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Der Reisende
Roman
6. Aufl. 2020
Herausgegeben und mit einem Nachwort versehen von Peter Graf
Ulrich Alexander Boschwitz
Klett-Cotta
EAN: 9783608981544 (ISBN: 3-608-98154-3)
303 Seiten, paperback, 12 x 19cm, 2020
EUR 9,95 alle Angaben ohne Gewähr
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Umschlagtext
»Die Wiederentdeckung dieses wichtigen Romans erinnert an Sebastian Haffners ›Geschichte eines Deutschen‹.« Der Spiegel
Deutschland im November 1938. Otto Silbermanns Verwandte und Freunde sind verhaftet oder verschwunden. Er selbst versucht, unsichtbar zu bleiben, nimmt Zug um Zug, reist quer durchs Land. Inmitten des Ausnahmezustands. Er beobachtet die Gleichgültigkeit der Masse, das Mitleid einiger Weniger. Und auch die eigene Angst.
»Ein wirklich bewegender, aber auch instruktiver Text. Ein großer Gewinn! Für einen Dreiundzwanzigjährigen ein ganz erstaunliches Werk.«
Brigitte Kronauer
»Zugleich anrührende[s] und verstörende[s] Buch, das uns zur rechten Zeit daran erinnert, was es bedeutet, auf der Flucht zu sein.«
Andrej Klahn, deutschlandfunk, 13.02.2018
Der jüdische Kaufmann Otto Silbermann, ein angesehenes Mitglied der Gesellschaft, wird in Folge der Novemberpogrome aus seiner Wohnung vertrieben und um sein Geschäft gebracht. Mit einer Aktentasche voll Geld, das er vor den Häschern des Naziregimes retten konnte, reist er ziellos umher. Zunächst glaubt er noch, ins Ausland fliehen zu können. Sein Versuch, illegal die Grenze zu überqueren, scheitert jedoch. Also nimmt er Zuflucht in der Reichsbahn, verbringt seine Tage in Zügen, auf Bahnsteigen, in Bahnhofsrestaurants. Er trifft auf Flüchtlinge und Nazis, auf gute wie auf schlechte Menschen. Noch nie hat man die Atmosphäre im Deutschland dieser Zeit auf so unmittelbare Weise nachempfinden können. Denn in den Gesprächen, die Silbermann führt und mithört, spiegelt sich eindrücklich die schreckenerregende Lebenswirklichkeit jener Tage.
Ulrich Alexander Boschwitz, geboren am 19. April 1915 in Berlin, emigrierte 1935 gemeinsam mit seiner Mutter zunächst nach Skandinavien, wo sein erster Roman, »Menschen neben dem Leben», erschien. Der Erfolg ermöglichte ihm ein Studium an der Pariser Sorbonne. Während längerer Aufenthalte in Belgien und Luxemburg entstand »Der Reisende«, der 1939 in England und wenig später in den USA und in Frankreich veröffentlicht wurde. Kurz vor Kriegsbeginn wurde Boschwitz in England trotz seines jüdischen Hintergrunds als »enemy alien« interniert und nach Australien gebracht, wo er bis 1942 in einem Camp lebte. Auf der Rückreise wurde sein Schiff von einem deutschen U-Boot torpediert und ging unter. Boschwitz starb im Alter von 27 Jahren, sein letztes Manuskript sank wohl mit ihm.
Rezension
Dies ist der erst spät (wieder) entdeckte zweite Roman des im Alter von nur 27 Jahren getöteten Autors Ulrich Alexander Boschwitz (1915-1942), der zwar vor den Nazis fliehen und diesen Roman fertigstellen konnte, aber dann doch auf der Rückreise von Australien nach England, durch einen deutschen U-Boot-Angriff getötet wurde. - Der Roman "Der Reisende" ist zum einen ein erschütterndes fiktiv-realistisches Zeitzeugnis im deutschen Faschismus nach den Novemberpogromen 1938: Der Jude Otto Silbermann vermag nicht mehr aus Deutschland zu flüchten, die Grenzen sind dicht, seine Verwandten und Freunde sind verhaftet oder verschwunden. Er selbst versucht, unsichtbar zu bleiben als permanent Reisender, nimmt Zug um Zug, reist quer durchs Land ... Zum anderen ist dieser Roman von erstaunlicher Aktualität angesichts de vielfältigen Exils- und Migrationserfahrungen von Menschen weltweit: die Gleichgültigkeit der Masse, das Mitleid einiger Weniger, die Gewalt der Mächtigen ...
Oliver Neumann, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Der Herausgeber: PETER GRAF, geboren 1967, leitet den Verlag "Das Kulturelle Gedächtnis" und ist Inhaber der Walde + Graf Verlagsagentur. Ein Schwerpunkt seiner publizistischen Arbeit ist die Wiederentdeckung vergessener Texte, so etwa des 2013 wiedererschienenen internationalen Bestsellers »Blutsbrüder« von Ernst Haffner.
