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Den Hippokratischen Eid neu denken
Medizinethik für die Praxis
Nikolaus Knoepffler
Reihe: Angewandte Ethik Medizin
Herder Verlag
, Verlag Karl Alber
EAN: 9783495491799 (ISBN: 3-495-49179-1)
384 Seiten, paperback, 14 x 22cm, Februar, 2021
EUR 19,00 alle Angaben ohne Gewähr
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Umschlagtext
Medizinethik vor immer neuen Herausforderungen
Der Hippokratische Eid prägt bis heute die ärztliche Praxis – und das zu Recht. Die Betonung ärztlicher Expertise und die Sorge um das Patientenwohl haben bis heute nichts von ihrer Aktualität eingebüßt. Allerdings fehlen Überlegungen zur Patientenselbstbestimmung und zur Gerechtigkeit im Gesundheitswesen. Heutige Konflikte am Lebensanfang, am Lebensende und im Bereich der Gesundheitsversorgung erfordern daher, den Eid neu zu denken. In diesem Buch, das sich an Studierende der Medizin, aber auch interessierte Laien und Fachkollegen wendet, werden die wichtigsten medizinethischen Konfliktfälle, u.a. Fragen zu Gentechnik, Enhancement, Organspende und Sterbehilfe, behandelt.
Nikolaus Knoepffler ist seit 2002 Inhaber des Lehrstuhls für Angewandte Ethik an der Universität Jena und Leiter des dortigen Ethikzentrums. Er ist Gründer und Präsident des vornehmlich wirtschaftsethisch ausgerichteten Global Applied Ethics Network.
Rezension
Die moderne Hochleistungsmedizin hat nicht nur vielen Menschen ein längeres Leben ermöglicht,
sondern gerade im Bereich der Transplantationsmedizin mit großer Dringlichkeit die Frage aufgeworfen, ob ein Mensch, dessen Herz nur noch mithilfe von Maschinen schlägt, noch ein Sterbender oder schon ein Toter ist. Aber nicht nur ist umstritten, wann ein Mensch verstorben ist, sondern auch, ab wann ein Mensch existiert. Darüber hinaus stellen sich die klassischen Fragen nach der Beziehung zwischen Ärztinnen/Ärzten und ihren Patientinnen/Patienten, dem sogenannten Arzt-Patienten-Verhältnis wie beispielsweise der Umgang mit der ärztlichen Schweigeverpflichtung und der gerechten Verteilung knapper Ressourcen im Gesundheitswesen. Die letztgenannte Herausforderung
hat vor dem Hintergrund der Covid-19-Pandemie im Jahr 2020 eine besondere Zuspitzung erfahren: Dürfen Patientinnen bzw. Patienten lebenserhaltende Geräte entzogen werden, um denjenigen diese Geräte zur Verfügung zu stellen, die bessere Überlebenschancen haben? Diesen und weiteren medizinethischen Konfliktfällen geht dieses Buch nach.
Dieter Bach, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
zur Reihe:
ANGEWANDTE ETHIK
Herausgegeben von
Nikolaus Knoepffler, Peter Kunzmann, Reinhard Merkel, Ingo Pies und Anne Siegetsleitner
Wissenschaftlicher Beirat:
Reiner Anselm, Carlos Maria Romeo Casavona, Klaus Dicke, Matthias Kaufmann, Jürgen Simon, Wilhelm Vossenkuhl, LeRoy Walters
Medizin
Band 5
Inhaltsverzeichnis
Vorwort 13
0 Hinführung 15
0.1 Medizinethik – Themen, die alle angehen 15
0.2 Vorgehensweise 17
0.3 Wissenschaftstheoretische Klarstellungen 19
1 Den Hippokratischen Eid weiterdenken – zentrale medizinethische Ansätze 23
1.1 Ein Fallbeispiel und seine unterschiedliche Bewertung 24
1.1.1 Der Fall der Diane Pretty 24
1.1.2 Die rechtliche Dimension 24
1.1.3 Die weltanschauliche Dimension 26
1.1.4 Die Dimension des ärztlichen Berufsethos 27
1.2 »Ethik« in Differenz zu »Moral«, »Ethos« und »Recht« 27
1.3 Grundlegende Kriterien und Methoden 39
