächsräume über Liebe, Erinnerung und das Verpassen von Lebenswegen, aber auch über historische Kontexte wie den Ersten Weltkrieg oder die frühen Tonaufnahmen. Besonders fruchtbar ist die Auseinandersetzung mit dem Motiv des Klangs als Metapher für Erinnerung und Vergänglichkeit. Darüber hinaus ermöglicht die Liebesgeschichte zwischen Lionel und David eine sensible Thematisierung gleichgeschlechtlicher Beziehungen in literarischen Texten.
Insgesamt liegt hier ein Werk vor, das weniger durch handlungsreiche Spannung als durch seine atmosphärische Dichte überzeugt. Es eignet sich insbesondere für eine intensive, analytische und zugleich kreative Auseinandersetzung mit Literatur, die Zwischentöne hörbar macht.
Verlagsinfo
Ben Shattuck über eine geheime Liebe, die Jahrzehnte später wieder zum Klingen kommt – verfilmt mit Paul Mescal and Josh O'Connor

Die Geschichte einer geheimen Liebe, die einen Sommer lang währt – und die ein Leben lang als die »eigentliche Liebe« nachklingt: Im Schatten des Ersten Weltkriegs lernen sich Lionel und David, zwei Musikstudenten, in einer verrauchten Bar im ländlichen Maine kennen und werden Freunde. Nach dem Krieg wandern sie im Sommer durch die Wälder New Englands, um Volkslieder zu sammeln, die sie auf Wachszylinder aufnehmen. Aus unerklärlichen Gründen bricht der Kontakt ab. Als Jahrzehnte später eine Frau beim Aufräumen eines Dachbodens die Wachszylinder findet, erklingt ihre Liebe noch einmal aufs Neue. Ben Shattuck ist eine literarische Entdeckung – ein Wortmagier, der in der Tradition von Joy Williams und John Cheever die Rätsel der menschlichen Seele erkundet.