Editorische Notiz:
Das diesem Buch zugrunde liegende Romantyposkript wurde ab November 1938 verfasst. Unmittelbar nach den Pogromen in Deutschland, mit denen die systematische Verfolgung der Juden begann. Der Autor, damals gerade einmal 23 Jahre alt, war zu dem Zeitpunkt schon geflüchtet. In Luxemburg, und zum Teil wohl auch in Brüssel, schrieb er in nur wenigen Wochen den Roman über den jüdischen Kaufmann Otto Silbermann, der zuerst sein Hab und Gut, dann seine Würde und schließlich seinen Verstand verliert. Über Umwege gelangte das mit einer Schreibmaschine auf Deutsch geschriebene Originaltyposkript in den 1960er Jahren nach Frankfurt am Main, wo es heute im Exilarchiv der Deutschen Nationalbibliothek verwahrt wird. Hier erscheint es erstmals in deutscher Sprache. Da es die Umstände damals nicht zuließen, dass Ulrich Alexander Boschwitz sein Manuskript – wie üblich – gemeinsam mit einem Verlag, mit seinem Verleger oder einem Lektor überarbeiten konnte, wurde sein Manuskript nun, fast 80 Jahre nach seiner Fertigstellung, mit Zustimmung der Familie sorgsam editiert, um diesem ergreifenden und beeindruckenden Werk eine Form zu geben, die ihm gebührt.
Peter Graf, Berlin, Herbst 2017
Pressestimmen:
»Es ist an der Zeit, die beiden einzig verbliebenen Romane von Boschwitz, dem ein nur kurzes Leben vergönnt war, wahlweise zu lesen oder zu hören. Und andere ins Vertrauen zu ziehen, dass hier um ein Haar ein bedeutender Autor ins Nirwana verschwunden wäre, wenn nicht ein paar Zufälle und einige mutige Literaturmenschen alles verändert hätten.«
Friedel Bott, Bücher-Magazin, Juni/Juli 2020
»In einem fast filmisch ablaufenden Erzähltempo entwickelt Boschwitz viele beklemmende Einzelszenen, die sich zu einem Milieubild von barbarischer Triebentfesselung und unverhohlener Herzenskälte verdichten.«
Oliver vom Hove, Spectrum, 27.10.2018
»"Der Reisende" ist eine Flaschenpost der Exilliteratur.[...] Eine wundersam traurige Parabel. Was Ulrich Alexander Boschwitz in seinen jungen Jahren in Deutschland und auf der Flucht gesehen hat, wird in diesem Roman zu einer überragenden und doch leisen Monografie der Gewalt, in der noch die feinsten Nuancen der Macht beschrieben sind.«
Paul Jandl, Neue Zürcher Zeitung, 02.07.2018
»Ulrich Alexander Boschwitz' Roman aus den dreißiger Jahren ist von mitreißender Aktualität.[...] Die Geschichte des Juden Otto Silbermann [...] ist so brandaktuell wie zeitlos.[...] Man muss kein Prophet sein, um vorherzusagen, dass "Der Reisende" bald in der Schule gelesen und diskutiert wird. Das wird helfen.«
Ralf Bönt, Die Zeit, 14.06.2018
»Dem Herausgeber [...] Peter Graf [...] ist mit dem Boschwitz-Roman eine höchst komplizierte Art der Wiedergutmachung gelungen, die für die Authentizität der Geschichtsschreibung ebenso wichtig ist wie für Zerrüttungen der Gegenwart. Mut zum Leben heißt auch, sich mutig für das Leben aller anderer einzusetzen.«
Michael Ernst, Sächsische Zeitung, 19./20.05.2018
»Hier wird Geschichte erzählt, von einem, der mitten in ihr steckt. Die atemlose Flucht von Hotel zu Hotel, von Stadt zu Stadt und schließlich vor allem von Zug zu Zug, in Richtung der belgischen Grenze: Sie überträgt sich fast physisch auf die Leser.«
Alicia Lindhoff, Frankfurter Rundschau, 21./22.04.2018
»"Der Reisende" ist ein sensationeller Spätfund.«
Werner Krause, Kleine Zeitung, 31.03.2018
»Lest. Dieses. Buch.«
Uwe Kalkowski, Kaffeehaussitzer, 08.03.2018
»Dass dieser Text nun, fast 80 Jahre später, erstmals in deutscher Sprache erscheint, ist eine kleine Sensation. Denn von einem Buch, das aus der Innenperspektive und im gehetzten Stakkato eines Thrillers über die Verfolgung der Juden kurz vor dem Zweiten Weltkrieg berichtet, hatte man bislang nichts gewusst.«
Christian Schröder, Der Tagesspiegel, 11.03.2018
»Ulrich Alexander Boschwitz zeigt die Mechanismen der Ausgrenzung, in denen der Massenmord schon angelegt ist, nüchtern und schonungslos.«
Ulrich Gutmair, taz, 14.03.2018
»Vor diesem Buch muss man warnen. Man braucht starke Nerven dafür. Aber wer durchhält, ist um ein Lektüreerlebnis reicher, das er nicht so leicht vergessen wird. [...]
