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Der literarische Faust-Mythos Grundlagen – Geschichte – Gegenwart
Der literarische Faust-Mythos
Grundlagen – Geschichte – Gegenwart




Manuel Bauer

Verlag J. B. Metzler , Springer Nature
EAN: 9783476025500 (ISBN: 3-476-02550-0)
406 Seiten, paperback, 16 x 24cm, 2018

EUR 29,95
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Dieser Grundlagenband führt ein in die Stoffgeschichte zu Faust, eine der berühmtesten Figuren der Weltliteratur – weit über Goethe hinaus. Der Magier, Teufelsbündler und Universalgelehrte, der die Grenzen des Menschseins auslotet, gilt als spezifisch deutsch, das „Faustische“ wurde zur Ideologie. Goethes zur deutschen Nationaltragödie verklärter Faust wird in diesem Buch in die Entwicklung des literarischen Mythos eingebettet, ausgehend von den ersten Zeugnissen aus dem frühen 16. Jahrhundert über wichtige Etappen wie Marlowe, Lessing und Thomas Mann bis in die Gegenwartsliteratur. Der Längsschnitt durch 500 Jahre Literaturgeschichte zeigt, welche Wandlungen der Faust-Mythos durchlaufen hat, wie Aktualisierungen und Problematisierungen immer auch Positionierungen im Kampf um die Deutungshoheit darstellen – und dass die Arbeit am Mythos noch längst nicht beendet ist.

Dr. Manuel Bauer ist Privatdozent und lehrt Neuere deutsche Literatur an der Philipps-Universität Marburg.
Rezension
Die Fabel vom Schwarzkünstler Faust gehört zu den großen Stoffen der Weltliteratur und die meisten Schüler/innen in Deutschland werden den Stoff zumindest über Goethes Faust wahrgenommen haben oder zumindest namentlich kennen. Durch Goethes Bearbeitung erlangte der Faust-Stoff Weltruhm. Daneben stehen zahlreiche Adaptionen in allen Kulturen, in den unterschiedlichsten Künsten und Medien: die Geschichte des Doktor Johann Faust und seines Pakts mit Mephistopheles gehört zu den am weitesten verbreiteten Stoffen in der europäischen Literatur seit dem 16. Jahrhundert. Der Faust-Stoff thematisiert Erkenntnis- oder Machtstreben, Teufelspakt und erotische Ambitionen, religiösen Glaube und wissenschaftliche Erkenntnis, den über sich hinaus strebenden Mensch, Egozentrik und soziale Anerkennung. Dieses Buch bietet einen fundierten Überblick über bedeutende Entwicklungsstationen des Faust-Stoffes, nicht nur auf bekannte, sondern auch weniger bekannte Texte bezogen incl. erst kürzlich erschienener Faust-Gestaltungen.

Dieter Bach, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
500 Jahre Stoffgeschichte des Faust
Der 'deutsche' Mythos in seiner Entstehung und seinen Ausformungen
Goethe als Sonderfall der Faustrezeption

“... Die klar gegliederte Monographie gibt einen fundierten Überblick über bedeutende Entwicklungsstationen des Faust-Stoffes und liefert in jedem Kapitel ein Verzeichnis der einschlägigen Forschungsliteratur. Darüber hinaus ist es sehr erfreulich, daß sich Bauer nicht nur auf kanonische Texte beschränkt hat, sondern auch weniger bekannte sowie erst kürzlich erschienene Faust-Gestaltungen behandelt ...” (Nikolas Immer, in: Informationsmittel für Bibliotheken, informationsmittel-fuer-bibliotheken.de, Jg.26, Heft 3, 2018)
Inhaltsverzeichnis
Prolog: >Mit Fäusten geschlagen< XI

1 Terminologische Vorverständigung 1

1.1 Stoff - Motiv - Thema - Stoffgeschichte 1
1.2 Literarischer Mythos 3
1.3 Arbeit am Mythos 6

2 Fausts vormoderne Vorläufer 11

2.1 Der Ahnherr der literarischen Teufelsbündler: Simon Magus 11
2.2 Weiblicher Wille zur Weisheit: Die Päpstin Johanna/Jutta 12
2.3 Der >Faust des Mittelalters<: Theophilus 14