1.4 Pluralität medizinethischer Ansätze 41
1.4.1 Medizinethik in hippokratischer Tradition: salus aegroti suprema lex 41
1.4.2 Religiöse, naturrechtlich inspirierte Medizinethiken: lex divina et lex naturalis 47
1.4.3 Utilitaristische Medizinethik: utilitas 52
1.4.4 Die Prinzipienethik von Beauchamp und Childress: voluntas 56
1.5 Integrative Medizinethik im Ausgang von der Menschenwürde: dignitas 62
1.5.1 Das Prinzip der Menschenwürde in der Medizin 62
1.5.2 Integration von Prinzipien anderer medizinethischer Ansätze 70
1.5.3 Das Gerechtigkeitsprinzip und seine ordnungsethische Dimension 71
1.5.3.1 Vertragstheoretisch-pragmatische Begründung in ordnungsethischer Perspektive 72
1.5.3.2 Gerechtigkeit als Recht auf subsidiäre Solidarität 75
1.5.3.3 Die Gemeinschaftsdimension des Gerechtigkeitsprinzips 77
1.6 Zusammenschau 79
1.7 Entscheidungsszenarien 81
1.7.1 Entscheidungsszenarien auf einer fiktiven Insel Aletheia 81
1.7.1.1 Entscheidungsszenarium 1: Ex-ante-Triage 82
1.7.1.2 Entscheidungsszenarium 2: Ex-post-Triage 86
1.7.1.3 Entscheidungsszenarium 3: Ex-ante- oder Ex-post-Triage? 93
1.7.1.4 Fazit 95
1.7.2 Die ordnungsethische Bedeutung 95
2 Anthropologische Grundlagen – Embryonen und Hirntote 97
2.1 Substanzanthropologien 98
2.1.1 Grundlagen 98
2.1.2 Debatten um den moralischen Status des Embryos 102
2.1.3 Debatten um den moralischen Status von Ganz- und Teilhirntoten 106
2.2 Der naturalistische Gegenentwurf 110
2.2.1 Grundlagen 110
2.2.2 Debatten um den Lebensanfang 111
2.2.3 Debatten um den moralischen Status von Ganz- und Teilhirntoten 114
2.3 Die Alternative der Integrativen Medizinethik 115
2.3.1 Grundlagen 115
2.3.2 Der moralische Status des Embryos 120
2.3.3 Der moralische Status am Lebensende 120
3 Konfliktfälle am Lebensanfang 122
3.1 (Embryonale) Stammzellforschung 122
3.1.1 Grundlagen 123
3.1.2 Der Streitfall von Chimären 125
3.1.3 Der Streitfall des Klonens und der embryonalen Stammzellforschung 133
3.2 Präimplantationsdiagnostik 136
3.2.1 Die In-vitro-Fertilisation (IvF) und weitere Probleme 136
3.2.2 Bewertung wesentlicher Fallkonstellationen 139
3.2.3 Ergebnis 148
3.3 Leihmutterschaft 148
3.3.1 Drei Fallbeispiele 149
3.3.2 Terminologische Vorklärungen 153
3.3.3 Bewertung der Fallkonstellationen 155
3.4 Das Konfliktfeld Abtreibung 163
3.4.1 Abtreibung wegen Gefährdung des mütterlichen Lebens 164
3.4.2 Abtreibung nach Vergewaltigung 167
3.4.3 Abtreibung aus anderen Gründen der Frau 169
3.4.4 Abtreibung aus gesellschaftlichen Gründen 174
3.4.5 Fazit 175
4 Konfliktfälle am Lebensende 177
4.1 Die postmortale Organgabe 177
4.1.1 Aufriss der Problematik 178
4.1.2 Das Problem der Todesbestimmung 180
4.1.3 Form der Einwilligung 181
4.1.4 Verteilungskriterien 187
4.1.5 Alternativen zur postmortalen Organspende 189
4.2 Sterbehilfe 195
4.2.1 Die vielschichtige Debatte 196
4.2.2 Die Bedeutung des Patientenwillens 198
4.2.3 Reichweite von »Passivität« beim Sterbenlassen 200
4.2.4 Indirekte Sterbehilfe 204
4.2.5 Beihilfe zum Suizid 205
4.2.6 Aktive Sterbehilfe 213
4.2.7 Fazit 215
5 Behandlungsbeziehungen 217
5.1 Grundlage »Vertrauen« 217
5.2 Problemfälle mit der »Schweigepflicht« 219
5.3 Problemfälle bei der »Patientenselbstbestimmung« 221
5.3.1 Grundlagen: Aufklärungspflicht und das Instrument der Patientenverfügung 221
5.3.2 Grenzen der Aufklärungspflicht? 222
5.3.3 Problemstellungen im Blick auf psychische Erkrankungen 224
5.3.4 Herausforderungen wunscherfüllender Medizin 225