[Bei] "Der Reisende" handelt es sich um das erschütterndste zeitgenössische belletristische Zeugnis, das wir über die Lebenswirklichkeit eines verfolgten Juden in jener schrecklichen Zeit besitzen.«
Tilmann Krause, Welt, 10.03.2018
»Die Geschichte, die das Buch erzählt, lässt einen genauso den Atem anhalten wie die Geschichte seines Autors.«
Helmut Böttiger, Literaturblatt, 02.2018
»Dieser Roman zeigt, wie das System auch von unten funktionierte, wie sich der »kleine Mann« im Normalfall verhielt, wie der Opportunismus der Mitläufer genau aussah.«
Helmut Böttiger, Literaturblatt, 02.2018
»Eines der wichtigsten Bücher des Jahres. ... Der Einblick in die Atmosphäre jener Zeit erschüttert so tief, so unmittelbar, als habe man den Helden selbst begleitet.«
stern, 02.2018
»Ein bedrückender Zeitroman [...] eine aufregende literarische Wiederentdeckung.«
Oliver Pfohlmann, WDR3, 27.02.2018
»In "Der Reisende" verdichtet Boschwitz die Entfremdungserfahrung zur Extremsituation. ... Zugleich anrührende[s] und verstörende[s] Buch, das uns zur rechten Zeit daran erinnert, was es bedeutet, auf der Flucht zu sein.«
Andrej Klahn, deutschlandfunk, 13.02.2018
»"Der Reisende" holt das dokumentierte, massenhafte Leid in den Freiraum der Fiktion, er verbindet das historische Polaroid mit der langen Belichtungszeit des Romanciers.«
Andreas Kilb, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10.02.2018
»„Der Reisende“ ist in mehrerlei Hinsicht ein Wunder. Wie kann man nur in derart rasendem Tempo einen derart dichten Roman schreiben?«
Alex Rühle, SZ, 14.2.2018
»Eine wahnsinnig packende Wiederentdeckung«
Hildegard Elisabeth Keller, SRF Der Literaturclub, 6. Februar 2018
»Boschwitz [entwickelt] ein beeindruckendes Panorama deutscher Zeitgenossen, von üblen Nazis bis zu heimlichen Widerständlern. Zudem muss Silbermann bei seinen Irrfahrten durchs Land eine Reihe von Gefahrensituationen überstehen, die den Roman von Seite zu Seite spannender machen. ... Die Wiederentdeckung dieses wichtigen Romans erinnert an Sebastian Haffners „Geschichte eines Deutschen".«
Martin Doerry, Der Spiegel, 05.02.2018
Stimmen aus dem Buchhandel:
»Diese Geschichte ist sehr beeindruckend. In diesem kleinen Roman wird auf nachdrückliche Weise erzählt, wie schrecklich sich der Alltag für viele Menschen damals verändert hat. Zu Beginn gibt es immer wieder diese Hoffnung - bald ist es vorbei und man kann wieder in sein altes Leben zurück. Und dann kommt das Grauen doch näher. Leise und vortrefflich erzählt. Eine Geschichte, die man so schnell nicht vergessen wird.«
Martina Kraus, RavensBuch Friedrichshafen
»Boschwitz schreibt wie im Rausch die Geschichte seines verzweifelten Helden Otto Silbermann - ein literarisches Zeugnis der Gleichgültigkeit der restlichen Welt gegenüber den Verbrechen, die sich in Deutschland und Österreich abspielen. Von Peter Graf sorgsam editiert, legt dieses Buch nun wieder Zeugnis ab – eindrücklich, berührend und sehr traurig machend.«
Kerstin Hahne, Thalia Bielefeld
»Boschwitz schafft es, den Leser von Anfang bis Ende zu fesseln und ihm ein ungeschminktes Blick der damaligen Zeit zu verschaffen. Tolles Buch! Dank an Peter Graf und den Verlag für diese Wieder bzw. Neuentdeckung!«
Frank Menden, STories!Die Buchhandlung
»Hochaktuell, beeindruckend! Das Nachwort lohnt sich übrigens ebenfalls!«
Karin Harmel, Thalia Bielefeld
»Ein Buch, über das es sich zu reden lohnt!«
Ulrike Zimmermann, Mayersche in Köln Nippes |
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