3 Der >historische Faust< und die Sagenbildung 21

3.1 Ein unsicheres Fundament: Die Quellenlage zum >historischen Faust< 21
3.2 Geschichte und Geschichten? 21
3.3 Das Handbuchwissen vom >historischen Faust< 23
3.4 Die älteste Quelle: Der Brief des Johannes Trithemius 25
3.5 Schall und Rauch? Die Namen des Faustus 27
3.6 Das Faustus-Bild der frühen Zeugnisse 28
3.7 Arzt, Schwarzkünstler, Philosoph, Magier 30
3.8 Martin Luthers Faustus-Bild und die Entwicklung der Sage 32
3.9 Die Faustus->Biographie< des Philipp Melanchton 34
3.10 Ein Arbeitsunfall und die Folgen: Der Tod des Faustus 35

4 Die »Historia von D. Johann Fausten« und die >Volksbucht-Tradition 39

4.1 Der >Volksbuch<-Begriff 39
4.2 Die »Historia von D. Johann Fausten« 40
4.3 Die ersten Transformationen der »Historia«: Der »Tübinger Reim-Faust« 50
4.4 Das »Wagnerbuch« 51
4.5 Zauber- und Kräuterkunde: »Johann Faustens Gaukeltasche« 56
4.6 Georg Rudolf Widmans »Warhafftige Historien« 57
4.7 Eine alte Geschichte für die neue Zeit: Johann Nikolaus Pfitzers Erzählung vom >ärgerlichen Leben< des Doktor Faustus 60
4.8 Eine akademische Intervention: Neumanns und Kirchners Dissertation über Faustus 62
4.9 Der Aufklärung zum Trotz: Das Faustbuch des >Christlich-Meynenden< 64
4.10 Die bürgerlichen >Volksbücher< des 19. Jahrhunderts 66

5 Vom Gipfel in die Gossen: Von Christopher Marlowe über Calderón zu den Puppenspielen 73

5.1 Das »English Faustbook« und die Folgen 73
5.2 Christopher Marlowes »The Tragicall History of Dr Faustus« 74
5.3 Ein faustischer Cyprian? Calderöns »Der wundertätige Magus« 85
5.4 Die Puppenspiele vom Doktor Faustus 87

6 Vernünftige Gedanken, Apologien und Umwertungen: Faust und das 18. Jahrhundert 97

6.1 Faust und das Zeitalter der Vernunft 97
6.2 Gotthold Ephraim Lessings »Faust«-Projekt 102
6.3 Paul Weidmanns »Johann Faust« 110
6.4 Wege aus der Unterwelt: Faust-Figuren im Sturm und Drang 113
6.5 Friedrich »Maler« Müllers »Fausts Leben« 115
6.6 Friedrich Maximilian Klingers »Fausts Leben, Taten und Höllenfahrt« 119
6.7 »Der Retter des Vaterlandes«: Julius von Sodens »Doktor Faust« und die Anfänge der politischen Instrumentalisierung 127

7 Goethes Metamorphose des Mythos: Vom »Urfaust« zu »Faust. Der Tragödie Erster Teil« 131

7.1 Annäherung an ein literarisches >Zentralheiligtum< 131
7.2 Goethe und die Stoffgeschichte: >Volksbücher< und die >bedeutende Puppenspielfabel< 132
7.3 Das >zukünftige Weltgedicht<: Die frühe Fassung von Goethes »Faust« (»Urfaust«) 134
7.4 Titanische Humanität. Goethes »Faust. Ein Fragment« 138
7.5 Die Präludien der »Faust«-1Yagödie 141
7.6 »Faust. Der TYagödie Erster Teil« 145

8 Zwischen Goethes »Fragment« und »Der Tragödie Zweiter Teil«: Faust im frühen 19. Jahrhundert 167

8.1 Die frühromantische Faust-Begeisterung 167
8.2 Faust und die Volkspoesie 173
8.3 Achim von Arnim und Faust 178
8.4 Lob und Tadel der Volkstümlichkeit: August Klingemanns »Faust«-Trauerspiel und Wilhelm Hauffs »Memoiren des Satans« 183
8.5 Byrons Faust-Figuren und die Fragmente Puschkins und Grillparzers 186
8.6 Faust und Don Juan 193
8.7 Der Teufelspakt im Kapitalismus: Honore de Balzacs »Das Chagrinleder« 201