5.4 Chancen und Risiken der Digitalisierung und genetischen Diagnostik 226
6 Medizinische Forschung 230
6.1 Der Nürnberger Kodex und die Deklaration von Helsinki 230
6.1.1 Der Nürnberger Kodex 230
6.1.2 Die Deklaration von Helsinki 231
6.1.3 Konkretion für Forschungsvorhaben 238
Exkurs: Vielfalt ethischer Kommissionen im Bereich der Medizin 241
6.2 Konfliktfälle 245
6.2.1 Der Konfliktfall »Pflicht« auf körperliche Unversehrtheit 245
6.2.2 Fremdnützige Forschung an nichteinwilligungsfähigen Probanden 246
6.2.3 Forschungsdefizite 248
7 Herausforderungen im Zeitalter des Genome Editing 250
7.1 Grundlagen 250
7.2 Die reale Gefahr des Bioterrorismus mittels CRISPR/Cas9 253
7.3 Ethische Konfliktfelder bei gentechnischen Eingriffen 257
7.3.1 Keimbahneingriffe zur Verhinderung schwerer Krankheiten 257
7.3.2 Eingriffe zur Prävention von Krankheiten und bei Normabweichungen 260
7.3.3 Eingriffe mit dem Ziel des genetischen Enhancements 263
8 Gerechtigkeit im Gesundheitswesen 276
8.1 Forderungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und ihre Grenzen 276
8.1.1 Der umstrittene Gesundheitsbegriff 277
8.1.2 Die Forderung eines höchstmöglichen Gesundheitsstandards als Utopie 279
8.2 Gesundheit, medizinische Versorgung und Gerechtigkeit 281
8.2.1 Ein realistischerer Gesundheitsbegriff 281
8.2.2 »Bestmögliche« medizinische Versorgung 285
8.2.3 Gerechtigkeit als Recht auf subsidiäre Solidarität im Gemeinschaftsbezug 286
8.2.3.1 Das egalitäre Konzept bestmöglicher medizinischer Versorgung 286
8.2.3.2 Das bedürfnisorientierte Konzept bestmöglicher medizinischer Versorgung 290
8.2.3.3 Das meritokratische Konzept bestmöglicher medizinischer Versorgung 291
8.2.3.4 Das Fairnesskonzept angemessener medizinischer Versorgung 292
8.3 Rahmenbedingungen einer weltweiten medizinischen Versorgung 295
8.3.1 Herausforderungen einer globalen Gerechtigkeit medizinischer Versorgung 295
8.3.2 Ein Lösungsangebot 297
8.3.3 Konkretion am Beispiel einer gerechten Verteilung eines Impfstoffs 300
8.4 Angemessene medizinische Versorgung im deutschen Gesundheitssystem? 303
8.4.1 Aktuelle Versorgungssituation in Deutschland 304
8.4.2 Herausforderungen der Teilökonomisierung 309
8.4.2.1 Teilökonomisierung in der Behandlungsbeziehung 309
8.4.2.2 Teilökonomisierung in der Krankenhauspraxis 317
8.4.2.3 Teilökonomisierung im Umgang mit DRGs 318
8.4.2.4 Teilökonomisierung durch den Einsatz von Biosimilars 321
8.4.2.5 Fazit 325
8.4.3 Lösungsangebote für die medizinische Versorgung in Deutschland 327
8.4.3.1 Änderung der bisherigen Differenzierung in GKV und PKV 327
8.4.3.2 Verbesserungen bezüglich der Solidarität 327
8.4.3.3 Freiheit in Verbindung mit Solidarität und Subsidiarität 329
8.4.3.4 Pflichten in Verbindung mit Solidarität und Subsidiarität 331
8.4.3.5 Notwendigkeit von expliziter Priorisierung statt impliziter Rationierung 333
8.5 Ergebnis 338
9 Mit Hippokrates über Hippokrates hinaus 339
Anhang 342
Der Hippokratische Eid 342
Genfer Gelöbnis (Fassung vom 17. Oktober 2017) 344
Gelöbnis der Zahnärzte nach der Musterberufsordnung (Fassung 2019), angepasst an das Genfer Gelöbnis
(Fassung 2017) 345
ICN-Kodex für Pflegende (deutsche Fassung aus dem Jahr 2012) 346
Nürnberger Kodex 348
Deklaration von Helsinki des Weltärztebundes: Ethische Grundsätze für die medizinische Forschung am Menschen 350
Zitierte Literatur 358
Personen- und Sachregister 371
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