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Der Gehülfe
Roman von Robert Walser
Robert Walser
Lohrbär Verlag
EAN: 9783939529149 (ISBN: 3-939529-14-1)
8 Seiten, CD-Box, 14 x 13cm, Dezember, 2015, 2 CDs
EUR 17,90 alle Angaben ohne Gewähr
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Umschlagtext
»Vor den Augen des scheinbar von einer Reise herkommenden Mannes war auf einem Emailleschild zu lesen: C. Tobler, technisches Bureau. Er wartete noch einen Moment, wie um über irgend etwas gewiss sehr Belangloses nachzudenken, dann drückte er auf den Knopf der elektrischen Klingel.«
Bereits der Anfang von Robert Walsers 1908 erschienenem Roman ist bezeichnend für seinen Protagonisten; beständig hält Joseph Marti inne, um über irgendetwas gewiss sehr Belangloses nachzudenken, beständig wundert er sich, beständig ist er im Zweifel. Im einen Moment macht er sich Vorwürfe, weil er den Niedergang des Hauses, in dem er angestellt wird, nicht aufhalten kann, im nächsten steht er diesem Niedergang vollkommen gleichgültig gegenüber. Dauernd schwankt er zwischen Auflehnung und Unterwürfigkeit, zwischen Entschlossenheit und Kleinmut.
Um die Charakterfestigkeit der anderen Figuren im Roman ist es nicht besser bestellt: Josephs Arbeitgeber springt zwischen überschwänglicher Herzlichkeit und Wutausbrüchen hin und her, seine Frau ist ein einziges Rätsel und Wirsich, Josephs Vorgänger im Amt, ist der personifizierte Wankelmut schlechthin.
Walser beleuchtet seine Figuren in ihren Widersprüchlichkeiten von allen Seiten, zeichnet genaue Psychogramme, ein Sittenbild des beginnenden 20. Jahrhunderts in der Schweiz und des „heimlichfeißen Menschenschlags“, der das „reizende Nest“ bewohnt, in dem der Roman spielt.
Martin Hofer und Heinz Müller bringen in ihrer szenischen Lesung die Widersprüchlichkeiten der Charaktere ebenso exzellent zum Ausdruck wie den feinen Humor in Walsers Roman, den hintergründigen Sprachwitz und die scheinbare Heiterkeit in der Tragik der Handlung. Und: Als gebürtige Schweizer sprechen Sie die Sprache Robert Walsers, und ebenso wie in Walsers Wortschatz und Grammatik klingt sie auch im Hörbuch an: von leicht schweizerischem Tonfall bis hin zum perfekten Schwyzertütsch.
Rezension
"Der Gehülfe", der bekannte Roman von Robert Walser, liegt hier in einer lohnenswerten Hörbuchfassung vor. Die Sprecher Martin Hofer und Heinz Müller bringen die Geschichte um den langsamen Verfall des Hauses Tobler in einer szenischen Lesung wunderbar zur Geltung: Mal mit knarrender Stimme, mal beschwingt flötend erzählen sie vom Gehülfen Joseph Marti, der beim Erfinder Tobler angestellt wird. Walser ermöglicht einen realistischen Blick in die schweizerische Welt zu Beginn des 20. Jahrhunderts, was - gemeinsam mit der vorzüglichen Sprachkunst des Autors - einen überaus großen Reiz des Romans ausmacht.
Dem Lohrbär-Verlag ist zu danken, dass er bereits 2015 diese leicht gekürzte Fassung als Hörbuch herausgebracht hat. Die eingestreute Musik durch Till Barmeyer am Klavier ergänzt die Lesung, hält sich aber angenehm im Hintergrund.
Die Literatur des fin-de-siècle ist im Deutschunterricht der Oberstufe sicher gut einzubringen. Erfahrungsgemäß sorgen Hörbücher für Auflockerung und neue Impulse in der Literaturvermittlung bei Jugendlichen. Vielleicht bieten sich auch Vergleiche mit anderen Texten der gleichen Zeit an. Exemplarisch könnten die Schülerinnen und Schüler auch die Aufmachung eines Hörbuchs inklusive eines interessanten Booklets studieren.
Johannes Groß, www.lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
»Vor den Augen des scheinbar von einer Reise herkommenden Mannes war auf einem Emailleschild zu lesen: C. Tobler, technisches Bureau. Er wartete noch einen Moment, wie um über irgend etwas gewiss sehr Belangloses nachzudenken, dann drückte er auf den Knopf der elektrischen Klingel.«
Bereits der Anfang von Robert Walsers 1908 erschienenem Roman ist bezeichnend für seinen Protagonisten; beständig hält Joseph Marti inne, um über irgendetwas gewiss sehr Belangloses nachzudenken, beständig wundert er sich, beständig ist er im Zweifel. Im einen Moment macht er sich Vorwürfe, weil er den Niedergang des Hauses, in dem er angestellt wird, nicht aufhalten kann, im nächsten steht er diesem Niedergang vollkommen gleichgültig gegenüber. Dauernd schwankt er zwischen Auflehnung und Unterwürfigkeit, zwischen Entschlossenheit und Kleinmut.
Um die Charakterfestigkeit der anderen Figuren im Roman ist es nicht besser bestellt: Josephs Arbeitgeber springt zwischen überschwänglicher Herzlichkeit und Wutausbrüchen hin und her, seine Frau ist ein einziges Rätsel und Wirsich, Josephs Vorgänger im Amt, ist der personifizierte Wankelmut schlechthin.
Walser beleuchtet seine Figuren in ihren Widersprüchlichkeiten von allen Seiten, zeichnet genaue Psychogramme, ein Sittenbild des beginnenden 20. Jahrhunderts in der Schweiz und des „heimlichfeißen Menschenschlags“, der das „reizende Nest“ bewohnt, in dem der Roman spielt.
Martin Hofer und Heinz Müller bringen in ihrer szenischen Lesung die Widersprüchlichkeiten der Charaktere ebenso exzellent zum Ausdruck wie den feinen Humor in Walsers Roman, den hintergründigen Sprachwitz und die scheinbare Heiterkeit in der Tragik der Handlung. Und: Als gebürtige Schweizer sprechen Sie die Sprache Robert Walsers, und ebenso wie in Walsers Wortschatz und Grammatik klingt sie auch im Hörbuch an: von leicht schweizerischem Tonfall bis hin zum perfekten Schwyzertütsch. |
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