9 Abschluss eines deutschen Weltgedichts: Goethes »Faust. Der Tragödie Zweiter Teil« 209

9.1 Ein wenig geliebter >nationaler Besitz< 209
9.2 »Der TYagödie Zweiter Teil«: Fortsetzung oder Neuansatz? 211
9.3 In der großen Welt: Der 1. Akt 214
9.4 Auf dem Weg zu Helena: Der 2. Akt 221
9.5 Die Verschmelzung von Mittelalter und Antike: Der 3. Akt 225
9.6 »Herrschaft gewinn ich, Eigentum!«: Der 4. Akt 230
9.7 Die blasphemische Rettung eines autokratischen Kapitalisten: Der 5. Akt 233
9.8 Goethes Radikalität: Seitenblicke zu »Faust«-Fortsetzungen von Schöne, Rosenkranz und Hoffmann 246

10 Überbietungen und Korrekturen: Faust nach dem >Ende der Kunstperiode< 253

10.1 Faust als Symbolfigur des deutschen Volkes 253
10.2 Nikolaus Lenaus »Faust. Ein Gedicht« 254
10.3 Weibliche Faust-Figuren 259
10.4 Heinrich Heines »Der Doktor Faust« 265
10.5 Kunstwerk der Zukunft oder Entartung des Erkennenden? Faust bei Richard Wagner und Friedrich Nietzsche 272
10.6 Zwischen Philologie und Parodie: Faust bei Friedrich Theodor Vischer 275
10.7 »Nichts Neues kann nun noch werden«: Georg Kaisers »Faust« als Krisensymptom des Mythos an der Schwelle zum 20. Jahrhundert 281

11 Vorläufige Endspiele und Einschüchterung durch Klassizität: Das >faustische< 20. Jahrhundert 287

11.1 Unvermeidlicher Spuk: Ein Mythos zwischen Krise und Wandlung 287
11.2 Ein moderner weiblicher Faust. Frank Wedekinds »Franziska« 289
11.3 Faust und die literarische Phantastik: Michail Bulgakows »Der Meister und Margarita« und Terry Pratchetts »Eric« 291
11.4 (Post-)Moderne Mythenreflexionen: Paul Val6rys »Mein Faust« und Michel Butors/Henri Pousseurs »Euer Faust« 293
11.5 Das >Faustische< 296
11.6 Der Teufel als deutscher Nationalheld: Klaus Manns »Mephisto« und Else Lasker-Schülers »IchundIch« 305
11.7 Thomas Manns »Doktor Faustus« 306
11.8 Faust als Vorkämpfer des Sozialismus. Anatoli W. Lunatscharskis »Faust und die Stadt« 313
11.9 Faust in der DDR: Hanns Eisler und Volker Braun 315
11.10 Einschüchterung durch Klassizität? »Urfaust«-Bearbeitungen bei Bertolt Brecht und Friedrich Dürrenmatt 322
11.11 Problematisierungen der >Ehrerbietungssucht<: Werner Schwabs »Faust : : Mein Brustkorb : Mein Helm« und Sten Nadolnys »Er oder Ich« 325
11.12 »Eine Figur auch des 20. Jahrhunderts«: Rolf Hochhuths »Hitlers Doktor Faust« 328

12 Faust in der Gegenwartsliteratur 337

12.1 Auch eine Figur des 21. Jahrhunderts? 337
12.2 Rückkehr zum >wahren< Faust? Andreas Gößlings »Faust, der Magier« und Christian Eckls »Faust 0« 338
12.3 Ein wirres Manuskript? Jakob Heins »Vor mir den Tag und hinter mir die Nacht« 340
12.4 »Ein schäbiger Hund«: Friedrich Christian Delius' »Die Frau, für die ich den Computer erfand« 341
12.5 Eine faustische Interpretation unserer Zeitgenossenschaft? Robert Menasses »Doktor Hoechst. Ein Faust-Spiel« 344
12.6 Hochliteratur als Comic? Flix: »Faust. Der Tragödie erster Teil« 348
12.7 Reanimation des Possenreißers: Franzobels »Faust. Der Wiener Teil« 349
12.8 Der kläffende Begleiter: Elfriede Jelineks »Faustln and out« 350
12.9 »Doch eben bloß ein Weib«: Thea Dorns »Die Unglückseligen« 354
12.10 Die Gegenwärtigkeit eines Mythos 355

Anhang 359

Quellenchronik zum literarischen Faust-Mythos (Auswahl) 361
Literatur 368
Register 397